JudikaturJustiz2Ob231/23v

2Ob231/23v – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. März 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart und Dr. Kikinger sowie die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N*, vertreten durch Dr. Andreas Fink Dr. Christopher Fink, Rechtsanwälte in Imst, gegen die beklagte Partei S*, vertreten durch Dr. Anton Triendl, Dr. Andreas Ruetz, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen zuletzt 30.536,72 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 12. Oktober 2023, GZ 2 R 148/23s 82, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 26. Juni 2023, GZ 81 Cg 8/22x 22, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

I. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es einschließlich des rechtskräftigen Zuspruchs insgesamt lautet:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 5.918,34 EUR samt 4 % Zinsen daraus seit 29. 10. 2019 binnen 14 Tagen zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei der klagenden Partei für alle zukünftigen Schäden aus dem Unfall vom 20. 3. 2019 auf der Piste 40a im Skigebiet der beklagten Partei zu 50 % haftet.

3. Das Mehrbegehren,

a) die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere 24.618,38 EUR zu zahlen, das Zinsenmehrbegehren sowie

b) es werde festgestellt, dass die beklagte Partei der klagenden Partei für alle zukünftigen Schäden aus dem Unfall vom 20. 3. 2019 auf der Piste 40a im Skigebiet der beklagten Partei zu weiteren 50 % haftet,

wird abgewiesen.“

II. Die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Fällung einer neuen Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz aufgetragen.

III. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 167,37 EUR (Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Der Kläger traf am 20. 3. 2019 als Skifahrer im Skigebiet der Beklagten auf einem Ziehweg auf einen bergwärts fahrenden, von einem Pistenretter im Einsatz gelenkten Motorschlitten der Beklagten, geriet im Zuge der Vorbeifahrt über den Pistenrand hinaus und verletzte sich dabei schwer.

[2] Der Skiweg wies ein Gefälle von 9–11 Grad sowie eine Breite von 5–6 m auf und verfügte nur über eine einzige, schlechter einsehbare Kehre, wo sich letztlich auch der Unfall ereignete.

[3] Der Lenker des Motorschlitten s war am Unfallstag mit diesem als Pistenretter mit Signalleuchte und akustischem Warnsignal (Hupe) im Einsatz. Der Motorschlitten hatte eine Breite von 141 cm. Der Pistenretter fuhr mit einer Geschwindigkeit von 30–40 km/h bergwärts, hielt sich bei Annäherung an die Kurve aus seiner Sicht so weit links wie möglich und nahm etwas Tempo heraus, wobei seine genaue Geschwindigkeit nicht feststellbar ist.

[4] Der Kläger näherte sich mit einer Geschwindigkeit von mehr als 30 km/h, allenfalls auch mehr als 40 km/h geradeaus ohne wesentliche Ausdrehungen zur Falllinie. Auch er entschied sich, die Kurve aus Sichtgründen an der – aus seiner Sicht äußerst rechten – Außenseite zu durchfahren. Ob bzw wann er den Motorschlitten vor dem Unfall wahrnahm, steht nicht fest. Jedenfalls nahm er ihn trotz wechselseitiger Sichtmöglichkeit schon aus 43 m Entfernung so spät wahr, dass ihm ein Ausweichen nach links, wo er 3–4 m Platz gehabt hätte, nicht mehr möglich war. Beim Versuch rechts vorbeizufahren, wo sich kaum befahrbare Fläche befand, kam er nach der Begegnung (ohne Berührung) zu Sturz. Er hätte 21,6 m vor der späteren Unfallstelle (Entfernung zum Motorschlitten: 43 m) erkennen können, dass er kurveninnenseitig gefahrlos passieren hätte können.

