JudikaturJustiz3Ob131/95

3Ob131/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. November 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*****, vertreten durch Heller, Löber, Bahn Partner Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei A*****, vertreten durch Dr.Gerald Göbel, Rechtsanwalt in Wien, wegen US-Dollar 613.095,97 sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 21.September 1995, GZ 5 R 154/95-17, womit die Exekutionsbewilligung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 25.Juli 1995, GZ 10 Nc 24/94b-11, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei beantragte, ihr auf Grund eines Teilschiedspruchs und eines Ergänzungsbeschlusses eines Schiedsgerichtes der Bundesrepublik Deutschland die Fahrnisexekution zu bewilligen. Sie legte dem Exekutionsantrag den Teilschiedsspruch und den Beschluß über die Vollstreckbarerklärung dieser Entscheidungen nicht aber auch den in Exekutionsantrag ebenfalls angeführten Ergänzungsbeschluß bei.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution.

Das Rekursgericht hob die Exekutionsbewilligung des Erstgerichtes auf und trug diesem die Durchführung eines Verbesserungsverfahrens zur Beseitigung des Formgebrechens auf, das darin liege, daß entgegen Art IV Abs 1 lit b des anzuwendenden Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche BGBl 1961/200 die Schiedsvereinbarung nicht in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorgelegt worden sei.

Das Erstgericht erteilte in der Folge der betreibenden Partei den Auftrag, binnen vier Wochen die schriftliche Vereinbarung, die die Schiedsklausel enthält, in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorzulegen. Die betreibende Partei legte hierauf zwei in englischer Sprache verfaßte Urkunden vor.

Das Erstgericht stellte der betreibenden Partei die vorgelegten Urkunden zur Verbesserung mit der Bemerkung zurück, daß sie in beglaubigter Übersetzung vorzulegen "waren". Die betreibende Partei legte hierauf beglaubigte Übersetzungen der Urkunden vor, denen unbeglaubigte Abschriften der übersetzten Urkunden angeschlossen waren.

Das Erstgericht bewilligte sodann neuerlich die beantragte Exekution.

Das Rekursgericht wies infolge Rekurses der verpflichteten Partei den Exekutionsantrag ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die betreibende Partei sei dem ihr erteilten Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen, weil sie bloß unbeglaubigte Ablichtungen der die Schiedsklausel enthaltenen Verträge vorgelegt habe. Die Vorlage einer beglaubigten Übersetzung einer unbeglaubigten Ablichtung könne das Fehlen der Urschrift oder einer beglaubigten Abschrift nicht ersetzen.

Rechtliche Beurteilung

Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von der im nachstehenden angeführten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; er ist auch berechtigt.

Gemäß § 85 Abs 1 ZPO, der gemäß § 78 EO anzuwenden ist, kann zum Zweck der Beseitigung von Formgebrechen die Partei vorgeladen oder ihr der Schriftsatz mit der Anweisung zur Behebung der gleichzeitig zu bezeichneten Formgebrechen zurückgestellt werden. § 58 Abs 8 Geo bestimmt hiezu, daß die Partei die ursprüngliche Eingabe wieder vorzulegen hat, wenn einen Auftrag zur Verbesserung eines Formgebrechens entsprochen oder ein Rechtsmittel gegen einen Beschluß ergriffen wird, der der Partei urschriftlich unter Rückmittlung ihrer Eingabe zurückgestellt wurde. Der Oberste Gerichtshof hat hiezu schon mehrfach ausgesprochen, daß es einen neuen Formfehler bildet, wenn das zu verbessernde Rechtsmittel dem verbesserten Schriftsatz nicht angeschlossen wird (EvBl 1972/161; SZ 24/218; JBl 1954, 151; SZ 13/227 ua).

Diese Rechtsprechung gilt allgemein für Eingaben, die der Partei urschriftlich zur Verbesserung zurückgestellt wurden. Sie und die angeführten Gesetzesstellen gelten aber auch, wenn der Partei Urkunden urschriftlich zur Verbesserung zurückgestellt wurden, weil ein Grund für eine unterschiedliche Behandlung nicht zu erkennen ist (vgl Fasching, LB2 Rz 512).

Nach der neueren Rechtsprechung (AnwBl 1987, 296; SVSlg 34.052; 8 Ob 23/94) ist der Anschluß des zurückgestellten Schriftsatzes dann nicht erforderlich, wenn bei Anwaltspflicht der zu verbessernde Schriftsatz nicht von einem Rechtsanwalt gefertigt war, weil in einem solchen Fall die Partei selbst nicht postulationsfähig ist. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Dem Gericht haben vielmehr im maßgebenden Entscheidungszeitpunkt die für die Beschlußfassung erforderlichen Urkunden vorzuliegen, was nicht zutrifft, wenn die zur Beibringung von beglaubigten Übersetzungen zurückgestellten Originalurkunden nach Behebung des Formgebrechens nicht erneut vorgelegt wurden.

Die betreibende Partei hätte daher gemäß § 58 Abs 8 Geo die ihr in Urschrift zurückgestellten Urkunden gemeinsam mit den vorgelegten beglaubigten Übersetzungen wieder vorlegen müssen. Die Beseitigung des darin gelegenen Formgebrechens hätte aber von Amts wegen gemäß § 78 EO iVm § 84 Abs 1 ZPO - die nunmehr gemäß § 54 Abs 3 EO idF der EO-Nov 1995 geltende Regelung ist gemäß Art VIII Abs 2 EO-Nov 1955 noch nicht anzuwenden - angeordnet werden müssen. Bei Erteilung eines Verbesserungsauftrages hat das Gericht alle verbesserungsfähigen Mängel anzuführen. Geschah dies nicht, ist - nach Behebung des angeführten Mangels - ein weiterer Verbesserungsauftrag zu erteilen (Fasching aaO Rz 515; Gitschthaler in Rechberger, ZPO, Rz 17 zu §§ 84, 85; Konecny in JBl 1984, 19). Ein solcher Fall liegt hier vor.

Dem Exekutionsantrag war nämlich der darin angeführte, zum Teilschiedsspruch ergangene Ergänzungsbeschluß, der zur Beurteilung des Inhalts des Exekutionstitels unerläßlich ist, nicht angeschlossen. In einem solchen Fall ist ebenfalls gemäß § 78 EO iVm § 84 Abs 1 ZPO die Verbesserung anzuordnen, sofern dies, wie hier, nicht eine Verschiebung des Ranges zur Folge hat, der für den betriebenen Anspruch bei Bewilligung der Exekution begründet wird (NZ 1995, 32 = RZ 1995/46; JBl 1989, 121).

Zur Durchführung des demnach erforderlichen Verbesserungsverfahrens mußten die Entscheidung der Vorinstanzen somit aufgehoben werden.

Der Ausspruch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren beruht auf § 78 EO iVm § 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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