JudikaturJustiz10Ob53/04y

10Ob53/04y – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Dezember 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hopf, Dr. Fellinger, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma Baumeister Ing. Richard L*****, vertreten durch Dr. Hans Georg Mondel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei O*****, wegen EUR 13.614,70 sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 23. Juli 2004, GZ 12 R 127/04s 16, womit der Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 4. Mai 2004, GZ 27 Cg 179/03x 12, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit der am 29. 8. 2003 beim Erstgericht eingelangten Mahnklage begehrt der Kläger von der beklagten Partei die Zahlung von EUR 13.614,70 sA an Entgelt für Baumeistertätigkeiten. Zur inländischen Gerichtsbarkeit führte der Kläger aus, dass die Rechtsgeschäfte der beklagten Partei gemäß Art 3 Abs 3 des Amtssitzabkommens (BGBl 1982/248) der Jurisdiktion der österreichischen Gerichte unterlägen.

Das Erstgericht erließ den beantragten Zahlungsbefehl, welcher laut Zustellschein am 8. 9. 2003 von einem "Direktor" der beklagten Partei eigenhändig übernommen wurde.

In einer mit 6. 10. 2003 datierten und an das Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten gerichteten "Note verbale" bestritt die beklagte Partei das Klagebegehren dem Grunde nach, führte jedoch nicht aus, ob sie auf ihre völkerrechtliche Immunität in diesem Fall verzichte. Dieser "Einspruch" der beklagten Partei wurde am 8. 10. 2003 im Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten protokolliert. Der "Einspruch" der beklagten Partei samt Begleitschreiben des Bundesministeriums für Auswärtige Angelegenheiten langte am 17. 10. 2003 beim Erstgericht ein.

In der Folge richtete der Erstrichter ein Vermittlungsersuchen gemäß § 33 RHE Ziv 1997 an das Bundesministerium für Justiz und ersuchte um Einholung einer Erklärung der beklagten Partei, ob sie gemäß Art 9 des Amtssitzabkommens auf die Immunität von der inländischen Gerichtsbarkeit verzichte. Der Erstrichter gab in diesem Ersuchen auch bekannt, dass er davon ausgehe, die Zustellung des Zahlungsbefehles sei bisher nicht rechtswirksam erfolgt. Am 31. 3. 2004 führte die beklagte Partei in einer an das Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten adressierten "Note verbale" aus, sie verzichte nicht auf ihre Immunität.

