JudikaturJustiz2Ob145/02s

2Ob145/02s – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. August 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erdal S*****, vertreten durch Dr. Dietmar Ritzberger und Ing. Dr. Erich Janovsky, Rechtsanwälte in Schwaz, gegen die beklagten Parteien 1.) Rene Erhard S*****, 2.) U***** AG, *****, vertreten durch Dr. Dieter Brandstätter, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 215.973, und Renten, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 31. Jänner 2002, GZ 1 R 265/01g 37, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Teilurteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 19. Oktober 2001, GZ 13 Cg 59/99k 30, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden hinsichtlich des Schmerzengeldrentenbegehrens aufgehoben . Die Rechtssache wird insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen .

Die diesbezüglichen Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der am 22. 12. 1979 geborene Kläger wurde am 12. 7. 1996 als Beifahrer bei einem Verkehrsunfall schwerstens verletzt. Die beklagten Parteien haften dem Kläger für den daraus resultierenden Schaden dem Grunde nach. Sie leisteten bereits S 1,2 Mio an Schmerzengeld und S 300.000, - an Verunstaltungsentschädigung.

Der Kläger erlitt ein Schädelhirntrauma, eine otobasale Fraktur beidseits, einen "fraglichen Nasenbeinbruch", ein subdurales Haematom, einen Ellenhakenbruch rechts, einen Bruch des vorderen Schambeinastes und des Kreuzbeines links. Der Kläger war vom 12. 7. 1996 bis 2. 8. 1996 stationär auf der anaesthesiologischen Klinik Innsbruck aufgenommen: Er musste interdisziplinär lebenserhaltend versorgt werden. Die Hirnödeme wurden beherrscht, er musste unfallchirurgisch, kieferchirurgisch, hals nasen ohren fachärztlich, neurologisch und neurochirurgisch mitbetreut werden. Der Ellenhakenbruch musste in einem Gipsverband gelagert werden. Vom 2. 8. bis 24. 9. 1996 war der Kläger stationär an der Neurologie Innsbruck (Intensivpflege) aufgenommen. Bei einem insgesamt apallischen Syndrom wurde am 27. 8. 1996 ein ventriculo atrialer Shunt bei Zustand nach intraventrikulärer Blutung und Liquorresorbtionsstörung durchgeführt. Zur weiteren Nachsorge (neurologischen Rehabilitation) wurde der Kläger an das Krankenhaus Hochzirl gebracht. Am 25. 10. 1996 erfolgte eine intensive Rehabilitation an der neurologischen Klinik Innsbruck.

Am 21. 3. 1997 war der Kläger im Klinikgelände mit dem Rollstuhl unterwegs, als er von einem Rettungswagen angefahren wurde und zu Sturz kam. Er erlitt dabei eine Rissquetschwunde an der linken Augenbraue, eine kleine Abschürfung der Oberlippe, eine neuerliche ventriculäre Einblutung, ein subdurales Haematom und eine Contusionsblutung. Die Rissquetschwunde wurde genäht, eine computertomografische und eine neurologische Kontrolle wurden durchgeführt. Der Kläger wurde vom 21. 3 bis 22. 3. 1997 in die neurologische Intensivstation bzw in die neurochirurgische Intensivstation eingeliefert, wo eine Revision der Überlaufdrainage rechts frontal durchgeführt wurde. Aus diesem zweiten Unfall ergab sich keine substanzielle Schlechterstellung zum allgemeinen Vordefekt. Es kam zu einer temporären Verschlechterung mit medizinischer Wiederbehandlungsbedürftigkeit (1 Tag an der Intensivpflege und kleine neurochirurgische Revision). Eine signifikante Verschlechterung durch dieses Geschehen zum Vordefektzustand bzw im Rahmen des Erreichens weiterer Besserung des zu diesem Zeitpunkt vorhandenen apallischen Syndroms war aus diesem Sturz nicht abzuleiten. Es lag vorher volle Arbeitsunfähigkeit und volle Pflegebedürftigkeit vor.

