JudikaturJustiz15Os19/03

15Os19/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. März 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. März 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zucker als Schriftführer in der Strafsache gegen Karsten B***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Roland P***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 4. Dezember 2002, GZ 429 Hv 3/02s 245, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe :

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden angefochtenen Urteil wurden Karsten B***** und Roland P***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt, weil sie am 28. Dezember 2001 in Wien als Mittäter in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken durch Gewalt gegen Personen und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, nämlich durch die Äußerung "Das ist ein Überfall" und durch die Aufforderung "Auf den Boden, sonst schieße ich", wobei Karsten B***** eine Gaspistole und Roland P***** ein offenes Messer in der Hand hielten, und dadurch, dass sie in der Folge Georg P*****, Mary C***** und Susanne G***** mit Handschellen und Dagmar B***** mit einem Klebeband an den Handgelenken fesselten und überdies Georg P***** Schläge versetzten, dem Georg P***** Schmuck im Wert von 1,010.077 S (= 73.405,16 EUR), der Dagmar B***** eine schwarze Geldbörse mit einem Bargeldbetrag in Höhe von 1.800 S (= 130,81 EUR) und Susanne G***** eine Geldbörse mit einem Bargeldbetrag in Höhe von 1.500 S (= 109,01 EUR), mithin fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei der Raub unter Verwendung einer Waffe verübt worden ist.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte Roland P***** bekämpft das Urteil mit einer auf § 345 Abs 1 Z 4, 5 und 8 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Die Verfahrensrüge aus Z 4 iVm § 151 (Abs 1 Z 2) StPO ist unschlüssig, soweit zwar im Einklang mit der Rechtsprechung ( Mayerhofer StPO4 § 151 E 16, SSt 56/101 uva) eingeräumt wird, "dass es grundsätzlich einer Entbindung nicht bedarf, wenn ein Beamter über dienstliche Wahrnehmungen befragt werden soll, die er als Organ im Dienste der Strafjustiz gemacht hat", aber ohne Bestreitung des Vorliegens ausschließlich solcher Beweisthemen dennoch eingewendet wird, das Gericht wäre zur Zeugenvernehmung der Kriminalbeamten Bernd S*****, Ewald S***** und Rudolf P***** in der Hauptverhandlung (S 271 ff/IV) nur berechtigt gewesen, wenn es sich zuvor über die vorliegende Entbindung vom Amtsgeheimnis durch die Dienstbehörde der Beamten überzeugt hätte.

Zudem hat entgegen der Beschwerdeauffassung das Gericht und nicht die Dienstbehörde eines Beamten zu beurteilen, ob dessen bevorstehende Zeugenvernehmung Umstände betrifft, die prinzipiell nicht dem Amtsgeheimnis unterliegen, weil sie der Beamte als Organ im Dienste der Strafjustiz dem Gericht mitteilen muss (§ 24 letzter Satz StPO) oder hinsichtlich derer gemäß § 84 StPO Anzeigepflicht besteht. Erst nach Verneinung des Vorliegens im Sinn dieser Bestimmungen mitteilungspflichtiger Umstände durch das Gericht obliegt die von ihm zu beantragende Entscheidung darüber, ob die begehrte Information tatsächlich dem Amtsgeheimnis unterliegt und ob eine Entbindung des Beamten erfolgt, dessen Dienstbehörde (§ 46 Abs 4 B DG; vgl Fabrizy StPO8 § 151 Rz 9; 11 Os 138/00).

Von einer behaupteten Missachtung des § 152 Abs 1 Z 1 StPO bei Vernehmung des Zeugen Georg P***** in der Hauptverhandlung (S 289 ff/IV) kann entgegen dem substratlosen Beschwerdevorbringen, der Genannte habe allenfalls bei der Identifizierung sichergestellter Schmuckstücke als Raubbeute im Vorverfahren eine falsche Beweisaussage abgelegt, schon deshalb keine Rede sein, weil der Bezugspunkt für den Aussageverweigerungsgrund nicht erst durch die gerichtliche Aufarbeitung der Straftat geschaffen werden kann (jüngst 11 Os 10/02; Ratz , Probleme der Aussageentschlagung bei möglicher Selbstbezichtigung, JBl 2000, 291).

Der Beschwerde (Z 4 iVm § 340 Abs 2 StPO) zuwider lag darin, dass der Vorsitzende mit der Verkündung des Schuldspruches begonnen hatte, jedoch "bereits nach wenigen Sekunden (keineswegs erst nach Verkündung des kompletten Schuldspruches) auf den Irrtum aufmerksam wurde und den Obmann der Geschworenen um die Mitteilung des Wahrspruches ersucht hat" (vgl S 429/IV), die sodann auch geschah, bevor die gesamte Urteilsverkündung folgte (S 367 f/IV), keine dem Angeklagten allenfalls nachteilige 345 Abs 3 StPO) Formverletzung.

Die Verfahrensrüge aus Z 5, mit der das Unterbleiben der Zeugenvernehmung des Thomas M***** bemängelt wird, versagt - abgesehen vom trotz Ausforschungsbemühungen unbekannten Aufenthalt des Genannten (S 217, 325/IV) - schon mangels eines entsprechenden Beweisantrages in der Hauptverhandlung (vgl S 327, 363/IV). Vor der Hauptverhandlung geäußerte Vernehmungswünsche (wie ON 234) erfordern der Beschwerde zuwider kein Zwischenerkenntnis des Schwurgerichtshofes (§§ 238 Abs 1, 302 Abs 1 StPO).

Der Einwand (Z 8), "dass der Vorsitzende den Geschworenen eine Rechtsbelehrung im Sinn der §§ 321, 323 und 327 StPO nicht erteilt hat", womit im Zusammenhang mit dem weiteren Beschwerdevorbringen, das Verfahren leide an einem "das Vorliegen einer unrichtigen Rechtsbelehrung bei weitem überwiegenden" Mangel, ersichtlich gemeint ist, dass überhaupt keine Instruktion stattgefunden habe, ist aktenwidrig (S 367/IV iVm Beilage ./F zu ON 244; S 429/IV).

Die vom Verteidiger gemäß § 35 Abs 2 StPO zur Stellungnahme der Generalprokuratur erstattete, die Argumentation der Nichtigkeitsbeschwerde im Wesentlichen lediglich wiederholende Äußerung vermag an den dargestellten Überlegungen nichts zu ändern.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach schon bei nicht öffentlicher Beratung zurückzuweisen, sodass über die Berufung das zuständige Oberlandesgericht zu entscheiden hat (§§ 344, 285d, 285i StPO).

Rechtssätze
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