JudikaturJustiz14Os4/24f

14Os4/24f – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. März 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. März 2024 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Novak in der Strafsache gegen C* G* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 24. Oktober 2023, GZ 34 Hv 52/23d 24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde C* G* des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I./), der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach (gemeint:) § 212 Abs 1 Z 2 StGB (II./1./) und §§ 15, 212 Abs 1 Z 2 StGB (II./2./) sowie mehrerer Vergehen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (III./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in S*

I./ im Jänner 2021 seine am * 2004 geborene Stieftochter B* G* mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er ihre beiden Handgelenke festhielt, ihre Brüste beleckte und sie mehrmals digital vaginal penetrierte;

II./ im Jänner 2021 mit einer minderjährigen Person, die seiner Erziehung, Ausbildung oder Aufsicht unterstand, unter Ausnützung dieser Stellung gegenüber dieser Person geschlechtliche Handlungen vorgenommen und vorzunehmen versucht, nämlich

1./ durch die zu I./ geschilderte Tat;

2./ durch die Aufforderung der B* G* zum Oralverkehr, indem er seinen Penis erfasste und sie fragte, ob sie ihm „einen blasen“ wolle, wobei es aufgrund der Verneinung des Opfers beim Versuch blieb;

III./ ab dem Jahr 2019 bis August 2022 gegen M* G* längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt ausgeübt, indem er sie

1./ einmal monatlich durch Versetzen von Ohrfeigen vorsätzlich am Körper misshandelte;

2./ durch Versetzen von Faustschlägen gegen den Oberarm und einmal gegen das Gesicht sowie einmal durch Schlagen ihres Kopfes auf den Tisch vorsätzlich am Körper verletzte, wodurch sie Hämatome am Oberarm sowie ein Brillenhämatom erlitt und ihr ein zirka zwei Zentimeter rundes Haarbüschel ausgerissen wurde;

3./ mit zumindest einer Verletzung am Körper und mit dem Tod gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ihr mehrfach androhte, sie umzubringen, und ihr einmal androhte, sie „abzustechen“, wobei er drohend ein Messer in ihre Richtung hielt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Zum Schuldspruch zu I./ und II./:

[4] Im Rahmen der Mängelrüge kann die Beweiswürdigung nur nach Maßgabe der in § 281 Abs 1 Z 5 StPO genannten Kriterien angefochten werden.

[5] Indem die Beschwerde (nominell Z 5) mehrfach die Feststellungen zum objektiven Tathergang, insbesondere jene zur „erheblichen körperlichen Überlegenheit“ des Angeklagten, welche „jeglichen Widerstand des Opfers bereits im Keim erstickte“ (US 4), als „nicht nachvollziehbar, unzulässig, mehr als oberflächlich und gesetzwidrig“ bezeichnet sowie als „Vorverurteilung aufgrund des Aussehens“ des Angeklagten interpretiert, spricht sie keinen Begründungsmangel iSd Z 5 an. Gleiches gilt für die an verschiedenen Stellen wiederholte Kritik, die Tatrichter hätten nicht die Gesamtheit der vorliegenden Beweisergebnisse berücksichtigt, zumal sie Divergenzen in den Angaben der Zeugin B* G* mit einer „Eintrübung der Erinnerung im Hinblick auf Details“ (US 9) erklärt hätten.

[6] Der Ausspruch des Gerichts über entscheidende Tatsachen steht nur dann mit sich selbst im Widerspruch (Z 5 dritter Fall), wenn entweder zwischen Feststellungen und deren zusammenfassender Wiedergabe im Urteilsspruch, zwischen zwei oder mehreren Feststellungen, zwischen Feststellungen und den dazu in der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen oder zwischen in der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen ein Widerspruch besteht (RIS Justiz RS0119089).

