JudikaturJustiz12Os88/15f

12Os88/15f – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. März 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. März 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kühlmayer als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter W***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Haftungsbeteiligten B***** (B*****) gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6. März 2015, GZ 126 Hv 10/14k 254, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Janda, der Angeklagten Peter W***** und Thomas K***** und ihrer Verteidiger Dr. Kralik und Mag. Ahmed sowie des Vertreters der Haftungsbeteiligten B***** (B*****), Dr. Haas, zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft und in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Haftungsbeteiligten B***** wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt,

- in den Freisprüchen der Angeklagten aufgehoben, insoweit eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache dazu an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen sowie

- im Verfallsausspruch betreffend die Haftungsbeteiligte B***** (B*****) aufgehoben und insoweit in der Sache selbst erkannt:

Gemäß § 20 Abs 4 StGB idF BGBl I 2002/134 wird das B***** (B*****) zur Zahlung von 250.000 Euro verurteilt.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde der Haftungsbeteiligten verworfen.

Mit ihrer Berufung wird die genannte Haftungsbeteiligte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen Verfallsausspruch zum Nachteil der Haftungsbeteiligten B***** (B*****) im Umfang von 300.000 Euro enthält, wurden Peter W***** und Thomas K***** von der gegen sie erhobenen Anklage, es habe/n in W*****

I./ Peter W***** und Thomas K***** am 22. März 2004 als kollektiv vertretungsbefugte Vorstände der Österreichischen Fußball-Bundesliga in einverständlichem Zusammenwirken mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Verfügungsberechtigte des Österreichischen Fußballbundes durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Vorgabe, den vom Österreichischen Fußballbund zu überweisenden, aus Mitteln der Republik Österreich stammenden Förderungsbetrag von 1 Mio Euro entsprechend dem zwischen dem Österreichischen Fußballbund und der Republik Österreich vereinbarten Förderungsvertrag vom 1. März 2003 verwenden zu wollen, zu Handlungen, nämlich zu Überweisungen von insgesamt 1 Mio Euro verleitet, die den Österreichischen Fußballbund im genannten, 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten,

II./ Peter W***** im Juli und August 2006 zur strafbaren Handlung des Dr. Leopold W*****, der Ende September 2006 in W***** die ihm als Geschäftsführer der Ö***** GmbH durch Gesetz und Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch der genannten Gesellschaft einen 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt hat, indem er die gemeinsam mit ihm zeichnungsberechtigten, jedoch vorsatzlos handelnden weiteren Geschäftsführer DI Friedrich S***** und Mag. Bettina G***** dazu veranlasste, die Mittel zur Begleichung der auf 300.000 Euro lautenden (Schein )Rechnung Nr 18 der O***** GmbH vom 24. Juli 2006 durch Unterfertigung der Faktura freizugeben und schließlich selbst die dafür nach der „Kompetenz- und Pouvoirordnung“ der Ö***** GmbH notwendige Unterschrift leistete, dadurch beigetragen, dass er als Parteiobmann des B***** B***** und damit als Vertreter der Alleingesellschafterin der O***** GmbH die genannte Rechnung für „Beratungen im Bereich des Responsible Gaming April bis Juli 2006“ an die Ö***** GmbH legen und zur Verschleierung der fehlenden Rechtfertigung des Zahlungsflusses durch Kurt L***** ein Schriftstück mit dem Titel: „Online Glücksspiel und Responsible Gaming Analyse, Vergleich, Perspektiven“ erstellen ließ,

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Freisprüche richtet sich die aus Z 4, Z 5 und Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft. Die Haftungsbeteiligte bekämpft den Verfallsausspruch mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 und Z 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Zum Schuldspruch I./

Nach den wesentlichen Feststellungen des Schöffensenats (US 6 ff) war die Österreichische Fußball-Bundesliga (im Folgenden: Bundesliga) im maßgeblichen Zeitraum ein gemeinnütziger Verein, dem die (insgesamt 20) Fußballklubs der beiden höchsten Spielklassen („T-Mobile Bundesliga“ und „Red Zac Erste Liga“) als Mitglieder angehörten.

