JudikaturJustiz15Os40/07g

15Os40/07g – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Juni 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Juni 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Egger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz H***** und einen anderen Angeklagten wegen der Verbrechen des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach § 217 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des genannten Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 7. Dezember 2006, GZ 631 Hv 2/06z-167, sowie über dessen Beschwerde gegen den zugleich ergangenen Beschluss gemäß § 53 Abs 1 StGB, § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Wachberger, der Privatbeteiligtenvertreterin Dr. Stuefer, des Angeklagten Franz H***** und seines Verteidigers Dr. Nirk, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Angeklagten Josef S***** sowie Teilfreisprüche beider Angeklagter enthält, wurde Franz H***** (richtig:) der Verbrechen des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach § 217 Abs 1 zweiter Fall StGB (A./I./a./1./ bis 23./), des Verbrechens des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach § 217 Abs 2 zweiter Fall zweite Alternative StGB (A./I./b./1./), des Verbrechens des versuchten grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach §§ 15, 217 Abs 2 zweiter Fall zweite Alternative StGB (A./I./b./2./), der Vergehen des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 207b Abs 3 StGB (A./II./), der Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (A./III./a./1./ bis 3./), der Verbrechen der versuchten geschlechtlichen Nötigung nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB (A./III./b./1./ und 2./) sowie der Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 vorletzter und letzter Fall StGB (IV./) schuldig erkannt. Danach hat er

A./I./ in Schwechat und Wien

a./ gewerbsmäßig (§ 70 StGB) nachgenannte litauische (soweit im Folgenden keine andere Staatsbürgerschaft angeführt ist) Staatsbürgerinnen für die Prostitution in anderen Staaten als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besaßen oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, dadurch angeworben, dass er sie in Litauen durch Kontaktpersonen, insbesondere Dilara D*****, Jurgita K***** und Dovile I***** anwerben ließ, ihnen großteils die Reise auf dem Luftweg nach Österreich finanzierte, sie vom Flughafen Schwechat abholte oder abholen ließ, ihnen in Österreich eine Wohngelegenheit besorgte, sie an Kunden in Österreich und im Ausland vermittelte, die Flugtickets für Kundenbesuche außerhalb Österreichs beschaffte, ihnen darüber hinaus die Ausübung der Prostitution im Nachtclub M***** des Josef S***** vorschrieb und ihnen Vorschriften über ihre Bekleidung und das Rasieren ihres Intimbereichs machte und dies laufend kontrollierte, und zwar:

1./ zwischen 29. März und 14. April 2004 Justina Da***** (Vermittlung jeweils an einen Unbekannten arabischer Herkunft, an Otto B***** und an Kurt Ma*****);

2./ zwischen 27. Juni und 6. Juli 2005 Indre Ka***** (Vermittlung in wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden);

3./ zwischen 13. Juni und 6. Juli 2005 Vera L***** (Vermittlung in wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden);

4./ zwischen 17. Juni und 21. Juli 2005 Victorija Ku***** (Vermittlung in wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden);

5./ zwischen 6. und 21. Juli 2005 Ina Mu***** (Vermittlung in wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden);

6./ zwischen 13. Juni und 6. Juli 2005 Marta V***** (Vermittlung in wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden);

7./ zwischen 13. Juni und 6. Juli 2005 Inga T***** (Vermittlung in wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden);

8./ zwischen 6. Juli und 13. Oktober 2005 Ausra Si***** (Vermittlung in wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden);

9./ zwischen 2. September und 13. Oktober 2005 Victorija Ba***** (Vermittlung in wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden);

10./ zwischen 8. August und 13. Oktober 2005 Marina Vo***** alias Ksenija A***** (Vermittlung in wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden):

11./ zwischen Mitte und Ende September 2005 die am 4. November 1987 geborene minderjährige Simona Va***** (Vermittlung in wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden);

12./ Viktorija Ka*****

aa./ zwischen Anfang und Ende August 2005 sowie Anfang September und 20. September 2005 (Vermittlung in wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden);

bb./ zwischen 20. und 27. September 2005 (Vermittlung in Ibiza an einen „Scheich arabischer Herkunft");

