JudikaturJustiz13Os203/96

13Os203/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. März 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.März 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Rouschal, Dr.Habl und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Miljevic als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Beate P***** wegen des Vergehens nach § 14 a SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 31. Oktober 1996, GZ 15 Vr 1098/96-9, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Tiegs, der Angeklagten Beate P***** und der Verteidigerin Dr.Bertha Mühl zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Beate P***** wurde mit dem angefochtenen Urteil der Vergehen nach § 14 a SGG (A) und nach § 16 Abs 1 SGG (B) schuldig erkannt.

Die von der Staatsanwaltschaft mit dem Ziel einer anklagekonformen Verurteilung wegen des teils beim Versuch gebliebenen Verbrechens nach § 12 Abs 1 und 2 SGG, § 15 StGB erhobene, auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde wendet sich gegen den Schuldspruch nach § 14 a SGG. Mit diesem wird Beate P***** angelastet, insgesamt zumindest 11,46 Gramm MDMA, somit eine große Menge Suchtgift (Suchtgiftverordnung 1979, Anhang V), nämlich im März 1996 100 Ecstasy-Tabletten mit einem MDMA-Gehalt von insgesamt 7,64 Gramm (I) und Anfang April 1996 50 Ecstasy-Tabletten mit einem MDMA-Gehalt von insgesamt zumindest 3,82 Gramm (II) mit dem Vorsatz erworben und besessen zu haben, daß es in Verkehr gesetzt werde.

Nach den Feststellungen des Schöffengerichtes vereinbarte die Angeklagte mit einem Suchtgifthändler, 100 Ecstasy-Tabletten sogleich und 100 weitere später zum Verkauf zu übernehmen. Die erste der beiden Lieferungen veräußerte sie in einer Diskothek, in der Folge erhielt sie vom Zulieferer 50 weitere Tabletten. Sie plante, diese später im selben Lokal an eine ähnliche Käuferschicht abzusetzen wie die erste Teilmenge, bewahrte sie jedoch vorerst versteckt in ihrer Wohnung auf, wo sie letztlich beschlagnahmt wurden (US 4 f, 7).

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet einen Widerspruch zwischen dem Urteilsspruch, wonach die Angeklagte das Suchtgift erworben und besessen hat, und den Entscheidungsgründen, in denen der anschließende Verkauf einer Teilmenge beschrieben wird. Sie ist schon deshalb verfehlt, weil eine solche Rüge nur die Urteilsgründe selbst treffen kann (Mayerhofer StPO4 § 260 E 33 a; auch § 281 Z 5 E 47).

Ein Widerspruch im Sinne des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes wird überdies dadurch nicht dargetan. Liegt ein solcher doch nur dann vor, wenn das Gericht Tatsachen als nebeneinander bestehend feststellt, die nach den Gesetzen des logischen Denkens einander ausschließen (EvBl 1972/17), was bei Erwerb und Besitz einer großen Menge Suchtgift mit dem Vorsatz, daß dieses in Verkehr gesetzt werde, und dem tatsächlichen Verkauf eines nicht die Qualifikationsmenge des § 12 Abs 1 SGG erreichenden Suchtgiftquantums nicht der Fall ist.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) übersieht (betreffend die zweite Lieferung), daß zur Annahme eines Versuchs des Inverkehrsetzens von Suchtgift eine ausführungsnahe Handlung Voraussetzung ist, die in unmittelbarer sinnfälliger Beziehung zum tatbildmäßigen Unrecht steht und der geplanten Ausführung auch zeitlich nahe ist. Ob das Verhalten bereits im unmittelbaren Vorfeld der Tatbestandsverwirklichung liegt, ist anhand der dem jeweiligen Tatbild entsprechenden Ausführungshandlung zu prüfen (Leukauf/Steininger, Komm3 § 15 RN 6 bis 9).

Inverkehrsetzen im Sinn des § 12 Abs 1 SGG erfordert eine Tätigkeit, durch welche die Verfügungsgewalt über ein Suchtgift (unmittelbar) auf einen anderen übertragen wird (Foregger/Litzka SGG2 Erl V zu § 12; SSt 60/13).

So ist etwa die Zwischenlagerung des Suchtgiftes zum alsbaldigen Verkauf durch den Täter an ihm bekannte Abnehmer ausführungsnahe (Leukauf-Steininger Strafrechtl. Nebengesetze2 § 12 SGG, IV RN 57 f, 12 Os 36/91, 14 Os 54,55/90, 13 Os 129/88). Dies ist aber dem Urteilssachverhalt entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen.

