JudikaturJustiz15Os27/16h

15Os27/16h – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Mai 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Mai 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Isep als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerhard S***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 3. Dezember 2015, GZ 7 Hv 93/15h 170, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in seinem Schuldspruch III.B., demzufolge auch in der gemäß § 29 StGB gebildeten Subsumtionseinheit nach §§ 156 Abs 1 und 2 (§ 161 Abs 1) StGB zu III. sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wels verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Kassation des Strafausspruchs verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard S***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB (I.), der Vergehen der Begünstigung eines Gläubigers nach § 158 Abs 1 iVm § 161 Abs 1, § 15 StGB (II.) sowie des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB, teils iVm § 161 Abs 1 StGB (III.) schuldig erkannt.

Danach hat er in P***** und anderen Orten

I) mit dem Vorsatz, sich oder andere durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, den Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des St***** GmbH, Dr. Martin Sto*****, durch die falschen Behauptungen, Forderungen der St***** GmbH gegen ihn selbst in Höhe von rund 4,493 Mio Euro und gegen die Sta***** GmbH in Höhe von 2.896.634,17 Euro wären an die Stab***** abgetreten worden, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zur Unterlassung der Geltendmachung der Forderungen zugunsten der Masse zu verleiten versucht, welche die Masse oder die sonstigen Gläubiger an ihrem Vermögen geschädigt hätte, wobei der Schaden 50.000 Euro überstiegen hätte, und zwar

1) indem er als Geschäftsführer der Stab***** am 6. März 2013 einen Absonderungsantrag wegen 7.517.810,08 Euro unter anderem beim Landesgericht Wels zu AZ 20 S 151/12z einbrachte,

2) am 14. März 2013 in der Tagsatzung im Insolvenzverfahren der St***** GmbH beim Landesgericht Wels zu AZ 20 S 151/12z,

3) am 19. November 2013 in der Klagebeantwortung im Verfahren wegen der Feststellungsklage des Masseverwalters gegen die Stab***** beim Landesgericht Wels zu AZ 1 Cg 35/13m,

4) am 25. April 2013 in der Klagebeantwortung im Verfahren beim Landesgericht Wels 1 Cg 20/13f des Masseverwalters gegen ihn selbst,

II) als Geschäftsführer der St***** GmbH nach Eintritt deren Zahlungsunfähigkeit am 13. Oktober 2011 Gläubiger begünstigt und hiedurch andere Gläubiger, nämlich zumindest die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse und das Finanzamt Linz benachteiligt, indem er

A) am 8. November 2011 1.100.000 Euro an die E***** GmbH zahlte,

B) im Dezember 2011 Forderungen dieser Gesellschaft gegenüber den Gesellschaften S***** Verwaltung und Beteiligung, S***** Realitäten Invest und S***** Immobilien in Höhe von 6.832.279,50 Euro der Stat***** an Zahlung statt überließ,

C) am 18. Oktober 2012 1.600.000 Euro an die Stat***** zahlte,

III) Bestandteile des Vermögens nachgenannter Schuldner beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung der Gläubiger geschmälert, wobei er durch die Tat einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte und zwar:

A) als Geschäftsführer der St***** GmbH, die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, nämlich zumindest der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse und des Finanzamts Linz, indem er

1) im Juni 2012 deren Kundenstock mit einem Wert von mindestens 120.000 Euro unentgeltlich der Sta***** GmbH überließ,

2) am 18. Oktober 2012 für ein Eigenkapital ersetzendes Darlehen der Stab***** an die St***** Gesellschaft mbH in Höhe von 3 Mio Euro eine Rückzahlung von 300.000 Euro leistete,

B) am 17. Februar 2014 als Schuldner mehrerer Gläubiger, indem er der Eu***** A***** F***** EO***** einen Kredit in Höhe von 600.000 Euro gab,

C) als faktischer Geschäftsführer der St***** Cargo Transportlogistik GmbH, die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, indem er Überweisungen zur Zahlung von ihn persönlich treffenden Geldstrafen vom Konto der GmbH veranlasste, und zwar am 17. Oktober 2014 und am 7. Jänner 2015 jeweils 100.000 Euro vom Konto bei der V***** AG auf das Konto der Bezirkshauptmannschaft G*****.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – teilweise berechtigt.