[5] Der Pistenretter nahm den Kläger (zwar) als unmittelbar auf ihn zufahrend wahr, reagierte aber erst mit einer Bremsung, als der Kläger an ihm vorbeifuhr. Er hätte den Kläger ebenfalls aus einer Entfernung von 43 m wahrnehmen und die Geschwindigkeit auf 10 km/h verringern können. Ob dies den Unfall verhindert hätte, steht nicht fest. Allerdings wäre der Handlungsspielraum des Klägers größer geworden. Den Unfall hätte er aber durch Anhalten bei Erstsicht vermeiden können. Ob er den Unfall durch Anhalten zu jenem Zeitpunkt, als er den Kläger unmittelbar auf ihn zufahrend wahrnahm, vermeiden hätte können, steht ebenfalls nicht fest.

[6] Der Kläger begehrt von der Beklagten – soweit noch für das Revisionsverfahren relevant – gestützt auf Vertragshaftung (Liftbenützungsvertrag) zuletzt die Zahlung von 30.536,72 EUR sA und die Feststellung ihrer Haftung für zukünftige Schäden. Er bringt vor, der Pistenretter sei mit überhöhter Geschwindigkeit und unaufmerksam in die schlecht einsehbare Kurve eingefahren. Es wären überdies Warnhinweise vorzusehen gewesen.

[7] Die Beklagte wendet zusammengefasst das Alleinverschulden des Klägers ein. Der Pistenretter habe ohnehin den – aus seiner Sicht – äußerst linken Pistenrand benutzt und sämtliche Warneinrichtungen am Motorschlitten aktiviert gehabt. Der Kläger habe auf dessen Annäherung verspätet und falsch reagiert. Er hätte ohne weiters links vorbeifahren können.

[8] Das Erstgericht gab – im zweiten Rechtsgang – dem Zahlungsbegehren im Umfang von 2.959,17 EUR und dem Feststellungsbegehren im Ausmaß von ¼ statt und wies das Mehrbegehren ab. Es bejahte auf Grundlage des abgeschlossenen Liftbenützungsvertrags eine Vertragshaftung der Beklagten, weil der Pistenretter nicht die gebotene äußerste Sorgfalt bei Annäherung an die unübersichtliche Kurve eingehalten und diese mit überhöhter Geschwindigkeit durchfahren habe. Er hätte zwar nicht anhalten, aber die Geschwindigkeit zumindest auf 10 km/h verringern müssen. Dieser Sorgfaltsverstoß sei aber im Vergleich zur Sorglosigkeit des Klägers vergleichsweise geringfügig, weil dieser entweder aufgrund überhöhter Geschwindigkeit oder Unachtsamkeit ungebremst auf das für ihn erkennbare Hindernis zugefahren und erst unter dem Eindruck der viel zu spät erkannten Gefahr falsch reagiert habe. Dies rechtfertige eine Verschuldensteilung von 1 : 3 zu Lasten des Klägers.

[9] Das – von beiden Parteien angerufene – Berufungsgericht schloss sich im Wesentlichen der Rechtsansicht des Erstgerichts an, bestätigte dessen Entscheidung und ließ die ordentliche Revision nicht zu.

[10] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, mit dem Abänderungsantrag, ihm weitere 8.877,51 EUR sA zuzusprechen und die Haftung der Beklagten zur Gänze festzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[11] Die Beklagte beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[12] Die – sich ausschließlich mit der Gewichtung des Verschuldens beschäftigende – Revision ist zulässig , weil dem Berufungsgericht insoweit eine aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Sie ist teilweise auch berechtigt .

[13] Der Kläger argumentiert zusammengefasst, die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, an der unübersichtlichen Engstelle eine Warntafel aufzustellen. Der Lenker des Skidoos habe nicht die an dieser Stelle gebotene äußerste Sorgfalt eingehalten. Er wäre verpflichtet gewesen wesentlich langsamer zu fahren oder anzuhalten. Bei Unfällen im Begegnungsverkehr zwischen Skifahrern und Motorschlitten gehe die Rechtsprechung auch bei Unachtsamkeit des Skifahrers regelmäßig von einem Mitverschulden von lediglich ¼ aus.

[14] 1. Die Anwendung österreichischen Rechts ist im Revisionsverfahren nicht strittig.