Das Erstgericht wies daraufhin die Klage "unter gleichzeitiger Aufhebung des Zahlungsbefehles vom 3. 9. 2003" als unzulässig zurück. Der Zahlungsbefehl hätte der beklagten Partei nicht unmittelbar zugestellt werden dürfen. Aus § 11 Abs 2 ZustG ergebe sich die Notwendigkeit, die Vermittlung des Bundesministeriums für Auswärtige Angelegenheiten für Zustellungen an internationale Organisationen in Anspruch zu nehmen. Eine Heilung der Zustellung gemäß § 7 ZustG sei in diesem Fall nicht möglich gewesen. Die beklagte Partei sei gemäß Art 9 des Amtssitzabkommens von jeglicher Jurisdiktion befreit, es sei denn, sie habe in einem besonderen Fall ausdrücklich auf die Immunität verzichtet. Ein derartiger Verzicht sei aber nicht erfolgt, weshalb die Klage gemäß § 42 Abs 1 JN zurückzuweisen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers keine Folge und bestätigte den angefochtenen Beschluss mit der Maßgabe, dass der Zahlungsbefehl vom 3. 9. 2003 für nichtig erklärt und die Klage zurückgewiesen wurde. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass der Zahlungsbefehl der beklagten Partei nicht gesetzmäßig zugestellt worden sei. Eine Heilung der Zustellung durch tatsächliches Zukommen des Schriftstückes gemäß § 7 ZustG komme bei der hier vorliegenden Verletzung der Zustellvorschrift des § 11 Abs 2 ZustG nicht in Betracht, da die im § 11 Abs 2 ZustG zwingend vorgesehene Vorgangsweise die Einhaltung völkerrechtlicher Immunitäten und Privilegien sicherstellen und dem Schutz der privilegierten Personen dienen solle. Auch die in § 33 RHE Ziv 1997 vorgesehene Vorgangsweise, wonach zuerst die Anfrage über den Verzicht auf die Immunität einzuholen sei und erst bei Verzicht auf diese die Zustellung erfolgen könne, spreche gegen eine Heilungsmöglichkeit der Zustellung im Sinne des § 7 ZustG. Weiters dürfe gemäß Art 5 Abs 1 des Amtssitzabkommens (BGBl 1982/248) kein Funktionär oder Beamter der Republik Österreich noch irgendeine in der Republik Österreich Hoheitsrechte ausübende Person den Amtssitzbereich betreten, um dort Amtshandlungen zu setzen, außer mit Zustimmung des Generaldirektors und unter den von ihm festgelegten Bedingungen. Auch diese Bestimmung deute darauf hin, dass eine Heilung der Zustellung, die eine Amtshandlung darstelle, hier nicht möglich sei. Schließlich habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es schon die Bedachtnahme auf die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechtes verbiete, § 7 ZustG den Inhalt beizumessen, dass damit auch Verstöße gegen in Staatsverträgen enthaltene ausdrückliche Zustellverbote und damit unerlaubte Eingriffe in die Hoheitsrechte eines anderen Staates saniert würden (VwSlg 14813 A/1997). Zwar beziehe sich dieser Rechtssatz auf einen anderen Staat - und nicht auf eine internationale Organisation - und es liege ihm auch ein ausdrückliches Zustellverbot in einem Staatsvertrag - und nicht wie im vorliegenden Fall eine Generalklausel wie Art 5 des Amtssitzabkommens - zugrunde, doch sei die vom Verwaltungsgerichtshof angestellte Überlegung verallgemeinerungsfähig und daher auch auf den vorliegenden Fall anwendbar. Die Zustellung des Zahlungsbefehles an die beklagte Partei sei daher nicht rechtswirksam erfolgt und das Verfahren damit noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.

Der Mangel der inländischen Gerichtsbarkeit auf Grund einer Immunität bedeute das Fehlen einer absoluten Prozessvoraussetzung, wobei - abgesehen von einem Verzicht auf die Immunität - eine Heilung durch Parteienverhalten nicht möglich sei. Selbst wenn auf die Immunität auch durch konkludentes Handeln verzichtet werden könne, so sei doch evident, dass in der Erhebung eines Einspruches gegen einen Zahlungsbefehl noch keine Unterwerfung unter die inländische Gerichtsbarkeit zu erblicken sei. Die beklagte Partei habe auch in ihrer "Note verbale" vom 31. 3. 2004 ausdrücklich erklärt, nicht auf ihre Immunität zu verzichten. Es sei daher der angefochtene Beschluss mit der Maßgabe zu bestätigen, dass der erlassene Zahlungsbefehl für nichtig erklärt und die Klage wegen mangelnder inländischer Gerichtsbarkeit zurückgewiesen werde.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil es - soweit erblickbar - an einer Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur rechtserheblichen Frage fehle, ob bei Verletzung der Bestimmungen des § 11 Abs 2 ZustG eine Heilung der Zustellung im Sinn des § 7 ZustG durch tatsächliches Zukommen möglich sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der rechtzeitige Revisionsrekurs des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss sowie den Beschluss des Erstgerichtes ersatzlos zu beheben und die Rechtskraft des ergangenen Zahlungsbefehles zu bestätigen. Hilfsweise wird beantragt, den angefochtenen Beschluss ersatzlos zu beheben und das Verfahren zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Kläger bringt in seinem Rechtsmittel zunächst vor, die beklagte Partei unterliege nach dem Amtssitzabkommen in obligationenrechtlicher Hinsicht der österreichischen Jurisdiktion und es liege daher insoweit keine Immunität vor.

