JudikaturJustiz3Ob220/03d

3Ob220/03d – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Juni 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Josef K***** Co *****, vertreten durch Dr. Thomas Treichl, Mag. Martin Krumschnabel und Mag. Hannes Bodner, Rechtsanwälte in Kufstein, wider die verpflichtete Partei Ing. Alfred M*****, vertreten durch Dr. Markus Knoll, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 15.000 EUR sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 29. Juli 2003, GZ 1 R 344/04z 7, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Schwaz vom 22. Mai 2003, GZ 4 E 2161/03v 2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei die mit 875,34 EUR (darin 145,89 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Komplementär einer am 1. September 2000 errichteten und am 22. September 2000 im Firmenbuch eingetragenen, näher genannten Kommanditgesellschaft (im Folgenden nur KG) war der nunmehrige Verpflichtete, Kommanditistin war seine Ehegattin. Die beiden Gesellschafter, deren Ehe am 25. April 2001 geschieden wurde, vereinbarten mit gerichtlichem Vergleich vom 10. September 2002, dass die Kommanditistin mit Wirkung vom 25. April 2001 (Tag der Ehescheidung) aus der KG ausscheidet. Der ihr zustehende Auseinandersetzungsanspruch wurde einvernehmlich mit einem EUR bestimmt und nach dem Inhalt des Vergleichs vom Verpflichteten sofort bar bezahlt. Dem Verpflichteten stand es nach dem Vergleichinhalt u.a. frei, als persönlich haftender Gesellschafter im Wege der Anwachsung nach § 142 HGB unter Ausschluss der Liquidation mit allen Aktiven und Passiven das Unternehmen der KG zu übernehmen. Der Verpflichtete verpflichtete sich, unverzüglich - spätestens aber bis 1. November 2002 - ein Firmenbuchgesuch zu überreichen, mit dem entweder die Umwandlung der KG in eine Einzelfirma mit Eintragung der Rechtsnachfolge gemäß § 142 HGB oder (unter Aufrechterhaltung der KG) ein Gesellschafterwechsel beantragt wird.

Auf Antrag des Verpflichteten vom 22. November 2002 wurde bereits am 23. Jänner 2003 die Vermögensübernahme gemäß § 142 HGB durch diesen im Firmenbuch eingetragen, weiters, dass die KG aufgelöst und gelöscht ist.

Die Klage der nun betreibenden Partei gegen die KG im Titelverfahren war bereits am 12. September 2002 eingebracht worden; letztere verpflichtete sich mit gerichtlichem Vergleich vom 26. Februar 2003 - zeitlich somit nach ihrer Löschung im Firmenbuch -, der betreibenden Gläubigerin 15.000 EUR samt 8 % Verzugszinsen zu zahlen. Bei Vergleichsabschluss wurden die obgenannten gesellschaftsrechtlichen Vorgänge nicht erörtert.

Die betreibende Gläubigerin beantragte am 14. Mai 2003, ihr auf Grund des gerichtlichen Vergleichs vom 26. Februar 2003 gegen den Verpflichteten "als Gesamtrechtsnachfolger gemäß § 142 HGB der KG" zur Hereinbringung einer Forderung von 15.000 EUR sA Fahrnisexekution sowie Exekution durch Zwangsversteigerung von zwei näher genannten Liegenschaften und eines Liegenschaftsanteils zu bewilligen. Dazu brachte sie vor, im Grundbuch sei jeweils noch die aufgelöste und gelöschte KG als Eigentümerin eingetragen, die Zwangsversteigerung erfolge jedoch gegen den Verpflichteten als Übernehmer gemäß § 142 HGB. Dem Exekutionsantrag war auch ein Firmenbuchauszug vom 14. Mai 2003 angeschlossen, wonach die KG aufgelöst und gelöscht ist und eine Vermögensübernahme gemäß § 142 HGB durch den Verpflichteten erfolgt war.

Das Erstgericht wies - vorerst ohne über den Antrag auf Bewilligung der Fahrnisexekution abzusprechen - den Antrag auf Bewilligung der Zwangsversteigerung ab und führte in rechtlicher Hinsicht aus, der behauptete außerbücherliche Rechtserwerb durch den Verpflichteten sei nicht nachgewiesen. Das Vorbringen der betreibenden Partei beschränke sich auf die Behauptung einer Vermögensübernahme nach § 142 HGB.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahin ab, dass die beantragte Zwangsversteigerung bewilligt wurde. In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus, die titelmäßige Verpflichtung der KG sei hier gemäß §§ 142, 161 Abs 2 HGB auf den Verpflichteten übergegangen, der als persönlich haftender Gesellschafter alle Anteile erworben habe und dadurch allein Inhaber des Unternehmens geworden sei; gegen ihn könne auf Grund eines Titels gegen die KG Exekution geführt werden. Der betreibende Gläubiger müsse aber die Rechtsnachfolge iSd § 9 EO ausreichend bescheinigen. Aus dem vorgelegten Firmenbuchauszug ergebe sich, dass bereits vor Schaffung des Exekutionstitels die Vermögensübernahme gemäß § 142 HGB durch den Verpflichteten sowie die Auflösung und Löschung der KG im Firmenbuch eingetragen worden seien. Die Vorlage des betreffenden Firmenbuchauszugs reiche zur Bescheinigung der Rechtsnachfolge aus. Auch grundbuchsrechtliche Prinzipien seien dadurch nicht beeinträchtigt.

