JudikaturJustiz2Ob167/89

2Ob167/89 – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. März 1990

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rudolf M***, Kaufmann, 1140 Wien, Jupiterweg 34, vertreten durch Dr. Hans Pernkopf, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien

1. Eduard DE M*** B***, KFZ-Elektrikergeselle, Kaltenleutgeben, Waldmühlgasse 15, 2. P***-I*** Auto Gesellschaft mbH, 1223 Wien, Ketzergasse 122, und 3. E*** A*** Versicherungs-AG, 1010 Wien, Rotenturmstraße 16-18, alle vertreten durch Dr. Manfred Roland, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 197.790 sA, infolge Revision der klagenden und beklagten Parteien (Revisionsinteresse der klagenden Partei S 73.430 sA; der beklagten Parteien S 124.360 sA) gegen das Teil- und Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 27. September 1989, GZ 16 R 151/89-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 15.April 1989, GZ 10 Cg 770/88-13, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zurückgewiesen. Hingegen wird der Revision der beklagten Partei Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahingehend abgeändert, daß die Entscheidung der ersten Instanz wiederhergestellt wird. Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 29.056,41 bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens (davon S 3.176,06 Umsatzsteuer und S 10.000 Barauslagen) zu bezahlen. Dem Berichtigungsantrag wird teilweise Folge gegeben und die klagende Partei schuldig erkannt, den beklagten Parteien weitere S 7.736,26 (darin S 1.282,71 Umsatzsteuer und S 40 Barauslagen) an Kosten zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 20.Mai 1988 ereignete sich auf der A 21, Richtungsfahrbahn Wien, nächst Kilometer 37.300 ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Lenker und Halter mit seinem PKW Mercedes 200 D, W 497.597 und der Erstbeklagte als Lenker des von der zweitbeklagten Partei gehaltenen, bei der drittbeklagten Partei haftpflichtversicherten LKW MAN/VW W 752.183, der mit einem Ladekran und einer gelb-roten Rundumleuchtanlage ausgestattet war, beteiligt waren. Im Unfallszeitpunkt war es taghell und die Fahrbahn trocken; eine witterungsbedingte Sichtbehinderung bestand nicht.

Der Kläger fuhr mit seinem PKW im mittleren der je 3,75 m breiten Fahrstreifen mit einer Geschwindigkeit von 85 km/h Richtung Wien, wobei er zum Vorderfahrzeug am mittleren Fahrstreifen, einem LKW mit großem Kastenaufbau, einen Tiefenabstand zwischen 35 und 40 m einhielt. Der Kläger beabsichtigte in der Folge nach rechts abzubiegen. Am ersten Fahrstreifen rechts neben dem Fahrzeug des Klägers war aufgelockerter Kolonnenverkehr. Nachdem der Kläger gut einen Kilometer hinter dem Kasten-LKW, der seine Sicht nach vorn behinderte, nachgefahren war, merkte er, daß sich am Fahrstreifen rechts von ihm kein Fahrzeug mehr befand. Daraufhin setzte er den rechten Blinker und wechselte in den rechten Fahrstreifen, in den er über den Kastenwagen hinaus keine Sicht hatte. Als sich der Kläger mit seinem Fahrzeug zur Hälfte im rechten Fahrstreifen befand, bemerkte er auf eine Distanz zwischen 40 und 50 m das am rechten Rand des rechten Fahrstreifens stehende Fahrzeug der Zweitbeklagten. Dieses hatte die Rundumleuchtanlage und die Warnblinkanlage eingeschaltet, ebenso die vier Ladescheinwerfer, und den Ladekran ausgefahren. Sein Lenker, der Erstbeklagte, war eben ausgestiegen und im Begriffe, ein verunfalltes Fahrzeug zu bergen. Der Kläger bremste sein Fahrzeug aus einer Geschwindigkeit von 85 km/h durch eine Notbremsung ab und stieß in der Folge mit der rechten vorderen Ecke seines Mercedes in die linke hintere Ecke des Fahrzeuges der Zweitbeklagten. Aus der Annäherungsrichtung der unfallsbeteiligten Fahrzeuge an die Unfallstelle beträgt die Sicht über 400 m. Der Kläger begehrt für Sachschaden seines PKW, Ab- und Anmeldekosten, Kosten der Nummerntafel, Kosten des Aus- und Einbaus seines Autoradios, Abschleppkosten, Kosten eines Leihwagens sowie "allgemeine Unkosten der Schadensabwicklung" insgesamt S 197.790 sA, d. s. 75 % seiner Schäden, "um einem Mitverschuldenseinwand zu begegnen".

