JudikaturJustiz4Ob100/20i

4Ob100/20i – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. August 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon. Prof. Dr. Brenn, Hon. Prof. PD Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache des Klägers KR Ing. E* H*, vertreten durch Dr. Johannes Öhlböck, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Beklagten 1. F* B* Gesellschaft mbH, *, vertreten durch Dr. Heinz Eckhard Lackner, Rechtsanwalt in Wien, 2. V* Gesellschaft mbH, *, vertreten durch Dr. Wolfgang Kogler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 43.200 EUR), Rechnungslegung (Streitwert 5.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.000 EUR), über die außerordentliche Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Februar 2020, GZ 4 R 91/19k 84, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen nahmen an, der Kläger (zum Zeitpunkt des Erscheinens der Erstauflage 1991 geschäftsführender Gesellschafter der Erstbeklagten, die Bronzeskulpturen herstellt) habe als Urheber des Buchs „W*“ der Erstbeklagten, die ihm den Auftrag zu dessen Verfassung erteilt hatte, konkludent ein Werknutzungsrecht daran eingeräumt, und wiesen seine anlässlich einer (bei der Zweitbeklagten verlegten) Folgeauflage eingebrachte Klage auf Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung ab.

In seiner außerordentlichen Revision wendet sich der Kläger ausschließlich gegen die Klagsabweisung gegenüber der Erstbeklagten. Der Kläger habe der Erstbeklagten kein Nutzungsrecht an seinem Werk, sondern nur an einzelnen Werkstücken eingeräumt, und zwar befristet bis zur (mittlerweile längst erfolgten) Beendigung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer und Gesellschafter der Rechtsvorgängerin der Erstbeklagten, von welcher der Kläger im Übrigen kein Entgelt für sein Schaffen erhalten habe. Auch ein 1998 abgeschlossener Generalvergleich zur Bereinigung zahlreicher Gerichtsverfahren zwischen ihm, der Erstbeklagten und deren Rechtsnachfolgerin (die später in die Erstbeklagte eingebracht wurde) begründe kein Recht der Erstbeklagten zur Herstellung einer Neuauflage.

Damit zeigt der Kläger jedoch keine erheblichen Rechtsfragen auf. Die Revision ist daher als unzulässig zurückzuweisen:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Durch die Einräumung eines Werknutzungsrechts wird ein vom Verwertungsrecht des Urhebers verschiedenes absolutes Recht begründet. Seine Bestellung ist keine Rechtsübertragung, sondern eine konstitutive Rechtsbegründung im Sinne einer Belastung des Urheberrechts (RIS Justiz RS0077657). Der Urheber hat sich, soweit das Werknutzungsrecht reicht, so wie ein Dritter der Benutzung des Werks zu enthalten (RS0077713).

1.2. Ein Werknutzungsrecht kann auch schlüssig eingeräumt werden (RS0106668). Bei Auftragswerken ist davon im Regelfall auszugehen (vgl RS0077654). Die Befugnisse des Werknutzungsberechtigten aus einem solchen Werknutzungsvertrag reichen im Zweifel nicht weiter, als es für den praktischen Zweck der beabsichtigten Werknutzung erforderlich ist (RS0077726; RS0077666). Wie weit ein schlüssig eingeräumtes Werknutzungsrecht inhaltlich, zeitlich und räumlich reicht, ist eine Rechtsfrage (RS0124003), der allerdings aufgrund der Einzelfallbezogenheit in der Regel – krasse Fehlbeurteilungen ausgenommen – keine erhebliche Bedeutung zukommt (RS0042936 [T61]).

2.1. Entgegen den Behauptungen der Revision liegt eine solche erhebliche Rechtsfrage nicht darin, dass der Oberste Gerichtshof noch nicht zur schlüssigen Einräumung eines Werknutzungsrechts durch einen Gesellschafter Geschäftsführer an „seine“ GmbH Stellung genommen habe. Eine derartige Konstellation lag nämlich etwa schon der Entscheidung 4 Ob 23/15h zugrunde, in der die Beurteilung der Vorinstanzen, die von einer konkludenten, nicht auf die Dauer der Gesellschafterstellung befristeten Rechteeinräumung an den durch den Gesellschafter Geschäftsführer aufgenommenen Lichtbildwerken an seine GmbH ausgingen, gebilligt wurde. Auch zu 4 Ob 304/97b nahm der Senat ein schlüssig erteiltes, unbefristetes Werknutzungsrecht durch einen Gesellschafter Prokuristen an (vgl auch 4 Ob 226/19t [Geschäftsführer]). Darauf, ob der Gesellschafter Geschäftsführer für die Rechteeinräumung ein gesondertes Entgelt erhielt, wurde in der Judikatur nicht abgestellt. Im Übrigen erhöht ein Werknutzungsrecht den Wert der Gesellschaftsanteile und damit indirekt auch das Vermögen des Gesellschafters.