Die Bundesliga finanzierte sich unter anderem aus Nenngeldern und Abgaben der Vereinsmitglieder, durch die anteilsmäßige Ausschüttung von Bundessportförderungsmitteln und durch anteilsmäßige Erträge aus Länderspielen.

In der Hauptversammlung vom 14. Februar 1999 wurde festgelegt, dass 2,5 % der Erträge aus der Vermarktung von TV Übertragungsrechten an die Bundesliga fließen sollten. Darüber hinaus lukrierte Gelder aus der Vermarktung des Profifußballs waren an die Fußballklubs weiterzuleiten.

Zur Förderung heimischer Fußballtalente beschloss der Aufsichtsrat der Bundesliga am 8. August 2002, 20 % der TV Einnahmen der T Mobile Bundesliga für die Vereine der höchsten Spielklasse nach Maßgabe eines die Einsatzzeiten österreichischer Spieler in den jeweiligen Meisterschaftsrunden berücksichtigenden Aufteilungs-schlüssels zu widmen (sogenannter „Österreichertopf“). Die Klubs der zweithöchsten Spielklasse (Red Zac Erste Liga) bekamen keine Zahlungen aus dem „Österreichertopf“.

Zur Vorbereitung auf die Fußballeuropameisterschaft 2008 (in Österreich und der Schweiz) initiierte der Österreichische Fußballbund (im Folgenden: ÖFB) ein umfassendes Ausbildungskonzept für Spieler und Trainer namens „Challenge 2008“. Die Republik Österreich beteiligte sich daran durch Gewährung von Förderungen auf Basis eines am 1. März 2003 mit dem ÖFB abgeschlossenen Fördervertrags.

Bereits zuvor (am 15. April 2002) hatte die Republik Österreich gegen die Bundesliga eine Drittschuldnerklage im Umfang von rund 1,6 Mio Euro im Hinblick auf eine Auszahlung zu ihren Gunsten gepfändeter TV Gelder an einen materiell insolventen Fußballverein eingebracht. Dieser Umstand hatte auch die Bestellung der beiden Angeklagten als neue Vorstandsvorsitzende der Bundesliga zur Folge. Die Angeklagten bemühten sich in der Folge um eine vergleichsweise Bereinigung der Angelegenheit, wobei Peter W***** über Auftrag des Bundesligapräsidenten Frank St***** auch auf politischer Ebene versuchte, die Ausschüttung öffentlicher Gelder für die Bundesliga zu erreichen.

Am 17. November 2003 berichtete dieser Angeklagte dem Aufsichtsrat der Bundesliga, dass er mit der Finanzprokuratur einen Vergleichsvorschlag dahin erarbeitet habe, wonach die Bundesliga im Drittschuldnerprozess eine Vergleichszahlung von 1,2 Mio Euro an die Republik zu leisten habe, die Bundesliga aber im Gegenzug von dieser eine Förderung erhalte.

Am 30. Dezember 2003 wurde der Bundesminister für Finanzen zur Budgetüberschreitung „bis zu einem Betrag von 1 Mio Euro für forcierte Nachwuchsarbeit im Hinblick auf die Fußballeuropameisterschaft 2008“ gesetzlich ermächtigt (vgl Art 4 BFG Novelle 2004, BGBl I 2003/133). Gemäß § 1 Bundes SportförderungsG (BGBl 1970/2) musste diese als „Zusatzfördermillion“ bezeichnete Förderung (zunächst) an den ÖFB als gemeinnützigen Bundesfachverband ausbezahlt werden.

Am 11. Februar 2004 schlossen die Republik Österreich und die Bundesliga im Verfahren AZ 10 ***** des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien einen Vergleich über 1,2 Mio Euro.

In der Folge unterzeichneten die Angeklagten am 22. März 2004 mit Vertretern des ÖFB eine Vereinbarung über die Weiterleitung der „Zusatzfördermillion“ an die Bundesliga für die Abgeltung der Mehraufwendungen der Bundesligavereine im Jahr 2003/2004 aufgrund der Teilnahme am Projekt „Challenge 2008“. Dem Inhalt dieser schriftlichen Vereinbarung zufolge verpflichtete sich die Bundesliga, die Subvention nach dem Schlüssel des „Österreichertopfes“ an die Fußballclubs auszuschütten.