Der Angeklagten war bis zur Sicherstellung des Suchtgiftes (zu A/II) nicht bekannt, an welche Abnehmer sie dieses veräußern würde (US 5). Mit dem Hinweis, sie hätte nach den Verfahrensergebnissen auch einem ihr von früher her Bekannten Suchtgift überlassen, wenn er sich wieder an sie gewandt hätte, zeigt die Staatsanwaltschaft nur einen von den Urteilsannahmen ohnedies umfaßten, nach der beschriebenen Rechtslage unerheblichen Umstand auf. Ein Feststellungsmangel wird damit nicht dargetan.

Die Grenzmenge des § 12 Abs 1 SGG beträgt bei den in den Ecstasy-Tabletten enthaltenen Amphetaminderivat MDMA 10 Gramm Reinsubstanz (12 Os 120/91).

Nach dem festgestellten Tatplan hatte die Angeklagte von vornherein den Willen, in einem gewissen Zeitabstand in zwei Teilen eine insgesamt die Grenzmenge übersteigende Quantität Suchtgift zu erwerben, zu besitzen und in Verkehr zu setzen (US 4 ff, 8). Rechtlich gesehen war ihr Vorhaben somit im Bewußtsein des daran geknüpften Additionseffektes (SSt 58/54) auf ein Verhalten gerichtet, das durch die zeitlich vorangehende Übernahme und Aufbewahrung von zwei Teilmengen nachfolgend stufenweise das Vergehen nach § 14 a SGG verwirklichen und aus diesem durch den ebenso getrennten Verkauf beider Suchtgiftmengen in das Verbrechen nach § 12 Abs 1 SGG übergehen sollte.

Die Angeklagte hat zwar planmäßig nacheinander beide Teile der mit 11,46 Gramm MDMA insgesamt großen Suchtgiftmenge, die in Verkehr gesetzt werden sollte, erworben und besessen sowie dadurch das Vergehen nach § 14 a SGG verwirklicht. Das Verbrechen nach § 12 Abs 1 SGG, welches § 14 a SGG verdrängt hätte, wurde von ihr aber nicht erreicht. Das verkaufte Quantum war keine große Menge iS des § 12 Abs 1 SGG, das restliche Suchtgift wurde beschlagnahmt, ehe die Angeklagte dessen Inverkehrsetzens versuchte. Denn vor dem geplanten Verkauf hätte sie dieses Suchtgift, wie sich aus dem Urteilssachverhalt ergibt, weiter zu verwahren, dann dem Versteck zu entnehmen und vor allem hernach noch feilhalten müssen. An einer dem Inverkehrsetzen zeitlich und aktionsmäßig unmittelbar vorangehenden Handlung fehlt es demnach (14 Os 156/95, 15 Os 125/95).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher (in Übereinstimmung mit der Auffassung der Generalprokuratur) zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagte unter Anwendung der §§ 28, 43 a Abs 2 StGB nach § 14 a SGG zu einer Geldstrafe von 240 Tagessätzen, wobei ein Tagessatz mit 80 S bestimmt wurde, für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe zu 120 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, während der verbleibende Teil der Freiheitsstrafe von sechs Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Es wertete dabei als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Vergehen, das gewerbsmäßige Handeln, die Weitergabe von Suchtgift an jugendliche Personen, zum Vergehen nach § 16 SGG noch den langen Deliktszeitraum, mehrfache Angriffe und mehrfache Tatbildmäßigkeit. Als mildernd wurden dagegen die Unbescholtenheit, das reumütige Geständnis und die Sicherstellung von Teilen des Suchtgiftes gewertet.

Gemäß § 16 SGG wurden 50 Ecstasy-Tabletten eingezogen.

Die dagegen von der Staatsanwaltschaft erhobene, den Entfall der Anwendung des § 43 a Abs 2 StGB anstrebende Berufung führt dazu aus, das Erstgericht habe die Strafzumessungsgründe (die allerdings das Strafausmaß bestimmen) nicht vollständig erfaßt und die von ihm herangezogenen nicht ihrer Bedeutung gemäß gewürdigt, und verweist auf den Verkauf eines Teiles des Suchtgiftes an Jugendliche, der von den Tatrichtern bei der Strafbemessung ohnedies berücksichtigt worden ist. Diese haben insbesondere im Hinblick auf das sofortige, reumütige und vollständige Geständnis der Angeklagten sowie deren bisher ordentlichen Lebenswandel, wozu noch das geringfügige Übersteigen der Qualifikationsmenge beim betroffenen Suchtgift kommt, zu Recht die Bestimmung des § 43 a Abs 2 StGB angewendet, wobei auch keineswegs, wie von der Berufung behauptet § 43 Abs 1 StGB und die dort näher umschriebenen generalpräventiven Erwägungen außer acht gelassen wurden.

Rechtssätze
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