[7] Demnach wird mit dem Einwand, die Feststellungen zur Tatzeit (US 4) würden den Angaben der Zeugin B* G* in ihrer ersten polizeilichen Vernehmung widersprechen, Nichtigkeit nach Z 5 dritter Fall nicht aufgezeigt. Indem die Beschwerde die Aussage der Zeugin B* G* aufgrund ihrer divergierenden Angaben zum Tatzeitpunkt als „in höchstem Maße unglaubwürdig und völlig lebensfremd“ erachtet und die dazu angestellte Beweiswürdigung der Tatrichter (US 8 f) als „nicht schlüssig und lebensfremd“ kritisiert, bekämpft sie die Beweiswürdigung nach Art einer – im schöffengerichtlichen Verfahren aber nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) – Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (RIS Justiz RS0106588).

[8] Ebenfalls keine Widersprüche iSd Z 5 dritter Fall werden durch die Behauptung angesprochen, die Feststellungen zur körperlichen Überlegenheit des Angeklagten (US 4) würden den Aussagen des Opfers vor der Polizei zu dessen Gegenwehr widersprechen. Gleiches gilt für mehrere Verweise auf behauptete (teils nicht einmal entscheidende Tatsachen betreffende) Divergenzen in den Angaben der Zeugen B* G*, * Z* und * K* sowie für die eigenständige Beweiswürdigung der von den genannten Zeugen getätigten Aussagen und das Vorbringen, die Feststellungen des Erstgerichts würden im „Widerspruch mit dem Akteninhalt“ stehen (RIS Justiz RS0119089 [T1, T7]). Aus denselben Gründen war auch auf die reklamierten Divergenzen in den Angaben der Zeugen M* A* und B* A* nicht einzugehen.

[9] Die Frage der Glaubwürdigkeit eines Zeugen und der Beweiskraft seiner Aussage ist der freien richterlichen Beweiswürdigung vorbehalten. Unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall; vgl dazu RIS Justiz RS0098646 [T4]) kann die Beurteilung der Überzeugungskraft von Aussagen nur mangelhaft erscheinen, wenn sich von der Beschwerde deutlich und bestimmt bezeichnete, die Glaubwürdigkeit angeblich ernsthaft in Frage stellende, gleichwohl unerörtert gebliebene Tatumstände auf Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen beziehen, nicht hingegen, wenn sie bloß die Sachverhaltsannahmen der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit betreffen (RIS Justiz RS0104976 [T2]).

[10] Durch die auf den Schuldspruch zu I./ und II./ bezogene Behauptung, die Angaben der Zeugin B* G* zu den Fragen, wie oft ihre Mutter aus der Nase geblutet habe und wie der Angeklagte sie mit dem Messer bedroht habe, würden jenen der Zeugin M* G* mehrfach widersprechen, wird diesen Kriterien nicht entsprochen. Gleiches gilt für die Wiedergabe mehrerer Aussagepassagen der Zeuginnen * R* (vgl US 23 f), * M* sowie * S* (vgl US 18) und eigene Erwägungen zum Verhalten und zum seelischen Zustand des Opfers nach der Tat.

[11] Mit Überlegungen, wonach vorstellbar sei, dass sich die Angaben des Opfers gegenüber seinen Nachbarn Z* und K* betreffend einen sexuellen Übergriff des Angeklagten auf den von Letzterem geschilderten versehentlichen Griff auf die Brust von B* G* im Zuge eines „Herumblödelns“ bezogen haben, wird abermals in unzulässiger Form die Beweiswürdigung des Schöffengerichts kritisiert.

[12] Soweit die Beschwerde ausführlich das Verhalten von B* G*, Z* und K* nach dem von ihnen geführten Gespräch über einen sexuellen Übergriff des Angeklagten thematisiert, spricht sie ebenso wenig eine entscheidende Tatsache an (vgl dazu RIS Justiz RS0117264) wie mit Mutmaßungen, wie es zu diesem Gespräch gekommen ist. Gleiches gilt für die eigenständige Interpretation des Verhaltens der M* G* nach Kenntnis vom Vorwurf eines sexuellen Übergriffs gegenüber ihrer Tochter und ihrer Konversation mit dem Angeklagten über einen Nachrichtendienst.