Dazu ist grundsätzlich zu bemerken, dass die Frage, ob jemand Immunität genießt, vom Gericht selbständig zu prüfen ist. Im Zweifelsfall hat es hierüber gemäß Art IX Abs 3 EGJN die Auskunft des BM für Justiz einzuholen (SZ 74/20; 3 Ob 258/98g mwN ua). Die Befreiung internationaler Organisationen und ihrer Vermögen von nationaler Gerichtsbarkeit (Immunität) ergibt sich regelmäßig aus den einschlägigen internationalen Abkommen oder den zwischen ihnen und der Republik geschlossenen Abkommen (Amtssitzabkommen). Auf diese Weise sollen die internationalen Organisationen vor Eingriffen und Einflussnahmen durch die Organe einzelner Staaten geschützt werden (vgl RIS Justiz RS0045442). Internationale Organisationen genießen weitergehende Vorrechte als fremde Staaten. Während ausländische Staaten nach innerstaatlichem Recht und herrschendem Völkerrecht nur für hoheitliches Handeln, nicht jedoch im Rahmen ihrer Eigenschaft als Privatrechtsträger Immunität genießen, ist die Immunität internationaler Organisationen im Rahmen ihrer funktionellen Beschränkung grundsätzlich als absolut anzusehen (SZ 65/87, SZ 63/206 mwN ua). Die unterschiedliche Behandlung fremder Staaten und internationaler Organisationen in der innerstaatlichen Rechtsordnung erklärt sich daraus, dass infolge des funktionellen Charakters der Rechtspersönlichkeit jeder internationalen Organisation alle ihre Handlungen eng mit ihrem Organisationszweck in Verbindung stehen müssen (Seidl Hohenveldern/Loibl, Das Recht der internationalen Organisationen einschließlich der supranationalen Gemeinschaften7 Rz 1908 ua). So wurde bereits entschieden, dass internationale Organisationen bei Forderungen des Bestandgebers aus den über ihren Sitz abgeschlossenen Bestandverträgen Immunität genießen (SZ 65/87). Die Immunität stellt bloß eine verfahrensrechtliche Schranke für die Rechtsdurchsetzung dar, sie ändert jedoch nichts an der Geltung des materiellen Rechtes. Im besonderen Fall ist ein Verzicht auf die Immunität durch den administrativen Leiter der internationalen Organisation möglich (vgl Neuhold/Humer/Schreiner, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts I3 174).

Die beklagte Partei genießt den Status einer internationalen Organisation und hat mit der Republik Österreich ein Abkommen über den Amtssitz des OPEC Fonds für internationale Entwicklung (BGBl 1982/248) getroffen (vgl Matscher in Fasching2 I Art IX EGJN Rz 316). Im Sinne der oben dargelegten allgemeinen Ausführungen sind gemäß Art 3 Abs 3 des Amtssitzabkommens, soweit in diesem Abkommen nichts anderes vorgesehen ist, die innerhalb des Amtssitzbereiches gesetzten Handlungen und vorgenommenen Rechtsgeschäfte der Jurisdiktion der Gerichte oder sonst zuständigen Organe der Republik Österreich auf Grund der geltenden gesetzlichen Bestimmungen unterworfen. Die Regierung anerkennt die Rechtspersönlichkeit des Fonds und im Besonderen seine Fähigkeit, Verträge zu schließen, bewegliches und unbewegliches Eigentum zu erwerben und darüber zu verfügen, alle finanziellen und sonstigen Operationen gemäß der Begriffsbestimmung des Übereinkommens zur Errichtung des Fonds durchzuführen, gerichtliche Verfahren anhängig zu machen ..... (Art 7). Nach Art 9 ist der Fonds und sein Eigentum, wo immer es liegt und in wessen Händen es sich befindet, von jeglicher Jurisdiktion befreit, es sei denn, dass der Fonds in einem besonderen Fall ausdrücklich auf seine Immunität verzichtet hat. Es besteht jedoch Einverständnis, dass der Verzicht sich nicht auf Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erstrecken kann.