Zutreffend wendet die zu III.B. erstattete Rechtsrüge (Z 9 lit a) ein, dass die Tatrichter insofern nur konstatiert haben (US 7, 14 f), dass der Angeklagte am 17. Februar 2014 als Schuldner mehrerer Gläubiger dem bulgarischen Unternehmen EO*****, welches seinem mittelbaren Einfluss unterstand, einen Kredit in der Höhe von 600.000 Euro gewährte, wobei die verwendeten Mittel aus dem Rückkauf einer Lebensversicherung stammten. Die weitere Annahme, dass er solcherart Bestandteile seines Vermögens beiseite geschafft und damit dem Zugriff der Gläubiger entzogen hat, bleibt aber – ebenso wie die diesbezügliche Konstatierung zur subjektiven Tatseite (US 15) – ohne hinreichenden Sachverhaltsbezug (RIS Justiz RS0119090): Die Erwägung, dass „nicht festgestellt werden“ kann, dass „mit dem Geld in ein lukratives Investment investiert wurde“, zumal „die Geldflüsse rund um die Investition in die 3***** AG aufgrund der unrealistischen Renditeerwartung nicht als Investment betrachtet werden können“ (US 17), bietet keine ausreichende Tatsachengrundlage für die Annahme, dass durch die Kreditgewährung eine Vermögensverminderung (RIS Justiz RS0094714; Kirchbacher in WK 2 StGB § 156 Rz 10) bewirkt (oder zumindest zu bewirken versucht) worden ist. Dies wäre nur der Fall, wenn für die Darlehensgewährung kein wirtschaftlich äquivalenter Gegenwert (im Sinne einer werthaltigen Forderung; vgl ON 58 S 55) bestünde. Derartiges ist den erstgerichtlichen Feststellungen aber nicht zu entnehmen, zumal keine Aussage darüber getroffen wurde, ob und gegebenenfalls welche Rückzahlungsmodalitäten mit der EO***** vereinbart wurden, und weiters, ob diesem Darlehensnehmer wirtschaftliche Bonität zuerkannt oder abgesprochen wird.

Da bereits diese Nichtigkeit (Rechtsfehler mangels Feststellungen; Z 9 lit a) die Kassation des Schuldspruchs III.B. erfordert und eine Neudurchführung des Verfahrens insofern unvermeidlich macht, erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere dazu erstattete Vorbringen.

Im Übrigen erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde jedoch als nicht berechtigt.

Die Verfahrensrüge (Z 4) zeigt zwar unter Bezugnahme auf den Antrag des Angeklagten in der Hauptverhandlung am 6. November 2015 (ON 164 S 3) zutreffend auf, dass der Privatbeteiligtenanschluss des Insolvenzverwalters im Konkurs über das Vermögen der S***** GmbH mit Blick auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Angeklagten (US 7) zurückzuweisen gewesen wäre ( Spenling , WK StPO Vor §§ 366 – 378 Rz 73 mwN), es ist jedoch unzweifelhaft erkennbar, dass die Formverletzung im vorliegenden Fall auf die Entscheidung über die Schuld und den anzuwendenden Strafsatz keinen nachteiligen Einfluss üben konnte (§

281 Abs 3 StPO).

Der Erledigung der Mängelrüge (Z 5) ist voranzustellen, dass das Gericht bei der Lösung von Tatfragen (§ 258 Abs 2 StPO) berechtigt ist, nicht nur zwingende, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse zu ziehen, welche – wenn sie nicht unlogisch und allgemeinen Erfahrungen widersprechend, somit vertretbar sind – als Akt freier richterlicher Beweiswürdigung mittels Nichtigkeitsbeschwerde unanfechtbar sind ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 449 ff). Solcherart bildet es kein aus Z 5 beachtliches Begründungsdefizit, wenn dem Rechtsmittelwerber die tatrichterliche Beweiswürdigung nicht überzeugend genug erscheint und aus seiner Sicht aus den Verfahrensergebnissen auch andere, für ihn günstigere Schlüsse denkbar gewesen wären. Dies verkennt die Beschwerde, soweit sie der tatrichterlichen Argumentation schlicht den Vorwurf der „unstatthaften Vermutung zu Lasten des Angeklagten“ (Z 5 vierter Fall) sowie den Grundsatz „in dubio pro reo“ (vgl RIS Justiz RS0098336) entgegenhält und umfassende eigenständige Erwägungen zur Aussagekraft von Verfahrensergebnissen anstellt.

