JudikaturJustiz1Ob11/65

1Ob11/65 – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. März 1965

Kopf

SZ 38/46

Spruch

Der "besondere Privatrechtstitel" aus der Zeit vor 1870 i. S. des § 2 (2) Wasserrechtsgesetz 1959 muß auf die "Wasserwelle" abgestellt sein, also entweder sie oder sie und das Bett des Gewässers erfassen

Entscheidung vom 31. März 1965, 1 Ob 11/65

I. Instanz: Bezirksgericht Rattenberg; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck

Text

Der Kläger ist zu 18/32 Anteilen Miteigentümer der Parzelle 346 (R.- See) in EZ. 52 II Gb. M., die Beklagten sind seit 1956 je zur Hälfte Eigentümer der unmittelbar an den See grenzenden Parzelle 153 in EZ. 374 II Gb. V.

Der Kläger brachte vor, die Beklagten hätten vor etwa drei Jahren von ihrem Grundstück aus einen zirka 4 m langen Steg in den See errichtet und im See, ohne ein Entgelt zu leisten, auch gebadet. Er belangte sie im vorliegenden Prozeß zunächst auf Feststellung, daß eine Dienstbarkeit der Errichtung und Haltung eines Steges sowie des Badens im R.-See zugunsten der jeweiligen Eigentümer der Parzelle 153 nicht bestehe, und auf Unterlassung aller Handlungen, die sich als Ausübung einer solchen Dienstbarkeit darstellen. Im Verlauf des Prozesses begehrte er mit Zwischenantrag auch noch die Feststellung, daß der R.-See im Sinne des § 2 (2) WRG. Privatgewässer sei.

Die Beklagten traten dem Begehren hinsichtlich "Errichtung und Haltung eines Steges auf Parzelle 346" nicht entgegen, beantragten aber die Abweisung des weiteren Begehrens. Auch sie stellten Zwischenanträge auf Feststellung, und zwar daß 1. sie als Eigentümer der Parzelle 153 in EZ. 374 II Gb. V. berechtigt seien, im R.-See zu baden, 2. die Gemeinde K. zugunsten der Allgemeinheit die Dienstbarkeit des Badens im R.-See ersessen habe, 3. es jedermann, somit auch den jeweiligen Eigentümern der Parzelle 153, gemäß § 8

(1) WRG. gestattet sei, im R.-See zu baden, und 4. die auf der Parzelle 346 in EZ. 52 II Gb. M. befindliche Wasserwelle gemäß § 2

(1) lit c WRG. öffentliches Gewässer sei. Sie brachten hiezu vor, daß der R.-See von öffentlichen Gewässern (dem Berglsteinerbach und dem Filzgrabenbach) durchflossen werde und deshalb gemäß § 2 (1) lit. c WRG. öffentliches Gewässer sei; der Kläger könne nur am Seebett und nicht auch an der Wasserwelle Eigentum nachweisen; das Recht unentgeltlichen Badens stehe ihnen auch deshalb zu, weil die Seeanrainer dieses Recht schon seit unvordenklichen Zeiten ausgeübt hätten und zudem die Gemeinde K. diese Dienstbarkeit zugunsten der Allgemeinheit ersessen habe.

Der Kläger hielt dem u. a. entgegen, daß eine Dienstbarkeit des Badens den Anrainern nie eingeräumt und von ihnen auch nicht ersessen worden sei; es habe nur die Gepflogenheit bestanden, bei den Eigentümern der Ufergrundstücke kein Badeentgelt einzuheben; dies aber nur deshalb, weil die Inkassanten des Seepächters die Ufergrundstücke betreten und bei den dort anwesenden Badegästen kassiert hätten; die Beklagten hätten ihr Grundstück aber abgeschlossen und damit Dritten seine Benützung unmöglich gemacht, dafür aber ein mit dem Seepächter vereinbartes Entgelt bezahlt, dessen Annahme von diesem erst im Jahr 1962 auf Anweisung der Eigentümer verweigert worden sei.