[13] Unvollständigkeit iSd § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO liegt vor, wenn das erkennende Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt gelassen hat (vgl neuerlich RIS Justiz RS0098646 [T4]), weshalb sich das Gericht mit der Schilderung des Angeklagten eines Vorfalls aus dem Jahr 2022, der belegen soll, dass B* G* zu dramatischen Übertreibungen neige (ON 13.1, 17 f), nicht gesondert auseinandersetzen musste.

[14] Die Überlegungen, warum B* G* sowie zahlreiche andere Personen keine Anzeige erstattet haben, nachdem ihnen die Genannte mitgeteilt hatte, dass sie Opfer eines sexuellen Übergriffs durch den Angeklagten geworden sei, bringen ebenso wenig Nichtigkeit aus Z 5 zur Darstellung wie die Behauptung, die diesbezüglichen Überlegungen der Tatrichter (US 13) würden nicht der „täglichen Lebenserfahrung“ entsprechen. Gleiches gilt für die Kritik an den Erwägungen der Tatrichter (US 14) zur eidesstättigen Erklärung des Zeugen A* A*, die bloß zum Ausdruck bringt, dass den Beschwerdeführer die zeugenschaftlichen Angaben des Genannten nicht überzeugen.

[15] Entgegen dem Beschwerdevorbringen (Z 5 zweiter Fall) hat sich das Erstgericht mit der Verantwortung des Angeklagten auseinandergesetzt, die von ihm vermuteten Motive für eine Falschbelastung aber für nicht lebensnahe erachtet (US 7 ff).

[16] Durch die Behauptung, die Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite wären „durch keinerlei Beweisergebnis gedeckt“ und lebensfremd, wird Nichtigkeit aus Z 5 abermals nicht angesprochen. Inwiefern „der Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen undeutlich“ und „offenbar unzureichend“ begründet sein soll, wird nicht deutlich und bestimmt ausgeführt. Mit der (wiederholten) Berufung auf den Zweifelsgrundsatz wird ein aus Z 5 (oder Z 5a) beachtlicher Mangel nicht behauptet (RIS Justiz RS0102162).

Zum Schuldspruch zu III./:

[17] Lediglich nach Art einer Schuldberufung versucht die Beschwerde, Passagen der Aussage der Zeugin M* G* einer eigenständigen Würdigung zu unterziehen. Nichtigkeit aus Z 5 wird damit aber nicht angesprochen. Gleiches gilt für die pauschale Behauptung, die Bedrohungen mit einem Messer würden von den Zeugen M* G*, B* G* und Ma* G* unterschiedlich dargestellt (vgl dazu jedoch die ausführliche Beweiswürdigung US 20 ff). Die in diesem Zusammenhang ins Treffen geführte Nachricht des Zeugen Ma* G* auf die Aufforderung, bei der Verhandlung die Wahrheit zu sagen, blieb – der Beschwerde zuwider – nicht unerörtert (US 22 f).

[18] Mit den von der Rüge (Z 5 zweiter Fall) bezeichneten Angaben der Zeuginnen M* und S*, wonach man bei Streitereien nur die Stimme von M* G* gehört habe, musste sich das Erstgericht nicht gesondert auseinandersetzen, hat es doch den genannten Zeugen (US 18 f) die Glaubwürdigkeit versagt (vgl RIS Justiz RS0098642). Damit, dass die Genannten bei M* G* kein Hämatom am Auge wahrgenommen haben wollen, während die Zeugin * W* ein solches bemerkt hat, haben sich die Tatrichter im Übrigen ebenso ausführlich auseinandergesetzt wie mit den Aussagen der genannten Zeugen zu einer allfälligen kahlen Stelle im Haupthaar der M* G* (US 17 ff). Dass die Tatrichter aus den Beweisergebnissen andere Schlüsse als der Beschwerdeführer gezogen haben, begründet keine Nichtigkeit (RIS Justiz RS0098400).

