JudikaturJustiz3Ob203/07k

3Ob203/07k – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Oktober 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*****, vertreten durch Saxinger Chalupsky Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, wider die beklagte Partei Elisabeth von P*****, vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in Graz, wegen Feststellung der Dienstbarkeit eines Wanderwegs und einer Schitour und -abfahrt und grundbücherlicher Einverleibung der Dienstbarkeiten, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 19. Juni 2007, GZ 5 R 60/07v-33, womit das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 23. Jänner 2007, GZ 4 Cg 71/05f-29, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen wiesen die auf Feststellung und Einverleibung einer Wege-, Schitour- und Schiabfahrtsdienstbarkeit gerichtete und auf Ersitzung gestützte Klage eines alpinen Vereins (und einer Einzelperson, die sich nicht mehr am Rechtsmittelverfahren beteiligte) mit der Begründung ab, sie hätten den für die Ersitzung erforderlichen Besitzwillen nicht in einer für die beklagte Liegenschaftseigentümerin erkennbaren Weise bekundet. Wenn schon die bei einem Wanderweg für notwendig erachtete Markierung durch den Ersitzungsbesitzer fehle, hätte es zumindest eindeutig den klagenden Parteien zurechenbarer Tourenbeschreibungen auf Hinweistafeln im Gelände, in Schi- und Wanderführern oder in allenfalls existierendem Kartenmaterial bedurft; derartiges fehle aber.

Die zweite Instanz sprach aus, dass der Entscheidungsgegenstand 20.000 EUR übersteige, die ordentliche Revision aber nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die nun alleinklagende Partei behauptet das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO, weil Rsp zu einem vergleichbaren Fall fehle. Die die Ersitzung einer Wegedienstbarkeit durch einen alpinen Verein betreffende E behandle einen nicht vergleichbaren Sachverhalt.

Voraussetzung für jede Ersitzung ist unbestritten eine Besitzausübung, die die volle Zugehörigkeit der Sache zum Ausübenden so sichtbar zum Ausdruck bringt, dass sie eine Besitzausübung dritter Personen nicht zulässt (stRsp, RIS-Justiz RS0010101). Servitutsberechtigter aufgrund einer Benützung durch die Allgemeinheit kann, insbesondere bei einer Schiabfahrt, auch ein Seilbahnunternehmen oder ein Fremdenverkehrsverband sein; die Benützung durch die Allgemeinheit deutet aber regelmäßig auf einen Besitzerwerber hin, der nicht besondere Interessen vertritt, sondern dessen Aufgabe es ist, für derartige Bedürfnisse des Publikums Vorsorge zu treffen. Es müssen daher besondere Umstände vorliegen, um den Schluss ziehen zu können, dass die Benützung einer Schiabfahrt oder eines Wegs auf (zB) ein Seilbahnunternehmen oder einen Fremdenverkehrsverband „zielt", das/der damit neben der Gemeinde eine eigene Servitut erwirbt. Für einen alpinen Verein kann nichts anderes gelten. Ein Servitutserwerb durch die zuständige Gemeinde schließt daher einen Erwerb der unregelmäßigen Dienstbarkeit durch einen alpinen Verein keineswegs aus. Maßgebend dafür ist, ob dieser seinen Besitzwillen in einer für die Beklagte (allenfalls auch ihre Rechtsvorgänger) erkennbaren Weise bekundet hat, indem er durch seine Mitglieder oder andere für ihn tätige Personen den von der Allgemeinheit begangenen Weg als Wanderweg markiert und betreut hat (4 Ob 96/04b = SZ 2004/71 mwN).

Ob der Eigentümer der belasteten Liegenschaft erkennen kann, dass Benützungshandlungen in Ausübung eines Rechts erfolgen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0033021) und wirft daher grundsätzlich keine erheblichen Rechtsfragen auf. Dass in Ansehung einer Schiabfahrt oder einer Schitour keine oder eine andersartige Markierung in Betracht kommt wie für einen Wanderweg, versteht sich von selbst. Da im vorliegenden Fall nach den getroffenen Feststellungen keinerlei Markierungen für Wanderer, Schitourengeher und Schifahrer im Bereich der beanspruchten Dienstbarkeit vorhanden sind und auch die „unter Mitwirkung der erstklagenden Partei" am Ausgangspunkt der Wander- oder Schitour ins gegenständliche Gebiet errichteten Hinweistafeln keine eigene Route im Bereich der beanspruchten Liegenschaft der Beklagten ausweisen, steht die angefochtene Beurteilung des Berufungsgerichts im Einklang mit den zuvor genannten Grundsätzen der Rsp des Obersten Gerichtshofs. Im Übrigen reicht eine Entscheidung, die zwar bisher die einzige ist, die aber ausführlich begründet wurde, zu der gegenteilige Entscheidungen nicht vorliegen und die auch vom Schrifttum ohne Kritik übernommen wurde, für das Vorliegen einer gesicherten Rechtsprechung aus. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist dann zu verneinen, sofern nicht der Rechtsmittelwerber mit neuen Argumenten erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung wecken kann (3 Ob 59/06g; RIS-Justiz RS0103384).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung fußt auf § 508a Abs 2 zweiter Satz ZPO.