[15] 2. Dass die Beklagte auf Grundlage des vom Kläger abgeschlossenen Liftbenützungsvertrags eine vertragliche Haftung trifft und dem ihr auch zuzurechnendem Pistenretter ein (kausaler) Sorgfaltsverstoß zu Last liegt, zieht diese nicht mehr in Zweifel. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein die Gewichtung des wechselseitigen Verschuldens im Rahmen der vertraglichen Haftung.

3. Aufstellen einer Warntafel durch die Beklagte

[16] 3.1 Mit Abschluss des Beförderungsvertrags übernimmt der Liftunternehmer als Pistenhalter die Pflicht, im unmittelbaren Bereich des von ihm eröffneten Skiverkehrs die körperliche Integrität seiner Vertragspartner durch nach der Verkehrsauffassung erforderliche und zumutbare Maßnahmen zu schützen. Er und seine Leute sind im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht insbesondere verpflichtet, dort entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, wo dem Skifahrer durch nicht oder schwer erkennbare Hindernisse Gefahren drohen. Nach ständiger Rechtsprechung hat er demnach atypische Gefahren zu sichern, also solche Hindernisse, die der Skifahrer nicht ohne weiteres erkennen kann, und solche, die er trotz Erkennbarkeit nur schwer vermeiden kann. An die Verkehrssicherungspflicht des Pistenhalters dürfen aber auch keine überspitzten Anforderungen gestellt werden; sie darf nicht überspannt werden. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass Pistengeräte zwar typische Erscheinungen auf einer Skipiste sind, dies den Betreiber des Pistengeräts aber nicht der Pflicht enthebt, auf die Möglichkeit Bedacht zu nehmen, dass Skifahrer – nicht auf Sicht fahrend – „zu Tale rasen“ (2 Ob 30/10s Pkt II.2. mwN). Skifahrer dürfen durch den Einsatz von Pistengeräten nicht mehr behindert bzw gefährdet werden, als dies das Wesen der Pistenfahrzeuge zwangsläufig mit sich bringt. Der pistensicherungspflichtige Unternehmer hat die durch den Einsatz solcher Fahrzeuge ausgelösten Gefahren für abfahrende Skiläufer, soweit dies möglich und zumutbar ist, auszuschalten. Erweist sich der Einsatz eines Pistenfahrzeugs während der Liftbetriebszeit als unumgänglich, hat der Liftunternehmer, gerade bei Pisten mit engen bzw unübersichtlichen Passagen, grundsätzlich durch geeignete Maßnahmen (zB Warntafel) vor dem Einsatz des Geräts zu warnen. Ein Pistengerät, das auf einer von Skifahrern frequentierten Piste bergwärts fährt, stellt nämlich eine besondere Gefahrenquelle dar ( 2 Ob 201/18z Pkt 2. mwN; RS0023786).

[17] 3.2 Das Fehlen einer Warntafel ist der Beklagten im konkreten Fall schon deshalb nicht als für die Gewichtung des Verschuldens auch ins Kalkül zu ziehende (kausale) Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflichten anzulasten, weil die Gefahr des sich nähernden Motorschlittens für den Kläger schon aus einer Entfernung von 43 m ohne weiteres erkennbar war. Es lag daher keine nicht oder nur schwer erkennbare (unfallskausale) Gefahr vor, die er nicht leicht vermeiden hätte können. Die Aufstellung von Warntafeln an all jenen unübersichtlichen Stellen, die potentiell (nur) im Zuge eines Rettungseinsatzes während der Betriebszeiten passiert werden könnten, würde die Verkehrssicherungspflichten überspannen.