Die Behauptung mangelnder Auseinandersetzung mit Verfahrensergebnissen (Z 5 zweiter Fall) – etwa mit den von der Verteidigung in der Hauptverhandlung vom 6. November 2015 vorgelegten Unterlagen Beilage ./2 und Beilage ./3 – nimmt nicht Bezug auf entscheidungswesentliche Feststellungen und verfehlt damit den Bezugspunkt (RIS Justiz RS0106268).

Wenn das Gericht – wie hier – die leugnende Einlassung des Angeklagten im Ermittlungsverfahren mit Blick auf das von ihm in der Hauptverhandlung zuletzt abgelegte, umfassende und mit den übrigen Verfahrensergebnissen im Einklang stehende Geständnis (ON 169 S 2) als widerlegt erachtet hat (US 16), ist es – dem wiederholt erhobenen Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider – zu einer (eingehenderen) Auseinandersetzung mit einzelnen Details der früheren Verantwortung (vgl insofern US 16) nicht mehr verhalten (vgl RIS Justiz RS0098642, RS0098778). Schriftsätze der Verteidigung (etwa jener vom 2. November 2015 [ON 162]) sind – auch wenn sie in der Hauptverhandlung verlesen wurden (ON 169 S 7) – grundsätzlich kein Gegenstand der Erörterungspflicht ( Danek/Mann , WK StPO § 222 Rz 5/3; vgl RIS Justiz RS0119221).

Im Übrigen gründete das Gericht seine Annahmen zur Zahlungsunfähigkeit der St***** GmbH mit 13. Oktober 2011 (II.) mängelfrei (Z 5 vierter Fall) auf das vorliegende Sachverständigengutachten des Mag. K*****, die Berichte des Insolvenzverwalters Dr. Sto***** sowie auf die geständige Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung am 3. Dezember 2015 (US 16). Soweit die Beschwerde insofern Feststellungen des Inhalts vermisst, dass die St***** GmbH zu den Tatzeitpunkten (am 8. November 2011, im Dezember 2011 und am 8. Oktober 2012; II.) nicht mehr alle fälligen Gläubigerforderungen befriedigen konnte oder nicht mehr befriedigt hat, macht sie der Sache nach einen Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a) geltend, erklärt aber nicht, weshalb die (auf US 9, 11 und 19 getroffenen) Annahmen, wonach die genannte Gesellschaft spätestens ab 13. Oktober 2011 die bestehenden Nachforderungen von bereits fälligen (US 19) Lohnabgaben der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse und des Finanzamts Linz weder verdienen noch refinanzieren konnte und zu diesem Zeitpunkt bereits eine erhebliche Anzahl an Gläubigern hatte, deren Forderungen den Befriedigungsfonds um ein Vielfaches überstiegen (US 11), die angenommene Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens nicht ausreichend beschreiben sollten. Vielmehr begehrt die Beschwerde nur ihrerseits andere Schlüsse aus der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens und verfehlt solcherart die gesetzlich gebotene Ausrichtung.

Dass die Nachverrechnungsbescheide der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse nicht rechtskräftig sind, haben die Tatrichter entgegen dem diesbezüglichen Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) berücksichtigt (US 16).

Mit Blick auf die vom Angeklagten letztlich zugestandene Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der St***** GmbH zu den Tatzeitpunkten bei I. und II. war die Frage, ob bestimmte Bescheide des zuständigen Finanzamts in Rechtskraft erwachsen waren und seitens der GmbH Aussetzung der nachverrechneten Beträge beantragt worden war, nicht erörterungsbedürftig (Z 5 zweiter Fall).

Indem der Nichtigkeitswerber zu I.2. des Schuldspruchs vorbringt, das Erstgericht hätte seine Konstatierung betreffend die Werthaltigkeit der Forderung der St***** GmbH an den Angeklagten und an die Sta***** GmbH (US 9) unbegründet gelassen (Z 5 vierter Fall), übergeht er, dass die Tatrichter sich diesbezüglich auf die Verantwortung des Angeklagten sowie das Gutachten des Sachverständigen Mag. K***** stützen konnten (US 16). Dass sowohl über das Vermögen der St***** GmbH als auch über jenes des Angeklagten das Konkursverfahren eröffnet wurde, haben die Tatrichter dabei ebenso berücksichtigt (US 5, 7). Im Übrigen lässt der Rechtsmittelwerber bei seinem Vorbringen selbst außer Acht, dass über sein Vermögen erst mit Beschluss vom 13. August 2014 das Konkursverfahren eröffnet wurde.