13./ Julija G*****

aa./ zwischen 10. Juni und 6. Juli 2005 sowie 21. Juli 2005 und 13. Oktober 2005 (Vermittlung in wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden);

bb./ zwischen 20. und 27. September 2005 (Vermittlung in Ibiza an einen „Scheich arabischer Herkunft");

14./ am 21. September 2005 in Paris eine Unbekannte mit dem Vornamen Laura (Vermittlung an einen nicht feststellbaren Kunden);

15./ Brigita Sa*****

aa./ zwischen 7. September und 13. Oktober 2005 (Vermittlung in wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden);

bb./ in der Nacht zum 7. September 2005 (Vermittlung an Francisco J*****);

16./ Simona Ge*****

aa./ vom 8. August bis 13. Oktober 2005 (Vermittlung in wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden);

bb./ zwischen 20. und 27. September 2005 (Vermittlung in Ibiza an einen „Scheich arabischer Herkunft");

17./ die am 6. Jänner 1989 geborene, somit minderjährige Simona Se*****

aa./ zwischen 2. September 2005 und 13. Oktober 2005 (Vermittlung in wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden);

bb./ zwischen 20. September 2005 und 27. September 2005 (Vermittlung in Ibiza an einen „Scheich arabischer Herkunft");

18./ die finnische Staatsangehörige Laura Emila La***** aa./ am 17. November 2005 (Vermittlung in Mailand an Stefano R*****);

bb./ am 22. November 2005 (Vermittlung in Athen an einen unbekannten Kunden);

cc./ zwischen 19. und 26. November 2005 (Vermittlung Helmut Ho*****, Andreas Hor*****, einen Unbekannten mit Vornamen Zoran, einen Unbekannten mit Vornamen Carlo und in weiteren wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden);

19./ Austeja P*****

aa./ Ende September 2005 (Vermittlung für vier Tage in Ibiza an einen „Scheich arabischer Herkunft");

bb./ am 4. Jänner 2006 (Vermittlung in Athen an Georg Di*****);

20./ zwischen 26. und 28. Dezember 2005 die lettische Staatsbürgerin Snezana Pu*****;

aa./ Vermittlung in wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden;

bb./ am 27. Dezember 2005 (Vermittlung an Helmut Ho*****);

21./ Evelina Z*****

aa./ zwischen 7. und 12. Jänner 2006 (Vermittlung in wiederholten Angriffen an Helmut Ho*****, Norbert Gi***** sowie in weiteren wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden);

bb./ am 9. Jänner 2006 (Vermittlung in Mailand an Stefano R*****);

22./ zwischen 7. und 12. Jänner 2006 Evelina Mat***** (Vermittlung in wiederholten Angriffen an nicht feststellbare Kunden);

23./ Mitte Juni 2005 (Vermittlung für drei Tage in Kroatien Ugne Da***** an vier unbekannte Kunden);

b./ mit dem Vorsatz, dass sie in einem anderen Staat als dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, der Prostitution nachgehen, durch die wiederholten Äußerungen, er werde im Weigerungsfall dafür sorgen, dass über ihre Tätigkeit als Prostituierte in litauischen Zeitungen mit Fotos von ihnen berichtet werde und werde so ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Existenz vernichten, somit durch gefährliche Drohung

1./ rund eine Woche vor den Weihnachtsfeiertagen 2005 Austeja P***** dazu genötigt, sich von Vi***** nach Wien, somit in einen anderen Staat zu begeben und mit mehreren unbekannten Kunden sowie Rene Ri***** die Prostitution auszuüben;

2./ Ende Juni/Anfang Juli 2005 Ugne Da***** dazu zu nötigen versucht, sich nach Wien, somit in einen anderen Staat zu begeben und im Nachtclub M***** die Prostitution auszuüben, wobei die Vollendung nur deshalb unterblieb, weil Ugne Da***** sich nicht einschüchtern ließ; II./ durch die Herstellung der Kundenkontakte in den zu Punkt A./I./a./11./ und 17./ bezeichneten Fällen dazu beigetragen, dass die dort genannten Frauen, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, unmittelbar durch ein Entgelt dazu verleitet wurden, geschlechtliche Handlungen an ihren Kunden vorzunehmen oder von diesen an sich vornehmen zu lassen;