Der Kläger war anschließend noch bis zum 8. 4. 1997 an der neurochirurgischen Klinik (Intensivpflege) in Behandlung. Bis zum 17. 7. 1997 war der Kläger stationär in neurologischer Rehabilitation. Vom 19. 8. bis 8. 9. 1997 war er an der neurochirurgischen Klinik nochmals stationär aufgenommen. Bei Untersuchungen am 2. 2., 6. 7. und 3. 12. 1998 ergaben sich Schmerzzustände im Bereich der rechten Hüfte des Klägers. Es ergab sich eine Besserung seiner Teilleistungsfähigkeit. Vom 24. 7. bis 14. 8. 1998 war der Kläger stationär zur Rehabilitation im Landeskrankenhaus Hochzirl. Er war wach und teilorientiert, aber nicht ausreichend motiviert und kooperativ. Er machte nur geringe Fortschritte.

Psychisch ist der Kläger sehr wach, zur Person teilweise orientiert, zeitlich, örtlich und situativ nicht orientiert. Der Gedankenduktus ist primitivst strukturiert. Es gibt eine deutliche Affektverflachung, eine deutliche Verlangsamung sämtlicher Hirnleistungen. Merkfähigkeit, Konzentration, Aufmerksamkeit sind höchstgradig vermindert. Der Kläger hat eine deutliche Ermüdungstendenz.

Der Kläger befand sich 72 Tage lang an der Intensivstation und weitere 150 Tage an der Universitätsklinik für Neurologie in Innsbruck zur Rehabilitations Nachbehandlung. Während dieser Zeit mussten mehrere Operationen durchgeführt werden. Es folgten weitere Rehabilitationsaufenthalte in den Jahren 1997, 1998 und 2000. Daher sind die Schmerzen folgendermaßen einzuschätzen: Schmerzen schweren Grades für 4 bis 5 Tage, Schmerzen mittleren Grades für 2 bis 3 Wochen und Schmerzen leichten Grades für 8 Wochen.

Seit dem letzten stationären Aufenthalt des Klägers im Zeitraum vom 31. 8. bis 29. 9. 2000 kam es zu einer motorischen Verbesserung: Der Kläger kann nun im Sitzen beide Beine strecken. Das Drehen des Klägers im Bett ist leichter geworden, weil er selber mehr mithilft. Auch das Querbettsitzen ist mit nur mehr geringerer Unterstützung möglich. Auch im Bereich der Kommunikationsfähigkeit hat sich der Zustand des Klägers verbessert, sodass er nun deutsch und türkisch weitgehend gut spricht.

Der Kläger war zunächst in die Pflegestufe 7 eingestuft, nun in die Pflegestufe 6. Er ist zu 100 % invalide. Der Kläger sitzt im Rollstuhl und kann seine Beine nicht allein bewegen. Er kann nur aus einer Schnabeltasse allein trinken. Seine linke Hand ist völlig unbeweglich, mit seiner rechten Hand kann er ganz wenig machen: Feste Nahrung kann er selbst in den Mund schieben, obwohl er stark zittert. Er muss gewaschen und gefüttert werden. Wenn er im Bett liegt, muss er mindestens alle 2 Stunden umgedreht werden. Er leidet an einer Harn und Stuhlinkontinenz und muss daher häufig gereinigt werden. Diese Folgen sind als Dauerfolgen anzusehen, eine weitere Besserung ist nicht mehr zu erwarten. Es sind mehr als 180 Stunden monatliche Pflegezeit erforderlich; eine "24 Stunden Pflege" ist aber nicht erforderlich.

Der Kläger ist im elterlichen Haushalt durch gutes Engagement der Familie derzeit integriert. Er erfährt Physio und Ergotherapie in regelrechter Frequenz. Eine Nachsorge im Rehabilitationszentrum Meidling im Sinne einer Laufbandtherapie unter Gewichtsbelastung wäre sinnvoll. Der Kläger ist weiter unter medikamentösem Epilepsieschutz und entsprechender Langzeiteinstellung und zu weiteren Kontrollen bestellt.

Das apathische Sitzen in einem Rollstuhl unter Fremdhilfe kommt einer körperlichen Entstellung gleich.