Nach dem dem Rekurs angeschlossenen Auftragsschreiben der beklagten Partei vom 13. 7. 1999 betrafen die klagsgegenständlichen Baumeisterarbeiten Renovierungsarbeiten am ständigen Amtssitz der beklagten Partei unter der Adresse Wien, ***** und standen damit im engen Zusammenhang mit der funktionellen Tätigkeit der beklagten Partei, weshalb der beklagten Partei im vorliegenden Verfahren zweifelsfrei Immunität zukommt. Daran vermag auch der Hinweis des Klägers auf Art 3 Abs 3 des Amtssitzabkommens nichts zu ändern, da nach dieser Bestimmung die innerhalb des Amtssitzbereiches gesetzten Handlungen und vorgenommenen Rechtsgeschäfte der Jurisdiktion der Gerichte oder sonst zuständigen Organe der Republik Österreich auf Grund der geltenden gesetzlichen Bestimmungen nur insoweit unterworfen sind, als in diesem Abkommen nichts anderes vorgesehen ist. Nach Art 9 des Abkommens ist jedoch der Fonds und sein Eigentum, wo immer es liegt und in wessen Händen es sich befindet, von jeglicher Jurisdiktion befreit, es denn, dass der Fonds in einem besonderen Fall ausdrücklich auf seine Immunität verzichtet hat. Wie die weiteren Ausführungen noch zeigen werden, hat die beklagte Partei im vorliegenden Verfahren nicht auf ihre Immunität verzichtet.

Gemäß § 11 Abs 2 ZustG ist zur Vornahme von Zustellungen an Ausländer - (auch an ausländische Staaten [vgl 9 ObA 14/03d mwN]) - oder internationale Organisationen, denen völkerrechtliche Privilegien und Immunitäten zustehen, unabhängig von ihrem Aufenthaltsort oder Sitz die Vermittlung des Bundesministeriums für Auswärtige Angelegenheiten in Anspruch zu nehmen. Auch nach § 32 Abs 3 JN ist zur Ausführung der gerichtlichen Verfügungen, die Personen betreffen, die Immunität genießen, die Vermittlung des Bundesministeriums für Auswärtige Angelegenheiten in Anspruch zu nehmen. Nach § 33 Abs 2 RHE Zivil 1997 ist die Erklärung, durch die auf die Immunität einer Person von der inländischen Gerichtsbarkeit verzichtet wird, durch Vermittlung des Bundesministeriums für Justiz einzuholen. Klagen und andere Geschäftsstücke, die dieser Person für den Fall des Verzichtes auf ihre Immunität von der inländischen Gerichtsbarkeit zuzustellen sind, sind gleichzeitig samt einem vorbereiteten Zustellschein vorzulegen. Gleiches gilt, wenn die Erklärung einer zwischenstaatlichen Organisation darüber einzuholen ist, ob sie auf die Immunität von der inländischen Gerichtsbarkeit verzichtet (§ 33 Abs 2 RHE Zivil 1997). Nach § 34 Abs 1 RHE Zivil 1997 sind Geschäftsstücke, auf deren Zustellung § 11 Abs 2 ZustG anzuwenden ist, dem Bundesministerium für Justiz zur Weiterleitung an das Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten vorzulegen.

Es wurde in der Rechtsprechung bereits darauf hingewiesen, dass die Beschränkung der Zustellung auf die Vermittlung des Bundesministeriums für Auswärtige Angelegenheiten in § 11 Abs 2 ZustG bzw § 32 Abs 3 JN zwingend vorgesehen ist und eine Zustellung in anderer Weise (wie beispielsweise im vorliegenden Fall durch unmittelbare Zustellung durch die Post) gesetzwidrig wäre (9 ObA 14/03d mwN). Es wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass Zustellungen im Ausland als Hoheitsakte - mangels eines Abkommens der beteiligten Staaten, das diesen Vorgang regelt, - einen Eingriff in die Hoheitsrechte des betroffenen ausländischen Staates bewirken. Deshalb ist in derartigen Fällen der Zustellungen an völkerrechtlich privilegierte Personen oder internationale Organisationen die Vermittlung des Bundesministeriums für Auswärtige Angelegenheiten gefordert, das mit dem in Frage kommenden Personenkreis enge Verbindung unterhält und auch die einfließenden völkerrechtlichen Gesichtspunkte wahrzunehmen berufen ist (9 ObA 14/03d unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien RV 162 BlgNR XV. GP 10).