III./ in Wien außer den Fällen des § 201 StGB Personen jeweils durch die wiederholten Äußerungen, wenn sie seine Forderungen nicht erfüllten, würde er sie auf die Straße setzen und dafür sorgen, dass in litauischen Medien, insbesondere Zeitungen, mit Fotos von ihnen über ihre Tätigkeit als Prostituierte berichtet und damit ihre wirtschaftliche Existenz und gesellschaftliche Stellung vernichtet würde, somit durch gefährliche Drohung zur Vornahme und Duldung geschlechtlicher Handlungen

a./ genötigt, und zwar

1./ an einem nicht feststellbaren Tag im Jänner 2004 Ugne Da***** zur oralen Befriedigung (seiner Person) und zum Geschlechtsverkehr mit ihm;

2./ zwischen 7. und 12. Jänner 2006 Evelina Z***** in wiederholten Angriffen zur Duldung der Betastung ihres Geschlechtsteils und des Eindringens mit einem Finger in ihre Scheide durch ihn;

3./ am 9. Jänner 2006 Evelina Mat***** zur Duldung des Betastens ihres Geschlechtsteils und des Eindringens mit einem Finger in ihre Scheide durch ihn;

b./ zur Durchführung eines Geschlechtsverkehrs ohne Kondom mit ihm zu

nötigen versucht, und zwar;

1./ am 9. Jänner 2006 Evelina Mat***** und

2./ in der Zeit zwischen 7. und 12. Jänner 2006 in wiederholten

Angriffen Evelina Z*****;

IV./ nachgenannte Personen durch telefonisch und mittels E-Mails in fortlaufenden Angriffen übermittelte nachgenannte Äußerungen, somit durch gefährliche Drohung mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz und der gesellschaftlichen Stellung, zu Handlungen, nämlich zur Überweisung nachgenannter Geldbeträge genötigt, und zwar:

1./ zwischen 5. und 23. Oktober 2005 Jurgita K***** durch die Äußerungen, er werde bei Nichtbezahlung ihr Lichtbild und ihren Namen in litauischen Tageszeitungen mit dem Hinweis, sie führe litauische Mädchen in Österreich der Prostitution zu, veröffentlichen zu lassen, zur Überweisung eines Geldbetrages in Gesamthöhe von 1.080 Euro und 2./ zwischen 3. Oktober und 2. November 2005 Austeja P***** durch die Äußerungen, er werde in litauischen Tageszeitungen die Veröffentlichung von Artikeln in die Wege leiten, aus welchen hervorgehe, dass sie die Prostitution ausübe und werde so ihre Existenz in Litauen vernichten, zur Überweisung von ca 1.400 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 9 lit b sowie 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet eine offenbar unzureichende Begründung der Feststellungen zum Schuldspruch A./III./a./1./ wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB. Das Erstgericht wäre verpflichtet gewesen, „in nachvollziehbarer Weise" zu begründen, warum es der Zeugin Ugne Da*****, von der es keinen unmittelbare Eindruck gehabt hätte, „mehr geglaubt" habe als dem Angeklagten, zumal diese Zeugin im vorangegangenen Strafverfahren gegen Franz H***** wegen § 217 Abs 1 StGB (AZ 631 Hv 23/04k des Landesgerichtes Korneuburg) nicht erwähnt habe, dass sie auf Grund der vom Angeklagten ausgestoßenen Drohung gegen ihren Willen die Durchführung eines Geschlechtsverkehrs erduldet und einen Oralverkehr an ihm vorgenommen habe. Damit zeigt die Beschwerde aber keinen Begründungsmangel auf, sondern bekämpft in unzulässiger Form die - sich eingehend und ohne Verstoß gegen die Kriterien logischen Denkens und grundlegende Erfahrungen mit den vorliegenden Verfahrensergebnissen auseinandersetzende (US 53 ff) - Beweiswürdigung, wobei die Tatrichter den Umstand, dass die angeführte Vorverurteilung auch Taten zum Nachteil der Ugne Da***** umfasst hat, ebenfalls in ihre Erwägungen einbezogen haben (US 24, 30).