Das Erstgericht ging ersichtlich davon aus ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 19), dass die Fördermillion im Verfügungsbereich der Bundesliga verblieb, die im Gegenzug ihre finanziellen Verpflichtungen aus dem mit der Republik Österreich geschlossenen Vergleich erfüllte.

Nach den weiteren Konstatierungen beschloss die Präsidentenkonferenz der T Mobile Bundesliga am 25. März 2004 eine Erhöhung der Mittel für den „Österreichertopf“ auf 50 % (statt bisher 20 %) der auf die T Mobile-Bundesligavereine entfallenden TV-Einnahmen. Aus den „TV Entgelten“ wurden im Geschäftsjahr 2003/2004 684.000 Euro und im Geschäftsjahr 2004/2005 4.929.234,70 Euro, somit ein die Fördermillion weit übersteigender Betrag von 5,6 Mio Euro an die Vereine der T Mobile Bundesliga ausgeschüttet (US 10, 11, 43 ff).

Das Erstgericht verneinte sowohl eine Täuschungshandlung samt dadurch bewirkter Vermögensverfügung als auch einen auf Täuschung, Vermögensschädigung und unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatz (US 29):

Danach hätten die Angeklagten den Verfügungsberechtigten des ÖFB nicht vorgespiegelt, die Zusatzfördermillion tatsächlich entsprechend dem zwischen dem ÖFB und der Republik Österreich vereinbarten Förderungsvertrag verwenden zu wollen. Vielmehr hätten sie die Zusatzfördermillion den T-Mobile-Bundesligavereinen zukommen lassen wollen. Sie hätten weder die Bundesliga unrechtmäßig bereichern noch den ÖFB am Vermögen schädigen wollen.

Diese Annahmen stützte das Schöffengericht im Wesentlichen auf die Überlegung, dass die Verwendung der „Jugendfördermillion“ zur Tilgung der Schulden der Bundesliga wegen Vorliegens einer „Sonderkonstella-tion“ einer Ausschüttung an die Vereine wirtschaftlich gleichkomme. Unter der „Sonderkonstellation“ verstanden die Tatrichter den Umstand, dass die nach Art einer Treuhänderin agierende Bundesliga selbst keinen „eigenständigen wirtschaftlichen Zweck“ verfolgt habe, sodass die von der Bundesliga lukrierten Einnahmen letztlich immer den Bundesligavereinen zugute gekommen seien (US 7, 39). Im Fall der direkten Ausschüttung der Förderung nach dem Aufteilungsschlüssel des Österreichertopfes hätten entweder die Fußballvereine im Rahmen ihrer Nachschusspflicht für die Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Republik Österreich aufkommen müssen (US 41) oder es hätte die Vergleichsschuld aus sonstigen Mitteln der Bundesliga (etwa TV-Geldern) beglichen werden müssen, was aber wiederum die Ausschüttungen an die Vereine um den selben Betrag vermindert hätte (US 42).

Der Erledigung des Rechtsmittels sei vorausgeschickt, dass Rechtsprechung und Lehre von einer Strafbarkeit wegen Betrugs ausgehen, wenn eine Subvention unter Angabe falscher Tatsachen erlangt und für einen anderen Zweck als jenen verwendet wird, für den sie gewährt wurde (13 Os 12/10d; SSt 58/63, 39/35, 14/102; Kert SbgK § 146 Rz 295; Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 146 Rz 202). Ein Schaden tritt dann ein, wenn die mit der Förderung verfolgten Ziele beurteilt anhand der jeweiligen Förderungsrichtlinien oder Subventionsverträge nicht erreicht werden ( Kert SbgK § 146 Rz 297).

