JudikaturJustiz1Ob106/98i

1Ob106/98i – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Juni 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alois W*****, vertreten durch Dr.Manfred Macher, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Barbara S*****, vertreten durch Dr.Peter Schobel, Rechtsanwalt in St.Pölten, wegen S 679.121,39 sA, infolge Revision der beklagten Partei (Revisionsstreitwert S 679.060,49) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30.Jänner 1998, GZ 5 R 141/97k 54, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts St.Pölten vom 27.Jänner 1997, GZ 3 Cg 2/94a 47, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird im Umfang des Zuspruchs von S 594.822,07 samt 4 % Zinsen seit 30.11.1992 durch die Vorinstanzen nicht Folge gegeben.

Die Kostenentscheidung bleibt insoweit dem Endurteil vorbehalten.

II. den

Beschluß

gefaßt:

Im übrigen werden die Urteile der Vorinstanzen, deren Ausspruch über die Abweisung des Mehrbegehrens von S 60,90 samt 4 % Zinsen seit 30.11.1992 als nicht in Beschwerde gezogen unberührt bleibt, aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang (S 84.238,42 samt 4 % Zinsen seit 30.11.1992) zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind in diesem Umfang weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Notariatsakt vom 29.9.1971 übergab der Adoptivvater der Beklagten dieser eine ihm gehörige Liegenschaft im unverbürgten Gesamtausmaß von 6718 m2. Die Beklagte verpflichtete sich im Übergabsvertrag, nach erfolgter Vermessung auf jeweiliges Verlangen eines unehelichen Sohnes des Übergebers einen bestimmten Teil eines der übergebenen Grundstücke unentgeltlich in das alleinige Eigentum des Sohnes zu übertragen. Da die Beklagte dieser Verpflichtung nicht nachkam, wurde sie von diesem klageweise in Anspruch genommen. Mit dem in diesem Verfahren ergangenen Urteil vom 18.12.1991 wurde die Beklagte verhalten, die Vermessung des zu übertragenden Grundstücksteils zu dulden, die zur Erstellung des Teilungsplans und zur Erlangung des Teilungsbescheids beim Vermessungsamt erforderlichen Erklärungen und Unterschriften abzugeben, nach Vorliegen des Teilungsplans eine Übereignungsurkunde betreffend ein lastenfreies neu geschaffenes Trennstück dieses Grundstücks zu unterfertigen und in die grundbücherliche Durchführung des Vertrags einzuwilligen. Noch während des in diesem Rechtsstreit anhängigen Berufungsverfahrens beauftragte die Beklagte im Sommer 1992 einen Immobilienmakler, Käufer für das gesamte Grundstück, das zum Teil an den Sohn des Übergebers übertragen werden sollte, zu finden. Die von dem Immobilienmakler als Kaufinteressenten namhaft gemachten Personen, der Kläger und dessen Ehegattin, kauften am 30.11.1992 je zur Hälfte das gesamte Grundstück um den Gesamtpreis von S 970.000, den die Beklagte auch erhielt. Am 21.4.1993 brachte der Sohn des Übergebers gegen den Kläger und dessen Ehegattin beim Landesgericht St.Pölten eine Klage mit dem Begehren auf Übertragung des ihm gebührenden Grundstücksanteils ein. Am 6.7.1993 wurde ein Anerkenntnisurteil gefällt, womit der Kläger und dessen Gattin verpflichtet wurden, die Vermessung des an den Sohn des Übergebers zu übertragenden Grundstücksteils zu dulden, die zur Erstellung des Teilungsplans und Erlangung des Teilungsbescheids beim Vermessungsamt erforderlichen Erklärungen und Unterschriften abzugeben, die nach Vorliegen des Teilungsplans betreffend das lastenfrei neu geschaffene Trennstück dieses Grundstücks zur unentgeltlichen und lastenfreien Übertragung des Eigentums an den Sohn des Übergebers erforderlichen Urkunden zu unterfertigen, in die grundbücherliche Durchführung des Vertrags einzuwilligen und das genannte Trennstück dem Sohn des Übergebers zu übergeben. Überdies wurden der Kläger und dessen Ehegattin zur ungeteilten Hand zum Ersatz der mit S 37.260,60 bestimmten Prozeßkosten verurteilt.