Der Erstrichter gab sowohl dem Klagebegehren als auch dem Zwischenfeststellungsantrag des Klägers statt und wies die Zwischenanträge der Beklagten auf Feststellung ab, wobei er allerdings für die Entscheidung über den Zwischenfeststellungsantrag des Klägers die Form eines in das Urteil aufgenommenen Beschlusses wählte.

Die Beklagten ließen diese Entscheidung insoweit unangefochten, als sie sich auf den Bestand der Dienstbarkeit der Errichtung und Haltung eines Steges im R.-See und die angebliche Ersitzung einer Dienstbarkeit des Badens durch die Gemeinde K. zugunsten der Allgemeinheit bezog. Ihrer im übrigen erhobenen Berufung wurde nur im Kostenpunkt Folge gegeben.

Die Begründung, welche das Berufungsgericht für sein Urteil ab, läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Das k. k. Finanzministerium habe mit dem "Kauf- respective Verkaufs-Vertrag" vom 16. November 1855 namens des "Allerhöchsten Montan-Aerars" die Messingfabrik Achenrain in K. samt dem in einer besonderen Nachweisung verzeichneten Zubehör dem Fabriksbesitzer Gustav N. verkauft; in dieser besonderen Zubehörnachweisung sei unter Punkt VI, b "See u. Weiher", neben dem K.- und B.-See auch der "R.-See" ausdrücklich angeführt gewesen; der Vertrag sei am 27. November 1855 "mit allergnädigster Genehmigung Sr. k. k. ... Majestät vom 24. November 1855" vom k. k. Finanzministerium bestätigt und auf Grund seiner Aufsandungsklausel vom 9. April 1856 am 19. Mai 1856 sub. Nr. 162 fol. 520 beim Bezirksgericht Rattenberg verfacht worden; Gustav N. habe den R.-See mit dem am gleichen Tag sub. Nr. 223 fol. 750 beim Bezirksgericht Rattenberg verfachten Kaufvertrag vom 26. Juni 1856 an Julius M. verkauft, der mit einem weiteren Vertrag auch das Messingwerk Achenrain erworben und sodann erklärt habe, daß er alle diese Rechtshandlungen namens der "Tyrolischen Bergbau-Actien-Gesellschaft" gesetzt habe; mit dem Vertrag vom 31. August 1869, verfacht beim Bezirksgericht Rattenberg am 3. September 1869 sub. fol. 82, habe die "Tiroler Bergbau-Actien-Gesellschaft in Achenrain" neben verschiedenen anderen Objekten auch den R.-See an August G. den Vater des Klägers, verkauft; nun seien gemäß § 2 (2) WRG. Gewässer, die sonst als öffentliche gelten würden, als Privatgewässer anzusehen, wenn dafür ein besonderer, vor dem Jahre 1870 entstandener Privatrechtstitel nachgewiesen werde; ein solcher Titel liege hier vor; da im Kaufvertrag vom 16. November 1855 ausdrücklich von Seen und Weihern die Rede sei und darunter allgemein das Gewässer selbst und das Wasserbett verstanden werde (§ 3 (3) WRG.) und im Kaufvertrag vom 31. August 1869 auch ausdrücklich erwähnt sei, daß mit dem See auch der Abzugsgraben zum K.- und B.- See verkauft werde und zum kaufsgegenständlichen See selbstverständlich auch die am R.-, K.- und B.- See befindlichen Läucher (Abflußsperrvorrichtungen) gehörten, könne kein Zweifel bestehen, daß diese Verträge nicht nur das Seebett, sondern auch das Gewässer zum Gegenstand gehabt hätten; die Meinung der Beklagten, daß § 2 (2) WRG. nur dann Platz greife, wenn mit dem vor 1870 entstandenen Privatrechtstitel ein originärer Eigentumserwerb nachgewiesen würde, sei unzutreffend; wenn der See schon vor 1870 auf Grund irgendeines Privatrechtstitels - und wäre dies auch nur die Ersitzung - Privatgewässer gewesen, sei er auch nicht durch die um 1870 einsetzende Wasserrechtsgesetzgebung und auch nicht durch das WRG. 1934 oder WRG. 1959 öffentliches Gewässer geworden; die Beklagten hätten in der Berufung selbst den Standpunkt vertreten, daß der R.-See vor dem Jahr 1870 Privatgewässer gewesen sei, und damit seien sie auch sicher im Recht, denn Sachen, die dem Montanärar gehörten, seien im Sinn des § 285 ABGB. nicht öffentliches Gut gewesen, sondern privates Vermögen des Staates, das nicht dem Gemeingebrauch gewidmet gewesen sei; da § 2 (2) WRG. zur Begründung der Privatgewässereigenschaft nichts anderes verlange als den (hier gelungenen) Nachweis eines vor 1870 entstandenen Privatrechtstitels, brauche auf die Frage, ob, der R.-See, der auch im Anhang A des WRG. nicht aufgezählt sei, ohne diesen Nachweis im Sinn des § 1 (1) lit. b oder c WRG. als öffentliches oder gemäß § 3