Indem die Mängelrüge dem Schöffengericht vorwirft, seine Konstatierungen zu I. des Schuldspruchs betreffend die Täuschungen des Insolvenzverwalters (US 9 f) nicht begründet (Z 5 vierter Fall) zu haben, lässt sie außer Acht, dass es sich diesbezüglich auf die geständige Verantwortung des Angeklagten stützen konnte (US 16). Weshalb der Verweis auf die umfassend geständige Verantwortung des Angeklagten keine „substanziierte nachvollziehbare Begründung“ (Z 5 vierter Fall) darstellen sollte, bleibt offen.

Die vom Rechtsmittelwerber zu II.A. des Schuldspruchs vermisste Begründung (Z 5 vierter Fall) betreffend die Annahme der Zahlungsunfähigkeit der St***** GmbH sowie die diesbezügliche Kenntnis des Angeklagten bei Durchführung der inkriminierten Überweisung befindet sich auf US 8 und 16. Die Tatrichter stützten sich dabei insbesondere auf das Gutachten des Sachverständigen Mag. K***** und die letztendlich geständige Verantwortung des Angeklagten.

Die Konstatierung zu II.A., wonach der Angeklagte mit einer Überweisung des Betrags von 1.100.000 Euro vom Konto der Stad***** GmbH an die St***** GmbH nicht den benachteiligten Gläubigern den Ausfall ersetzen bzw die Begünstigung der Gläubigerin E***** GmbH rückgängig machen wollte (US 12), konnten die Tatrichter ebenfalls auf die Verantwortung des Angeklagten stützen (US 16). Im Übrigen bezieht sich der Rechtsmittelwerber mit seinem Vorbringen auf keine entscheidende Tatsache ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 399), weil die Überweisung nichts an der vollen Befriedigung der Forderung der E***** GmbH und der Schädigung der übrigen Gläubiger änderte, wurde doch durch die Zahlung eine Verbindlichkeit der St***** GmbH gegenüber der Stad***** GmbH getilgt (US 12). Der Angeklagte legt nicht dar, inwiefern sich durch diese Überweisung der Befriedigungsfonds der Gläubiger verbessert haben sollte.

Das Vorbringen der Mängelrüge, für II.C. des Schuldspruchs gelte „Gleiches“ wie für II.A., ist nicht nachvollziehbar, wurde doch betreffend die Überweisung der 1.600.000 Euro ein „Ausgleich der Verrechnungskonten“ wie bei II.A. vom Angeklagten gar nicht behauptet (US 16).

Der Vorwurf (Z 5 vierter Fall), das Schöffengericht hätte seine Annahme, dass nicht alle fälligen Verbindlichkeiten der St***** GmbH bis zur Insolvenzeröffnung beglichen wurden, nicht begründet, lässt die diesbezüglichen Ausführungen im Urteil außer Acht (vgl US 5, 8, 16).

Zu „II.A.1.“ (gemeint: III.A.1.) vermisst der Angeklagte eine Begründung der Feststellung, wonach die Übertragung des Kundenstocks an Sta***** unentgeltlich erfolgte, legt jedoch nicht dar, weshalb die auch diesbezüglich geständige Verantwortung des Angeklagten diese Annahme nicht tragen sollte (Z 5 vierter Fall).

Dass die Stab***** der St***** GmbH am 19. April 2012 – sohin nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw Überschuldung und damit in der Unternehmenskrise – Kredite in der Höhe von 3 Mio Euro gewährte (III./A./2./), was dem Angeklagten auch bewusst war (US 14), stützte das Gericht auf das Sachverständigengutachten des Mag. K***** und die geständige Einlassung des Angeklagten.

Der Erledigung der Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist voranzustellen, dass die prozessordnungskonforme Ausführung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes das strikte Festhalten am gesamten Urteilssachverhalt und den ausschließlich auf dessen Basis geführten Nachweis eines Rechtsirrtums zur Voraussetzung hat (RIS Justiz RS0099810).

Ein Feststellungsmangel wird geltend gemacht, wenn unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellung geklärten, jedoch indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a bis c StPO) oder eine andere rechtliche Unterstellung (Z 10) bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (RIS Justiz RS0118580).

Eine mit Nichtigkeitsbeschwerde angestrebte rechtliche Konsequenz ist auch nicht bloß zu behaupten, sondern methodisch vertretbar aus dem Gesetz abzuleiten (RIS Justiz RS0116569).