Da lediglich die Frage des Bedeutungsinhalts einer Äußerung eine Tatfrage, die Eignung einer Drohung, begründete Besorgnis einzuflößen, aber Gegenstand der rechtlichen Beurteilung ist (Jerabek in WK² § 74 [2006] Rz 34), stellt sich das Vorbringen, das festgestellte „Drohmittel" sei mangels Wahrheitsgehalts zum Zeitpunkt Anfang Jänner 2004 „noch ohne Schärfe" gewesen, als Rechtsrüge (Z 9 lit a) dar. Diese enthält aber keinerlei Argumentation dahingehend, weshalb die Androhung der Publikation der - sei es auch unwahren - Behauptung, Ugne Da***** sei als Prostituierte tätig, nicht dazu geeignet sein soll, diese zur Vornahme und Duldung geschlechtlicher Handlungen zu bewegen. Die von § 74 Abs 1 Z 5 StGB verlangte Besorgniseignung liegt beim festgestellten Sachverhalt vor. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) schlägt auch hinsichtlich der übrigen Schuldspruchspunkte fehl.

Entgegen ihrer Argumentation zum Schuldspruch wegen grenzüberschreitenden Prostitutionshandels (A./I./a./) unterliegt das festgestellte Verhalten des Angeklagten der zweiten Alternative des § 217 Abs 1 StGB, nämlich dem Anwerben von Personen zur Ausübung der Prostitution in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut der Freiheit der sexuellen Selbstbestimmung einer ins Ausland verhandelten Person wird mit der dem Zuführen gleichwertigen Begehungsform des Anwerbens das über intensives Betreiben des Täters bewirkte Herbeiführen eines Vertragsabschlusses oder einer Vereinbarung mit einer - wenngleich nicht notwendigerweise zivilrechtlich bindenden - Verpflichtung des Handlungsobjektes erfasst, durch das es sich gebunden erachtet (Philipp in WK² § 217 Rz 17; EvBl 1998/44).

Der Angeklagte hat durch die im Urteil festgestellten, von ihm unternommenen Anstrengungen, nämlich die weitgehende Finanzierung der Flugreisen der ausländischen Staatsangehörigen nach Österreich, deren zum Teil persönlich, zum Teil auch von einer beauftragten Person vorgenommene Abholung vom Flughafen, die Verschaffung einer Wohnmöglichkeit in Österreich sowie die Vermittlung von Kunden im In- und Ausland unter Beschaffung der Flugtickets für die Kundenbesuche außerhalb Österreichs in intensiver Weise auf den Abschluss einer - von den betroffenen Frauen strikt einzuhaltenden und von ihm in Bezug auf Bekleidung und Rasur im Intimbereich laufend kontrollierten - Vereinbarung über die Ausübung der Prostitution im Lokal M***** sowie im Rahmen des sogenannten „Escortservice" hingewirkt. Da sich die Tatopfer dadurch verpflichtet sahen, dieser Vereinbarung entsprechend die Prostitution in einem für sie fremden Staat auszuüben (US 23, 24), ist das Tatbild des § 217 Abs 1 zweiter Fall StGB hier verwirklicht.

Weitergehender Feststellungen bedurfte es - der Beschwerde zuwider - nicht, insbesondere ist nicht von Relevanz, welche konkreten Vereinbarungen die drei Kontaktpersonen des Angeklagten mit den nach Österreich vermittelten Ausländerinnen getroffen haben sowie ob den im Lokal M***** eingesetzten Ausländerinnen ein Wahlrecht hinsichtlich ihrer Kunden zustand oder nicht. Gleiches gilt für die Behauptung des Fehlens von Feststellungen zur allfälligen einschlägigen Erfahrung der angeworbenen Frauen. Denn selbst internationale Prostitutionserfahrung würde die Urteilsannahme nicht ausschließen, dass sich die ausländischen Frauen unter dem Druck der vom Angeklagten erbrachten Vorleistungen und der laufenden Kontrollen seiner Vorgaben zum Abschluss einer Vereinbarung über die Ausübung der Prostitution in einem für sie fremden Land nach dessen Bedingungen sowie dazu verpflichtet sahen, der Prostitution tatsächlich nachzugehen.