Am 3.5.1993 brachte der Sohn des Übergebers gegen die Beklagte eine Klage auf Feststellung deren Haftung für sämtliche Schäden ein, die ihm dadurch entstanden seien, daß die Beklagte die Vollstreckung des Urteils vom 18.12.1991 unmöglich gemacht habe, weil sie das streitverfangene Grundstück mit Vertrag vom 30.11.1992 verkauft und an die Käufer übergeben habe und deren Eigentumsrecht einverleibt worden sei. Dieses Verfahren endete nach Einschränkung des Begehrens auf die Kosten angesichts des Anerkenntnisurteils vom 6.7.1993 mit gerichtlichem Vergleich vom 8.9.1993, mit dem sich die Beklagte verpflichtete, dem Sohn des Übergebers Prozeßkosten von S 32.348,64 zu bezahlen. Mit diesem Vergleich wurden sämtliche wechselseitigen Ansprüche zwischen den dortigen Parteien bereinigt und verglichen. Diese Parteien stellten auch fest, daß mit dem Vergleich kein bestimmtes Flächenausmaß und kein bestimmter Grundstücksteil des streitverfangenen Grundstücks dem Notariatsakt vom 29.9.1971 und dem Testament des Übergebers vom 12.11.1969 zugeordnet werde.

Der Kläger begehrte von der Beklagten die Zahlung von S 679.121,39. Die Fläche des von ihm und dessen Ehegattin von der Beklagten gekauften Grundstücks habe laut Grundbuchsauszug 4.388 m2 betragen; tatsächlich belaufe sich die Grundstücksfläche bloß auf 4242 m2. Er und seine Ehegattin hätten im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keine Kenntnis von einem zwischen dem Sohn des Übergebers und der Beklagten anhängigen Rechtsstreit gehabt. Bei später stattgefundenen Gesprächen habe die Beklagte trotz Vorliegens der entsprechenden Urteile die beteiligten Rechtsanwälte und den Kläger über das Ausmaß der sie treffenden Verpflichtung zur Abtretung von Liegenschaftsanteilen an den Sohn des Übergebers getäuscht. Sie habe behauptet, es sei nur ein kleinerer Teil eines bestimmten Grundstücks an den Sohn des Übergebers abzutreten, als dies tatsächlich der Fall gewesen sei. Deshalb sei zwischen den Parteien am 24.6.1993 ein Vergleich geschlossen worden, mit dem sich die Beklagte für den Fall, daß der Kläger und seine Ehegattin in dem zwischen ihnen und dem Sohn des Übergebers anhängigen Verfahren das Klagebegehren anerkennen würden und von letzterem die Erklärung abgegeben werde, er werde weder gegen den Kläger und dessen Ehegattin noch gegen die Beklagte Ansprüche stellen, zu einer Abgeltung von S 360.000 verpflichtet habe. Nach dem Anerkenntnisurteil (vom 6.7.1993) hätten der Kläger und seine Ehegattin zur Kenntnis nehmen müssen, daß der von ihnen abzutretende Liegenschaftsteil wesentlich größer sei, als vermutet bzw von der Beklagten angegeben worden sei. Der Vergleich vom 24.6.1993 werde daher insbesondere wegen Arglist und Irrtums angefochten. Dem Kläger und seiner Ehegattin seien infolge des Liegenschaftskaufs und des von ihnen mit dem Sohn des Übergebers geführten Rechtsstreits folgende Kosten entstanden:

a) der Kaufpreis von S 970.000;

b) die Grunderwerbsteuer von S 32.900;

c) die Grundbuchseintragungskosten von S 9.400;

d) die Notarkosten von S 1.940;

e) Prozeßkosten von S 37.260;

f) weitere Rechtsanwaltskosten von S 25.400.

