JudikaturJustiz14Os40/93

14Os40/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Mai 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Mai 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kobler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christian I* wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143, 2. Fall, StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 30.November 1992, GZ 30 b Vr 12.146/91 87, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Weiss, des Angeklagten und des Verteidigers DDr.Kloss zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem (stimmeneinhelligen) Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde Christian I* des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143, 2.Fall, StGB (1.) , des Vergehens der Amtsanmaßung nach § 314 StGB (2.) und des Vergehens nach § 36 Abs. 1 Z 1 Waffengesetz (3.) schuldig erkannt.

Danach hat er am 20. und 21.März 1992 in Wien, Preßbaum und dazwischenliegenden Orten

1. mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben einem anderen eine fremde bewegliche Sache unter Verwendung einer Waffe mit dem Vorsatz weggenommen oder abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er Dejan J* mehrfach mit dem aufgebohrten Gasrevolver Marke RÖHM 9 mm, RG 69, bedrohte und auch mit dieser Waffe schlug und ihm insgesamt etwa 3.800 S Bargeld wegnahm;

2. sich die Ausübung eines öffentlichen Amtes angemaßt und, ohne hiezu befugt zu sein, eine Handlung vorgenommen, die nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf, indem er sich Dejan J* (direkt) und Mila P* (fernmündlich) gegenüber als Kriminalbeamter der Bundespolizeidirektion Wien ausgab, Dejan J* festnahm und Handschellen anlegte sowie Mila P* fernmündlich mitteilte, er habe Dejan J* festgenommen;

3. einen aufgebohrten Gasrevolver Marke RÖHM, 9 mm, RG 69, mithin eine Faustfeuerwaffe, zumindest an diesen Tagen unberechtigt besessen und geführt.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 4, 5, 6 und 9 des § 345 Abs. 1 StPO, der Sache nach aber auf jene der Z 5, 6, 8 und 9 dieser Gesetzesbestimmung gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Entgegen den Ausführungen zur Verfahrensrüge (Z 5 des § 345 Abs. 1 StPO) wurde der Angeklagte durch die Abweisung seiner Anträge auf Einvernahme der Polizeibeamten D* und M* sowie auf Durchführung eines Ortsaugenscheines (AS 150 Band II) in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt.

Die Einvernahme der beiden Polizeibeamten hat der Angeklagte im Sinn seiner leugnenden Verantwortung, wonach von ihm (entgegen den Zeugenaussagen des Dejan J* und der Mila P*) in der Nacht zum 21.März 1992 kein Gespräch mit Mila P* unter Verwendung eines in seinem PKW befindlichen Mobiltelefons geführt worden sei, bei dem er sich als Polizeibeamter ausgegeben und erklärt habe, soeben ihren Aushilfskellner J* festgenommen zu haben zum Nachweis dafür beantragt, daß er (zu ergänzen: in der Tatnacht) kein Autotelefon verwendet habe, insbesondere auch nicht das auf seine Lebensgefährtin zugelassene Gerät.

Die beiden beantragten Zeugen hatten nach dem Inhalt der bezughabenden Anzeige des Bezirkspolizeikommissariates Penzing (ON 10) ebenso wie die ohnehin in der Hauptverhandlung als Zeugen einvernommenen Polizeibeamten S* und D* (AS 135 ff Band II) lediglich Sachverhaltserhebungen durchgeführt, waren aber nicht unmittelbar Zeugen des von den Zeugen J* und P* behaupteten Telefonates des Angeklagten.

Aus den Zeugenaussagen S* (AS 135 Band II) und D* (AS 138 Band II) in Verbindung mit der Anzeige ON 10 geht hervor, daß der Angeklagte bei seiner Polizeieinvernahme das Mitführen eines "für seine Bekannte" ausgegebenen Mobiltelefones in dem von ihm gelenkten PKW zugegeben hat (AS 112 und 125 Band I), daß die Polizei sowohl im PKW (AS 139 Band I) als auch in der Wohnung seiner Lebensgefährtin Eva Maria B* (früherer Zuname: E*) je ein Mobiltelefon vorfinden konnte, daß aber die Frage, ob und mit welchem Mobiltelefon der Angeklagte tatsächlich ein Gespräch geführt hat, bei den Polizeierhebungen nicht näher überprüft wurde.