Gegen das (zentrale) Urteilsargument, wonach die Schuldentilgung bei der Republik Österreich durch die Bundesliga einer direkten Ausschüttung der Fördersumme an die Fußballvereine wirtschaftlich gleichkomme (weshalb die Förderungsziele im Ergebnis nicht vereitelt worden seien), wendet die Beschwerdeführerin zunächst zutreffend ein, dass das Erstgericht die hiefür maßgebliche Prämisse, wonach die Bundesliga keinen „eigenständigen wirtschaftlichen Zweck“ verfolgt habe, unter Außerachtlassung gegenteiliger auf eigene Kapitalinteressen der Bundesliga hinweisender Verfahrensergebnisse aufgestellt hat (Z 5 zweiter Fall). Abgesehen davon, dass der Schöffensenat sogar selbst davon ausging (ohne dies allerdings im gegebenen Kontext einer Würdigung zu unterziehen), dass die Bundesliga über eigene Einnahmen und ein Sondervermögen verfügte (vgl US 8: 2,5 % der jährlichen Fernsehgelder als Verbandsabgabe; US 28: Erlös aus dem Verkauf eines Verbandshauses in Höhe von 1,6 Mio Euro), hätten sich die Tatrichter auch mit den Ermittlungsergebnissen befassen müssen, wonach die Bundesliga auf Basis des § 1 Abs 4 lit g ihrer Satzung (ON 55 S 848) auch Alleingesellschafter in einer GmbH (ON 9) war und außerdem ihr Budget nicht allein aus sogenannten „Vereinsdurchläufern“ bestand, sondern auch nicht unbeträchtliche Eigenmittel verzeichnete (vgl etwa ON 95 S 385; ON 55 S 261 iVm 701, S 281; ON 200/I S 82).

Zudem blieb die konstatierte Nachschusspflicht der Fußballvereine ohne Begründung (Z 5 vierter Fall) und darüber hinaus ohne Erörterung (Z 5 zweiter Fall) der genau gegenteiligen Depositionen des Finanzvorstands Mag. H***** (ON 55 S 85). In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass die Vereinsmitglieder an sich nicht für die Vereinsschulden haften ( Höhne/Jöchl/Lummerstorfer , Das Recht der Vereine 4 , 8), es sei denn, derartige Leistungspflichten würden sich aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder auf Grund persönlicher rechtsgeschäftlicher Verpflichtung ergeben (§ 23 VerG; vgl auch Höhne/Jöchl/Lummerstorfer , Das Recht der Vereine 4 , 58). Zu derartigen Umständen enthält das Ersturteil aber keine Feststellungen.

Auf welcher Basis die Annahme beruht, dass eine unmittelbar zweckentsprechende Verwendung der Fördermillion (geradezu zwangsläufig) eine Reduktion der Auszahlung von TV-Geldern an die Vereine nach sich gezogen hätte, blieb ebenfalls unbegründet (Z 5 vierter Fall). Einer eingehenden Fundierung dieser Urteilsannahme hätte es aber schon im Hinblick auf die oben dargestellten Verfahrensergebnisse betreffend die eigenständigen Vermögensinteressen der Bundesliga bedurft.

Die weitere Beschwerde moniert zu Recht, dass die Annahme wirtschaftlicher Gleichwertigkeit aufgrund des Fehlens von entsprechenden Urteilsannahmen nicht den Gesetzen folgerichtigen Denkens (RIS Justiz RS0118317) entspricht. Nach den Konstatierungen war die Fördermillion für die Dotierung des „Österreichertopfes“ bestimmt (US 25, US 51), von dem ausschließlich die zehn Fußballvereine der höchsten Spielklasse nach Maßgabe eines die Einsatzzeiten österreichischer Spieler berücksichtigenden Schlüssels profitieren konnten (US 9). Die Annahme wirtschaftlicher Gleichwertigkeit würde demnach voraussetzen, dass sich auch die vom Erstgericht angenommenen Nachschusspflichten oder ein nachfolgender Einbehalt von TV-Geldern an genau diesen Berechnungskriterien ausrichten würden, wozu das Schöffengericht aber keine Aussage trifft.