(1) WRG. als privates Gewässer zu gelten hätte, nicht eingegangen werden; daß der Erstrichter die Feststellung, es handle sich um ein Privatgewässer in einer verfehlten Form getroffen habe, sei belanglos; es verschlage auch nichts, daß er über die Rechtsfrage der Privatgewässereigenschaft einen Sachverständigen und einen sachverständigen Zeugen vernommen und sich im Urteil ihrer Meinung angeschlossen habe, weil entscheidend nur sei, ob die im Urteil vertretene Rechtsansicht richtig sei; aus der Feststellung, daß der R.-See Privatgewässer sei, ergebe sich zwangsläufig die Abweisung des von den Beklagten gestellten Zwischenantrages auf Feststellung, er sei öffentliches Gewässer, für die übrigens gemäß § 98 (2) WRG. nur die Wasserrechtsbehörde zuständig wäre; der Erstrichter habe aber auch zutreffend dem Begehren auf Feststellung des Nichtbestandes einer Dienstbarkeit des Badens im R.-See zugunsten der jeweiligen Eigentümer der den Beklagten gehörigen Parzelle stattgegeben; die Beklagten könnten sich auch hier höchstens auf Ersitzung stützen, doch habe sich ihre Behauptung, es werde auch von den übrigen Badegästen nicht schon seit mindestens 30 Jahren kassiert, als unrichtig herausgestellt; nach den Feststellungen des Erstrichters - bis 1928 sei der See von Schilf und Bäumen umgeben und derart unzugänglich gewesen, daß Schwimmen oder Baden in ausgedehnterer Art und Weise unmöglich gewesen sei; im Jahre 1928 habe die Familie des Klägers eine Restauration samt Badebetrieb eingerichtet und dem Publikum Bademöglichkeit gegen Entgelt geboten; ab 1928 sei von der Familie des Klägers bzw. von den jeweiligen Seepächtern von allen Personen, die im See gebadet hätten und die man dabei betreten habe, ein Entgelt kassiert worden - wäre ein Recht, wenn es überhaupt möglich gewesen wäre, durch unbeanstandetes und unentgeltliches Baden ein solches zu ersitzen, inzwischen durch Verjährung wieder erloschen (§ 1488 ABGB.); ein solches Recht hätte überdies nur von der Gemeinde für die Allgemeinheit oder von einzelnen Personen für sich ersessen werden können; die Frage einer Ersitzung durch die Gemeinde sei erledigt, da die Beklagten das erstrichterliche Urteil diesbezüglich in Rechtskraft erwachsen ließen, aus einer nur zugunsten einzelner Personen erfolgten Ersitzung könnten die Beklagten für sich kein Recht ableiten; daß sie schon vor dem Jahr 1956, in welchem sie die Parzelle 153 erwarben, im See unentgeltlich und mit dem Willen einer Rechtsausübung gebadet hätten, hätten sie gar nicht behauptet; zufolge der Vorschrift des § 1493 ABGB. könnten sie auf die Ersitzungszeit ihrer Rechtsvorgänger nur hinweisen, wenn es sich um eine Grunddienstbarkeit handeln würde; dies sei beim Recht, in einem See zu baden, aber zumindest dann nicht der Fall, wenn das herrschende Gut der Landwirtschaft gewidmet sei; die Parzelle 153 habe früher zum landwirtschaftlichen Anwesen des Franz B. gehört; die Ersitzung einer Dienstbarkeit des unentgeltlichen Badens durch die Beklagten sei also schon deshalb ausgeschlossen bzw. weil sie die für eine unregelmäßige persönliche Dienstbarkeit nötige Ersitzungszeit von 30 Jahren nicht nachweisen könnten; im übrigen habe der Erstrichter auch unbekämpft festgestellt, daß weder der Rechtsvorgänger der Beklagten noch die weiteren Seeanrainer dem See-Eigentümer gegenüber jemals ein Recht, als Eigentümer benachbarter Liegenschaften unentgeltlich im See baden zu können, behauptet haben; aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen der §§ 1460 und 313 ABGB. ergebe sich, daß die Eigentümer des Sees aus dem bloßen Baden der Anrainer niemals entnehmen hätten können, dies geschehe mit dem Willen der Ausübung einer Grunddienstbarkeit; schließlich sei auch festgestellt worden, daß die Beklagten dem Seepächter in den Jahren 1957 - 1961 für das Baden jährlich ein Pauschalentgelt bezahlt hätten; in der Berufung hätten sie diesbezüglich nur gerügt, es sei nicht festgestellt worden, ob dieses Entgelt für sie selbst oder nur für ihre Gäste geleistet worden sei; eine Behauptung in letzterem Sinn sei aber gar nie aufgestellt worden, sondern nur die Behauptung über die Leistung eines Entgeltes generell bestritten worden; mangels des Beweises einer besonderen Vereinbarung müsse das geleistete Pauschalentgelt jedenfalls auch als Badegebühr für die Beklagten selbst angesehen werden und damit als Anerkenntnis des Rechtes der Eigentümer des Sees, auch von ihnen eine solche zu verlangen; dieses Anerkenntnis hätte gemäß § 1497 ABGB. auch die Ersitzung unterbrochen, allenfalls bewirkt, daß das bereits verjährte Recht wieder entstanden wäre.