Aus diesem Unfallsgeschehen begehrte der Kläger mit der am 16. 6. 1999 beim Erstgericht überreichten Klage die Zahlung eines Betrages von S 1,868.990,10 sowie Renten für Verdienstentgang, Schmerzengeld und Pflegeaufwand und brachte dazu zusammengefasst vor, er habe vor allem Verletzungen im Bereich des Schädels und Gehirns, des Gesichtsschädels, der Lunge und der Extremitäten erlitten, er leide an einem apallischen Syndrom, sei praktisch bewegungsunfähig und verfüge über keine Eigendynamik. Er bedürfe der ständigen Aufsicht und Pflege. Er sei zu 100 % invalid und eine Wiederherstellung sei praktisch ausgeschlossen. Nach Bezahlung eines Schmerzengeldes von S 1,2 Mio werde aus diesem Titel ein weiterer Betrag von S 500.000, - (ausgedehnt auf S 700.000, ) begehrt, ebenso eine Schmerzengeldrente von monatlich S 3.500, - ab Juni 1999. Überdies werde ein weiterer Betrag von S 100.000, - an Verunstaltungsentschädigung begehrt.

Die beklagten Parteien bestritten das Klagebegehren der Höhe nach und wendeten im Wesentlichen ein, wegen des weiteren Unfalles am 31. 3. 1997 stünden nicht alle behaupteten Beeinträchtigungen des Klägers im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Unfall. Durch die Zahlung von S 1,2 Mio sei der Anspruch des Klägers auf Schmerzengeld ebenso abgegolten wie durch die Bezahlung eines Betrages von S 300.000, - an Verunstaltungsentschädigung. Die zur Verfügung stehende Versicherungssumme betrage S 12 Mio, wovon bereits rund S 3,9 Mio verbraucht worden seien. Da die beklagten Parteien von Seiten der Tiroler Gebietskrankenkasse und der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter mit hohen Forderungen konfrontiert würden, mache dies eine ungekürzte Bezahlung der geforderten Renten auf jeden Fall unmöglich. Demgemäß könne der Kläger nur eine gekürzte Rente verlangen, zumal die Versicherungssumme den Kapitalwert der in der Klage geforderten Rente nicht erreiche.

Mit Teilurteil hat das Erstgericht die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig erkannt, der klagenden Partei zu Handen des Klagsvertreters binnen 14 Tagen S 100.000, - sA zu bezahlen, während das weitere Klagebegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 700.000, - sA an Schmerzengeld und eine Schmerzengeldrente von monatlich S 3.500, - auf Lebenszeit zu bezahlen, abgewiesen wurde.

In seiner rechtlichen Beurteilung gelangte das Erstgericht zum Ergebnis, angesichts der umfassenden Folgen des Unfalles vom 12. 7. 1996 sei ein Schmerzengeld von insgesamt S 1,2 Mio angemessen, weshalb das Mehrbegehren an Schmerzengeld abzuweisen gewesen sei. Das Begehren des Klägers auf Gewährung einer Schmerzengeldrente von monatlich S 3.500, - auf Lebenszeit werde abgewiesen, weil diese durch die Auszahlung des Kapitalbetrages an Schmerzengeld bereits konsumiert sei. Dem Kläger gebühre auch eine angemessene Entschädigung nach § 1326 ABGB, er sei 22 Jahre alt und unverheiratet, wobei ihn die Bindung an den Rollstuhl zweifelsohne an seinem Fortkommen hindere. Daher sei aus dem Titel der Verunstaltungsentschädigung ein Betrag von insgesamt S 400.000, - oder somit noch ein Restbetrag von S 100.000, - angemessen.

Das Berufungsgericht gab der gegen den abweisenden Teil der erstgerichtlichen Teilurteiles erhobenen Berufung des Klägers teilweise Folge, sprach ihm ein weiteres Schmerzengeld von S 700.000, - zu und bestätigte die Abweisung des Schmerzengeldrentenbegehrens. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision - gegen die getroffene Ermessens und Einzelfallentscheidung - nicht zulässig sei und führte im Wesentlichen folgendes aus:

Das vom Kläger begehrte Globalschmerzengeld in Höhe von S 1,9 Mio sei angemessen und nicht überhöht. Bei der Bemessung des Schmerzengeldes sei einerseits auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen, andererseits zur Vermeidung einer völligen Ungleichmäßigkeit der Rechtsprechung aber ein objektiver Maßstab anzulegen. Es dürfe der von der Judikatur ganz allgemein gezogene Rahmen im Einzelfall nicht gesprengt werden. Der Oberste Gerichtshof habe bei besonders schweren Verletzungen mit Dauerfolgen bereits zu Beginn der 90er Jahre Beträge von S 1 Mio bis S 1,5 Mio zuerkannt. Im gegenständlichen Fall sei insbesonders zu berücksichtigen, dass der Kläger - anders als bei vielen apallischen Syndromen - psychisch sehr wach sei und daher seinen Leidenszustand umsomehr mitbekomme, und zwar in Form von körperlichen und seelischen Schmerzen. Dem von der Rechtsprechung geforderten objektiven Maßstab entspreche ein Schmerzengeld von S 1,9 Mio auch in Ansehung der Entscheidung des OLG Wien ZVR 2001/43, in welcher ein Schmerzengeld in Höhe von S 2 Mio einer zum Unfallszeitpunkt 35 jährigen Frau nach Querschnittlähmung vom 6. Halssegment abwärts zuerkannt worden sei. In jenem Fall sei es der Verletzten möglich, wesentlich mehr Tätigkeiten selbst zu verrichten, so habe sie die Möglichkeit, sich in einem - auch selbständig (vom Bett) erreichbaren - Rollstuhl (eingeschränkt und mühsam) fortzubewegen, sich selbst an und auszuziehen, sich allein zu duschen und kleinere Handgriffe (wie Kaffeekochen und Brote streichen) zu besorgen. Sie sei also weniger behindert als der Kläger.

Es treffe zwar zu, dass nach der Rechtsprechung eine zusätzliche monatliche, im Nachhinein fällige Schmerzengeldrente als adäquate Abgeltung für den besonders gelagerten Fall zuerkannt werden könne, als zwar die Intensität der künftig noch zu erleidenden Schmerzen des Verletzten überblickbar sei, nicht aber deren zeitliches Ausmaß, weil seine Lebenserwartung ungewiss sei. Überschaubare Unfallfolgen seien dagegen im Rahmen der Globalbemessung im Kapitalsbetrag zu berücksichtigen und rechtfertigten nicht den Zuspruch einer Schmerzengeldrente.

Die Voraussetzungen für den Zuspruch einer Schmerzengeldrente seien im vorliegenden Fall nicht gegeben. In der Entscheidung ZVR 1976/370 sei bei einer Querschnittlähmung neben einem Pauschalbetrag eine Schmerzengeldrente zugesprochen worden, wobei insbesondere auf die durch die Verletzung verursachte verkürzte Lebenserwartung hingewiesen worden sei. Eine solche habe das Beweisverfahren im gegenständlichen Fall nicht zutage gebracht. Ohne die schweren Verletzungen und Verletzungsfolgen des Klägers bagatellisieren zu wollen, dürfe auch nicht übersehen werden, dass es bereits während des stationären Aufenthaltes an der Neuro Intensiv Klinik zu einer schrittweisen Besserung gekommen sei - es sei eine Mobilisation bis zum Sitzen im Rollstuhl gelungen und der Kläger habe eine vermehrte Reaktion auf exogene Reize gezeigt , dass während eines folgendes Spitalsaufenthaltes weitere Besserungen unter forcierter Physiko Ergotherapie verzeichnet worden seien (der Kläger habe im Rollstuhl mobilisiert werden können) und dass es seit dem letzten stationären Aufenthalt des Klägers zu einer motorischen Verbesserung gekommen sei: Der Kläger könne nun im Sitzen beide Beine strecken. Das Drehen des Klägers im Bett sei leichter geworden, weil er selber mithelfe. Auch das Querbettsitzen sei mit nur mehr geringer Unterstützung möglich. Auch im Bereich der Kommunikationsfähigkeit habe sich der Zustand des Klägers verbessert, sodass er nun deutsch und türkisch weitgehend gut spreche. Die festgestellten Unfallfolgen seien als Dauerfolgen anzusehen und damit überschaubar. Ein von der Judikatur geforderter "Ausnahmefall", also ein besonderer Grund, Schmerzengeld zusätzlich in Form einer angemessenen Rente zuzuerkennen, liege somit konkret nicht vor, sodass es bei der diesbezüglichen Abweisung zu verbleiben habe.

Gegen den abweisenden Teil dieser Berufungsentscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Schmerzengeldrentenbegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagten Parteien beantragen in der ihnen freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig, weil Rechtsprechung zur Schmerzengeldrente in Verbindung mit der neuesten Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Schmerzengeldbemessung bei schwersten Verletzungen fehlt; sie ist im Sinne des Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Der Rechtsmittelwerber macht im Wesentlichen geltend, im Hinblick auf die Schwere seiner Verletzungen seien die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Schmerzengeldrente gegeben.