Schließlich wendet die Beschwerdeführerin zutreffend Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) in Betreff der Feststellungen zu den die Fördermillion übersteigenden Ausschüttungen in den Geschäftsjahren 2003/2004 und 2004/2005 sowie der Konstatierung der am 25. März 2004 von der Präsidentenkonferenz beschlossenen Erhöhung der Mittel für den „Österreichertopf“ ein. Denn es bleibt auch bei Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe zweifelhaft (RIS Justiz RS0117995), ob das Schöffengericht darin irgendeinen Zusammenhang mit den aus der Vereinbarung mit dem ÖFB vom 22. März 2004 resultierenden Verpflichtungen der Bundesliga oder eine davon unabhängige Maßnahme erblickte.

Damit erweisen sich die den Freispruch zu I./ begründenden Sachverhaltsannahmen als mangelhaft im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 StPO.

Indem die Beschwerde hinsichtlich sämtlicher Tatbestandselemente, zu denen der Schöffensenat im Hinblick auf die eingangs referierten (den Freispruch begründenden) Urteilsannahmen keine Aussage getroffen hat, unter Berufung auf derartige Feststellungen indizierende und in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse Feststellungsmängel (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) geltend macht, entspricht sie auch den Kriterien erfolgreicher Freispruchsanfechtung (RIS Justiz RS0127315).

Zum Schuldspruch II./

Zu diesem Anklagefaktum wurde Arno E***** zur Hauptverhandlung am 18. November 2014 als Zeuge geladen. Dieser hatte anlässlich von Vernehmungen im Ermittlungsverfahren und vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss bereits (als Beschuldigter und als Zeuge) ausgesagt, dass ihm der Angeklagte Peter W***** den Auftrag zur Rechnungslegung erteilt habe (ON 4 in ON 149 S 95; ON 48 in ON 149 S 189; ON 215 S 9 f). Nach Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 157 Abs 1 Z 1 StPO erklärte der Zeuge, sich der Aussage im Hinblick auf ein aktuell wegen dieses Vorwurfs gegen ihn geführtes Ermittlungsverfahren zu „entschlagen“. Ungeachtet der Belehrung des Vorsitzenden, wonach ihm im Umfang bereits getätigter Angaben zur Sache kein Aussageverweigerungsrecht zukomme, verweigerte der Zeuge in der Folge die Beantwortung einer Reihe an ihn gestellter Fragen (ON 224 S 33 ff).

In der (fortgesetzten) Hauptverhandlung am 13. Jänner 2015 beantragte die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft die Verlesung der früheren Angaben des Arno E*****. Der Schöffensenat lehnte dieses Begehren mit der Begründung ab, dieser Zeuge hätte sich (doch) zu Recht auf das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 157 Abs 1 Z 1 StPO berufen. Aus diesem Grund bestehe „gemäß § 252 Abs 1 Ziffer 2a StPO ein Verlesungsverbot“ (ON 243 S 29).

Die Staatsanwaltschaft behielt sich gegen diesen Beschluss die Geltendmachung der Nichtigkeitsbeschwerde vor (ON 243 S 29).

Die Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich zutreffend gegen den die Verlesung der Angaben des Zeugen ablehnenden Beschluss.

Gemäß § 157 Abs 1 Z 1 StPO besteht das Aussageverweigerungsrecht wegen Gefahr der „Selbstbezichtigung“ im Zusammenhang mit einem bereits gegen ihn laufenden Verfahren nur insoweit, als sich der Zeuge durch eine wahrheitsgemäße und vollständige Aussage über seine bisherige Aussage hinaus selbst belasten müsste. Ist die „Selbstbezichtigung“ im Rahmen einer abgelegten Aussage bereits geschehen, so ist mit ihrer bloßen Wiederholung keine solche Gefahr mehr verbunden (RIS Justiz RS0113809; Fabrizy , StPO 12 § 157 Rz 5). Im Umfang des Beweisthemas, wonach der Auftrag zur Rechnungslegung an die Ö***** GmbH vom Angeklagten Peter W***** stammte, bestand daher im Hinblick auf die zuvor gemachten Angaben des Zeugen Arno E***** kein Zeugnisverweigerungsrecht.