Die zu I. erhobene Rechtsrüge stellt das Vorliegen einer „hinreichenden Täuschungshandlung“ in Abrede und behauptet das Vorliegen eines absolut untauglichen Versuchs (§ 15 Abs 3 StGB), ohne zu erklären, weshalb es bei dem auf Absonderung bzw auf Klagsabweisung gerichteten unwahren Prozessvorbringen des Angeklagten darauf ankommen sollte, welcher Prüfpflicht der Prozessgegner (hier: der Insolvenzverwalter) unterliegt und ob anspruchsbegründende Rechtsgrundlagen letztendlich vom Gericht bejaht oder verneint wurden. Weshalb „aufgrund jederzeit leicht möglicher ... Überprüfung“ keine Täuschungshandlung vorliegen sollte (vgl RIS Justiz RS0115362), erklärt der Rechtsmittelwerber ebenso wenig wie, warum es für die Versuchstauglichkeit einer Handlung nicht auf den (ex ante )Eindruck eines über den Tatplan informierten verständigen Beobachters zur Zeit der Tatbegehung ankommen sollte ( Hager/Massauer in WK² StGB §§ 15, 16, Rz 70 ff; RIS Justiz RS0115363 [T4]).

Mit der ex post Betrachtung der (fehlenden) Berechtigung des vom Angeklagten in den Zivilverfahren vertretenen Prozessstandpunkts erklärt die Beschwerde nicht, weshalb das Betrugsvorhaben des Angeklagten von vornherein chancenlos gewesen wäre und solcherart ein absolut untauglicher Versuch vorläge. Ebensowenig legt der Nichtigkeitswerber dar, warum es darauf ankommen sollte, ob in der Buchhaltung ein Zessionsvermerk gesetzt worden war, ob Unterlagen betreffend eine allfällige Drittschuldnererklärung vorhanden sind oder ob eine Abtretung als unzulässiges In Sich Geschäft oder wegen Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr absolut nichtig wäre.

Welche konkreten Feststellungen der Beschwerdeführer aus dem Akt AZ 1 Cg 35/13m des Landesgerichts Wels vermisst und inwieweit sich daraus eine andere rechtliche Konsequenz ergeben sollte, ist nicht erkennbar.

Unter Berufung auf eine ältere Judikaturansicht zum sogenannten „Behördenbetrug“ (RIS Justiz RS0094133; siehe insofern aber: RIS Justiz RS0115362) vermag der Nichtigkeitswerber auch nicht zu erklären, weshalb es – beim hier aktuellen „Prozessbetrug“ – darauf ankäme, dass der Täter über seine wahrheitswidrige Behauptung hinaus noch zusätzliche Täuschungsmittel (etwa falsche Urkunden) zum Einsatz bringt (siehe dazu: RIS Justiz RS0115362).

Weshalb die Feststellung, wonach die St***** GmbH mit Nachforderungen von Lohnabgaben der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse und des Finanzamts Linz konfrontiert war, welche „weder verdient noch refinanziert werden konnten“, was ab 13. Oktober 2011 dazu führte, dass die Forderungen der Gläubiger den Befriedigungsfonds bei weitem überstiegen, wobei keine positive Fortbestehungsprognose bestand und die in Rede stehenden Forderungen schon jahrelang fällig waren (US 8 f, 11 und US 19), die Annahme der Zahlungsunfähigkeit nicht tragen sollte, erklärt die zu II. erhobene Beschwerde, die ihrerseits – nicht näher dargestellte – „Feststellungsmängel“ (gemeint: Rechtsfehler mangels Feststellungen) reklamiert, nicht, sondern zieht die getroffenen Urteilsannahmen nur auf Basis eigener Erwägungen in Zweifel.

Die (zu II.A. erhobene) Kritik, das Gericht habe „außer Acht gelassen“, dass der Betrag von 1,1 Mio Euro „laut am 5. Mai 2015 vorgelegte[m] Kontoauszug wieder auf das Konto rückgeführt“ wurde, sodass insoweit keine Gläubigerbenachteiligung und letztlich auch keine Begünstigung der E***** GmbH stattgefunden habe, „weil dieser Betrag auf dem Konto der St***** GmbH verblieben“ ist (vgl aber US 12, 13 und 20; RIS Justiz RS0094931 [T1], RS0094896), lässt nicht erkennen (§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO), ob die Beschwerde insofern ein Feststellungs (Z 9 lit a) oder ein Begründungsdefizit (Z 5 zweiter Fall) anspricht.

