JudikaturJustiz11Os92/03

11Os92/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. August 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. August 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner und Dr. Zehetner als weitere Richter, in der Strafsache gegen Mag. Bernhard Pius P***** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB, AZ 071 Hv 14/03b des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 23. Mai 2003, AZ 18 Bs 129/03, nach Anhörung der Generalprokuratur zu Recht erkannt:

Spruch

Mag. Bernhard Pius P***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Die über Mag. Bernhard Pius P***** mit Beschluss des Untersuchungsrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6. Dezember 2002 verhängte Untersuchungshaft wurde in der Folge mehrfach verlängert und mit Beschluss des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 4. April 2003 (ON 66) aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 1 und Abs 2 Z 3 lit c StPO fortgesetzt. Der dagegen erhobenen Beschwerde des in erster Instanz - nicht rechtskräftig wegen §§ 127, 129 Z 1 StGB zu 9 Monaten Freiheitsstrafe - verurteilten Beschuldigten wurde vom Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 23. Mai 2003 keine Folge gegeben (AZ 18 Bs 129/03).

Rechtliche Beurteilung

Gegen die letztgenannte Entscheidung richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten, welcher jedoch keine Berechtigung zukommt.

Der ersichtlich die Annahme des dringenden Tatverdachtes bekämpfenden Beschwerdeargumentation, mit welcher die Auffassung des Oberlandesgerichtes über die "Quasi-Bindungswirkung" des in erster Instanz gefällten Schuldspruches in Frage gestellt wird, ist entgegenzuhalten, dass ein nach Durchführung eines kontradiktorischen Beweisverfahrens ergangener Schuldspruch den für die Verhängung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft erforderlichen dringenden Tatverdacht - unvorgreiflich der vom Berufungsgericht zu treffenden Sachentscheidung über das Rechtsmittel des Beschwerdeführers - jedenfalls hinreichend begründet (vgl Hager/Holzweber GRBG § 2 Rz 19 ff; 12 Os 72/02).

Dass das Oberlandesgericht den Haftgrund der Tatbegehungsgefahr aus der prekären Einkommenssituation des Beschwerdeführers in Verbindung mit dessen "delinquenzkonnexen Alkoholabhängigkeit" erschloss, ist nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeauffassung zuwider sind darin jene bestimmten Tatsachen zu erblicken, welche mit Rücksicht auf die einschlägigen Vorverurteilungen die negative Verhaltensprognose und damit die Annahme des angezogenen Haftgrundes rechtfertigen. Nach Lage des Falles, insbesondere im Hinblick auf eine bereits im Verfahren AZ 32 U 197/00m des Bezirksgerichtes Döbling erteilte Weisung zur Durchführung einer Entwöhnungsbehandlung, ist die Untersuchungshaft auch durch gelindere Mittel, etwa der vom Beschwerdeführer vorgeschlagenen Weisung, sich des Genusses alkoholischer Getränke zu enthalten, nicht substituierbar. Zu Recht und im Einklang mit der Rechtsprechung hat das Oberlandesgericht für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Haft (§ 180 Abs 1 StPO) das in erster Instanz ausgesprochene Strafmaß (von neun Monaten) als Vergleichswert herangezogen (vgl 14 Os 106/00, 13 Os 29/02) und zutreffend die Unverhältnismäßigkeit der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oberlandesgerichtes etwa fünfeinhalb Monate währenden Untersuchungshaft verneint. Auf die Möglichkeit einer bedingten Entlassung ist dabei nur ausnahmsweise, nämlich unter einer hier nicht gegebenen, für ein Vorgehen nach § 265 StPO vorausgesetzten und damit vergleichbaren Konstellation, einzugehen (vgl 13 Os 109/02, 14 Os 7/03, 11 Os 103/94).

Die unbegründete Beschwerde war somit ohne Kostenausspruch (§ 8 GBRG) abzuweisen.