JudikaturJustiz10Ob77/07g

10Ob77/07g – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. September 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Zeki G*****, vertreten durch Dr. Elisabeth Stern, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Canan M*****, vertreten durch den Abwesenheitskurator Dr. Christian Lang, Rechtsanwalt in Wien, wegen 12.821,63 EUR und Feststellung, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 5. Juni 2007, GZ 3 R 54/07v-11, womit über Rekurs der beklagten Partei der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 12. April 2007, GZ 43 Cg 24/07p-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 18. 7. 2006 wurde Rechtsanwalt Dr. Christian Lang zum Abwesenheitskurator des Beklagten mit dem Auftrag bestellt, diesen auf seine Gefahr und Kosten zu vertreten, bis er selbst auftritt oder eine bevollmächtigte Person namhaft macht.

Das Erstgericht stellte dem Beklagten die Gleichschrift der am 31. 1. 2007 eingebrachten Klage samt dem Auftrag zur Erstattung der Klagebeantwortung an der ihm durch Erhebungen bekanntgewordenen Anschrift zu. Der Beklagte übernahm die Sendung am 26. 2. 2007. Eine Kopie der Klage und einen Auftrag zur Klagebeantwortung ließ das Erstgericht dem Abwesenheitskurator zustellen. Dieser übernahm die Schriftstücke am 23. 2. 2007.

Mit dem am 26. 2. 2007 zur Post gegebenen Schriftsatz erstattete der Abwesenheitskurator Klagebeantwortung und berichtete, um Kontaktaufnahme mit dem Beklagten bemüht zu sein.

Das Erstgericht wies die Klagebeantwortung zurück, weil die Abwesenheitskuratel ab dem Zeitpunkt des Bekanntseins des Aufenthaltsorts des Beklagten von selbst erloschen sei und der Abwesenheitskurator daher nicht mehr wirksam eine Klagebeantwortung erstatten habe können.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs des vom Abwesenheitskurator vertretenen Beklagten Folge. Es hob den angefochtenen Beschluss ersatzlos auf und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Insbesondere gestützt auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 4 Ob 2351/96f vertrat es die Auffassung, solange der für den Beklagten einschreitende Rechtsanwalt vom Pflegschaftsgericht seines Amtes als Abwesenheitskurator nicht enthoben sei, bleibe seine Befugnis, den Beklagten zu vertreten, weiter aufrecht, sodass ein Erlöschen der Abwesenheitskuratel ipso iure bloß wegen des Bekanntwerdens eines derzeitigen Aufenthaltsortes des Abwesenden - entgegen einer Judikaturlinie des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien und der Meinung von Stabentheiner in Rummel, ABGB³ § 283 Rz 2, und von Weitzenböck in Schwimann, ABGB³ § 283 Rz 3 - nicht vertreten werden könne. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eindeutige höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob das bloße Bekanntwerden einer Anschrift des Abwesenden von selbst zum Erlöschen der Abwesenheitskuratel führe, nicht vorliege und die Entscheidung 4 Ob 2351/96f einen anders gelagerten Sachverhalt betroffen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Klägers ist entgegen dem, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes mangels Vorliegens einer iSd § 528 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 4 Ob 2351/96f ausgesprochen, dass die Befugnis des Abwesenheitskurators, für den Kuranden einzuschreiten und Rechtsmittel zu erheben, nicht verneint werden kann, solange der Bestellungsbeschluss aufrecht ist. Dieser Auffassung ist der Oberste Gerichtshof in der, einen Zustellkurator betreffenden Entscheidung 8 Ob 33/05v gefolgt (vgl auch RIS-Justiz RS0102031, wonach es sich auch beim Beschluss über die Enthebung eines Kurators um einen rechtsgestaltenden Beschluss handelt). Da die vom Rekursgericht als erheblich angesehene Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes beantwortet ist, hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO ab, weshalb der Revisionsrekurs unzulässig ist.