Gleiches gilt für den (zu II.B. erhobenen) Hinweis, wonach im Dezember 2011 „mangels Fälligkeit“ der Nachforderungen der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse und des Finanzamts Linz (vgl aber US 19) noch „keine Rückstellungen zu bilden“ und daher „nicht von einer Überschuldung der St***** GmbH“ bzw „einer Begünstigung der Stat*****“ (vgl aber US 11 ff) auszugehen war.

Soweit die Beschwerde auch dem Schuldspruch II.C. nur eigenständige Beweiswert erwägungen entgegenhält und daran anknüpfend andere, für den Nichtigkeitswerber günstigere Feststellungen als jene vom Erstgericht getroffenen (US 11 ff, 17) einfordert, verfehlt sie erneut den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.

Weshalb die unentgeltlich erfolgte „faktische Überlassung“ eines Kundenstocks für ein Beiseiteschaffen von Vermögenswerten im Sinn des § 156 StGB nicht ausreichend sein sollte und es insofern auf das Vorliegen eines schriftlichen Vertrags ankäme, erklärt die (zu III.A.1. erhobene) Rechtsrüge ebenfalls nicht. Mit der Bestreitung der Unentgeltlichkeit der Abtretung sowie mit der Behauptung, es sei durch das Überlassen des Kundenstocks keine Vermögensverringerung eingetreten, nimmt sie abermals nicht Maß am Urteilssachverhalt (US 14 f).

Gleiches gilt für die zu III.A.2. erhobene Behauptung, die in Rede stehende Verbindlichkeit sei schon lange vor der Krisensituation des Unternehmens eingegangen worden. Denn sie übergeht die gegenteilige Urteilskonstatierung, wonach die Kredite der St***** GmbH nach Eintritt von Zahlungsunfähigkeit bzw Überschuldung und damit in der Krise gewährt wurden (US 14).

Die zu I. Rücktritt vom Versuch reklamierende Beschwerde (Z 9 lit b) verabsäumt die gebotene Konkretisierung von diesen Strafaufhebungsgrund indizierenden Sachverhaltssubstraten und schlägt deshalb fehl.

In Übereinstimmung mit der zutreffenden Stellungnahme der Generalprokuratur war daher in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wie im Spruch ersichtlich mit Kassation vorzugehen.

Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde – entgegen der Äußerung gemäß § 24 StPO der Verteidigung – bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a StPO.

Rechtssätze
5
  • RS0094714OGH Rechtssatz

    13. Dezember 2017·3 Entscheidungen

    1) Der Abschluss eines Veräußerungsvertrages ist nur dann - in diesem Fall aber ohne Rücksicht darauf, ob er auch schon faktisch durchgeführt wurde - tatbestandsmäßig, wenn er eine Vermögensverringerung bedeutet, der Verkäufer also nicht gleichzeitig einen wirtschaftlich äquivalenten Gegenwert erhält. Damit ist das Delikt zugleich vollendet, weil die betreffenden Sachen bereits dadurch aus dem exekutiv verwertbaren Schuldnervermögen ausscheiden; Anhängigkeit oder gar Abschluss eines Insolvenzverfahrens sind dazu nicht erforderlich. 2) Bei bloß scheinbarer Vermögensverringerung dagegen wird der Befriedigungsfonds der Gläubigerschaft nicht schon zwangsläufig durch die Tathandlung selbst reduziert; die Deliktsvollendung tritt daher erst ein, sobald der durch die inkriminierte Manipulation scheinbar verringerte Befriedigungsfonds Gegenstand einer seine Verwertung betreffenden (positiven oder - eben deswegen - negativen) konkreten Disposition der Gläubiger oder eines gerichtlichen Organs geworden ist. (ÖJZ-LSK 1984/180) 3) Wirtschaftlich wertlose Forderungen stellen, auch wenn sie ziffernmäßig angemessen sind, keine äquivalente Gegenleistung für die Übertragung eines Vermögenswertes dar. 4) Verpfändete Sparbücher sind zwar weiterhin Bestandteile des Schuldnervermögens und damit im Sinn des § 15 Abs 3 StGB taugliche Befriedigungsobjekte, doch bedarf bei solchen Tatobjekten die Annahme eines Vereitelungsvorsatzes in der Regel einer besonderen Begründung.