Sein abweisendes Zwischenerkenntnis konnte der Schwurgerichtshof somit ohne Verletzung von Verteidigungsrechten damit begründen, daß die diesem Beweisthema zugrundeliegende Fragestellung im Zeitpunkt der Polizeierhebungen noch nicht Gegenstand des Verfahrens war und daß deshalb durch die Einvernahme dieser weiteren beiden Polizeibeamten für den Angeklagten nichts zu gewinnen wäre (AS 151 f Band II). Angesichts der Zeugenaussage des Postbeamten Ing.Franz F* (AS 126 ff Band II), wonach anhand technischer Aufzeichnungen der Post und Telegraphendirektion feststeht, daß vom Mobiltelefon der Eva Maria E* aus am 21.März 1992 mehrere Telefonate aktiv durchgeführt wurden, unter anderem in der Zeit zwischen 0 Uhr 22 Minuten und 14 Sekunden bis 0 Uhr 23 Minuten und 46 Sekunden mit der auf P* zugelassenen Wiener Rufnummer, hätte eine prozeßordnungsgemäße Antragstellung zudem neben dem angegebenen Beweisthema und den beantragten Beweismitteln noch eine hier nicht erfolgte weitere Begründung vorausgesetzt, aus welchen Gründen erwartet werden könne, daß die Durchführung der beantragten Zeugenbeweise auch tatsächlich das vom Angeklagten behauptete Ergebnis haben könnte.

Ein Ortsaugenschein auf jenem Straßenstück, an dem der Zeuge J* den vom Angeklagten gelenkten PKW verlassen hatte, wurde vom Angeklagten "zur Überprüfung der Ortsverhältnisse und zum Nachweis dafür beantragt, daß bei den Erhebungen keine Spuren festgestellt werden konnten, die mit ausreichender Sicherheit dem Zeugen J* zuzuordnen sind, der seinerzeit festgestellte Spurenverlauf aber noch rekonstruierbar wäre".

Die Abweisung dieses Beweisantrages wurde vom Schwurgerichtshof nicht begründet. Dieser im Regelfall Nichtigkeit begründende, vom Angeklagten aber nicht aufgegriffene Formverstoß ist vorliegend aber nicht von Bedeutung, weil unzweifelhaft erkennbar ist, daß er auf die Entscheidung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß üben konnte (§ 345 Abs. 3 StPO, vgl. auch Mayerhofer/Rieder3, E 24 zu § 345 Abs. 1 Z 5 StPO).

An dem vom Zeugen J* bezeichneten Tatort des Raubes konnten nämlich von den Beamten des Gendarmeriepostens Preßbaum, den Zeugen H* und N*, auf der schneefreien Fahrbahn keine Fußspuren, dagegen im mit altem Schnee bedeckten, von Regen durchnäßten angrenzenden Gelände Spuren einer Person, die keine Winterschuhe getragen und sich von der Fahrbahn über eine Böschung hinab durch einen Graben in ein angrenzendes Waldgebiet und wieder zurück bewegt hatte, festgestellt werden. Eine darüber hinausgehende nähere Überprüfung des für den Tathergang ohnehin nicht bedeutsamen Verlaufes dieser Fußspuren vom Tatort weg wurde von den Gendarmeriebeamten vorerst wegen schlechter Sicht und Witterungsverhältnisse (Dämmerung, Regen) bei der ersten Tatortbesichtigung nicht vorgenommen. Bei der zweiten, ebenfalls noch am Vormittag des 21.März 1992 durchgeführten Nachschau waren diese Fußspuren aber nicht mehr sichtbar (AS 129 ff und 150, 151 Band II). Selbst der Angeklagte räumt in seiner Rechtsmittelschrift ein, daß eine exakte Spurensicherung nicht erfolgte, weshalb auch eine Rekonstruktion des Spurenverlaufes nicht möglich war. Demgemäß wäre auch bei antragsgemäßer, mehr als 8 Monate nach der Tat vorzunehmender Durchführung eines Ortsaugenscheines für die Lösung der Schuldfrage nichts zu gewinnen gewesen.

Unter Geltendmachung der Nichtigkeitsgründe der Z 4 und 6 des § 345 Abs. 1 StPO (der Sache nach nur der Z 6) behauptet der Angeklagte bei allen drei Hauptfragen Verletzungen von Vorschriften über die Fragestellung.

Bei der auf das Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143, 2.Fall, StGB gerichteten, anklagekonformen Hauptfrage 1 erblickt der Angeklagte diesen Mangel in dem Umstand, daß "sie das Beweisergebnis vorwegnimmt, weil sie bloß der Aussage des Zeugen J* folgt und den Geschwornen keine Beurteilungsalternative für das Vorliegen einer anderen strafbaren Handlung, insbesondere einer solchen gegen die Freiheit im Sinn des 3.Abschnittes des besonderen Teiles des StGB (§§ 99 bis 110 StGB), läßt".

Mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, daß die Hauptfrage stets der Anklage zu entsprechen hat, gleichgültig, ob hinreichende Beweise hiefür vorliegen oder nicht; dies zu beurteilen, obliegt eben den Geschwornen bei Fällung des Wahrspruches. Verfahrensergebnisse, die von der Darstellung der Tat in der Anklage abweichen, können daher nur in einer Eventualfrage Berücksichtigung finden (Mayerhofer/Rieder3, E 3 und 4 zu § 312 StPO). Derartige, von der Anklage abweichende Verfahrensergebnisse liegen aber hier nicht vor. Eine zur Stellung von Eventualfragen (etwa, wie der Beschwerdeführer vermeint, "in Richtung" der §§ 99, 102, 105 und 107 StGB) verpflichtende Behauptung von Tatsachen kann im vorliegenden Fall auch nicht aus der leugnenden Verantwortung des Angeklagten abgeleitet werden. Danach hat er den Zeugen J* über dessen Ersuchen aus Wien nach Preßbaum gebracht und ihn dann, weil ihm die Fahrt zu lange dauerte, ohne Anwendung von Gewalt oder gefährliche Drohung aus dem PKW entfernt und ihm auch keine Sachen weggenommen (AS 58 ff Band II). Die Wahrheit dieser Verantwortung könnte daher nur die Freisprechung des Angeklagten, nicht aber seine Verurteilung nach einem milderen Strafgesetz zur Folge haben (vgl. Mayerhofer/Rieder3, E 23 zu § 314 StPO). Die geforderte Eventualfrage nach erpresserischer Entführung (§ 102 StGB) wäre überdies zu seinem Nachteil gewesen.

Die Fragestellung zur Hauptfrage 2 war nach Ansicht des Beschwerdeführers deshalb verfehlt, weil das vom Zeugen J* behauptete Vorweisen eines mit einem Bundeswappen versehenen Schlüsselanhängers durch den Angeklagten in diese Frage nicht aufgenommen wurde. Entgegen der Rechtsmeinung des Angeklagten ist das Vorzeigen einer Plakette, durch die der Eindruck einer behördlichen Legitimation erweckt wird, aber kein gesetzliches Tatbildmerkmal des § 314 StGB.

Die Ausübung eines öffentlichen Amtes maßt sich (im Sinn des vorliegend ersichtlich angenommenen ersten Deliktsfalls des § 314 StGB) nämlich an, wer, ohne hiezu befugt zu sein, durch die Vornahme einer (scheinbaren) Amtshandlung als Träger amtlicher Befugnisse, mithin als Beamter (im Sinn des § 74 Z 4 StGB) auftritt. Gleichgültig ist, ob der Täter ausdrücklich behauptet, Beamter zu sein oder ob er nur durch sein Verhalten den äußeren Anschein eines Beamten erweckt (Leukauf/Steininger3, RN 4 zu § 314 StGB).

Aus der Formulierung der Hauptfrage 2, wonach sich der Angeklagte gegenüber Dejan J* direkt und gegenüber Mila P* (= geschiedene Gattin des Chefs des Dejan J*) fernmündlich als Kriminalbeamter der Bundespolizeidirektion Wien ausgab, geht eindeutig hervor, daß der Angeklagte jedenfalls von sich behauptet hat, Träger amtlicher Befugnisse zu sein. Ob er diese Behauptung noch durch Vorweisen einer (nur ihrem äußeren Anschein nach echten) Legitimationsplakette unterstrich, ist rechtlich bedeutungslos, zumal er nach dem weiteren Inhalt der Hauptfrage 2 durch die Festnahme des Dejan J* unter Anlegung von Handschellen anschließend eine Handlung vornahm, die er ja nur kraft einer (ihm nicht zukommenden) amtlichen Befugnisse hätte vornehmen dürfen.

