JudikaturJustiz2Ob228/16t

2Ob228/16t – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Dezember 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am ***** 2013 verstorbenen C***** J*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erbansprecherin C***** S*****, vertreten durch Dr. Elisabeth Scheuba, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. Oktober 2016, GZ 44 R 444/16v 111, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Beschluss bestätigte das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichts, wonach die Erblasserin jene letztwilligen Verfügungen, auf die sich die Rechtsmittelwerberin stützt, bereits im Zustand der Testierunfähigkeit errichtet habe. Der dagegen gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Rechtliche Beurteilung

Zwar begründet es einen vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmenden Verfahrensfehler, wenn das Berufungs- oder Rekursgericht von (auf unmittelbarer Beweisaufnahme beruhenden) Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts ohne Beweiswiederholung oder Beweisergänzung abgeht oder ergänzende Feststellungen trifft (RIS-Justiz RS0043026, RS0043057). Ein Verfahrensmangel liegt aber dann nicht vor, wenn das zweitinstanzliche Gericht nur auf weitere Beweisergebnisse verweist oder bisher nicht ins Treffen geführte Argumente zur Untermauerung der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung heranzieht (1 Ob 147/11s mwN; RIS-Justiz RS0043021 [T2]). Ein solcher Fall liegt hier vor, sodass die Ausführungen des Revisionsrekurses zur angeblichen Verletzung des rechtlichen Gehörs und des Unmittelbarkeitsgrundsatzes ins Leere gehen. Vielmehr bekämpft das Rechtsmittel in Wahrheit die Beweiswürdigung des Erstgerichts, was (auch) im Revisionsrekursverfahren nach dem Außerstreitgesetz nicht möglich ist (RIS-Justiz RS0108449). Gleiches gilt für die behauptete Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens (RIS-Justiz RS0050037).

Ob Testierfähigkeit vorlag, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung, die aufgrund der Feststellungen über den Geisteszustand des Erblassers und den Grad der Beeinträchtigung der Willensbildung zu beantworten ist (RIS Justiz RS0012408). Es handelt sich dabei um eine Frage des Einzelfalls, die – von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen – die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht begründen kann (RIS-Justiz RS0012408 [T2]). Die vom Rekursgericht übernommenen Feststellungen zum Zustand der Erblasserin (fortgeschrittene Demenz; schwere kognitive Einschränkungen; pathologische Suggestibilität; Unmöglichkeit eines freien Willensentschlusses) können in jedenfalls vertretbarer Weise dahin beurteilt werden, dass die Erblasserin bei Errichtung der strittigen Verfügungen nicht mehr testierfähig war. Durch eine Demenzerkrankung ausgelöste Abbauerscheinungen wurden schon mehrfach als Ursache für die Testierunfähigkeit bewertet (1 Ob 28/03d; 3 Ob 1/11k; 3 Ob 76/11i; zuletzt etwa 2 Ob 170/15m); einer ausdrücklichen Feststellung, ob der Erblasser die kognitiven Fähigkeiten eines (zumindest) 14 Jährigen hatte, bedarf es jedenfalls nicht (vgl 4 Ob 198/11p für den Fall der Bejahung der Testierfähigkeit; die Annahme deren Fehlens kann nicht anders beurteilt werden).

Rechtssätze
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