JudikaturJustiz3Ob44/97k

3Ob44/97k – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Februar 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei V*****., ***** vertreten durch Dr.Erwin Bajc und Dr.Peter Zach, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, wider die verpflichtete Partei Dr.Peter Karl S*****, vertreten durch Dr.Helmut Rantner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 28,896.363 S sA infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichts Leoben als Rekursgerichts vom 18.November 1996, GZ 2 R 542/96x und 2 R 543/96v-105, womit die Rekurse des Verpflichteten gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom 25. September 1996, GZ 5 E 139/94p-91 und 98, zurückgewiesen wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom 19.September 1994 wurde der betreibenden Partei zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von insgesamt 28,896.363,-- S sA die Exekution durch Zwangsversteigerung mehrerer Liegenschaften des Verpflichteten bewilligt (ON 2).

In der Versteigerungstagsatzung vom 25.September 1996 wurde einem Bieter für zwei der dem Exekutionsverfahren unterworfenen Liegenschaften um das Meistbot von 24,910.000,-- S der Zuschlag erteilt (ON 91). Die schriftliche Ausfertigung des Zuschlags erfolgte schließlich mit dem EForm 219 (ON 98). Der am 25.September 1996 bei Gericht eingelangte Antrag des Verpflichteten auf Aufschiebung der Exekution wurde in der Versteigerungstagsatzung mangels Vorliegens der "gesetzmäßigen Grundlagen" abgewiesen. Gegen die Erteilung des Zuschlags erhob der Verpflichtete in der Versteigerungstagsatzung Widerspruch. Er brachte dagegen auch zwei Rekurse ein, den ersten vor, den zweiten nach Zustellung einer Beschlußausfertigung (ON 95a und ON 100).

Das Gericht zweiter Instanz wies diese Rechtsmittel zurück und sprach aus, daß "der Revisionsrekurs" nicht zulässig sei. In rechtlicher Hinsicht führte es aus:

Mit Beschluß vom 17.Juli 1996 habe das Landes- als Konkursgericht Leoben gemäß § 119 Abs 5 KO ua auch die Ausscheidung der am 25. September 1996 versteigerten Liegenschaften angeordnet und diese dem Verpflichteten zur freien Verfügung überlassen. Dieser Ausscheidungsbeschluß sei infolge eines Rechtsmittels der betreibenden Partei mit Beschluß des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgerichts vom 23.Oktober 1996 zu 3 R 155/96f dahin abgeändert worden, daß der auf sämtliche Liegenschaften des Gemeinschuldners und Verpflichteten bezogene Ausscheidungsantrag abgewiesen wurde. Da der Gemeinschuldner und Verpflichtete vor Rechtskraft dieses Beschlusses über die ausgeschiedenen Sachen nicht verfügen könne "und hier ein Ausscheidungsbeschluß derzeit im Hinblick auf die obzitierte Rekursentscheidung gar nicht" vorliege, sei der Gemeinschuldner und Verpflichtete nicht legitimiert, gegen die Zuschlagserteilung Rekurs zu erheben, weshalb die eingebrachten Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen seien.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Verpflichteten ist zulässig und berechtigt.

Entgegen der Ansicht des Verpflichteten ist ein Rechtsmittel gegen den angefochtenen "Beschluß ohne Sachentscheidung" nicht jedenfalls zulässig, ist doch auch das Rechtsmittel gegen einen Beschluß des Gerichts zweiter Instanz auf Zurückweisung eines Rekurses ein Revisionsrekurs im Sinne des § 528 ZPO. Ein solches Rechtsmittel ist daher, wenn nicht ein Fall des § 528 Abs 2 ZPO vorliegt, nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO abhängt (JBl 1994, 264 = JUS Z 1379). Das Rekursgericht nahm somit in die angefochtene Entscheidung zutreffend einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses auf. Gemäß § 526 Abs 2 ZPO ist der Oberste Gerichtshof jedoch bei Prüfung der Zulässigkeit des Rekurses an die Beurteilung des Gerichts zweiter Instanz über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht gebunden. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses liegen hier, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergeben wird, auch vor.