Somit hatte der Vorsitzende des Schöffensenats die Inanspruchnahme dieses Rechts (zunächst) zutreffend abgelehnt, womit die dennoch erfolgte Entschlagung des Zeugen unberechtigt war. In derartigen Fällen erlaubt § 252 Abs 1 Z 3 StPO (auch ohne Einverständnis der Beteiligten) die Verlesung der Protokolle über frühere Vernehmungen (RIS Justiz RS0119860; Kirchbacher , WK StPO § 252 Rz 97). Die Verweigerung der von der Staatsanwaltschaft begehrten Verlesung der in Rede stehenden Vernehmungsprotokolle durch den Schöffensenat war daher verfehlt und wirkte sich offensichtlich (vgl US 33, 67) zum Nachteil für die Anklage aus (§ 281 Abs 3 StPO).

Bereits die aufgezeigten Verfahrens- und Begründungsmängel erfordern in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur in Bezug auf die Freisprüche die Urteilsaufhebung (§ 288 Abs 2 Z 1 StPO), womit sich ein Eingehen auf die weitere Beschwerdeargumentation der Staatsanwaltschaft erübrigt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Haftungsbeteiligten:

Die gegen die konstatierten (die Anlasstat für den vorliegenden Verfallsausspruch darstellenden) Untreuehandlungen des nach den Feststellungen nur kollektiv vertretungsberechtigten, aber ohne Wissen der weiteren Geschäftsführer agierenden (US 30, 35 f, 74) Dr. Leopold W***** und eines nicht mehr feststellbaren Politikers des B***** gerichtete Mängelrüge macht nicht deutlich, weshalb die Konstatierungen zu einem auf Vermögensschädigung der Machtgeberin, Ö***** GmbH, gerichteten Vorsatz im Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zu den Urteilsannahmen betreffend die Monopolstellung dieses Unternehmens und die daraus resultierende wirtschaftliche Abhängigkeit von politischen Vorgaben stehen sollen.

Als prozessordnungswidrig ausgeführt (RIS Justiz RS0099810) präsentiert sich die Beschwerde (Z 9 lit a), soweit sie mangelnde Pflichtwidrigkeit und fehlenden Schädigungsvorsatz des Dr. Leopold W***** mit dem Argument behauptet, die Tathandlung sei erfolgt, um der Machtgeberin „einen vielfach höheren Betrag“ zu ersparen. Denn insoweit übergeht das Rechtsmittel die genau gegenteiligen Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (US 36) sowie die (zum Befugnismissbrauch getroffenen) Feststellungen (US 30, 35 f, 74), wonach Dr. Leopold W***** nur kollektiv vertretungsberechtigt war, aber ohne Wissen der weiteren Geschäftsführer agiert hatte (vgl dazu Kirchbacher/Presslauer in WK 2 StGB § 153 Rz 18).

Zutreffend wendet sich die Rüge jedoch gegen die Ansicht des Erstgerichts, § 20 StGB in der zu den Tatzeitpunkten geltenden Fassung sei nicht günstiger (§§ 1, 61 StGB) als das geltende Recht.

Die Anwendbarkeit der Bestimmungen über vermögensrechtliche Anordnungen richtet sich nach dem Zeitpunkt, zu dem die Straftat begangen wurde, auf die sich die vermögensrechtliche Maßnahme bezieht. Mit Blick auf den vor dem 1. Jänner 2011, demnach vor dem Inkrafttreten des strafrechtlichen Kompetenzpakets, BGBl I 2010/108 (sKp), gelegenen Tatzeitpunkt, ist ein Günstigkeitsvergleich vorzunehmen. Die durch das sKp geänderten Regeln über den Verfall sind gemäß §§ 1, 61 StGB auf vor ihrem Inkrafttreten begangene Taten nur dann anzuwenden, wenn die Gesetze, die zur Zeit der Tat gegolten haben, für den Täter in ihrer Gesamtauswirkung nicht günstiger waren. Beim Günstigkeitsvergleich ist streng fallbezogen in einer konkreten Gesamtschau der Unrechtsfolgen zu prüfen, welches Gesetz in seinen Gesamtauswirkungen für den Täter vorteilhafter wäre (vgl RIS Justiz RS0119545).