Ins Leere geht auch der Einwand, im Fall von Ugne Da***** (A./I./a./23./) könne von einem Anwerben durch den Angeklagten nicht die Rede sein, weil die Genannte zwar mit der Vermittlung eines dreitägigen „Escortjobs" in Kroatien durch Dilara D***** und Jurgita K*****, nicht jedoch mit der Mitwirkung des Angeklagten einverstanden gewesen wäre, weshalb dieser auf ihre Willensbildung gar keinen Einfluss hätte nehmen können. Die Beschwerde vernachlässigt dabei die Feststellungen, wonach der Angeklagte Ugne Da***** nach deren Ankunft in Wien in einem Kaffeehaus die Details der Ausübung der Prostitution in Kroatien auseinandergesetzt und sie sich verpflichtet gefühlt habe, diesen Anordnungen nachzukommen (US 24, 25).

Auch die - in der Beschwerde zum Teil im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) ausgeführte - Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch wegen des Vergehens des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 207b Abs 3 StGB (A./II./) scheitert. Ausgehend von den Urteilsannahmen, auch die minderjährige Simona Se***** sei nach Österreich gekommen, um als Prostituierte viel Geld zu verdienen, wobei sie sich den ihr von Austeja P***** zur Weiterleitung an den Angeklagten für ihre Tätigkeit in Ibiza anvertrauten Teil des Entgelts für ihre Dienste von 6.400 Euro zugeeignet habe (US 26), behauptet die Beschwerde, ein Verleiten dieser Jugendlichen zur Vornahme oder Duldung geschlechtlicher Handlungen unmittelbar gegen Entgelt iSd § 207b Abs 3 StGB habe nicht stattgefunden, weil sie von sich aus für geschlechtliche Handlungen Geld verlangt und bekommen habe und sich durch den Angeklagten nur mehr habe „anpreisen lassen".

Ein unmittelbares Verleiten zu einer geschlechtlichen Handlung gegen Entgelt liegt vor, wenn die Zuwendung oder auch das bloße Anbieten von Entgelt für die Bereitschaft des (der) Jugendlichen zum Sexualkontakt ursächlich ist, dh das Opfer dadurch konkret zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen bestimmt wird (Fabrizy StGB9 § 207b Rz 5). „Verleiten" iSd § 207b StGB bedeutet nichts anderes als „bestimmen", nämlich das Erwecken eines Handlungsentschlusses (Hinterhofer in SbgK § 207b Rz 20, 31; Fabrizy StGB9 § 205 Rz 7), wobei es nicht darauf ankommt, ob die jugendliche Person grundsätzlich zur Prostitution bereit war (vgl Fabrizy in WK² § 12 Rz 55). Entscheidend ist vielmehr, dass sie in einzelnen konkreten Fällen durch das (unter Umständen über ihr Verlangen) angebotene oder zugewendete Entgelt tatsächlich zur Vornahme geschlechtlicher Handlungen veranlasst worden ist. Das traf aber nach den - mängelfreien - Feststellungen des Erstgerichtes auch auf die zum Tatzeitpunkt minderjährige Simona Se***** zu (A./II./ iVm A./I./a./17./). Entgegen dem unsubstantiierten Beschwerdeeinwand macht auch der zu einer - hier als Verleiten selbständig vertypten - Bestimmungshandlung geleistete Tatbeitrag strafbar (Fabrizy in WK² § 12 Rz 96; Schick in WK² § 207b Rz 20). Der Beschwerde zuwider bedurfte es keiner Feststellungen dazu, ob der Angeklagte für seine Vermittlungstätigkeit ein Entgelt erhalten hat, weil es für die Tatbestandsmäßigkeit nach § 207b Abs 3 StGB ohne Bedeutung ist, ob der Täter (§ 12 erster bis dritter Fall StGB) entlohnt wird. Der Subsumtionsrüge (Z 10) zum Schuldspruch wegen der Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 vorletzter und letzter Fall StGB (A./IV./1./ und 2./) zuwider stellt sich die Drohung, im Wege von Massenmedien zu publizieren, dass eine Person Prostituierte ins Ausland vermittelt (1./) sowie im Ausland der Prostitution nachgeht (2./), als Drohung mit der Vernichtung der gesellschaftlichen Stellung iSd § 106 Abs 1 Z 1 letzter Fall StGB dar. Eine solche ist dann anzunehmen, wenn die Realisierung der Drohung dazu führen würde, dass die Bedrohte in einem größeren Kreis der sie umgebenden Gesellschaft ihre bisherige Wertschätzung verlieren würde (Seiler in SbgK § 106 Rz 20). Die Tätigkeit von Frauen im Bereich der Prostitution zieht notorischerweise deren erhebliche Geringschätzung in weiten Teilen der Bevölkerung nach sich. Die Feststellung, die Studentin des Wirtschaftsrechtes Ugne Da***** habe nach der Veröffentlichung eines Artikels in einer litauischen Tageszeitung, in welchem sie abgebildet und mit vollem Namen genannt als Prostituierte dargestellt wurde, „massive Probleme mit Eltern, Freunden und Bekannten" bekommen (US 25), steht dem nicht entgegen.