[19] Indem teilweise unter Verweis auf die Angaben des Angeklagten ausführlich Streitereien zwischen diesem und M* G* beschrieben werden und die subjektive Tatseite in Abrede gestellt wird, wird Nichtigkeit aus Z 5 nicht angesprochen. Gleiches gilt für die Thematisierung von behaupteten Widersprüchen in den Angaben der Zeugen M* G* und * Wo* betreffend einen Vorfall, bei dem Sachen aus dem Fenster geworfen worden sein sollen, und für eigene Beweiswertüberlegungen zu Aussagen des Opfers.

[20] Da subjektive Meinungen, Wertungen, Schlussfolgerungen oder ähnliche intellektuelle Vorgänge kein Gegenstand des Zeugenbeweises sind (RIS Justiz RS0097540), bedurfte – der weiteren Rüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider – die Einschätzung der Glaubwürdigkeit des Opfers durch den Zeugen * Wo* keiner Erörterung.

[21] Bleibt anzumerken, dass die Beschwerde zwar nominell auch Nichtigkeit aus Z 5a geltend macht, entsprechende Ausführungen hiezu (vgl RIS Justiz RS0115902, RS0116733) jedoch fehlen, weshalb auf sie in diesem Umfang keine Rücksicht zu nehmen war (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO).

[22] Indem die Sanktionsrüge (Z 11) die Annahme der Milderungsgründe nach § 34 Abs 1 Z 2 zweiter Fall und Z 8 StGB fordert und auf die Unterhaltspflichten des Angeklagten sowie seine Berufstätigkeit und seinen ordentlichen Lebenswandel hinweist, erstattet sie bloß ein Berufungsvorbringen (RIS Justiz RS0099920). Gleiches gilt für die Forderung einer bedingten Nachsicht eines Teils der verhängten Freiheitsstrafe (RIS Justiz RS0099865).

[23] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[24] Bleibt mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – anzumerken, dass dem Schuldspruch zu II./ und III./ (nicht geltend gemachte) Subsumtionsfehler (Z 10) anhaften.

[25] Nach den Feststellungen (US 4 f) forderte der Angeklagte seine Stieftochter „im unmittelbaren Anschluss“ an die zu II./1./ (iVm I./) geschilderte Tat zum Oralverkehr auf, wobei es aufgrund ihrer Weigerung beim Versuch blieb. Die wiederholte Verwirklichung des gleichen Tatbestands in kurzer zeitlicher Abfolge, also nur unter quantitativer Steigerung (einheitliches Unrecht) bei einheitlicher Motivationslage (einheitliche Schuld), ist als tatbestandliche Handlungseinheit aufzufassen (RIS Justiz RS0122006; Ratz , WK 2 StGB Vor §§ 28–31 Rz 89). Durch ein solches Vorgehen verwirklicht der Täter den betreffenden Tatbestand – unbeschadet idealkonkurrierenden Zusammentreffens mit einer weiteren strafbaren Handlung (hier: § 201 Abs 1 StGB [I./]) – aber nur einmal (RIS Justiz RS0120233 [T2, T3, T6]).

[26] Ebenfalls zu II./ angemerkt wird, dass die Feststellungen, wonach B* G* die Stieftochter des Angeklagten ist und das Verwandtschaftsverhältnis auch vom Vorsatz des Angeklagten umfasst war (US 4 f, 15), die Subsumtion nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB getragen hätten, wobei diesfalls – infolge materieller Subsidiarität der Z 2 gegenüber der Z 1 des § 212 Abs 1 StGB – ausschließlich die zuletzt genannte Bestimmung heranzuziehen gewesen wäre (RIS Justiz RS0129723).

[27] Darüber hinaus hat das Erstgericht zu III./ trotz festgestellter tatbestandlicher Handlungseinheit (US 5 f) verfehlt die Verwirklichung mehrerer Vergehen – anstelle eines Vergehens – nach § 107b Abs 1 StGB, der zudem eine Subsumtionseinheit anordnet, angenommen (vgl RIS Justiz RS0129716 [T3 und T4]).