Vor dem sKp kannte das Gesetz als vermögensrechtliche Maßnahmen die Abschöpfung der Bereicherung (§ 20 StGB aF) und den Verfall (§ 20b StGB aF). Die einen schuldrechtlichen Anspruch des Staates normierende Abschöpfung der Bereicherung sah vor, dass derjenige, der eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen und dadurch Vermögensvorteile erlangt oder Vermögensvorteile für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung empfangen hat, zur Zahlung eines Geldbetrags zu verurteilen war. Dieser war nach dem sogenannten „Nettoprinzip“ zu ermitteln, dh von den dem Täter zugeflossenen Vermögenswerten war sein dafür gemachter Aufwand abzuziehen.

Diese Regelung wurde mit dem sKp durch eine neue, primär gegenstandsbezogene Verfallsbestimmung (§ 20 StGB idgF) ersetzt. Der Verfall erstreckt sich nun auf alle Vermögenswerte, dh alle wirtschaftlichen Vorteile, die in Zahlen ausgedrückt werden können (Abs 1), sowie deren Nutzungen und Ersatzwerte (Abs 2), die für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung oder durch sie erlangt wurden, und zwar ohne Abzug etwaiger Aufwendungen („Bruttoprinzip“; vgl Fabrizy , StGB 11 § 20 Rz 2). Soweit diese dem Verfall unterliegenden Vermögenswerte nicht sichergestellt oder beschlagnahmt sind, hat das Gericht einen Geldbetrag für verfallen zu erklären, der den erlangten Vermögenswerten entspricht (§ 20 Abs 3 StGB: „Wertersatzverfall“).

Insoweit erweist sich das Tatzeitrecht als günstiger, weil die O***** GmbH nach den Feststellungen der Ö***** GmbH einen Betrag von 250.000 Euro zuzüglich 20 % USt in Rechnung stellte (US 33) und die Umsatzsteuer wie die Beschwerdeführerin zutreffend betont nach dem dargelegten Nettoprinzip nach alter Rechtslage bei der Berechnung des Abschöpfungsbetrags vom Bruttoerlös abzuziehen war ( Fuchs/Tipold in WK 2 StGB [2007] § 20 Rz 56). Dies gilt im Übrigen entgegen der Stellungnahme der Generalprokuratur unabhängig davon, ob die Umsatzsteuer tatsächlich entrichtet wurde, ist doch insoweit bereits deren Entstehung maßgebend (vgl Fuchs/Tipold in WK 2 StGB [2007] § 20 Rz 56 [„Nettoerlös ohne Umsatzsteuer“]; zur Entstehung der Umsatzsteuerschuld vgl § 19 Abs 2 UStG).

Da sonstige Umstände, die das geltende Recht günstiger erscheinen ließen, nicht vorliegen, war der erstgerichtliche Verfallsausspruch nach § 20 Abs 1 StGB idgF zu beseitigen.

Bei der somit vorzunehmenden Entscheidung über den (zutreffend auf Abschöpfung der Bereicherung gerichteten) Antrag der Staatsanwaltschaft (vgl ON 64 in ON 149) war zu berücksichtigen, dass nach § 20 Abs 4 StGB idF BGBl I 2002/134 auch ein Dritter, der an der „Tat“ selbst nicht beteiligt, aber durch die mit Strafe bedrohte Handlung eines anderen oder durch einen für deren Begehung zugewendeten Vermögensvorteil unmittelbar (vgl EBRV StRÄG 1996, 29; Fuchs/Tipold in WK 2 StGB [2007] § 20 Rz 117) und unrechtmäßig bereichert worden war, zur Zahlung eines Geldbetrags in Höhe dieser Bereicherung zu verurteilen ist. Die Abschöpfung beim unmittelbaren Empfänger der Bereicherung ist unabhängig von dessen allfälligem Verschulden vorzunehmen, die bloße Tatsache unmittelbaren Zuflusses genügt ( Fuchs/Tipold in WK 2 StGB [2007] § 20 Rz 122).

