JudikaturJustiz3Ob538/93

3Ob538/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Januar 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Gerstenecker und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadtgemeinde F*****, vertreten durch Dr.Wilfried Raffaseder, Rechtsanwalt in Freistadt, wider die beklagten Parteien 1.) Hermann W*****, vertreten durch Dr.Johannes Riedl und Dr.Gerold Ludwig, Rechtsanwälte in Stadt Haag, 2.) Gerhard W*****, vertreten durch Dr.Josef Lechner und Dr.Ewald Wirleitner, Rechtsanwälte in Steyr, 3.) Brigitte P*****, vertreten durch Dr.Franz Berndorfer, Rechtsanwalt in Linz, 4.) Franz A*****, und 5.) Huberta R*****, beide vertreten durch DDr.Gunter Peyrl, Rechtsanwalt in Freistadt, wegen S 500.000,- (8 Cg 224/90 des Landesgerichtes Linz), infolge Rekurses der drittbeklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 24.September 1993, GZ Nc 207/93-3, womit ein Ablehnungsantrag der drittbeklagten Partei zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag der drittbeklagten Partei auf Zuspruch von Rekurskosten wird abgewiesen.

Text

Begründung:

In dem von der klagenden Partei gegen die beklagten Parteien geführten Rechtsstreit ist entscheidend, ob zwischen der klagenden Partei als Käuferin und den Beklagten als Verkäufer ein Kaufvertrag über eine Liegenschaft zustande kam.

Nachdem das Erstgericht diese Frage verneint und das Klagebegehren daher abgewiesen hatte, kam es vor dem Oberlandesgericht Linz infolge der Berufung der klagenden Partei zu einer mündlichen Berufungsverhandlung, in der unter anderem die Drittbeklagte vernommen wurde. Es ging dabei um den Inhalt eines Gespräches, das in einem Kaffeehaus stattgefunden haben soll. Der Vorsitzende des Berufungssenates fragte die Drittbeklagte hiezu, ob daran auch ihr Ehemann, dessen Vernehmung im Anschluß an ihre Vernehmung vorgesehen war, teilgenommen hatte. Diese Frage wurde von der Drittbeklagten bejaht. Als hierauf ihr Vertreter an sie die Frage richtete, ob sie "hundertprozentig" bestätigen könne, daß ihr Mann bei dem Gespräch ständig anwesend gewesen sei, lachten die Mitglieder des Berufungssenates laut.

Die Drittbeklagte lehnte hierauf die Mitglieder des Berufungssenates mit der Begründung ab, daß das Lachen geeignet sei, deren volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.

Die abgelehnten Richter erklärten in ihrer Äußerung, nicht befangen zu sein. Ihr Lachen sei Ausdruck intellektueller Heiterkeit gewesen, weil durch die Frage des Vertreters der Drittbeklagten besonders deutlich und klar erkennbar gewesen sei, daß er den strittigen Punkt und somit die Zielrichtung der weiteren Beweisaufnahme klar verstanden habe. Dieses Lachen habe auch objektiv und nach außen hin mit einer Befangenheit nichts zu tun.

Der für Ablehnungssachen zuständige Senat des Oberlandesgerichtes Linz wies die Ablehnungserklärung zurück. Das Lachen der Senatsmitglieder lasse für sich allein keinerlei Rückschlüsse darauf zu, ob ein Senatsmitglied sich durch unsachliche psychologische Momente von einer unparteiischen Entschließung abhalten lassen könnte. Der Verlauf der Verhandlung lasse keinen Zweifel daran aufkommen, daß das Lachen der Senatsmitglieder auch von weiteren Personen nur so verstanden werden habe können, wie es die abgelehnten Senatsmitglieder empfunden hätten, nämlich als Erheiterung über die prompte Reaktion des Vertreters der Drittbeklagten und seinen Versuch, eine klare und für seine Mandantin möglicherweise ungünstige Aussage durch weitere Fragestellung wieder zu relativieren. Auch bei Berücksichtigung dieser näheren Umstände bestehe nicht der geringste Hinweis darauf, daß sich die Senatsmitglieder bei ihrer Entscheidung von unsachlichen Überlegungen leiten lassen könnten.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Drittbeklagten gegen diesen Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz erhobene Rekurs ist nicht berechtigt.

Gemäß § 19 Z 2 JN kann ein Richter in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden, weil ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Der abgelehnte Richter ist nach ständiger Rechtsprechung (RZ 1984/81; SZ 43/104; JBl 1954, 286 uva) dann als befangen anzusehen, wenn Umstände vorliegen, die solche Zweifel nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen; dabei genügt es, daß eine solche Befangenheit mit Grund befürchtet werden muß (RZ 1984/81 ua). Es reicht aus, daß eine Partei nach dem äußeren Anschein berechtigte Zweifel an der Unbefangenheit haben kann (1 Ob 7/88 unter Hinweis auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte EuGRZ 1985, 301, 303 Z 30 und EuGRZ 1985, 336, 340 Z 42). Solche Umstände liegen aber nicht vor. Bei dem Lachen der Senatsmitglieder handelte es sich um eine spontane Reaktion, die in keiner Weise darauf schließen läßt, daß die abgelehnten Richter eine vorgefaßte Meinung haben und nicht bereit sind, die aufgenommenen Beweise später ausschließlich nach objektiven Kriterien zu würdigen. Das Verhalten der abgelehnten Richter kann höchstens als unbeabsichtigter "Ausrutscher" angesehen werden, der aber die Besorgnis der Befangenheit nicht begründet (1 Ob 3/92; Feiber in Münchener Kommentar zur ZPO, Rz 24 zu § 42 dZPO). Ein subjektives Mißrauen allein rechtfertigt nicht die Ablehnung (Feiber aaO Rz 4).

Nicht zu erkennen vermag der Oberste Gerichtshof, warum es im Sinn der Rekursausführungen eine Befangenheit deshalb anzunehmen sein müßte, weil die Mitglieder des Berufungssenates die Antwort der Drittbeklagten über die Anwesenheit ihres Mannes "nicht mehr näher hinterfragt" haben. Da die Drittbeklagte die entsprechende Frage offensichtlich uneingeschränkt bejaht hatte, bestand hiezu keinerlei Anlaß. Es mag zutreffen, daß das Lachen der Mitglieder des Senates den Anschein erwecken konnte, sie hielten die "Hinterfragung" durch den Vertreter der Drittbeklagten für nicht geboten. Das kann aber noch nicht geschlossen werden, daß sie nicht bereit sind, das Ergebnis der Fragestellung durch den Vertreter der Drittbeklagten bei ihrer Entscheidung in objektiver Weise zu berücksichtigen.

Die Ablehnungserklärung der Drittbeklagten wurde somit mit Recht zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch von Rekurskosten ist abzuweisen. Eine Kostenersatzpflicht im Ablehnungsverfahren als einseitigen Verfahren, an dem der Prozeßgegner nicht beteiligt ist, ist im Gesetz nicht vorgesehen (SZ 63/24).