Die beklagten Parteien bestreiten das Klagebegehren dem Grunde und zum Teil auch der Höhe nach. Das Alleinverschulden am Unfall treffe den Kläger. Der LKW-Lenker sei im Begriffe gewesen, ein am Fahrbahnrand fahruntüchtig abgestelltes drittes Fahrzeug zu bergen. Am Fahrzeug der Zweitbeklagten seien zur Warnung anderer Verkehrsteilnehmer rotierende Rundumbeleuchtungen eingeschaltet gewesen; wegen der guten Witterungsverhältnisse zum Unfallszeitpunkt sei die Sicht auf das Bergefahrzeug aus mehreren 100 m gegeben gewesen. Der Kläger habe unzulässigerweise rechts überholt und überdies eine weitaus überhöhte Fahrgeschwindigkeit eingehalten; er habe den Unfall selbst zu vertreten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Rechtlich ging es davon aus, daß ein Verschulden des Klägers vorgelegen sei, weil er entgegen § 11 Abs 1 StVO einen Fahrstreifenwechsel vom mittleren in den rechten Fahrstreifen der Autobahn durchführte, ohne sich davon zu überzeugen, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich sei. Dadurch habe er auch gegen § 18 StVO verstoßen, weil er durch den - aufs Geratewohl - durchgeführten Fahrstreifenwechsel in einem solchen Tiefenabstand hinter das nicht eingesehene Vorderfahrzeug der Beklagten am rechten Fahrstreifen geriet, daß ihm das rechtzeitige Anhalten nicht mehr möglich gewesen sei. Der Erstbeklagte habe die blinkende Rundumbeleuchtungsanlage, die Warnblinkanlage und die Ladescheinwerfer eingeschaltet gehabt. Er habe daher die für seine Arbeitsfahrt gemäß § 27 Abs 4 StVO vorgesehene Warneinrichtung, nämlich die Warnleuchte mit gelb-rotem Licht, in Betrieb gehabt.

Das Berufungsgericht hielt die Berufung des Klägers für teilweise berechtigt. Es fällte ein Teil- und Zwischenurteil, in dem es die Abweisung von S 24.650 sA bestätigte, dem Kläger S 26.860 sA zuerkannte und aussprach, daß das weitere Klagebegehren von S 146.250 sA zu zwei Dritteln dem Grunde nach zu Recht bestehe. Rechtlich meinte das Berufungsgericht, die Bergung von am Straßenrand stehenden Fahrzeugen sei als Ladetätigkeit im Sinn des § 62 StVO anzusehen; der Stillstand des Abschleppfahrzeuges daher im Sinn des § 2 Abs 1 Z 27 als "Halten" zu qualifizieren. Gemäß § 46 Abs 4 lit e StVO sei das Halten oder Parken außerhalb der durch Hinweiszeichen gekennzeichneten Stellen auf der Autobahn grundsätzlich verboten. Das Halten des Erstbeklagten an dieser Stelle der Autobahn sei durch keine Ausnahmebestimmung gerechtfertigt gewesen. Die Bestimmung des § 27 Abs 1 StVO komme ihm nicht zustatten, weil es sich nicht um ein nach dieser Bestimmung privilegiertes Fahrzeug gehandelt habe. Unter sonstigen Fahrzeugen im Sinn dieser Bestimmung seien nur solche zu verstehen, die unmittelbar den im § 27 Abs 1 StVO genannten Zwecken, nämlich der Verwendung für den Straßenbau, die Straßenpflege, die Straßenreinigung, die Instandhaltung der öffentlichen Beleuchtung oder der Straßenbahnanlagen dienen. Das sei hier nicht der Fall. Die Entfernung von verkehrsunfähigen Fahrzeugen vom Straßenrand könne insbesondere nicht als Straßenpflege im Sinne des § 27 Abs 1 StVO verstanden werden. Insbesondere lasse sich auch aus der Tatsache, daß das Fahrzeug der Beklagten Warnleuchten mit gelb-rotem Licht aufweise, keinesfalls schließen, daß es allein schon aus diesem Grund als Fahrzeug im Sinn des § 27 Abs 1 StVO zu beurteilen sei. Der Erstbeklagte habe daher gegen § 46 Abs 5 lit e StVO verstoßen, was sein Verschulden begründe, wobei noch zu berücksichtigen sei, daß der LKW den einzigen Rechtseinbiegefahrstreifen verstellt habe. All dies könne aber nichts daran ändern, daß auch der Kläger einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Vorschrift der StVO, nämlich den Grundsatz des Fahrens auf Sicht gemäß § 20 StVO gesetzt habe, der auch auf der Autobahn gelte. Vor einem Fahrstreifenwechsel - unabhängig davon, ob er diesen gemäß § 9 Abs 5 StVO vornehmen mußte - sei er verpflichtet gewesen, sich davon zu überzeugen, daß dieser ohne Gefährdung von auch vor ihm befindlichen anderen Verkehrsteilnehmern möglich sei. Nur auf völlig unberechenbare Hindernisse, die auf Grund von Verkehrswidrigkeiten anderer Verkehrsteilnehmer in die Fahrbahn gelangen, brauche die Fahrweise nicht eingerichtet zu werden; ein solches sei der Abschleppwagen aber nicht gewesen. Gerade im Bereich der Einmündung einer Autobahn in eine andere sei erfahrungsgemäß auf Grund der Notwendigkeit des Einordnens von Fahrzeugen öfters mit Verkehrsstaus zu rechnen.