2.2. Der Revisionswerber zeigt keine Argumente auf, weshalb die Vorinstanzen die konkludente Einräumung eines Werknutzungsrechts unvertretbar bejaht haben sollten. Nach dem Sachverhalt wurde das Buch mit Arbeitskräften der Erstbeklagten erstellt, trägt das von ihr in Auftrag gegebene Logo, die dafür angefallenen Kosten sowie auch jene für die Herstellung der enthaltenen Fotografien wurden von der Erstbeklagten getragen, und das Buch stellt größtenteils von der Erstbeklagten nach ihren Gussformen gefertigte Werkstücke vor; es wurde folglich von ihr als Werbemittel eingesetzt und fallweise auch an Kunden verschenkt.

2.3. Auch zur Frage der Dauer der Rechteeinräumung zeigt der Revisionswerber keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung auf. Seine Behauptung, eine Rechteeinräumung durch einen Gesellschafter sei jedenfalls mit der Dauer seiner Gesellschafterstellung befristet, findet in der bereits zitierten Rechtsprechung (4 Ob 23/15h; 4 Ob 304/97b) keine Deckung. Das weitere Argument, der Kläger habe für das Werk kein Entgelt bezogen, ist dafür nicht ausschlaggebend, erhielt er doch wohl ein Gehalt als Geschäftsführer. Anderes ist auch aus der – zurückweisenden – Entscheidung 4 Ob 1101/95 nicht abzuleiten: Wie die Revision selbst ausführt, ging es dort um nicht im dienstlichen Kontext angefertigte private Urlaubsfotos, die ein Angestellter seinem Dienstgeber für Katalogwerbung zur Verfügung gestellt hatte; der Dienstnehmer hatte damit außerhalb des betrieblichen Organismus seines Dienstgebers aus eigenem Antrieb ein Werk geschaffen. Im vorliegenden Fall hingegen handelt es sich um ein direkt für Zwecke der Erstbeklagten hergestelltes und ihre Produkte abbildendes Werk.

2.4. Die Revision zeigt auch mit der Behauptung, der Kläger habe der Erstbeklagten allenfalls die Rechte an der ersten Auflage, nicht aber am Werk an sich übertragen, keine erhebliche Rechtsfrage auf. Entgegen der Revision hat sich die Erstbeklagte nicht nur an den Herstellungskosten der ersten Auflage beteiligt. Nach den Feststellungen wurden vielmehr auch Mitarbeiter der Erstbeklagten für die Erstellung des Werks selbst herangezogen, so insbesondere zu Recherchearbeiten. Die Erstbeklagte engagierte und bezahlte mehrere Fotografen, die für die Illustration des Buchs Aufnahmen anfertigten. Das fertige Buch wurde mit ihrem Logo versehen und enthält hauptsächlich ihre Produkte sowie Abbildungen alter Briefe und Musterbücher der Erstbeklagten.

2.5. Auch aus § 1173 ABGB ist für den Standpunkt des Klägers nichts abzuleiten; die Bestimmung stellt eine Zweifelsregel für Verlagsverträge auf. Ein solcher ist hier nicht zu prüfen.

2.6. Letztlich schlägt auch das Argument fehl, bei dem Buch handle es sich um kein „unabdingbares Werbemittel“. Der Kläger verweist dazu nur auf die Entscheidung 4 Ob 53/93, die jedoch nicht einschlägig ist: Dort wurde bejaht, dass die Beklagte mit den nach Entwürfen des Klägers gefertigten Kostümen für ihr Marionettentheater auch Werbung betreiben dürfe, weil dies für den wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens unabdingbar war. Insoweit ging es ausschließlich um die Frage, ob ein Werknutzungsrecht, das zum Zweck der Herstellung von Werkstücken nach einem Entwurf eingeräumt wurde, auch die Werbung damit zulässt. Eine Aussage dahin, ein unmittelbar zu Werbezwecken bzw zur Selbstdarstellung einer GmbH eingeräumtes Werknutzungsrecht setze „Unabdingbarkeit“ voraus, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen. Anders als bei der zitierten Entscheidung geht es im Anlassfall auch nicht um die Frage einer allenfalls vom Verwertungsvertrag nicht mehr gedeckten Nutzungsart, sondern schlicht um den Nachdruck einer zweiten Auflage.

Rechtssätze
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