Unter Bedachtnahme darauf, daß der Kläger und seine Ehegattin von der ihnen verkauften Grundfläche von 4242 m2 an den Sohn des Übergebers 2583 m2 hätten abtreten müssen, ergebe sich ein Gesamtschaden von S 679.121,39. Der Sohn des Übergebers und die Ehegattin des Klägers hätten diesem sämtliche Ansprüche gegen die Beklagte abgetreten.

Die Beklagte wendete ein, der Kläger und dessen Ehegattin hätten zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Kaufvertrags von dem zwischen der Beklagten und dem Sohn des Übergebers anhängigen Gerichtsverfahren und der strittigen Verpflichtung der Beklagten zur Abtretung eines Grundstücksteils an den Sohn des Übergebers Kenntnis gehabt. Der Kläger sei nicht verhalten worden, in dem zwischen ihm und dem Sohn des Übergebers geführten Rechtsstreit ein Anerkenntnis abzugeben. Dem Sohn des Übergebers sei aufgrund des Notariatsakts vom 29.9.1971 lediglich ein Grundstücksteil im Ausmaß von etwa 1500 m2 zugestanden. Durch den am 24.6.1993 zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich seien deren wechselseitigen Ansprüche gegen Bezahlung von S 360.000 durch die Beklagte bereinigt und verglichen worden. Bei Abschluß dieses Vergleichs habe der Kläger das Urteil vom 18.12.1991 ebenso wie den Übergabsvertrag aus dem Jahre 1971 und die überschlägige Berechnung der abzutretenden Grundstücksfläche gekannt, sodaß ein allfälliger Irrtum über das Ausmaß der tatsächlich abgetretenen Grundfläche nicht von der Beklagten veranlaßt worden sei und dem Kläger überdies hätte auffallen müssen. Die Zessionen (seitens des Sohns des Übergebers bzw der Ehegattin des Klägers) an den Kläger hätten nicht bzw jedenfalls nicht formgerecht stattgefunden.

Im zweiten Rechtsgang brachte der Käger ergänzend vor, seine Ehegattin habe ihm ihre Ansprüche gegen die Beklagte im Wege einer Inkassozession abgetreten. Beide Parteien seien in sämtlichen Verhandlungsstadien davon ausgegangen, daß bei einer Grundstücksteilung ein gewisser Teil des Grundstücks als öffentliches Gut abzutreten sei. Die Beklagte wendete ergänzend ein, keinen Vergleich geschlossen zu haben, hätte sie Kenntnis von ihrer Verpflichtung zur Abtretung des westlichen (größeren) Teils des Grundstücks an den Sohn des Übergebers gehabt; sie hätte die Rückabwicklung des Kaufvertrags wegen Irrtums geltend gemacht. Daß bei einer Grundstücksteilung eine Abtretungsverpflichtung aufgrund der NÖ. Bauordnung zugunsten des öffentlichen Guts bestehe, habe sie nicht gewußt.

