JudikaturJustiz3Ob35/14i

3Ob35/14i – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. April 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Lovrek, den Hofrat Dr. Jensik, die Hofrätin Dr. Grohmann und den Hofrat Dr. Roch als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 24. Mai 2004 verstorbenen H*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des erblasserischen Sohnes P*****, vertreten durch Schneider Rechtsanwalts KG in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. August 2013, GZ 45 R 240/13x, 45 R 241/13v, 45 R 242/13s 83, womit infolge Rekurses des erblasserischen Sohnes der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 27. März 2013, GZ 8 A 106/14t 73, bestätigt wurde und die Rekurse des erblasserischen Sohnes gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 27. März 2013, GZ 8 A 106/14t 74 und GZ 8 A 106/14t 75, zurückgewiesen wurden, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird

a) zurückgewiesen, soweit er sich gegen die Zurückweisung der Rekurse gegen die Beschlüsse des Erstgerichts ON 74 und 75 richtet, und

b) im Übrigen mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung:

Mit Notariatsakt aus dem Jahr 2003 schenkte die Erblasserin ihrem einzigen Sohn drei Eigentumswohungen. Zwecks Aufhebung dieses Schenkungsvertrags brachte sie gegen ihren Sohn Anfang 2004 eine auf ihre Geschäftsunfähigkeit sowie auf Irrtum, List und Zwang gestützte Klage ein; dieses Verfahren ruht in erster Instanz. Nach dem Tod der Erblasserin am 24. Mai 2004 gaben sowohl der Sohn als auch der Lebensgefährte der Erblasserin jeweils unter Berufung auf schriftliche Testamente bedingte Erbserklärungen ab. Das Erstgericht bestellte einen Verlassenschaftskurator. Der Erbrechtsstreit zwischen dem Sohn und dem Lebensgefährten endete mit Vergleich vom 8. März 2006, der ua folgende Regelungen enthält: Der Lebensgefährte anerkannte das Erbrecht des Sohnes (P 1.); dieser verpflichtete sich sowohl „im Sinne einer vergleichsweisen Teilung“ zur Übertragung einer der vom Schenkungsvertrag aus 2003 erfassten Eigentumswohnungen (in Hinkunft: EW 1) an den Lebensgefährten (P 2.) als auch zur Zahlung von 27.000 EUR an diesen (P 4.); zum Schenkungsvertrag wurde festgehalten, dass dieser zur EW 1 ungültig sei (P 2.), im Übrigen jedoch gültig bleibe; daher seien die weiteren Schenkungsobjekte nicht Gegenstand des Verlassenschaftsverfahrens (P 3.).

Der Sohn machte in erster Instanz (ON 69) geltend, die EW 1 sei aus Mitteln des Lebensgefährten gekauft worden und sei daher nur im „Treuhandeigentum“ der Verstorbenen gestanden; schriftliche Nachweise einer Treuhandvereinbarung konnte er aber nicht vorlegen. Er brachte weiters vor, die Erklärung im Vergleich, die Schenkung der EW 1 sei ungültig, sei weder rechtswirksam noch bindend, weil sie nicht zwischen den Parteien des Schenkungsvertrags abgegeben worden sei; die EW 1 sei daher beim Tod der Erblasserin nicht nachlasszugehörig gewesen. Hilfsweise beantragte der Sohn, die EW 1 nicht zu bewerten, weil sie wirtschaftliches Eigentum des Lebensgefährten sei. Erneut hilfsweise behauptete der Sohn, der Vergleich sei geschlossen worden, um das Eigentum des Lebensgefährten an der EW 1 festzustellen und deshalb der Nachlass zur Herausgabe verpflichtet gewesen sei. Weiters beantragte er den Vergleichsbetrag von 27.000 EUR als seine Forderung gegen die Verlassenschaft als Passivum in das Inventar aufzunehmen.