Der von der zweiten Instanz - mit der Begründung, es fehle oberstgerichtliche Rsp zum Umfang der notwendigen Bescheinigung bei Exekution in eine Liegenschaft, von deren grundbücherlicher Eigentümerin sämtliche Aktiva und Passiva gemäß § 142 HGB auf den nunmehrigen Verpflichteten übergegangen seien - zugelassene Revisionsrekurs des Verpflichteten ist zulässig und im Ergebnis berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Voraussetzung für die Bewilligung der Zwangsversteigerung (§ 133 EO) ist, dass der Verpflichtete im Grundbuch als Eigentümer einverleibt ist (SZ 57/177; Angst in Angst , EO, § 133 Rz 1; Neumayr in Burgstaller/Deixler Hübner , EO, § 133 Rz 6; Heller/Berger/Stix , EO4, 898, 2516). Nach dem allgemeinen Grundsatz des § 21 GBG sind Eintragungen im Grundbuch nur wider den zulässig, der zur Zeit des Ansuchens als Eigentümer der Liegenschaft oder des Rechts, in Ansehung derer die Eintragung erfolgen soll, im Grundbuch erscheint oder doch gleichzeitig als solche einverleibt oder vorgemerkt wird. Die Ausnahmen der §§ 22 f GBG kommen hier nicht zum Tragen. Erst jüngst wurde im vergleichbaren Fall des Eigentumsübergangs auf einen Erben in der E 5 Ob 222/03p (mwN; RIS Justiz RS0011313, RS0118853) ausgesprochen, dass zwar der Erbe trotz der Bestimmung des § 436 ABGB Eigentum an einer Liegenschaft mit der Einantwortung und nicht erst mit der Einverleibung seines Eigentumsrechts im Grundbuch erwerbe und die grundbücherliche Einverleibung in diesem Fall nur noch insofern Bedeutung habe, als der Erbe dadurch den bücherlichen Besitz erlangt. Die Bestimmungen der §§ 21 und 94 GBG verhinderten jedoch im Grundbuchsverkehr jede Bedachtnahme auf die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse, solange sie nicht im Grundbuch ihren Niederschlag gefunden haben. In der Rsp sei schon bisher die Auffassung vertreten worden, dass eine bücherliche Eintragung gegen den Erben unzulässig sei, auch wenn er bereits nach materiellem Recht Liegenschaftseigentümer sei. Auch die Zwangsversteigerung einer Liegenschaft sei gegen den eingeantworteten, aber nicht einverleibten Erben unzulässig, weil der materielle Grundbuchsstand nicht durchschlage (SZ 57/177). Diese Grundsätze können auch für eine Geschäftsübernahme nach § 142, § 161 Abs 2 HGB (hier die gleich zu behandelnde vertragliche Übernahme einer zweigliedrigen KG durch den bisherigen Komplementär; vgl. für viele 2 Ob 54/00f = SZ 73/50; RIS Justiz RS0039306; Jabornegg in Jabornegg , HGB, § 142 Rz 40 f) fruchtbar gemacht werden, führt doch auch diese nach herrschender Auffassung zu einer Gesamtrechtsnachfolge (2 Ob 54/00f u.v.a.; RIS Justiz RS0000369; Koppensteiner in Straube , HGB3, § 142 Rz 10 mwN; Jabornegg aaO § 142 Rz 31).

Zusammenfassend ist daher festzuhalten: Auch im Fall der Vermögensübernahme nach § 142, § 161 Abs 2 HGB verhindert § 21 GBG eine Bedachtnahme auf die durch die Vermögensübernahme geschaffenen tatsächlichen neuen Eigentumsverhältnisse, solange sie nicht im Grundbuch ihren Niederschlag gefunden haben; sie steht daher der Bewilligung der Zwangsversteigerung (§ 133 EO) gegen den im Grundbuch (noch) nicht als Eigentümer einverleibten Übernehmer der Kommanditgesellschaft entgegen. Die vom Rekursgericht angeführten Zitate (3 Ob 72/91 = ecolex 1991, 857 und Angst aaO § 9 Rz 22) betreffen keine Exekution auf eine Liegenschaft.

Nach dem hier für die Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung der Zwangsversteigerung allein maßgeblichen Grundbuchsstand war der Verpflichtete nie Eigentümer der Liegenschaften und des Liegenschaftsanteils, deren Zwangsversteigerung nun beantragt wird, sondern nur die von ihm mit Rechtsgeschäft (Vergleich) nach § 142, § 161 Abs 2 HGB übernommene KG, deren Komplementär er gewesen war. Dass die Vermögensübernahme nach § 142 HGB zur Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 136 GBG führen kann (4 Ob 528/93 = SZ 66/146; Jabornegg aaO § 142 Rz 32 mwN; Koppensteiner aaO Rz 10; Emmerich in Heymann , HGB2, § 142 Rz 27), ist hier nicht weiter zu untersuchen .

Der beantragten Bewilligung der Zwangsversteigerung steht somit ein Hindernis entgegen, das zur Abweisung des Exekutionsantrags auf Liegenschaftsexekution führen und demnach in Stattgebung des Revisionsrekurses zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses führen muss.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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