Das Berufungsgericht wertete die Verstöße des Klägers und des Beklagten etwa gleich schwer, sodaß es gemäß § 11 Abs 1 EKHG den Schaden zwischen den Beteiligten im Verhältnis 1 : 1 ausglich. Da der Kläger nur 75 % seiner Schäden eingeklagt habe, bestünden diese dem Grunde nach zu zwei Dritteln zu Recht.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil zur Frage, ob ein privater Abschleppwagen ein Straßendienstfahrzeug im Sinn des § 27 Abs 1 StVO sei, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ebensowenig vorliege wie zur Frage, welche Absicherungsmaßnahmen der Lenker eines solchen Abschleppfahrzeugs bei einem Halten auf der Autobahn zu treffen habe.

Gegen dieses Urteil richten sich die Revision beider Teile. Der Kläger bekämpft das Teil- und Zwischenurteil insoweit, als damit das Klagebegehren, die Beklagten seien zur ungeteilten Hand zur Bezahlung von S 24.680 verpflichtet, abgewiesen wurde, und auch insoweit, als das weitere Klagebegehren von S 146.250 sA lediglich zu zwei Dritteln, nicht jedoch zur Gänze dem Grunde nach zu Recht bestehend erkannt wurde. Als Revisionsgründe macht er Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache geltend. Er beantragt, das bekämpfte Teil- und Zwischenurteil dahingehend abzuändern, daß die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig erkannt werden, dem Kläger S 51.440 sA zu zahlen, und das Klagebegehren von weiteren S 146.520 sA als dem Grunde nach zu Recht bestehend festgestellt werde; hilfsweise beantragt er, es dahingehend abzuändern, daß die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig erkannt werden, dem Kläger S 40.290 sA zu bezahlen, und das Klagebegehren von weiteren S 157.500 sA als dem Grunde nach zu Recht bestehend festgestellt werde.

Die Beklagten fechten das Berufungsurteil insoweit an, als der Berufung des Klägers gegen das Ersturteil Folge gegeben und die beklagten Parteien schuldig erkannt wurden sowie festgestellt wurde, daß das Klagebegehren von weiteren S 146.250 zu zwei Dritteln dem Grunde nach zu Recht bestehe. Sie machen unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache in einer erheblichen Rechtsfrage geltend und beantragen, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, daß das Ersturteil wiederhergestellt werde.

Die Beklagten beantragen, die Revision des Klägers als unzulässig zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt, der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist als unzulässig zurückzuweisen; hingegen ist die Revision der Beklagten aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig und auch berechtigt.

1. Zur Revision des Klägers:

Auch im Rahmen einer sonst zulässigen Grundsatzrevision können Rechtsfragen, für die die besonderen Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht zutreffen, nicht geltend gemacht werden. Zwar hat der Oberste Gerichtshof von Amts wegen bei der allseitigen Prüfung des Berufungsurteils aufgrund einer in einer zulässigen Revision gehörig ausgeführten Rechtsrüge im Umfang der Anfechtung auch andere als die im Berufungsurteil und in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen zu prüfen. Es sind jedoch nur jene Rechtsfragen zu prüfen, deren Lösung durch die zweite Instanz der Revisionswerber selbst bekämpfen könnte. Auf Fragen von nicht erheblicher Bedeutung ist umso weniger von Amts wegen einzugehen (Petrasch, ÖJZ 1983, 178).