Das Erstgericht erließ am 27. März 2013 drei Beschlüsse, und zwar stellte es fest, dass die EW 1 nachlasszugehörig ist, während es den Antrag des Sohnes, den Betrag von 27.000 EUR als seine Forderung gegen die Verlassenschaft unter den Passiven in das Inventar aufzunehmen, abwies (ON 73); dem entsprechend nahm es mit dem sogenannten Mantelbeschluss ua das vom Gerichtskommissär errichtete Inventar mit Aktiven von 18.545,35 EUR (darunter die EW 1 mit einem Wert von 17.564,36 EUR) und Passiven von 9.148,68 EUR und einem Reinnachlass von 9.396,67 EUR an (ON 74); mit der Einanwortungsurkunde wurde der Nachlass dem bedingt erbserklärten Sohn zur Gänze eingeantwortet (ON 75).

Das Rekursgericht gab den gegen alle drei Beschlüsse gerichteten Rekursen des Sohnes (ON 76) betreffend ON 73 nicht Folge und wies ihn betreffend ON 74 und 75 als verspätet zurück; es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig (ON 83). Nach Bewilligung der Wiedereinsetzung durch das Erstgericht (ON 87) gab das Rekursgericht dem Rekurs des Sohnes auch gegen ON 74 und 75 nicht Folge (ON 93); diese Rekursentscheidung blieb unbekämpft.

(Nur) gegen die Rekursentscheidung ON 83 richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Sohnes (ON 86) mit dem Hauptantrag auf Abänderung der Entscheidung(en) der Vorinstanzen dahin, dass „mit der Feststellung der Nachlasszugehörigkeit auch die Nachlasszugehörigkeit des Anspruchs des [Lebensgefährten] auf Herausgabe der Wohnung sowie auf Bezahlung eines Betrages von € 27.000,- festgestellt“ werde; in eventu wird die Abänderung auf die Feststellung beantragt, dass die EW 1 nicht nachlasszugehörig ist.

Rechtliche Beurteilung

Dem Sohn der Erblasserin gelingt es nicht, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG (anzuwenden nach § 203 Abs 7 AußStrG) darzustellen, weshalb sein Rechtsmittel nicht zulässig und zurückzuweisen ist. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens sind die gemäß § 205 AußStrG noch nach der Rechtslage nach dem AußStrG 1854 zu lösenden Fragen, primär ob (angebliche) Ansprüche des Lebensgefährten auf Herausgabe der EW 1 und auf Zahlung von 27.000 EUR als weitere Passiva in das Nachlassinventar aufzunehmen gewesen wären, und eventualiter, ob die EW 1 nachlasszugehörig ist.

1. Soweit die Zurückweisung seines Rekurses ON 76 (im Umfang der Bekämpfung der Beschlüsse ON 74 und 75) angefochten wird, fehlt es dem Erben nunmehr an der Beschwer (RIS Justiz RS0006598 [T26]). Nach Erhebung des Revisionsrekurses wurde ihm nämlich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rekursfrist bewilligt und damit die bekämpfte Entscheidung des Rekursgerichts auf diesem Weg beseitigt, auch wenn deren Aufhebung nicht ausgesprochen wurde (RIS Justiz RS0036692 [T8]; RS0110908; RS0036707). Das Rechtsmittel gegen den Zurückweisungsbeschluss der zweiten Instanz ist daher zurückzuweisen (RIS Justiz RS0007122 [T3]).

2. Die danach erfolgte sachliche Erledigung der Rekurse gegen ON 74 und 75, mit der sowohl der Mantelbeschluss als auch die Einantwortungsurkunde bestätigt wurden (ON 93), blieb unbekämpft. Damit erwuchs ua die Annahme des vom Gerichtskommissär errichteten Inventars, das die EW 1 als Aktivum und unter den Passiven weder den vom Sohn behaupteten Herausgabeanspruch des Lebensgefährten noch seine angebliche Forderung von 27.000 EUR gegen die Verlassenschaft ausweist und damit inhaltlich der Entscheidung ON 73 entspricht, in Rechtskraft. Für eine damit im Widerspruch stehende Abänderung des Beschlusses ON 73, mit dem Vorfragen für die Annahme des Inventars entschieden wurden, verbleibt daher kein Raum, weil andernfalls in die Rechtskraft des Mantelbeschlusses ON 74 und der Rekursentscheidung ON 93 eingegriffen würde (vgl RIS Justiz RS0007873 [T1]).

Rechtssätze
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