4. Unfallhergang

[18] 4.1 Ein Pistengerät, das auf einer von Skifahrern frequentierten Piste bergwärts fährt, stellt eine besondere Gefahrenquelle dar (2 Ob 201/18z Pkt 2. mwN). Bei Fahrten auf Pisten mit Pistengeräten während des Liftbetriebs ist daher – insbesondere bei Fehlen sonstiger Warnsignale (Warntafeln) – nach Möglichkeit eine Fahrlinie zu wählen, bei deren Einhaltung das Gerät für einen entgegenkommenden Skifahrer stets sichtbar bleibt. Kann das Gerät infolge der örtlichen Verhältnisse längere Zeit hindurch nicht wahrgenommen werden, dann ist für den Lenker äußerste Vorsicht geboten ( 2 Ob 113/09w Pkt II.1.1 mwN; RS0023786).

[19] Muss der Lenker eines Motorschlittens beispielsweise infolge einer sichtbehindernden Geländekante davon ausgehen, von den ihm entgegenkommenden Skifahrern einer Skifahrergruppe nicht gesehen zu werden, so muss er, um dem in dieser Situation von ihm zu beachtenden Gebot der „äußersten Vorsicht“ angemessen Rechnung zu tragen, den Motorschlitten im Zweifel in ausreichendem Abstand zu der Geländekante anhalten und das Vorbeifahren der Gruppe abwarten, bis bei realistischer Einschätzung mit weiteren Skifahrern nicht mehr zu rechnen ist (RS0023786 [T8] = 2 Ob 113/09w).

[20] 4.2 Andererseits gilt auch für den Skifahrer das Gebot des Fahrens auf Sicht (RS0023345). Jeder Skifahrer muss kontrolliert fahren, das vor ihm liegende Gelände genau beobachten und seine Geschwindigkeit auf die Geländeverhältnisse einrichten (RS0023429).

[21] 4.3 Zu 2 Ob 212/06z war eine Kollision zwischen einem mit 40 km/h auf einer rund 50 m breiten Piste talwärts fahrenden Skifahrer und einem Motorschlitten zu beurteilen. Der Skifahrer fuhr trotz Sicht und Abwehrmöglichkeit aus 30 m Entfernung ungebremst in einen mit 30 km/h unter Verwendung der „Rundum Leuchte“ und der akustischen Hupe bergwärts fahrenden Motorschlitten, dessen Lenker nicht aufgrund besserer Sichtmöglichkeiten den anderen Pistenrand benutzte. Der Oberste Gerichtshof billigte die Annahme des Berufungsgerichts , die Beteiligten treffe ein gleichteiliges Verschulden.

[22] Zu 2 Ob 30/10s hatte der Oberste Gerichtshof eine Kollision zwischen einer Pistenraupe, die ohne Notwendigkeit während der Betriebszeit Tische und Torstangen nach einem Rennen abholte, und einem Skifahrer, der ohne auf Sicht zu fahren über eine Kuppe sprang, zu beurteilen und gewichtete das wechselseitige Verschulden mit 2 : 1 zu Lasten des Skifahrers.

[23] Der Entscheidung 7 Ob 76/07p lag eine Kollision zwischen einem Snowboarder, der den sich bergwärts nähernden Motorschlitten trotz uneingeschränkter Sicht (160 m) erst 6–8 m vor der Kollision wahrnahm, und einem Motorschlitten ohne akustische Warneinrichtung zu Grunde, der unter Verstoß gegen eine Ausnahmebewilligung und die darin enthaltenen Auflagen mit 30 km/h im Abstand von 1 m vom Pistenrand bergwärts fuhr, den Snowboarder sah, das Tempo aber erst auf Schrittgeschwindigkeit reduzierte, als er wahrnahm, dass ihn dieser nicht bemerkte. Der Oberste Gerichtshof ging von einem Verschulden des Motorschlittens im Ausmaß von ¾ aus.

[24] Zu 2 Ob 113/09w wurde das Mitverschulden des Skifahrers lediglich mit ¼ gewichtet. Der Entscheidung lag eine Kollision zwischen einem Skilehrer, der bei zulässiger Trainingsfahrt außerhalb der (offiziellen) Liftbetriebszeiten in der Gruppenmitte zügig abfuhr, und einem Motorschlitten zu Grunde, der mit Warnleuchten und Folgetonhorn mit ca 25 km/h und einem Seitenabstand zum Pistenrand von 1,3 m bergwärts fuhr und trotz des Entgegenkommens von Skifahrern der Gruppe die Geschwindigkeit vor einer Geländekante nicht reduzierte.