Der Kläger macht nur geltend, daß ihn jedenfalls kein ein Viertel übersteigendes Verschulden am Unfall treffe, weil auf Autobahnen das Gebot des Fahrens auf Sicht "nicht uneingeschränkt" gelte und er mit dem Abschleppfahrzeug an einer Stelle, die zwingend benützt werden müsse, nicht habe rechnen müssen; es habe sich um ein "völlig unberechenbares Hindernis" gehandelt.

Hiebei handelt es sich nicht um Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO. Der Oberste Gerichtshof hat, von grundsätzlichen Erwägungen abgesehen, nicht Entscheidungen über die Art der Verschuldensteilung zu treffen (Petrasch, aaO 177; ZVR 1986/11 ua). Solche grundsätzliche Erwägungen liegen hier nicht vor (Zum Gebot des Fahrens auf Sicht auch auf Autobahnen vgl. ZVR 1981/251; 1982/53, insbesondere ab Erkennbarkeit eines eingeschalteten gelb-roten Drehlichts ZVR 1976/68; 1981/251 sowie zur Notwendigkeit, auch dort die Fahrweise auf unberechenbare Hindernisse so einzurichten, daß zumindest noch durch gezielte Ausweichbewegungen unfallverhütend reagiert werden kann, ZVR 1976/68 ua; dies gilt insbesondere bei Einfahren in eine Autobahnabfahrt, 2 Ob 140/75). Zur Frage des angeblich vorschriftswidrigen Haltens des Beklagtenfahrzeugs wird der Kläger auf die Erledigung der Revision der Beklagten verwiesen.

Im übrigen macht der Kläger tatsächliche Verfahrensmängel und Aktenwidrigkeiten geltend; diese sind diesfalls im Rahmen der Zulassungsrevision nicht zu prüfen, weil ihnen nicht das Gewicht einer erheblichen Rechtsfrage des Verfahrensrechts zuerkannt werden kann (vgl. SZ 59/101 ua).

2. Zur Revision des Beklagten:

Auszugehen ist nach den getroffenen Feststellungen davon, daß das Bergefahrzeug der Beklagten am rechten Rand des rechten Fahrstreifens einer Autobahn stand, die Rundumleuchtanlage, die Warnblinkanlage und vier Ladescheinwerfer eingeschaltet und den Ladekran ausgefahren hatte und daß der Erstbeklagte ein verunfalltes Fahrzeug bergen wollte.

Zu prüfen ist, ob der Erstbeklagte mit seinem privaten Abschleppfahrzeug an der Unfallstelle halten durfte, ohne gegen § 46 Abs 4 lit e StVO zu verstoßen, weil das Beklagtenfahrzeug zu den privilegierten Fahrzeugen im Sinn des § 27 Abs 1 StVO zählte. Dies ist zu bejahen.

Wenn es auch richtig ist, daß die eingeschalteten Warnleuchten mit gelb-rotem Licht das Fahrzeug der Zweitbeklagten noch nicht zu einem nach § 27 Abs 1 (und 4) StVO privilegierten Fahrzeug machen (so schon ZVR 1986/14), gehört dieses Fahrzeug aber wegen der von seinem Lenker vorgenommenen Tätigkeit zu denjenigen Fahrzeugen, denen die Privilegien des § 27 Abs 1 StVO - zumindest per analogiam - zustatten kommen, wenn es mit den in Abs 4 dieser Bestimmung geforderten Warnleuchten ausgestattet ist und diese bei seiner Tätigkeit im Betrieb hat.

Es mag dahinstehen, ob das genannte Fahrzeug bereits expressis verbis zu den "sonstigen Fahrzeugen" im Sinn des § 27 Abs 1 StVO, die zur "Straßenreinigung im weiteren Sinn" oder zur "Sicherung des Verkehrs" dienen, gehört, weil es fahrunfähig gewordene Fahrzeuge vom Pannenstreifen oder Bankett zu entfernen hat.