Mangels Unmittelbarkeit der Bereicherung ist die Abschöpfung beim Dritten (nur dann) ausgeschlossen, wenn der deliktische Erfolg vorerst und sei es auch nur als Durchgangsstufe dem Täter selbst zufließt ( Fuchs/Tipold in WK 2 StGB [2007] § 20 Rz 117). Ein unmittelbarer Vermögenswert iSd § 20 Abs 4 StGB aF durch den Hintermann ist aber ausnahmsweise anzunehmen, wenn zwar die (formalen) Rechtswirkungen des Geschäfts nur beim Vertreter eintreten, zwischen diesem und dem Hintermann aber von Vornherein vereinbart war, dass der konkrete Vermögenswert, in dem sich die Bereicherung verkörpert, wirtschaftlich dem Hintermann zustehen sollte. In diesem Fall kann die Bereicherung gemäß Abs 4 leg cit unmittelbar bei jenem abgeschöpft werden. Allerdings ist diese Erweiterung der Haftung des Dritten über die direkte Stellvertretung hinaus strikt auf die Fälle des im Vorhinein zwischen Erst- und Zweiterwerber vereinbarten Vermögenserwerbs für einen anderen beschränkt ( Fuchs/Tipold in WK 2 StGB [2007] § 20 Rz 122d und 122e).

Nach den vorliegenden Feststellungen ist anders als bei der jüngst zu 13 Os 143/14z entschiedenen Konstellation von einem solchen unmittelbaren Vermögenszufluss an die Haftungsbeteiligte auszugehen. Demnach wurde zwischen Dr. Leopold W***** und einem hochrangigen B*****-Politiker eine Zahlung von 300.000 Euro an die O***** GmbH vereinbart, welcher Betrag wirtschaftlich dem B***** als Alleingesellschafterin dieses Unternehmens zugute kam. Mit diesem Geld bezahlte die O***** GmbH Rechnungen für den Wahlkampf des B***** (US 32, 36, 84, 85).

Bleibt lediglich der Vollständigkeit halber anzumerken, dass auch insoweit das geltende Recht nicht günstiger ist, weil nach § 20 StGB idgF der unmittelbare Zufluss nicht Voraussetzung des Verfalls bei Dritten ist. Im Übrigen ist selbst der Wertersatzverfall nach § 20a Abs 1 StGB idgF nur dann ausgeschlossen, soweit der Dritte die Vermögenswerte in Unkenntnis der mit Strafe bedrohten Handlung erworben hat (zum Ganzen vgl 13 Os 143/14z). Davon ist im Hinblick auf die Konstatierung, wonach Dr. Leopold W***** die vorliegende Vermögenstransaktion mit einem „nicht mehr feststellbaren hochrangigen“ Politiker des B***** vereinbart hat (US 32), nicht auszugehen.

Vorliegend kommt auch die sogenannte „Härteklausel“ iSd § 20a Abs 2 Z 3 StGB (idF vor BGBl I 2010/108) nicht zum Tragen. Abgesehen von der insoweit als negativ zu bewertenden fehlenden Gutgläubigkeit der Bereicherten (EBRV StRÄG 1996, 30; Fuchs/Tipold in WK 2 StGB [2007] § 20a Rz 48) hat das B***** den Feststellungen zufolge zur Sicherung einer allfälligen vermögensrechtlichen Anordnung des Landesgerichts für Strafsachen Wien im Verfahren AZ 1***** 939.680,53 Euro treuhändig hinterlegt (US 83), worauf auch im Ausmaß von bis zu 300.000 Euro ein im vorliegenden Verfahren ergangener Beschlagnahmebeschluss (ON 251) gerichtet ist. Da der Oberste Gerichtshof zu 13 Os 143/14z mittlerweile den im Verfahren AZ 1***** des Landesgerichts für Strafsachen Wien gestellten Antrag abgewiesen hat, sind Gründe, dass die Zahlung im Ausmaß der eingetretenen Bereicherung das Fortkommen des B***** unverhältnismäßig erschweren oder es unbillig hart treffen würde, nicht ersichtlich.

Das B***** war daher zur Zahlung von 250.000 Euro zu verurteilen.

Rechtssätze
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