Fehl geht weiters die Rechtsmeinung des Angeklagten, daß die (seiner Ansicht nach) vom Schießsachverständigen geäußerten Zweifel über den Waffencharakter des sichergestellten aufgebohrten Gasrevolvers und dessen Tauglichkeit zur Begehung eines schweren Raubes in die Fragestellung der Hauptfragen 1 und 3 aufzunehmen gewesen wären. Damit übersieht der Beschwerdeführer neuerlich, daß gemäß § 312 StPO die Hauptfrage darauf zu richten ist, ob der Angeklagte schuldig ist, die der Anklage zugrundeliegende strafbare Handlung begangen zu haben, wobei alle gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung in die Frage aufzunehmen und die besonderen Umstände der Tat nach Ort, Zeit, Gegenstand usw soweit beizufügen sind, als es zur deutlichen Bezeichnung der Tat (oder für die Entscheidung über die Entschädigungsansprüche) notwendig ist. Diesen Anforderungen hat die Fragestellung entsprochen. Gesetzliches Tatbildmerkmal der strafsatzerhöhenden Deliktsqualifikation nach § 143, 2.Fall, StGB (= Hauptfrage 1) ist die Verwendung einer Waffe bei Begehung eines Raubes, wogegen das Vergehen nach § 36 Abs. 1 Z 1 Waffengesetz (= Hauptfrage 3) voraussetzt, daß eine Faustfeuerwaffe im Sinn des Waffengesetzes von einer Person unbefugt besessen oder geführt wird. Ob der beim Angeklagten sichergestellte und nach den Angaben des Zeugen J* beim Raub verwendete aufgebohrte Gasrevolver diesen in die Hauptfrage 1 und 3 aufgenommenen gesetzlichen Tatbildmerkmalen entspricht, hatten die Geschwornen selbständig anhand der (hier richtigen und vom Beschwerdeführer insoweit auch nicht angefochtenen) schriftlichen Rechtsbelehrung über diese Rechtsbegriffe (vgl. S 11 und 14 f der Rechtsbelehrung, Beilage C zum Hauptverhandlungsprotokoll ON 86) zu beurteilen. Umstände, die den konkreten Fall betreffen, wie Ausführungen eines Sachverständigen über die Beschaffenheit und Funktionsweise einer Schußwaffe, können nämlich nur Gegenstand der vom Vorsitzenden im Anschluß an die Übergabe der (schriftlichen) Rechtsbelehrung an die Geschwornen vorzunehmenden mündlichen Besprechung gemäß § 323 Abs. 2 StPO sein. Dabei hat der Vorsitzende bei Besprechung der einzelnen Fragen die in die Fragen aufgenommenen gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung auf den ihnen zugrundeliegenden Sachverhalt zurückzuführen, die für die Beantwortung der Frage entscheidenden Tatsachen hervorzuheben, auf die Verantwortung des Angeklagten und auf die in der Hauptverhandlung durchgeführten Beweise (hier: das Gutachten des waffentechnischen Sachverständigen Ingo Wieser, AS 143 ff Band II) zu verweisen, ohne sich in eine Würdigung der Beweismittel einzulassen, und von den Geschwornen etwa begehrte Aufklärungen zu geben.

Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht entsprechen somit auch die Hauptfragen 1 und 3 den Vorschriften des § 312 StPO.

Im Rahmen seiner Ausführungen zu den Nichtigkeitsgründen der Z 4 und 6 des § 345 Abs. 1 StPO macht der Angeklagte der Sache nach auch das Vorliegen des Nichtigkeitsgrundes nach der Z 8 dieser Gesetzesstelle geltend. Demnach sei die (schriftliche) Rechtsbelehrung zur Hauptfrage 1 deshalb unrichtig, weil sie sich auf allgemeine rechtliche Ausführungen über die gesetzlichen Merkmale des Raubes beschränke, "unzulässigerweise" aber auch Belehrungen über die Täterschaftsformen des § 12 StGB und die Abgrenzung des strafbaren Versuches von der straflosen Vorbereitungshandlung einerseits und von der Tatvollendung andererseits enthalte.

Der erste Vorwurf des Beschwerdeführers geht schon deshalb fehl, weil die Beschränkung der Rechtsbelehrung auf eine (nicht auf den besonderen Fall gerichtete) Darlegung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung (bei der Hauptfrage 1 nach jenen des schweren Raubes gemäß §§ 142 Abs 1 und 143, 2.Fall, StGB) gerade der Vorschrift des § 312 Abs. 2 StPO entspricht. Die (vom Beschwerdeführer als unzulässig bezeichneten) Ausführungen in der Rechtsbelehrung über die Täterschaftsformen des § 12 StGB und über die Strafbarkeit des Versuches gemäß § 15 StGB (S 5 bis 10 der Rechtsbelehrung) hinwieder waren nach Lage des Falles zwar weitgehend entbehrlich, andererseits aber in keiner Weise unrichtig. Ein Nichtigkeit begründender Mangel der schriftlichen Rechtsbelehrung gemäß § 345 Abs. 1 Z 8 StPO liegt aber nur dann vor, wenn sie eine erhebliche sachliche Unrichtigkeit enthält oder hinsichtlich wesentlicher rechtlicher Begriffe unvollständig oder so undeutlich und widerspruchsvoll ist, daß die Geschwornen bei Lösung wesentlicher Rechtsbegriffe irregeleitet werden konnten. Die Erörtertung überflüssiger Rechtsfragen wird dagegen in der Regel selbst dann keine Nichtigkeit begründen, wenn sie unrichtig ist (Mayerhofer/Rieder3, E 9a zu § 345 Abs. 1 Z 8 StPO). Aus der Tatsache der an sich richtigen, aber überflüssigen Erörterung von Rechtsfragen allein kann vorliegend dieser Nichtigkeitsgrund nicht abgeleitet werden.