Auch wenn es richtig ist, daß der Gesetzgeber an anderen Stellen ausdrücklich der Pannenhilfe oder des Abschleppens gedenkt und neben Fahrzeugen des Straßendienstes Pannen- und Abschleppfahrzeuge eigens erwähnt (zB §§ 42 Abs 3, 46 Abs 4 lit d StVO, § 99 Abs 6 lit e und f KFG), kann daraus nicht der Schluß gezogen werden, daß § 27 Abs 1 StVO Abschleppfahrzeuge im Einsatz nicht erfassen wollte. Gerade die § 46 Abs 4 lit e StVO (Halten auf Autobahnen) nächstverwandte Bestimmung des § 46 Abs 4 lit d StVO (Benützung des Pannenstreifens der Autobahn) zeigt, daß Fahrzeugen des Pannen- und Abschleppdienstes eine vergleichbare Stellung zukommen sollte. Das Beseitigen fahruntüchtiger Fahrzeuge von der Fahrbahn, dem Abstellstreifen oder dem Bankett dient bei realistisch-wirtschaftlicher Betrachtungsweise zumindest in gleicher Weise, wenn nicht mehr der Sicherheit des Verkehrs wie Reinigungs- oder sonstige "Straßenpflege"-maschinen. Wenn man Abschleppfahrzeuge, die mit den Sicherungen des § 27 Abs 4 StVO ausgestattet sind, nicht ohnedies direkt unter die im § 27 Abs 1 StVO genannten Fahrzeuge subsumiert, liegt eine planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts, gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung, also eine Lücke im Gesetz vor, die per analogiam geschlossen werden muß (für alle Koziol-Welser I8 25 ff; Canaris; Feststellung von Lücken 16 f; Larenz, Methodenlehre 358). Der Beseitigung fahruntüchtiger Fahrzeuge muß kraft Größenschlusses zumindest die gleiche Bedeutung wie der "Straßenpflege" und der "Straßenreinigung" zukommen. Da fahruntüchtige Fahrzeuge von Autobahnen in der Regel nicht anders als durch "Anhängen", "Aufbocken" an ein Abschleppfahrzeug oder - wie hier - durch "Aufladen" auf ein solches entfernt werden können, müssen Abschleppfahrzeuge, wo dies - wie hier - zum Zweck des Aufladens nicht anders möglich ist, auch an Stellen halten dürfen, an denen ansonsten ein Halten verboten ist. Gelten bei Arbeitsfahrten der im § 27 Abs 1 StVO ausdrücklich genannten Fahrzeuge die eingeschalteten Warnleuchten mit gelb-rotem Licht als ausreichender Hinweis auf Gefahren im Sinn des § 43 Abs 6 StVO (§ 27 Abs 4 StVO), muß dies auch für Arbeitseinsätze von mit solchen Warnleuchten ausgestatteten Abschleppfahrzeugen gelten. Sieht der Gesetzgeber solche Warnleuchten für die im § 27 Abs 1 StVO ausdrücklich genannten Fahrzeuge als ausreichend an, ist nicht zu erkennen, warum dies für Abschleppfahrzeuge nicht ausreichen sollte. Sie stellen bei Einsätzen keine größere Gefahr als die im § 27 Abs 1 StVO ausdrücklich genannten Fahrzeuge dar. Weitere Sicherungsmaßnahmen wie das Aufstellen eines Warndreiecks waren schon deshalb nicht nötig, weil die im § 89 Abs 2 StVO hiefür genannten Voraussetzungen nicht vorlagen.

Zusammenfassend ergibt sich daher, daß dem Erstbeklagten kein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen ist. Dem Kläger ist hingegen - wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben - zumindest ein schwerwiegender Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung, nämlich die Verletzung des Fahrens auf Sicht, vorzuwerfen, der noch dazu leicht zu vermeiden gewesen wäre. Ihn trifft infolgedessen das Alleinverschulden am Unfall. Beim Ausgleich der gegenseitigen Ersatzpflicht der Beteiligten im Sinn des § 11 EKHG kommt es nicht auf die Erbringung eines Entlastungsbeweises nach § 9 EKHG, sondern bei eindeutigem Verschulden eines Beteiligten vielmehr darauf an, ob nach den Umständen Anlaß besteht, auch den anderen Beteiligten zum Ausgleich heranzuziehen (ZVR 1973/163, 1988/121 uva). Beim Verschulden nur eines der beiden Lenker hat grundsätzlich dieser, unabhängig vom Verschuldensgrad, den Schaden zu tragen (ZVR 1989/162 ua). Das Berufungsurteil ist daher im klagsabweisenden Sinn abzuändern und das Ersturteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Den Beklagten waren auch die Kosten der Revisionsbeantwortung zuzusprechen, weil sie auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers hingewiesen haben.

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