JudikaturJustiz15Os175/15x

15Os175/15x – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Mai 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Mai 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Isep als Schriftführer in der Strafsache gegen Günter K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB idF vor BGBl I 2015/112 über die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und der Privatbeteiligten L***** hinsichtlich der Angeklagten Günter K***** und Eckart P***** gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 27. August 2015, GZ 19 Hv 127/15x 191, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Der Privatbeteiligten L***** fallen die durch ihr Rechtsmittel verursachten Kosten des Strafverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Günter K***** und Eckart P***** im zweiten Rechtsgang von der wider sie erhobenen Anklage, es hätten „in Sommacampagna, Italien und allenfalls anderen Orten in Italien“

1./ Günter K***** in der Zeit von 27. bis 31. Mai 2011 als alleiniger Geschäftsführer der L***** mit Sitz in Italien die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, dadurch wissentlich missbraucht und der Gesellschaft dadurch einen Vermögensnachteil zugefügt, dass deren Vermögen, und zwar Geldbeträge in der Höhe von insgesamt 1.463.494 Euro, vom in Italien geführten Bankkonto Nr ***** der Gesellschaft bei der Bank für Trient und Bozen auf in Klagenfurt und Lienz geführte österreichische Bankkonten der beiden Angeklagten überwies;

2./ Eckart P***** Günter K***** im Mai 2011 dazu bestimmt, die diesem als Geschäftsführer der L***** eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen und einen anderen zu verpflichten, wissentlich zu missbrauchen und dadurch der Gesellschaft einen Vermögensnachteil zuzufügen, indem er ihn durch die Aufforderung zur Auszahlung von Geldbeträgen dazu veranlasste, an ihn widerrechtlich aus Gesellschaftsvermögen einen Betrag von 731.747 Euro zu überweisen, die er sich zueignete;

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Die Privatbeteiligte L***** wurde gemäß § 366 Abs 1 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen jeweils aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und der Privatbeteiligten verfehlen ihr Ziel.

Soweit die Verfahrensrüge der Staatsanwaltschaft die Abweisung des in der Hauptverhandlung am 27. August 2015 zum Beweis dafür, „dass die Verträge vom 1. März 2010 ... keinen zivilrechtlich anerkannten Rechtsgrund für die Vornahme der finanziellen Transaktionen darstellen ...“, gestellten Antrags auf Vernehmung des Prof. Dr. Bernhard E***** und der Univ. Ass. Evelyn G***** als Sachverständige (ON 190 S 9 iVm S 8) kritisiert, scheitert sie daran, dass dieser – entsprechend der zutreffenden Begründung des Schöffengerichts (ON 190 S 10) – auf die Lösung einer Rechtsfrage abzielte, nämlich auf die (zivil )rechtliche Beurteilung der Wirksamkeit der zwischen den Angeklagten und der L***** abgeschlossenen Verträge und daraus ableitbarer Zahlungsansprüche der Angeklagten nach italienischem Recht. Da aber Rechtsfragen – auch betreffend ausländisches Recht (RIS-Justiz RS0099342 [T15]; Kirchbacher , WK StPO § 246 Rz 44 ff; Ratz , WK StPO § 281 Rz 343) – nicht Gegenstand von Beweisaufnahmen sind, kann die Abweisung des vorliegenden Antrags aus Z 4 nicht geltend gemacht werden (RIS Justiz RS0099342).

Auch durch die von beiden Beschwerdeführern kritisierte Abweisung des Antrags auf (neuerliche) Vernehmung des Zeugen Marko S***** „zum Beweis dafür, dass es sich bei jenen Geldbeträgen, die im Mai 2011 an die Angeklagten überwiesen wurden, um Kundengelder handelt“ (ON 190 S 8 und S 9 iVm S 8), wurden Verfahrensrechte der Antragsteller nicht verletzt, durfte die Beweisaufnahme doch schon deshalb unterbleiben, weil das Schöffengericht – diesbezüglich gestützt auf die Aussage des Zeugen Hubert F***** – den unter Beweis zu stellenden Umstand erkennbar ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 19) ohnehin als gegeben erachtet hat (US 10, 13; § 55 Abs 2 Z 3 StPO; RIS-Justiz RS0124908; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 342).

Die Behauptung der Privatbeteiligten, das Erstgericht habe die Abweisung des Antrags unzureichend begründet, geht daran vorbei, dass die Richtigkeit der Begründung eines abweislichen Zwischenerkenntnisses nicht unter Nichtigkeitssanktion steht (RIS Justiz RS0121628).

Bemerkt wird, dass es für den Erfolg einer einen Freispruch aus Z 4 bekämpfenden Nichtigkeitsbeschwerde – anders als bei der (nicht Verfahrensmängel, sondern Fehler des Urteilsausspruchs reklamierenden) Anfechtung aus Z 5 oder Z 9 lit a (vgl RIS Justiz RS0127315) – nicht unabdingbar (und Privatbeteiligten gar nicht möglich [§ 282 Abs 2 StPO]) ist, unter einem auch alle Negativfeststellungen des Urteils (hier: zur Wissentlichkeit des Befugnismissbrauchs und zum Schädigungsvorsatz) mit Mängelrüge (Z 5) und das Fehlen von Feststellungen zu sämtlichen Tatbestandselementen mit Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu relevieren (zu den Kriterien der Beweisanträge betreffenden Erheblichkeitsprüfung im Rahmen der Z 4 s Ratz , WK StPO § 281 Rz 340 ff [insb 342]).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Die Kostenersatzpflicht der Privatbeteiligten beruht auf § 390a Abs 1 zweiter Satz StPO.

Rechtssätze
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