Strittig ist hier vor allem die Frage, ob diese gesetzwidrige Zustellung gemäß § 7 ZustG dadurch heilen konnte, dass der Zahlungsbefehl am 8. 9. 2003 einem "Direktor" der beklagten Partei tatsächlich zugekommen ist. Die Beantwortung der Frage, ob der bei der Übermittlung eines gerichtlichen Schriftstückes eingehaltene Vorgang als rechtswirksame "Zustellung" angesehen werden kann, bestimmt im Verfahren vor einem österreichischen Gericht ausschließlich das österreichische Recht. Nach ihm ist insbesondere auch die Frage zu beantworten, unter welchen Voraussetzungen bei der Zustellung unterlaufene Mängel nachträglich geheilt werden können (RIS Justiz RS0036434). Unterlaufen bei der Zustellung Mängel, so gilt sie gemäß § 7 ZustG als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Schriftstück dem von der Behörde angegebenen Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Die Frage, ob ein bei der Zustellung unterlaufener Fehler im Hinblick auf § 7 ZustG geheilt wurde, ist von der Behörde von Amts wegen zu prüfen. Allfällige Mängel des Zustellvorganges sind nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auch dann als geheilt anzusehen, wenn das zuzustellende Schriftstück seinen Empfänger im Ausland wirklich erreicht hat (Gitschthaler in Rechberger, ZPO2 § 87 [§ 7 ZustG] Rz 3 mwN; 10 Ob 99/00g mwN ua; RIS Justiz RS0083735, RS0036481). So wurde beispielsweise entschieden, dass eine im Rechtshilfeverkehr unzulässige (§ 121 Abs 1 ZPO, § 11 Abs 1 ZustG) Zustellung unmittelbar durch die Post gemäß § 7 ZustG dadurch geheilt wurde, dass die Entscheidung dem Adressaten tatsächlich zugekommen ist (vgl 5 Ob 545/84; RIS Justiz RS0036481). Auch der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass für die Frage der Heilung von Mängeln einer im Ausland erfolgten Zustellung grundsätzlich § 7 ZustG maßgeblich ist, es sei denn, aus einem internationalen Abkommen ergebe sich ausdrücklich oder von seiner Zwecksetzung her Gegenteiliges (VwGH, 23. 6. 2003, Zl 2002/17/0182 mwN). Enthalten Staatsverträge ausdrückliche Zustellverbote, dann können dadurch unerlaubte Eingriffe in die Hoheitsrechte eines anderen Staates nicht nach § 7 ZustG saniert werden (VwSlg 14813 A/1997).

Bei der Prüfung der Frage, ob auch in den Fällen des § 11 Abs 2 ZustG (Zustellung an Ausländer oder internationale Organisationen, denen völkerrechtliche Privilegien und Immunitäten zustehen ...) im Fall einer gesetzwidrigen Zustellung die Heilungsmöglichkeit nach § 7 ZustG zur Anwendung kommt, ist zu berücksichtigen, dass die Ausübung von Gerichtsbarkeit gegenüber einem immunen Rechtssubjekt völkerrechtswidrig wäre und ein völkerrechtliches Unrecht darstellen könnte. Der Antrag auf Nichtigerklärung eines bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 42 Abs 2 JN dient ua dem Zweck, die Folgen eines solchen völkerrechtlichen Unrechtes nachträglich zu beseitigen (Matscher aaO Rz 119 mwN). Die Immunität schließt aber nicht aus, dass ein immunes Rechtssubjekt als Kläger oder Antragsteller vor einem inländischen Gericht auftritt bzw es sich sonstwie der inländischen Gerichtsbarkeit freiwillig unterwirft (Art IX Abs 2 erster Fall EGJN). Die immunen Rechtssubjekte sind daher insofern der inländischen Gerichtsbarkeit entzogen, als sie im Prinzip nicht Beklagte, Antragsgegner oder sonstwie Adressaten oder Gegenstand staatlicher Gerichtstätigkeit sein können; dazu zählen auch Ladungen oder sonstige Zustellungen, mit denen verbindliche Aufträge erteilt oder Zwangsfolgen angedroht werden. Völkerrechtlich zulässig sei allerdings nach einer in der Lehre vertretenen Auffassung eine "einfache" Zustellung (etwa einer Klage) oder Ladung (zu einer Tagsatzung, als Zeuge, Partei oder Auskunftsperson), da unter Umständen erst aus der Reaktion der Adressaten entnommen werden könne, ob diese Immunität genießen, ob sie gegebenenfalls darauf verzichten bzw bereit seien, einer Zeugenladung Folge zu leisten. Der Justizgewährungsanspruch des Klägers oder Antragstellers gebiete sogar die Vornahme einer solchen Zustellung bzw die Einholung einer entsprechenden Verzichts oder Bereitschaftserklärung (Matscher aaO Rz 120 ff mwN).