Das Urteil des Berufungsgerichtes, nach dessen Ausspruch der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteigt, wird von den Beklagten aus den Revisionsgrunden nach § 503 Z. 3 und 4 ZPO. mit dem Antrag angefochten, es im Sinn einer Abweisung des noch offenen Begehrens des Klägers bzw. im Sinn der noch offenen Zwischenanträge der Beklagten auf Feststellung abzuändern oder aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht statt.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Was unter dem "besonderen Privatrechtstitel" zu verstehen ist, an dessen Nachweis die Privatgewässereigenschaft eines sonst als öffentlich geltenden Gewässers geknüpft ist (§ 2 (2) WRG. 1959), sofern er aus der Zeit vor 1870 stammt, war seit Erlassung des Reichswassergesetzes vom 30. Mai 1869, RGBl. Nr. 93, und der auf seiner Grundlage erlassenen Landeswassergesetze (hier bedeutsam das Landesgesetz für Tirol vom 28. August 1870, LGBl. Nr. 64) umstritten (vgl. dazu z. B. die Darstellungen von Randa in "Das österrreichische Wasserrecht"[3], S. 22, 28, und von Peyrer - Heimstätt "Das österreichische Wasserrecht"[3], S. 130 ff.). Das Wasserrechtsgesetz 1934 hat immerhin insofern eine Klärung gebracht, als es ausdrücklich festlegte, daß das Eigentum an den Ufergrundstücken oder dem Bette des Gewässers keinen solchen Privatrechtstitel bildet. Da unter den Begriff des "Gewässers" sowohl das Bett als auch die Wasserwelle gehören (vgl. dazu Deutschmann - Hartig zum WRG. 1934, Anm. 5 zu § 2, Hartig - Grabmayr zum WRG. 1959, Anm. 9 zu § 2, Krzizek, Komm. zum WRG. 1959 S. 11 f.), die Eigentumsverhältnisse daran aber verschieden sein können, insbesondere das Bett eines öffentlichen Gewässers im Eigentum eines Privaten stehen kann (vgl. dazu auch SZ. XXXI 146 und SZ. XXXII 115), ergibt sich daraus, daß der Privatrechtstitel, auf den es nach § 2 (2) WRG. 1959 ankommt, auf die Wasserwelle abgestellt sein muß, also jedenfalls diese oder sie und das Bett des Gewässers erfassen muß (ähnlich Krzizek a. a. O., S. 20).