Das Erstgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von S 679.060,49 samt 4 % Zinsen seit 31.(richtig wohl 30.)11.1992 und wies das Mehrbegehren von S 60,90 samt 4 % Zinsen seit 31.(30.)11.1992 unangefochten ab. Die Beklagte habe bei Abschluß des Vergleichs vom 24.6.1993 dem Kläger und dessen Ehegattin gegenüber unrichtige und für diese nachteilige Angaben über die Lage und das Ausmaß des an den Sohn des Übergebers abzutretenden Grundstücksteils gemacht. Dies habe beim Kläger und bei dessen Ehegattin einen für den Vergleichsabschluß entscheidenden und somit wesentlichen Geschäftsirrtum bewirkt. Diese hätten dann, wenn sie gewußt hätten, daß der westliche Grundstücksteil an den Sohn des Übergebers abzutreten sein werde, keinen Vergleich abgeschlossen. Eine Vergleichsanpassung käme nicht in Frage, vielmehr sei der Vergleich aufgrund der Anfechtung des Klägers zu beseitigen, zumal der Irrtum über die Vergleichsgrundlage von der Beklagten verursacht worden sei. Gemäß § 874 ABGB habe die Beklagte den Vertrauensschaden zu ersetzen, der nicht eingetreten wäre, wenn die Irreführung unterblieben wäre. Der Kläger und dessen Ehegattin hätten das gegen sie gerichtete Klagebegehren des Sohns des Übergebers nicht anerkannt, wären sie nicht von der Beklagten beim Vergleichsabschluß in Irrtum geführt worden; sie wären auch nicht zur Abtretung des dem Sohn des Übergebers laut Übergabsvertrag zustehenden Grundstücksteils verpflichtet gewesen. Durch den von der Beklagten verschuldeten Irrtum hätten sie vom gekauften Grundstück im Ausmaß von 4242 m2 Teilflächen an den Sohn des Übergebers und an das öffentliche Gut von zusammen jedenfalls mehr als 2583 m2 abtreten müssen. Unter Zugrundelegung des Kaufpreises von S 970.000 entfalle auf die abzutretende Fläche von zumindest 2583 m2 ein Teilbetrag von S 590.643,56, den der Kläger und seine Ehegattin an die Beklagte bezahlt und dessen Gegenwert sie aufgrund des Anerkenntnisses verloren hätten. Im selben Umfang seien die bezahlte anteilige Grunderwerbsteuer für die abzutretenden Flächen von S 20.033,17 und die anteiligen Grundbuchseintragungskosten von S 5.723,76 als frustriert anzusehen, sodaß insofern ein Schaden von S 616.400,49 eingetreten sei. Ohne Anerkenntnis wären sie in den zwischen ihnen und dem Sohn des Übergebers geführten Rechtsstreit mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zum Ersatz der Prozeßkosten im Betrag von S 37.260,60 verurteilt worden. Diesen Betrag hätten sie ebenso wie Rechtsanwaltskosten im Ausmaß von S 25.400 aufgrund der unrichtigen Angaben der Beklagten aufwenden müssen. Der Beweis über die Zahlung von Notarkosten im Betrag von S 1.940 sei dem Kläger nicht gelungen. Insgesamt sei daher ein von der Beklagten zu ersetzender Schaden im Gesamtausmaß von S 679.060,49 entstanden. Der Kläger sei zur Geltendmachung des Gesamtbetrags berechtigt, weil ihm seine Ehegattin die ihr gegenüber der Beklagten zustehende Forderung zum Inkasso zediert habe.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die Beklagte habe gegenüber dem Kläger und dessen Ehegattin bei Abschluß des Vergleichs vom 24.6.1993 unrichtige Angaben über die Lage und das Ausmaß des an den Sohn des Übergebers abzutretenden Grundstücksteils gemacht. Dadurch habe sie bei diesen einen für den Vergleichsabschluß entscheidenden und somit wesentlichen Geschäftsirrtum veranlaßt. Die Beklagte selbst habe über die Vergleichsgrundlage nicht geirrt, sodaß ein gemeinsamer Irrtum nicht vorliege. Gemäß § 874 ABGB habe die Beklagte den Schaden zu ersetzen, der nicht eingetreten wäre, wäre die Irreführung unterblieben. Durch die schuldhafte Irrtumsveranlassung seien der Kläger und dessen Gattin verpflichtet worden, jedenfalls mehr als 2583 m2 an Grundfläche abzutreten. Da für die ursprüngliche Grundstücksfläche im Ausmaß von 4242 m2 ein Kaufpreis von S 970.000 bezahlt worden sei, errechne sich der Schaden als Differenzbetrag in Höhe von S 590.643,56. Die Feststellung des Erstgerichts, der Kläger und seine Ehegattin hätten 2583 m2 abgetreten, sei von der Beklagten im Berufungsverfahren nicht gerügt worden. Der Mitverschuldenseinwand, der erstmals im Zuge des Berufungsverfahrens erhoben worden sei, stelle eine unbeachtliche Neuerung dar.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist zulässig und teilweise berechtigt.