[25] 4.4 Im konkreten Fall befand sich der Lenker des Skidoos unter Verwendung der Hupe und Drehleuchte im Rettungseinsatz und fuhr soweit links wie möglich, um (auch) einen besseren Einblick in die Kurve zu bekommen. Ihm kann daher weder die Wahl der Fahrlinie noch die Verwendung des Pistengeräts während der Betriebszeiten oder die Unterlassung von Warnsignalen angelastet werden. Auch reduzierte er bei Annäherung an die Kurve seine bis dahin eingehaltene Fahrgeschwindigkeit (30–40 km/h), um auf Unvorhergesehenes hinter der Kurve reagieren zu können. Im Hinblick auf den Rettungseinsatz und der ausreichenden Platzverhältnisse, die ein gefahrloses Passieren des Klägers grundsätzlich ermöglicht hätten, war der Lenker des Motorschlittens auch nicht gehalten, mit einer weiteren Geschwindigkeitsreduktion auf das Entgegenkommen des Klägers schon bei dessen (wechselseitiger) Erkennbarkeit aus 43 m Entfernung zu reagieren. Allerdings ist ihm vorzuwerfen, nicht mit einer weiteren Geschwindigkeitsreduktion bzw einem Anhalten des Motorschlittens reagiert zu haben, als er bemerkte, dass der Kläger unmittelbar auf ihn zufuhr. Die Negativfeststellung des Erstgerichts, nach der unklar blieb, ob der Unfall bei diesem rechtmäßigen Alternativverhalten unterblieben wäre, geht zu Lasten der insoweit beweisbelasteten Beklagten ( RS0111707 ).

[26] Dem steht die gravierende Unaufmerksamkeit des Klägers bei Annäherung gegenüber. Trotz Erkennbarkeit des Motorschlittens aus einer Entfernung von 43 m und der Möglichkeit, diesen ohne weiteres gefahrlos kurveninnenseitig zu passieren, fuhr er ungebremst auf diesen zu und entschied nach viel zu spät erkannter Gefahr, den Motorschlitten außenseitig zu passieren.

[27] Gewichtet man die jeweiligen Sorgfaltsverstöße, erscheint im vorliegenden Fall die Annahme gleichteiligen Verschuldens angemessen.

[28] 5. Unter Zugrundelegung der vom Erstgericht festgestellten und vom Kläger nicht mehr bekämpften Schadenshöhe von (nur) 11.836,68 EUR ergibt sich daher ein Zuspruch von insgesamt 5.918,34 EUR.

[29] 6. Die Aufhebung der Kostenentscheidungen der Vorinstanzen beruht auf einer sinngemäßen Anwendung des § 510 Abs 1 letzter Satz ZPO (RS0124588; hier: zwei Rechtsgänge, mehrere Verfahrensabschnitte mit unterschiedlichen Streitwerten und Erfolgsquoten, kombinierte Anwendung von § 43 Abs 1 und Abs 2 ZPO). Der Oberste Gerichtshof geht davon aus, dass in solchen Fällen auch eine Aufhebung in die erste Instanz möglich ist ( RS0124588 [T13]). Dafür spricht auch die Überlegung, dass dadurch die Überprüfung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung im Rekursweg ermöglicht wird (zuletzt 1 Ob 99/23z Rz 16).

[30] Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger obsiegte mit seiner Revision im Umfang von nur einem Drittel. Er hat daher der Beklagten ein Drittel ihrer Revisionsbeantwortungskosten zu ersetzen und erhält seinerseits ein Drittel der Pauschalgebühr. Nach Saldierung ergibt sich ein Kostenersatzbetrag von 167,37 EUR zu Gunsten des Klägers.

Rechtssätze
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