Was die Frage betrifft, ob der Kläger - außer der Universalsukzession nach seinem Vater - nur derivativen Erwerb des Eigentumsrechtes seines Vaters am See selbst nachzuweisen braucht oder auch originären Erwerb dessen Rechtsvorgängers, scheinen die Ausführungen Krzizeks a. a. O. dem Standpunkt des Berufungsgerichtes mehr zu entsprechen, denn dieser Autor macht praktisch keinen Unterschied zwischen originären und derivativen Titeln. Die Beklagten können demgegenüber auf die Ausführungen im Kommentar von Haager - Vanderhaag (zum WRG. 1934) verweisen (S. 90), daß im Fall von Kauf-, Tausch- oder Schenkungsverträgen die Berechtigung des Veräußerers durch eine originäre Erwerbsart erwiesen werden müsse.

Bei Prüfung dieses Problems erscheint jedenfalls die Vorschrift des Art. II (2) des EGWRG. 1869 von Bedeutung, die schon damals bestimmte, daß der Bestand und Umfang solcher Rechte - gemeint waren lt. Abs. 1 "die nach den früheren Gesetzen erworbenen Wasserbenützungs- oder sonstigen, auf Gewässer sich beziehenden Privatrechte", daher auch das Eigentumsrecht an einem Privatgewässer (vgl. Peyrer - Heimstätt, a. a. O., S. 99) - nach den früheren Gesetzen zu beurteilen sei. Dazu kommt weiters, daß sich der Kläger - abgesehen von der Universalsukzession nach seinem Vater - auf Rechtsgeschäfte stützt, die dem alten Tiroler Verfachbuchrecht unterlagen. Die Verfachung bewirkte zwar eine Verdinglichung des Rechtes, das die von den Parteien errichtete Urkunde enthielt, aber nur unter der Voraussetzung der Gültigkeit des Rechtstitels. Der Verfachbuchrichter hatte aber die Berechtigung des Vormannes nicht weiter zu überprüfen; fehlte sie ihm, hatte die Verfachung überhaupt keine rechtliche Wirkung. Das Verfachbuch war wohl ein "öffentliches" Buch, im Wesen aber nur eine Sammlung der registrierten und hinterlegten Urkunden, der insbesondere die "publica fides" fehlte (vgl. dazu 1516 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Abgeordnetenhauses, XI. Session 1896, weiters Lecher in "Das Verfachbuch in Tirol und Vorarlberg", S 35). Den Beklagten ist darum beizupflichten, daß zumindest im vorliegenden Fall auf einen originären Rechtserwerb der Rechtsvorgänger des Klägers zurückgegangen werden muß und nicht der der Nachweis genügt, sein Vater habe den R.-See als solchen vor 1870 gekauft und auch dessen Vorgänger habe ihn käuflich erstanden.