Hiezu wurde erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung ist das Schmerzengeld grundsätzlich global zu bemessen; in Ausnahmefällen wurde aber bei dauernden, äußerst schweren Körperverletzungen mit besonders schwerwiegenden Dauerfolgen die Möglichkeit des Zuspruchs einer Schmerzengeldrente - neben oder statt einem Kapitalbetrag - bejaht (ZVR 1988/66, 1986/50, 1985/39, 1980/159; SZ 41/159; RIS Justiz RS0031369; Reischauer in Rummel2 § 1325 ABGB Rz 49 aE; Harrer in Schwimann2 § 1325 ABGB Rz 85; Danzl in Danzl/Gutierrez Lobos/Müller, Das Schmerzengeld 187 ff; vgl auch Kolb in Geigel, Der Haftpflichtprozess23 Rz 7/15 ff). Allerdings sind derartige Rentenbegehren in der Praxis eher selten (vgl Danzl aaO 188); der Oberste Gerichtshof wurde - soweit ersichtlich - zuletzt 1988 mit einem solchen befasst (2 Ob 80/88). Offenbar ziehen es die meisten Verletzten bzw deren Vertreter vor, den gesamten Globalbetrag sogleich zu erlangen und fruchtbringend anzulegen, anstatt auf monatliche Rentenzahlungen zu warten und auf ein Überschreiten der für Rentenzwecke prognostizierten Lebenserwartung zu hoffen.

Da im vorliegenden Fall eine Körperverletzung der oben beschriebenen Art eingetreten ist, kommt die nur als Ausnahme mögliche Zuerkennung einer Schmerzengeldrente - auch neben einer Kapitalleistung - grundsätzlich in Frage. Allerdings darf die Zuerkennung einer Rente neben einem Kapitalbetrag nicht dazu führen, dass der Verletzte unter Berücksichtigung seiner Lebenserwartung mehr erhält, als ihm bei Abgeltung aller Schmerzen durch einen Globalbetrag zustehen würde (2 Ob 80/88; Danzl aaO 189). Werden Kapitalbetrag und Rente nebeneinander begehrt, so ist daher nach Globalbemessung der Kapitalbetrag abzuziehen und aus der verbleibenden Differenz nach Ermittlung der voraussichtlichen Lebenserwartung des Verletzten der monatliche Rentenbetrag zu errechnen.

Nach der bisherigen Schmerzengeld Judikatur wäre im vorliegenden Fall neben einer Kapitalleistung von S 1,9 Mio kaum mehr Raum für eine Schmerzengeldrente. Im Hinblick auf den jüngst zuerkannten Höchstbetrag im Falle einer anderen äußerst schweren Körperverletzung von S 3 Mio = EUR 218.018,50 (2 Ob 237/01v) kommt aber durchaus eine Globalbemessung mit mehr als S 1,9 Mio - und damit die zusätzliche Zuerkennung einer Schmerzengeldrente - in Betracht. Im Fall von 2 Ob 237/01v wurde vor allem berücksichtigt, dass der Verletzte ständig auf ein Beatmungsgerät angewiesen ist, sich selbst in keiner Weise helfen kann, der ständigen Betreuung von Pflegern bedarf und sich dieser Situation auch völlig bewusst ist. Dem ist der festgestellte - leicht gebesserte - Zustand des Klägers nicht ganz gleichzuhalten, weshalb hier ein Globalbetrag von EUR 180.000, - angemessen ist. Für die Errechnung des neben einem Kapitalbetrag von S 1,9 Mio = EUR 138.078,38 möglichen Rentenzuspruches fehlen aber Feststellungen zur Lebenserwartung des Klägers (vgl 2 Ob 80/88), weshalb die Rechtssache im strittigen Punkt unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile an das Erstgericht zurückzuverweisen war.

Im fortgesetzten Verfahren wird mit dem Kläger zu erörtern sein, ob er an seinem Rentenbegehren überhaupt festhält oder ob er auf eine Kapitalabfindung von EUR 180.000, - (abzüglich der bereits bezahlten und der rechtskräftig zugesprochenen Teilbeträge) umstellt. Vor einem Rentenzuspruch bedürfte auch die in der Revisionsbeantwortung (vgl schon den Schriftsatz ON 4) aufgeworfene Frage einer Rentenkürzung gemäß § 155 Abs 1 VersVG noch einer Erörterung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.