Das Oberlandesgericht Graz sprach als Rekursgericht in der im Konkursverfahren über das Vermögen des Verpflichteten gefällten Entscheidung vom 23. Oktober 1996 zu 3 R 155/96f die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses aus. Gegen diese Entscheidung wurden vom Gemeinschuldner (= Verpflichteter) und vom Masseverwalter Rechtsmittel erhoben. Das Verfahren über diese Revisionsrekurse ist beim Obersten Gerichtshof zu 8 Ob 17/97a anhängig. Derzeit fehlt es daher noch an einem rechtskräftigen Beschluß über die Ausscheidung (auch) der in der Versteigerungstagsatzung vom 25. September 1996 dem Meistbietenden zugeschlagenen Liegenschaften des Verpflichteten aus der Konkursmasse.

Wird dem Gemeinschuldner eine Sache gemäß § 119 Abs 5 KO zur freien Verfügung überlassen, scheidet sie aus der Konkursmasse endgültig aus. Es bewirkt jedoch erst ein rechtskräftiger Beschluß auf Ausscheidung die Teilaufhebung des Konkurses, durch die das konkursfrei gewordene Vermögen in die unbeschränkte Verfügungsmacht des Gemeinschuldners zurückfällt (2 Ob 2368/96s; SZ 61/172 = ÖBA 1989, 92 mwN; idS offenbar auch SZ 67/98). Vor Rechtskraft eines solchen Beschlusses kann somit der Gemeinschuldner nicht über die dessen Gegenstand bildenden Sachen verfügen. Bis zur Rechtskraft haben daher auch alle Zustellungen in Angelegenheiten, die derartige Sachen betreffen, an den Masseverwalter zu erfolgen (MietSlg 38.869).

Der erkennende Senat sprach überdies bereits in der in diesem Exekutionsverfahren gefällten Entscheidung 3 Ob 8/96 (RZ 1997/17) aus, daß das Absonderungsrecht an Massebestandteilen in einem reinen Exekutionsverfahren mit Wirkung für die Konkursmasse wider den durch den Masseverwalter vertretenen Verpflichteten auszuüben sei. Der Gemeinschuldner verliere durch die Konkurseröffnung seine Prozeßfähigkeit in Ansehung des konkursunterworfenen Vermögens. Es werde ihm daher auch das Recht versagt, im Exekutionsverfahren gefaßte Beschlüsse selbständig zu bekämpfen. Bringe der Gemeinschuldner als Verpflichteter selbst ein Rechtsmittel ein, sei gemäß § 78 EO und § 6 Abs 2 ZPO von Amts wegen der Versuch zu unternehmen, den Mangel der gesetzlichen Vertretung zu sanieren, es sei denn, der Gemeinschuldner hätte eindeutig zum Ausdruck gebracht, nur selbst, also nicht durch den Masseverwalter als gesetzlichen Vertreter handeln zu wollen. Daran ist festzuhalten.

Den Rekursgründen in den vom Gericht zweiter Instanz zurückgewiesenen Rechtsmitteln (ON 95a und ON 100) kann nicht entnommen werden, daß der Verpflichte nur selbst, somit jedenfalls nicht durch den Masseverwalter als gesetzlichen Vertreter handeln will. Dieser beruft sich in der Eventualbegründung seines Revisionsrekurses auch ausdrücklich auf das Erfordernis eines den Darlegungen der Entscheidung 3 Ob 8/96 entsprechenden Sanierungsverfahrens.

Das Gericht zweiter Instanz wird daher einen derartigen Sanierungsversuch zu veranlassen und - je nach dessen Ergebnis - über die Rekurse des Verpflichteten neuerlich zu entscheiden haben.

Der angefochtene Beschluß auf Zurückweisung der bezeichneten Rechtsmittel des Verpflichteten ist daher spruchgemäß aufzuheben.

Rechtssätze
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