Der Oberste Gerichtshof pflichtet dem Berufungsgericht darin bei, daß aus den bereits wiedergegebenen Einzelheiten des am 31. August 1869 zwischen der Tiroler Bergbau-Actien-Gesellschaft und August G. dem Vater des Klägers, abgeschlossenen Kaufvertrages eindeutig hervorgeht, Kaufobjekt sei beim R.-See nicht etwa nur das Bett, sondern auch die Wasserwelle dieses Gewässers gewesen. Den im Vertrag enthaltene Hinweis, daß die im R.-See selbst, aber auch die im K.- und im B.- See befindlichen Abflußsperreinrichtungen "selbstverständlich" mitverkauft würden, setzt dies außer Zweifel. Wie sehr es dem August G. auf den Erwerb des Wassers als solchen ankam, zeigt auch der Vertragspunkt 5, in dem ihm vom Verkäufer noch ein anderes Wasserbezugsrecht eingeräumt wurde für den Fall, als "das von obigen Seen abgeleitete Wasser nicht mehr die nötige Triebkraft für die vom Käufer ... zu bauen beabsichtigte Quetsche und Glasschleiferei haben sollte".

Es soll nicht übersehen werden, daß auf die Abflußsperreinrichtungen in jenen Verträgen, die Julius M. (für die Tiroler Bergwerks-Actien-Gesellschaft) am 26. Juni 1856 mit Gustav N. geschlossen hat, nicht besonders hingewiesen wurde. Trotzdem ist es mit den Denkgesetzen durchaus vereinbar, auch aus ihnen abzuleiten, daß nicht etwa nur das Bett des R.-Sees verkauft wurde. Am 26. Juni 1856 kamen zwei gesonderte Kaufverträge zustande, von denen sich der eine auf die Messingfabrik in Achenrain mit Zubehör, einschließlich des K.- und des B.- Sees, der andere aber auf den R.-See bezog, den Gustav N. darin "in allen Rechten und Beschwerden, wie er denselben vom k. k. Aerar mit der Urkunde ddo. Wien am 16. November 1855 ... erworben hat", weiterverkaufte. Dabei hielt schon der auf die Messingfabrik samt Zubehör (inklusive K.- und B.- See) bezügliche Vertrag im Punkt X fest: "Das Recht auf das aus dem R.-See abfließende Wasser geht auf die vom Herrn Käufer erworbenen Besitzungen nach Maßgabe der schon früher hierüber bestandenen Urkunden über." Warum diese Trennung des Kaufobjektes erfolgte, blieb wohl unaufgeklärt, erscheint aber hier nicht wesentlich, weil auch der R.-See als solcher an den gleichen Käufer ebenfalls verkauft wurde; entscheidend ist das ausschließliche Verfügungsrecht über die Wasserwelle des R.-Sees, das nach der Deklarierung des Vertretungsverhältnisses zwischen M. und der Tiroler Bergwerks-Actien-Gesellschaft doch offensichtlich zur Gänze letzterer zustand.

Schließlich kann auch in der Auslegung des am 16. November 1855 zwischen Gustav N. und dem k. k. Finanzministerium nomine des Allerhöchsten Montan-Aerars geschlossenen Vertrages im Sinn eines auch die Wasserwelle des R.-Sees umfassenden Kaufes keine Fehlentscheidung der Unterinstanzen erblickt werden. Vertragsobjekt war die k. k. Messingfabrik in Achenrain samt Zugehör und Vorräten, wobei ersteres unter § 1 lit. a als jene Bestandteile an Wohn- und Werksgebäuden, Magazinen, Grundstücken, Waldungen, Seen, Weihern, Maschinen usw. umschrieben wurde, das in der gesonderten, dem Vertrag angehefteten "Nachweisung" beschrieben wurde. Dort scheinen - gesondert von den "Grundstücken" - der R.-See sowie der K.- und B.-See auf. Daß Vertragsgegenstand auch das ausschließliche Verfügungsrech über diese natürlichen Wasserreservoirs, und zwar auch über das Wasser selbst, sein sollte, ergibt sich durchaus logisch aus der Überlegung, daß N. einen Fabriksbetrieb erwerben wollte und sollte, zu dem die ständige und unter allen Umständen gesicherte Wasserversorgung offensichtlich Voraussetzung war.