Das Vorliegen der von der Beklagten behaupteten Verfahrensmängel (Unterlassung der Einvernahme eines Sachverständigen und eines Zeugen) wurde bereits vom Berufungsgericht verneint. Deren neuerliche Geltendmachung im Revisionsverfahren ist unstatthaft (1 Ob 1537/96 uva).

Die Beklagte meint, sie habe durch die gerichtliche Hinterlegung eines Betrags von S 330.000 schuldbefreiend geleistet; dieser Umstand sei von den Vorinstanzen nicht berücksichtigt worden. Von einer schuldbefreienden Leistung kann aber keine Rede sein, weil die Beklagte ihrem eigenen Vorbringen nach bloß einen Betrag von S 330.000 hinterlegte, jedoch einen wesentlich höheren Betrag wie diesem Urteil zu entnehmen ist schuldet. Die Beklagte geht davon aus, daß dem Kläger nur der im Vergleich vom 24.6.1993 festgelegte Betrag zustehe, was aber, wie noch zu zeigen sein wird, nicht den Tatsachen entspricht. Zur Annahme eines Teilbetrags war der Kläger nicht verpflichtet, eine Tilgungswirkung trat demnach durch die gerichtliche Hinterlegung nicht ein (Reischauer in Rummel, ABGB2, Rz 27 zu § 1416 mwN).

Zum Mitverschuldenseinwand ist auszuführen:

Mitverschulden muß im Verfahren erster Instanz eingewendet und vom Schädiger bewiesen werden (1 Ob 6/97g mwN; 8 Ob 104/81). Der Einwand muß nicht ausdrücklich erhoben werden; es genügt, wenn sich dem Vorbringen des Schädigers eine entsprechende Behauptung entnehmen läßt (SZ 69/148 mwN; SZ 67/126; SZ 64/140; SZ 60/190). Letzteres ist hier der Fall (siehe S 4 f des Protokolls vom 1.7.1994). Ein relevantes Mitverschulden des Klägers liegt aber nicht vor, geht doch die Beklagte selbst davon aus, daß sich aus dem Urteilsspruch (im Verfahren zwischen dem Sohn des Übergebers einerseits und dem Kläger und dessen Ehegattin andererseits) der vom Kläger abzutretende Teil nicht eindeutig ergeben habe (siehe S 12 des Schriftsatzes vom 9.1.1996), sodaß die listige Irreführung durch die Beklagte den von ihr behaupteten Verstoß gegen Nachforschungspflichten des Klägers dermaßen überwiegt, daß ein allfälliger Sorgfaltsverstoß bei der Verschuldensabwägung jedenfalls zu vernachlässigen ist.

Dem Einwand der Beklagten, der Kläger und seine Ehegattin seien von einem Motiv und nicht von einem Geschäftsirrtum betroffen gewesen, ist entgegenzuhalten, daß bei Vorliegen von List wie hier auch ein dadurch herbeigeführter Motivirrtum die Anfechtung rechtfertigt (Rummel, ABGB2 Rz 3 zu § 870 mwN). Die trotz ihres Kenntnisstands eindeutig falsche Zusicherung der Beklagten, es sei nur der kleinere Grundstücksteil abzutreten, ist listige Irreführung. Im übrigen liegt auch eine Irreführung über bedeutsame Umstände des Inhalts des Vertrags (= Vergleichs) und nicht bloß über den Beweggrund vor: Ausgehend davon, daß nur der kleinere Grundstücksteil abzutreten sei, wurde eine Entschädigungssumme festgesetzt und der Kaufvertrag aufrecht erhalten. Der Irrtum des Klägers betraf also innerhalb des Geschäfts (Vergleichs) liegende Punkte, somit die "Wesenheit des Gegenstands", was den Vergleich ungültig macht (HS 24.699; SZ 66/41; JBl 1988, 581 uva). Der Ersatzanspruch des Klägers umfaßt das negative Vertragsinteresse (SZ 66/41; JBl 1988, 581; 6 Ob 868/82; SZ 50/35).

