JudikaturJustiz1Ob175/13m

1Ob175/13m – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Oktober 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Land Tirol (vorher: Der Landesgrundverkehrsreferent der Tiroler Landesregierung), vertreten durch Dr. Johann Lutz, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. C***** D*****, 2. P***** GmbH, U*****, 3. H***** S*****, und 4. S*****gesellschaft mbH, *****, alle vertreten durch Dr. Axel Fuith, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung (Streitwert 15.000 EUR), über den Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 17. Juli 2013, GZ 2 R 85/13m 26, mit dem aus Anlass des Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 8. April 2013, GZ 13 Cg 100/09g 22, die Bezeichnung der klagenden Partei berichtigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 1.174,18 EUR (darin 195,70 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Landesgrundverkehrsreferent der Tiroler Landesregierung hatte im Dezember 2009 als Amtspartei gemäß § 35 Abs 1 TGVG 1996 gegen die Beklagten die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit von Verträgen eingebracht. Nach Inkrafttreten von Änderungen des TGVG mit 1. 1. 2013, die unter anderem dazu geführt hatten, dass für eine Feststellungsklage nach § 35 TGVG nicht mehr der Landesgrundverkehrsreferent berufen ist, sondern „die Grundverkehrsbehörde“, beantragte der Prozessvertreter der klagenden Partei unter Hinweis auf die geänderte Rechtslage, ihre Parteibezeichnung auf „Bezirkshauptmannschaft Schwaz als Grundverkehrsbehörde“ zu berichtigen.

Das Erstgericht gab diesem Antrag statt.

Das Rekursgericht wies den Antrag hingegen in Stattgebung eines Rekurses der Beklagten ab. Mit dem angefochtenen Beschluss berichtigte es von Amts wegen die Bezeichnung der klagenden Partei auf „Land Tirol, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Schwaz als Grundverkehrsbehörde“. Die Klage sei entsprechend der damaligen Rechtslage gemäß § 35 Abs 1 TGVG von dem dazu berufenen Landesgrundverkehrsreferenten (§ 30 TGVG) erhoben worden. Mit der im Tiroler Verwaltungsgerichtbarkeits Anpassungsgesetz vorge-nommenen Novellierung des TGVG durch LGBl Nr 150/2012 sei § 30 TGVG in der bisherigen Fassung ersatzlos aufgehoben und damit die Funktion des Landesgrundverkehrsreferenten abgeschafft worden. Die bisherige Klagebefugnis in § 35 TGVG sei bei sonst unverändertem Gesetzestext der Grundverkehrsbehörde übertragen worden, die „namens des Landes Tirol“ Klage auf Feststellung erheben könne. Umfang oder Inhalt der Klagebefugnis habe sich daher nicht geändert, lediglich die Aktivlegitimation für derartige Klagen komme nunmehr dem Land Tirol, vertreten durch die örtlich zuständigen Grundverkehrsbehörden, sohin nach § 26 TGVG die Bezirkshauptmannschaften, zu. Auch wenn in den Übergangsbestimmungen des § 40 TGVG eine ausdrückliche Regelung hinsichtlich der zum 31. 12. 2012 bei den ordentlichen Gerichten behängenden Verfahren auf Feststellung der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts fehle, ergebe sich doch aus den Erläuternden Bemerkungen, dass es der Wille des Landesgesetzgebers gewesen sei, dass aufgrund der Abschaffung der Funktion des Landesgrundverkehrsreferenten künftig die Grundverkehrsbehörde dessen Aufgaben „im Zusammenhang mit der Feststellungsklage bei Schein oder Umgehungsgeschäften“ übernehmen solle, was zur Neufassung des § 35 TGVG geführt habe. Ab dem 1. 1. 2013 falle in den Aufgabenbereich der Grundverkehrsbehörde somit nicht nur die Erhebung von [neuen] Klagen, sondern auch jegliche Tätigkeit als klagende Partei im Zusammenhang mit bereits anhängigen vom Landesgrundverkehrsreferenten erhobenen Feststellungsklagen. Die eingeräumte Befugnis zur Klageerhebung erfasse ohne Zweifel auch das Recht zur Fortführung bereits anhängig gemachter Prozesse. Aus § 40 Abs 2 TGVG in der Fassung LGBl Nr 150/2012, nach dem beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 31. 12. 2012 noch anhängige Berufungen mit Wirkung vom 1. 1. 2013 als zurückgezogen gelten, ergebe sich keine Beschränkung der Vertretungsbefugnis der Grundverkehrsbehörde in Feststellungsverfahren nach § 35 TGVG. Dass für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat bestehende Problem, dass der Behörde mit der Abschaffung des Landesgrundverkehrsreferenten kein Berufungswerber mehr gegenüberstehe, mit dem das Verfahren abgewickelt werden könnte, bestehe im Zivilprozess nicht. Damit sei entsprechend dem nunmehr geltenden § 35 Abs 1 TGVG von Amts wegen die Berichtigung der Bezeichnung der klagenden Partei auf „Land Tirol, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Schwaz als Grundverkehrsbehörde“ vorzunehmen. Dem stehe auch nicht ein abweichender Antrag des Prozessvertreters der klagenden Partei entgegen, habe dieser doch ausdrücklich auf die Änderung des § 35 TGVG verwiesen. Vor dem Erstgericht sei auch nicht erörtert worden, dass die Bestimmung nicht die Grundverkehrsbehörde an sich, sondern vielmehr die „Grundverkehrsbehörde namens des Landes Tirol“ zur Prozessführung legitimiert. Die vorgenommene Berichtigung diene auch keineswegs der Sanierung eines bereits ursprünglich gegebenen Mangels der Sachlegitimation.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von den Beklagten erhobene Rekurs ist zulässig (vgl nur RIS Justiz RS0115511), aber nicht berechtigt.