[28] Da sich die Subsumtionsfehler weder auf den angewendeten Strafrahmen noch sonst konkret zum Nachteil des Angeklagten (vgl dazu Ratz , WK StPO § 290 Rz 22 f; vgl auch RIS Justiz RS0090885) ausgewirkt haben (zur Strafzumessung siehe US 25), bestand für eine amtswegige Maßnahme kein Anlass. Angesichts dieser Klarstellung ist das Oberlandesgericht bei der Entscheidung über die Berufung an die fehlerhaften Subsumtionen nicht gebunden (RIS Justiz RS0118870).

[29] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
7
  • RS0122006OGH Rechtssatz

    17. April 2024·3 Entscheidungen

    Soweit in früherer Rechtsprechung unter dem Begriff des „fortgesetzten Delikts" (nach Maßgabe zuweilen geforderter, indes uneinheitlich gehandhabter weiterer Erfordernisse) mehrere den gleichen Tatbestand (ob versucht oder vollendet) erfüllende, mit einem „Gesamtvorsatz" begangene Handlungen zu einer dem Gesetz nicht bekannten rechtlichen Handlungseinheit mit der Konsequenz zusammengefasst wurden, dass durch die je für sich selbständigen gleichartigen Straftaten doch nur eine einzige strafbare Handlung begründet würde, hat der Oberste Gerichtshof diese Rechtsfigur der Sache nach bereits mit der Bejahung ihrer prozessualen Teilbarkeit durch die Grundsatzentscheidung SSt 56/88 = EvBl 1986/123 aufgegeben. Seither reduziert er deren Bedeutung auf den unverzichtbaren Kernbereich der der Rechtsfigur zugrunde liegenden Vorstellung, den er als tatbestandliche Handlungseinheit bezeichnet. In der Anerkennung des Fortsetzungszusammenhangs bloß nach Maßgabe tatbestandlicher Handlungseinheiten liegt gezielte Ablehnung einer absoluten Sicht des fortgesetzten Delikts und ein Bekenntnis zur deliktsspezifischen Konzeption. Denn der Unterschied zwischen der Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts und der tatbestandlichen Handlungseinheit besteht darin, dass die Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts aus dem allgemeinen Teil des materiellen Strafrechts abgeleitet wird, die der tatbestandlichen Handlungseinheit aber gleichartige Handlungen nach Maßgabe einzelner Tatbestände zusammenfasst. Die Kriterien einer Zusammenfassung können demnach durchaus deliktsspezifisch verschieden sein, ohne dass daraus das ganze Strafrechtssystem erfassende Widersprüche auftreten. Von einer tatbestandlichen Handlungseinheit spricht man im Anschluss an Jescheck/Weigend5 (711ff) bei einfacher Tatbestandsverwirklichung, also der Erfüllung der Mindestvoraussetzungen des gesetzlichen Tatbestands, insbesondere bei mehraktigen Delikten und Dauerdelikten (tatbestandliche Handlungseinheit im engeren Sinn) und dort, wo es nur um die Intensität der einheitlichen Tatausführung geht (SSt 56/88), demnach bei wiederholter Verwirklichung des gleichen Tatbestands in kurzer zeitlicher Abfolge, also bei nur quantitativer Steigerung (einheitliches Unrecht) und einheitlicher Motivationslage (einheitliche Schuld), auch wenn höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Träger verletzt werden, sowie bei fortlaufender Tatbestandsverwirklichung, also der Annäherung an den tatbestandsmäßigen Erfolg durch mehrere Einzelakte im Fall einheitlicher Tatsituation und gleicher Motivationslage, etwa beim Übergang vom Versuch zur Vollendung oder bei einem Einbruchsdiebstahl in zwei Etappen (tatbestandliche Handlungseinheit im weiteren Sinn).