JudikaturJustiz13Os60/94

13Os60/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. April 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. April 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel, Dr. Mayrhofer, Dr. Ebner und Dr. Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jannach als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Manfred H* wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1, erster Fall, StGB und weiteren strafbaren Handlungen über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. Oktober 1993, GZ 9 b Vr 4722/93 19, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Weiß, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21.Oktober 1993, GZ 9 b Vr 4722/93 19, verletzt in seinem Schuldspruch wegen des Vergehens der Körperverletzung das Gesetz in der Bestimmung des § 83 Abs 1 StGB.

Dieser Schuldspruch (Urteilspunkt 3./) und demgemäß auch der Strafausspruch werden aufgehoben.

Zur weiteren Entscheidung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem oben bezeichneten Urteil wurde Manfred H* zu 1. des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 (ergänze: erster Fall) StGB, zu 2. des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB sowie zu 3. des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür nach § 207 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 (ergänze: Abs 1) StGB zu einer gemäß § 43 a Abs 3 StGB zum Teil bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.

Danach hat er am 5.April 1993 in Wien

1. eine unmündige Person auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, indem er einen Finger seiner rechten Hand in die Vagina seiner am 19.Oktober 1989 geborenen Tochter Karin H* einführte,

2. durch die zu 1. genannte Tathandlung sein minderjähriges Kind zur Unzucht mißbraucht und

3. durch die zu 1. genannte Tathandlung einen anderen, nämlich seine Tochter Karin H* am Körper verletzt, indem er ihr einen ca. 1 cm langen Riß in der inneren Vagina zufügte.

Der Angeklagte bekämpfte lediglich den Strafausspruch mit Berufung, über die das Oberlandesgericht Wien noch nicht entschieden hat.

Der Schuldspruch des Manfred H* zu Urteilspunkt 3. steht mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Bei allen Delikten, bei denen der Eintritt schwerer Verletzungsfolgen zur Ausmessung der Strafe nach einem höheren Strafsatz führt, ist die leichte Verletzung nicht als idealkonkurrierendes Delikt zu werten (Mayerhofer Rieder StGB3 E 19 zu § 28 StGB = aaO E 20 zu § 83 StGB). Dies gilt insbesondere im Verhältnis zu Gewaltdelikten wie §§ 131, 140, 142, 201, 202, 312 Abs 1 StGB (vgl Kienapfel BT I3 § 83 RN 54), aber auch im Verhältnis zu dem Verbrechen nach § 207 Abs 1 StGB, sodaß hiebei erfolgte leichte Körperverletzungen nicht gesondert nach § 83 StGB zuzurechnen sind (Leukauf Steininger Komm3 § 83 RN 31).

Es verletzt somit der zusätzliche Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 83 Abs 1 StGB, wofür das vorliegende Urteil im übrigen auch ausreichende Feststellungen zur subjektiven Tatseite vermissen läßt, das Gesetz zum Nachteil des Angeklagten in der Bestimmung des § 83 Abs 1 StGB.

In Stattgebung der vom Generalprokurator gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde waren daher der Schuldspruch wegen § 83 Abs 1 StGB (ohne förmlichen Freispruch, s Mayerhofer Rieder 3 ENr 5 zu § 288 StPO) und der Strafausspruch zu beheben.

Der Oberste Gerichtshof hat im vorliegenden Fall für die aufrecht gebliebenen Schuldspruchfakten (1 und 2) die Strafe nicht (neu) bemessen. Der Akt wird vielmehr diesbezüglich an den zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz übermittelt, zumal auch der Angeklagte, der (zutreffend) an dieses Oberlandesgericht seine (noch unerledigte) Berufung gerichtet hatte, zum Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes (wovon er mit dem im § 292 StPO vorgeschriebenen Bemerken in Kenntnis gesetzt worden war) weder selbst noch durch einen Verteidiger erschienen war (s auch JBl 1985, S 505 ff samt Glosse).

Rechtssätze
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