Zur Vermeidung von Wiederholungen kann grundsätzlich auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichts verwiesen werden, das insbesondere die erfolgten Gesetzesänderungen zum 1. 1. 2013 richtig dargelegt hat.

Entgegen der Auffassung der Rekurswerber steht auch der (geringfügig) abweichende Antrag der Klagsseite der vom Rekursgericht vorgenommenen Berichtigung der Bezeichnung der klagenden Partei nicht entgegen, hat sich diese doch ausdrücklich auf die durch § 35 TGVG geänderte Rechtslage bezogen und auch keineswegs gegen eine Berichtigung auf das Land Tirol als klagende Partei ausgesprochen. Es konnte vielmehr keinem Zweifel unterliegen, dass auch nach den Vorstellungen der klagenden Partei die Berichtigung auf jene (juristische) Person vorgenommen werden soll, die nach der nunmehrigen Fassung des § 35 Abs 1 TGVG dazu berufen ist, die Feststellungsklage zu erheben (bzw schon anhängige Feststellungsverfahren weiterzuführen). Dass dabei zu Unrecht die Formulierung „Bezirkshauptmannschaft Schwaz als Grundverkehrsbehörde“ anstelle der Bezeichnung „Bezirkshauptmannschaft Schwaz als Grundverkehrsbehörde namens des Landes Tirol“ oder (richtiger, vgl etwa 3 Ob 247/07a; RIS Justiz RS0035127) „Land Tirol, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Schwaz als Grundverkehrsbehörde“ gewählt wurde, kann vernünftigerweise nicht so aufgefasst werden, dass die genannte Bezirkshauptmannschaft auch dann als Partei auftreten sollte, wenn sie nach § 35 Abs 1 TGVG gar nicht dazu berufen wäre, „im eigenen Namen“ den Prozess zu führen. Da in Fällen wie dem vorliegenden die Berichtigung der Parteibezeichnung jedenfalls von Amts wegen vorzunehmen ist, steht der dem Gesetz entsprechenden Berichtigung ein etwas ungeschickt formulierter Parteienantrag jedenfalls nicht entgegen, wenn dessen Zielrichtung wie hier klar erkennbar ist.

Ungeachtet der zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichts berufen sich die Rekurswerber neuerlich auf § 40 Abs 2 Satz 1 TGVG und die dazu veröffentlichten Erläuternden Bemerkungen, aus denen hervorgehe, dass es für den Landesgrundverkehrsreferenten keinen Rechtsnachfolger gebe. Dabei übersehen die Beklagten neuerlich, dass das Fehlen eines „Rechtsnachfolgers“ nur für die in der angeführten Gesetzesstelle genannten Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat gilt und der Tiroler Landesgesetzgeber in der geänderten Fassung des § 35 Abs 1 TGVG gerade unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass es weiterhin die Möglichkeit einer „offiziosen“ Feststellungsklage wie nach der bisherigen Gesetzeslage geben soll, wobei diese Befugnis nunmehr anstelle des Landesgrundverkehrsreferenten von der jeweiligen Grundverkehrsbehörde namens des Landes Tirol ausgeübt werden soll. Die Rechtsauffassung der Beklagten würde bedeuten, dass das anhängige Verfahren durch Klagezurückweisung zu beenden wäre, umgehend aber eine inhaltlich gleiche Klage von der nunmehr dazu berufenen Amtspartei anhängig gemacht werden könnte. Derartiges ist dem Gesetzgeber nicht zu unterstellen.

Schließlich hat das Rekursgericht zu Recht einen verfassungsrechtlich bedenklichen Eingriff in die Trennung von Justiz und Verwaltung verneint (so schon in diesem Verfahren 1 Ob 138/10s), was auch nicht dadurch erschüttert werden kann, dass die Beklagten Passagen aus einem von ihrem Rechtsvertreter verfassten, aber noch unveröffentlichten Kommentar zum TGVG zitieren. Auch nach der aktuellen Rechtslage sind allein die Gerichte zur Feststellung der allfälligen Nichtigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte berufen. Der Umstand, dass der Landesgesetzgeber „der Grundverkehrsbehörde namens des Landes“ ein entsprechendes Klagerecht einräumt, betrifft lediglich die Legitimation zur Einleitung und Führung eines Gerichtsverfahrens, greift aber in die Kompetenz der Gerichte, über zivilrechtliche Angelegenheiten zu entscheiden, in keiner Weise ein. Die Beklagten übersehen offenbar auch, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens lediglich die richtige Bezeichnung der klagenden Partei ist und darüber hinausgehende Fragen nicht zu lösen sind. Im derzeitigen Verfahrensstadium geht es weder darum, ob das Feststellungsbegehren berechtigt ist, noch darum, ob es verfassungsrechtlich bedenklich sein könnte, einer Amtspartei oder einem Bundesland die verfahrensrechtliche Möglichkeit einzuräumen, die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts wegen Unvereinbarkeit mit grundverkehrsrechtlichen Vorschriften feststellen zu lassen.

Die Beklagten sind in einem durch ihren Rekurs ausgelösten Zwischenstreit unterlegen und haben der klagenden Partei daher die Kosten ihrer Rekursbeantwortung zu ersetzen (§ 50 iVm § 41 Abs 1 ZPO).

Rechtssätze
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