Der "besondere Privatrechtstitel", abgestellt auf den Erwerb der Wasserwelle, ist also bis auf den Vertrag zwischen dem k. k. Montan-Aerar und Gustav N. zurück verfolgbar.

Daß schon vor diesem Vertrag vom 16. November 1855 Privatrechtsgeschäfte über den R.-See abgeschlossen und verfacht worden wären, ist von den Parteien nicht behauptet worden; es sind im vorliegenden Prozeß auch keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen. Andererseits blieb ungeklärt, wie es zur Gründung der k. k. Messingfabrik in Achenrain gekommen ist, wie dieser der R.-See zur Verfügung gestellt wurde und ob anläßlich letzterer Maßnahme zwischen öffentlichem Gut und ärarischem Vermögen unterschieden wurde (§ 287 ABGB.). Da die Grenzen seinerzeit verschwommen waren, muß jedenfalls zugunsten der Beklagten auch die Möglichkeit erwogen werden, der R.-See könnte einfach via facti vom k. k. Montan-Aerar in Anspruch genommen werden, in Wahrheit also öffentliches Gut geblieben sein, bis es zum Verkauf an Gustav N, im Jahr 1855 kam. Sollte das Montanärar freilich rite Eigentümer geworden sein, sei es kraft Verfügung des Landesherrn oder einer von ihm dazu bestimmten Behörde, sei es auch nur durch Ersitzung (vgl. dazu Krzizek a. a. O.), bestunde kein Grund, an der Gültigkeit des von N. erworbenen Privatrechtstitels zu zweifeln. Die Meinung der Beklagten, gerade in einem solchen Fall sei der Standpunkt des Klägers unhaltbar, ist schlechterdings unverständlich.

Für den Fall aber, daß das Montanärar nicht rite Eigentümer geworden, der R.-See im Jahr 1855 also nicht Privateigentum des Staates, sondern öffentliches Gut gewesen sein sollte, ist zu erwägen, aß der Abverkauf an Gustav N. mit "Allergnädigster Genehmigung Sr. k. k. Hzogl. Majestät" erfolgte, wie es auf einer der vorgelegten Urkundenabschriften heißt. Dabei kann davon ausgegangen werden, daß es sich beim Wort "Hzogl." um ein Abschreibeversehen handelt; die Beklagten selbst nehmen in der Revision den Standpunkt ein, daß es sich um die Genehmigung des Kaisers handelt. Kaiser Franz Joseph I. regierte damals nach Aufhebung der sogenannten Märzverfassung vom Jahr 1849 durch das Silvesterpatent vom 31. Dezember 1851, R. 2/1852, bis zur Erlassung des sogenannten Oktoberdiploms im Jahr 1860 absolut. Er war also ebenso oberster Gesetzgeber wie oberster Vollzieher der Gesetze und zugleich auch oberster Verwalter des Staatsvermögens. Es erscheint undenkbar, daß ihm vorgeschrieben hätte werden können, mit welcher Klausel er einen Staatsakt unterschreiben müsse, der neben Elementen der Staatsvermögensverwaltung auch solche obrigkeitlicher Natur umfaßte. Es ist vielmehr unerläßlich, in seiner Genehmigung einer Veräußerung ärarischen Vermögens auch insoweit einen gültigen Privatrechtstitel zu erblicken, als etwa via facti nicht Privatvermögen des Staates, sondern öffentliches Gut an einen Privaten übertragen wurde. Seine Anerkennung fand ein solcher Titel auch damals schon in § 13 ABGB, (vgl. dazu Wolff in Klang[2] zu dieser Gesetzesstelle).