Die Ausführungen der Beklagten, der Ersatzanspruch des Klägers könne sich nicht auch auf die ohnehin zugunsten der öffentlichen Hand abzutretende Teilfläche im Ausmaß von 446 m2 erstrecken, zumal der Kläger diese Abtretungsverpflichtung gekannt habe, und der Kläger habe die Kosten seines Rechtsanwalts, die Grundbucheintragungsgebühr und die Grunderwerbssteuer deshalb zumindest aliquot selbst zu tragen, weil er ein Teilgrundstück noch immer "besitze", sind allerdings zum Teil berechtigt.

Nach den Feststellungen war dem Kläger bewußt, daß ein Teil der von ihm und dessen Ehegattin erworbenen Grundfläche an die "öffentliche Hand" abgetreten werden müsse. Insoweit wurde er also nicht in Irrtum geführt. Von den (laut Naturmaß) 4242 m2 der gesamten Grundstücksfläche mußten die Käufer 2230 m2 an den Sohn des Übergebers abtreten. Auf dieser Basis ist die Schadensberechnung vorzunehmen. Es steht aber nicht fest, ob die unentgeltlich an die Gemeinde abzutretenden Grundfläche 446 m2 auf die westliche bzw östliche Teilfläche bzw in welchem Ausmaß sie auf diese Teilflächen entfällt. Dies wird im fortgesetzten Verfahren festzustellen sein, weil der Kläger nur die Abtretung eines Teils der (kleineren) östlichen, ihm und seiner Ehegattin verbliebenen Grundstücksteilfläche hinnehmen muß. Die von der westlichen Teilfläche an die Gemeinde unentgeltlich abzutretende Grundfläche ist vom Schadenersatzanspruch des Klägers indessen mitumfaßt. Danach richtet sich auch die Höhe der aliquot zu ersetzenden Grunderwerbsteuer und Grundbuchseintragungsgebühr. Die Prozeß und Anwaltskosten, die dem Kläger und dessen Ehegattin aufgelaufen sind, hat die Beklagte hingegen zur Gänze zu ersetzen, weil diese Kosten unabhängig von den unentgeltlich an die Gemeinde abzutretenden Teilflächen entstanden sind (JBl 1988, 581; 6 Ob 868/82). Es erweist sich demnach derzeit nur der Zuspruch folgender Teilbeträge als gerechtfertigt:

1. Abtretung einer Grundfläche von 2230 m2 an den Sohn des Übergebers (anstelle der von den Vorinstanzen zugrundegelegten 2583 m2), was in Anbetracht des für 4242 m2 bezahlten Kaufpreises von S 970.000 einen zu ersetzenden Betrag von S 509.924,55 ergibt.

2. Die aliquot auf die Teilfläche von 2230 m2 entfallende Grunderwerbsteuer beläuft sich auf S 17.295,38.

3. Die auf 2230 m2 entfallende Grundbucheintragungsgebühr bemißt sich mit S 4.941,54.

4. Die Prozeßkosten in dem zwischen dem Sohn des Übergebers und dem Kläger bzw dessen Ehegattin abgeführten Rechtsstreit, in dem das Anerkenntnisurteil erging, wurden mit S 37.260,60 festgestellt.

5. Für die Vertretung im grundbücherlichen Verfahren hatten der Kläger und dessen Ehegattin ihrem Rechtsanwalt insgesamt S 25.400 zu bezahlen.

Die Summe der Beträge aus den Posten 1 bis 5 ergibt S 594.822,07. Insoweit ist der Rechtsstreit entscheidungsreif, sodaß ein Zuspruch mit Teilurteil erfolgen kann; in diesem Umfang sind die Entscheidungen der Vorinstanzen zu bestätigen.

Im übrigen Umfang (restliches Begehren auf Zahlung von S 84.238,42 sA) sind in Stattgebung der Revision die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben; das Erstgericht wird Feststellungen im oben aufgezeigten Sinn nach Verfahrensergänzung zu treffen und neuerlich zu entscheiden haben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.