Schließlich sind auch die vom Angeklagten behaupteten Mängel des Wahrspruches (Z 9 des § 345 Abs. 1 StPO) nicht gegeben. Diese Mängel leitet der Angeklagte insbesondere aus der von den Geschwornen (gemäß § 331 Abs. 3 StPO) erstellten Niederschrift (= Beilage F zu dem Hauptverhandlungsprotokoll ON 86) ab. Danach ließe diese Niederschrift erkennen, daß die Geschwornen die Beweismittel nicht ausgewogen beurteilt, sondern nur die gegen ihn sprechenden Behauptungen, nicht aber die "Fragwürdigkeiten der Aussagen der Zeugen J*, der Gendarmeriebeamten und des waffentechnischen Sachverständigen bewertet hätten".

Der in § 345 Abs. 1 Z 9 StPO bezeichnete Mangel der Undeutlichkeit, Unvollständigkeit und des inneren Widerspruches muß aber aus dem Wahrspruch selbst hervorgehen. Er kann nicht wie dies der Angeklagte versucht aus einem Vergleich des Wahrspruches mit den in den Akten erliegenden Ergebnissen des Beweisverfahrens oder aus der gemäß § 331 Abs. 3 StPO zu verfassenden Niederschrift der Geschwornen abgeleitet werden (Mayerhofer/Rieder3, E 6 und 7 zu § 345 Z 9 StPO). Da die einhelligen und klaren Antworten der Geschwornen auf die an sie gestellten Fragen nicht den geringsten Zweifel offen lassen, kann somit auch vom Vorliegen des zuletzt erwähnten Nichtigkeitsgrundes keine Rede sein.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war demnach zu verwerfen.

Über den Angeklagten wurde nach § 143 StGB (erster Strafsatz) unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB eine zehnjährige Freiheitsstrafe verhängt.

Bei der Strafzumessung wertete das Geschwornengericht als erschwerend die einschlägigen ("über die Voraussetzungen des § 39 StGB hinausgehenden") Vorstrafen, das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen, den raschen Rückfall, die Wiederholung der Straftat des § 314 StGB, die Verletzung des Raubopfers und dessen qualvollen Zustand über einen längeren Zeitraum; als mildernd berücksichtigte es hingegen den Umstand, daß die Raubbeute zustandegebracht wurde.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Strafreduktion an. Er ist auch hiemit nicht im Recht.

Der von der Berufung besonders hervorgehobene nicht allzu große Wert der Beute, deren Zustandebringung ohnehin als mildernd berücksichtigt wurde, ist in Anbetracht der gravierenden Modalitäten der Gewaltanwendung und der qualifizierten Drohung bei der Durchführung des Raubes von nachgeordneter Bedeutung. Daß der Vorsatz des Angeklagten nicht auf eine noch größere Beute gerichtet war, ist nur darauf zurückzuführen, daß er die Barschaft seines Raubopfers kannte und nicht, weil er sich freiwillig der Zufügung eines größeren Schadens enthalten hätte.

Für die Annahme einer relevanten alkoholbedingten Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit fehlt bei dem gegebenen Tatgeschehen ua auch schon im Hinblick auf die längere Fahrt des Angeklagten mit seinem PKW jeder maßgebende Anhaltspunkt.

Der Unrechts und Schuldgehalt der Raubtat sowie die ersichtlich eskalierende deliktische Anfälligkeit des Angeklagten sind von solchem Gewicht, daß vor allem auch präventive Erwägungen eine Reduktion des vom Geschwornengericht ohnehin ohne Heranziehung des § 39 StGB - gefundenen Strafmaßes nicht vertretbar erscheinen lassen.

Auch der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

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