Der Oberste Gerichtshof pflichtet daher zusammenfassend den Unterinstanzen darin bei, daß dem Kläger der Nachweis des im § 2 (2) WRG. 1959 geforderten "besonderen Privatrechtstitels" aus der Zeit vor 1870 gelungen ist.

Zur Entscheidung der Frage, ob ein Gewässer ein öffentliches oder ein privates Gewässer ist, sind im allgemeinen die Wasserrechtsbehörden, die Gerichte aber dann zuständig, wenn die private Eigenschaft des Gewässers auf Grund eines Privatrechtstitels behauptet wird (§ 98 (2) in Verbindung mit § 2 (2) WRG. 1959). Die Beklagten haben sich zu ihrem Zwischenantrag auf Feststellung, der R.-See sei ein öffentliches Gewässer, als Replik auf den Zwischenfeststellungsantrag des Klägers, er sei Privatgewässer, veranlaßt gesehen. Daß die Unterinstanzen bei Stattgebung des Zwischenantrages des Klägers jenen der Beklagten im Sinn einer Abweisung meritorisch erledigt haben, stellt demnach keinen Gerichtsfehler dar. Auf eine Prüfung der Frage, ob der See gemäß § 2

(1) lit. c öffentliches Gewässer ist, weil er nicht Privatgewässer im Sinn des § 3 (1) insbesondere lit. d ist, sind sie nicht eingegangen. Hiefür wären sie, da die Beantwortung ja nicht von einem Privatrechtstitel im Sinn des § 2 (2) abhängt, auch nicht zuständig gewesen.

Es ist auch nicht undenkbar, daß das Recht, von einem an ein Privatgewässer grenzenden Grundstück aus in diesem Gewässer zu baden, den Erfordernissen einer Grunddienstbarkeit entsprechen könnte (vgl. dazu Klang in Klang[2] zu § 473 ABGB. unter 2, 8 Ob 235/64 = JBl. 1964 S. 607). Das hat auch das Berufungsgericht nicht verkannt. Es hat aber auch richtig darauf abgestellt, daß die von den Beklagten erworbene Uferparzelle früher zum landwirtschaftlichen Anwesen des Zeugen B. gehörte. Wenn er und seine Eltern und auch wenn sein Gesinde im See zu baden pflegten, war dies eine Annehmlichkeit für sie persönlich; das Erfordernis der "utilitas praedii" läßt sich daraus nicht konstruieren. Selbst wenn B. eine persönliche unregelmäßige Servitut ersessen haben sollte - darauf laufen die Revisionsausführungen praktisch hinaus -, können die Beklagten, die selbst nicht ersessen haben, daraus nichts gewinnen, weil eine Besitzanrechnung im Sinn des § 1493 ABGB. bei Ersitzung einer unregelmäßigen persönlichen Servitut nicht in Betracht kommt (vgl. Klang in Klang[2] zu § 1493 unter 2 und die dort angeführte Judikatur, Ehrenzweig, § 257 unter I). Was die Beklagten unter Heranziehung der Bestimmung des § 503 Z. 3 ZPO. vorbringen, stellt in Wahrheit nicht die Rüge einer aktenwidrigen Wiedergabe von Aussagen od. dgl., sondern des Unterbleibens von Feststellungen über die Ersitzung persönlicher Dienstbarkeiten durch die Anrainer, insbesondere des Vorbesitzers ihrer Parzelle, dar. Hierauf braucht unter diesen Umständen nicht näher eingegangen zu werden.

Ob dem Kläger das Recht zusteht, die Parzellen der Seeanrainer, insbesondere jene der Beklagten, zu Inkassozwecken anläßlich des Badebetriebes zu betreten bzw. betreten zu lassen, ist für die Entscheidung im vorliegenden Prozeß ohne Bedeutung.

Aus diesen Erwägungen ist der Revision ein Erfolg zu versagen.