Weil die in § 106 Abs 1 Z 1 vorletzter Fall StGB angeführte Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz eine der Vernichtung der gesellschaftlichen Stellung rechtlich gleichwertige Begehungsform darstellt (alternatives Mischdelikt), erübrigt sich ein Eingehen darauf, ob das angedrohte Übel fallbezogen auch diese Qualifikation verwirklicht hat.

Zum Schuldspruch A./I./b./1./ wegen des Verbrechens des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach § 217 Abs 2 zweiter Fall zweite Alternative StGB vermag die Beschwerde ebenfalls keinen Rechtsfehler aufzuzeigen. Dass Austeja P***** auch bei anderen Gelegenheiten zur Überwindung finanzieller Engpässe der Prostitution im Ausland nachgegangen ist, ändert nichts daran, dass sie vom Angeklagten im konkreten Fall durch gefährliche Drohung, nämlich zumindest mit der Vernichtung ihrer gesellschaftlichen Stellung durch mediale Preisgabe ihrer Tätigkeit als Prostituierte, zur Ausübung der Prostitution in einem anderen Staat genötigt wurde (US 26 f). Ebenso wenig steht dem Schuldspruch entgegen, dass der Angeklagte Austeja P***** gegenüber das Bestehen einer offenen, auf diesem Weg „abarbeitbaren" Schuld behauptet hat.

Soweit sich die Subsumtionsrüge mit der Behauptung bloßer Scheinkonkurrenz gegen die zusätzlich zu den Schuldsprüchen wegen der Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (A./III./a./2./ und 3./) erfolgte Verurteilung wegen der Verbrechen der versuchten geschlechtlichen Nötigung nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB (A./III./b./1./ und 2./) wendet, orientiert sie sich nicht an den erstgerichtlichen Feststellungen. Die Tatrichter sind (durch Hervorhebung der Wortfolgen „bei anderen Gelegenheiten" und „bei einem weiteren Vorfall am selben Tag") unmissverständlich davon ausgegangen, dass der Angeklagte mehrere voneinander unabhängige Taten gegen Evelina Mat***** und Evelina Z***** gesetzt hat, wobei es in einzelnen Fällen durch Betastung der Geschlechtsteile und Einführen eines Fingers in die Scheide zur Vollendung des Tatbestandes der geschlechtlichen Nötigung kam, während die zu anderen Zeitpunkten unternommenen Versuche, die Frauen zur Durchführung eines ungeschützten Geschlechtsverkehrs zu nötigen, jedoch scheiterten (US 33 f).

Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen hiezu (Z 9 lit b) kommt dem Angeklagten in diesem Zusammenhang der Strafaufhebungsgrund des (richtig:) Rücktritts vom Versuch nach § 16 Abs 1 StGB nicht zu Gute. Da die auf ungeschützten Geschlechtsverkehr abzielenden Nötigungsversuche am Widerstand der Tatopfer scheiterten, fehlt es an der Freiwilligkeit der Aufgabe der Deliktsverwirklichung. Dass sich die Frauen - unter dem Eindruck der gegen sie ausgesprochenen Drohung - zur Duldung eines Geschlechtsverkehrs unter Verwendung eines Präservativs verstanden hätten und der Angeklagte dies ablehnte, vermag daran nichts zu ändern.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der zu § 217 Abs 1 StGB ua mit der (jedoch unbeachtlichen) Gesetzeslage in Deutschland argumentierenden Äußerung der Verteidigung gemäß § 35 Abs 2 StPO - zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 217 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von vier Jahren. Es wertete dabei zwei einschlägige Vorstrafen, das Zusammentreffen von vier Verbrechen mit einem Vergehen, die mehrfache Verwirklichung bei sämtlichen Delikten sowie den längeren Tatzeitraum bei den Verbrechen nach § 217 Abs 1 zweiter Fall StGB als erschwerend, als mildernd hingegen den Umstand, dass es teilweise beim Versuch blieb.

Weiters verurteilten die Tatrichter den Angeklagten gemäß § 369 Abs 1 StPO, den Privatbeteiligten Evelina Z***** und Evelina Mat***** jeweils 300 Euro zu bezahlen, und verwiesen die Genannten mit ihren Mehrbegehren auf den Zivilrechtsweg.

Schließlich widerrief das Schöffengericht gemäß § 53 Abs 1 StGB, § 494a Abs 1 Z 4 StPO die dem Angeklagten im Verfahren AZ 631 Hv 23/04k des Landesgerichtes Korneuburg gewährte bedingte Strafnachsicht (offener Strafrest zwanzig Monate Freiheitsstrafe). Mit seiner gegen den Sanktionsausspruch gerichteten Berufung strebt der Angeklagte eine Reduktion der Strafe an.

Ihr zuwider fällt es nicht zu Gunsten des Angeklagten ins Gewicht, dass ein (sehr geringer) Teil der Taten schon vor der letzten Verurteilung des Angeklagten gesetzt worden ist. Auch diese sind - der substratlosen Berufungsbehauptung zuwider - in die Beurteilung nach § 33 Z 1 zweite Alternative StGB einzubeziehen. Dass der Angeklagte vor den Taten versucht habe, „seine vom Gericht als strafbar bewerteten Verhaltensweisen auf eine rechtlich unanfechtbare Ebene zu stellen", wozu er „professionelle Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch genommen" habe, kommt weder einem Schuldausschließungsnoch einem Rechtfertigungsgrund nahe.

Unter Rücksichtnahme auf den Unrechtsgehalt der Taten, die Schuld des Täters und seine Persönlichkeit ist die vom Schöffengericht verhängte vierjährige Freiheitsstrafe sachgerecht und demnach einer Reduktion nicht zugänglich.

Auch die Berufung des Angeklagten gegen die Privatbeteiligtenzusprüche schlägt fehl.

Ihr zuwider hat er sich zu den geltend gemachten Ansprüchen äußern können und auch tatsächlich geäußert (S 73/X). Soweit die Berufung behauptet, dem Urteil sei nicht zu entnehmen, worauf sich die zivilrechtlichen Ansprüche der beiden Privatbeteiligten gründen, vernachlässigt sie die festgestellten geschlechtlichen Nötigungen (US 33) und die vom Erstgericht angeführten Gründe (US 67), wobei der erfolgte Zuspruch schon aus Sicht des § 1328 ABGB Berechtigung hat. Schließlich bekämpft der Angeklagte den Widerrufsbeschluss mit Beschwerde. Ihr zuwider gebietet der relativ rasche, spezifisch einschlägige und durch eine Vielzahl von Tathandlungen geprägte Rückfall innerhalb offener Probezeit zusätzlich zur nunmehrigen Sanktion auch den Widerruf des ursprünglich bedingt nachgesehenen Strafteils, um den Angeklagten auf effiziente Weise von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, sodass auch der Beschwerde ein Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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