Im vorliegenden Fall käme nach Ansicht des erkennenden Senates eine allfällige Heilung der gemäß § 11 Abs 2 ZustG gesetzwidrig erfolgten direkten Zustellung des mit Zwangsfolgen verbundenen Zahlungsbefehles an die beklagte Partei gemäß § 7 ZustG daher nur dann in Betracht, wenn die beklagte Partei (auch) auf ihre Immunität verzichtet hätte. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass nach Art IX Abs 2 erster Fall EGJN auf die Immunität verzichtet werden kann. Zuständig zur Abgabe der Verzichtserklärung ist in Bezug auf eine internationale Organisation das zu ihrer Vertretung nach außen zuständige Organ. Der Verzicht muss ausdrücklich erklärt werden und ist nur für den Fall bindend, für den er abgegeben wurde (SZ 37/94). In der Annahme gerichtlicher Erledigungen allein kann noch nicht ein Verzicht auf die Immunität erblickt werden (ZBl 1926/105; VwGH, 28. 10. 1981, Zl 81/13/0031 ua). Der Verzicht kann sowohl vor als auch nach Entstehung des Rechtsstreites oder während der Anhängigkeit eines Gerichtsverfahrens erklärt werden. Ein für das Erkenntnisverfahren getätigter Verzicht umfasst nicht das Vollstreckungsverfahren (Matscher aaO Rz 151 ff). Ein ausdrücklicher Verzicht auf die Immunität durch die beklagte Partei liegt unbestritten nicht vor. Nach Ansicht von Matscher aaO Rz 156 f und 144 kann im Sinne des auch im Völkerrecht geltenden Vertrauensschutzes auf die Immunität auch durch konkludentes Handeln verzichtet werden, wobei allerdings ein rein passives Verhalten (Entgegennahme einer Klage, einer Ladung, Nichterscheinen bei einer Tagsatzung) noch nicht als konkludenter Verzicht gewertet werden kann. Das einen Verzicht auf die Immunität implizierende Handeln kann vom immunen Rechtssubjekt selbst oder von dessen Bevollmächtigten gesetzt werden, wobei für im Zuge eines anhängigen Verfahrens bzw für dem Gericht gegenüber abgegebene Verzichtserklärungen wohl auch die Regelungen über den Anwaltszwang zum Tragen kommen. Auch nach dieser Auffassung bedingt jedoch der Einspruch gegen den Zahlungsbefehl allein noch keine Unterwerfung unter die inländische Gerichtsbarkeit (Matscher aaO Rz 165). Ein wirksamer Verzicht der beklagten Partei auf ihre Immunität liegt daher auch im Hinblick auf diese Ausführungen nicht vor. Die beklagte Partei hat auch in ihrer "Note verbale" vom 31. 3. 2004 ausdrücklich erklärt, nicht auf ihre Immunität zu verzichten.

Da somit ein Verzicht der beklagten Partei auf ihre Immunität nicht vorliegt, kommt auch eine Heilung der gesetzwidrig erfolgten Zustellung gemäß § 7 ZustG nicht in Betracht. Daraus folgt, dass eine rechtswirksame Zustellung des Zahlungsbefehles an die beklagte Partei bisher nicht erfolgt ist und das Verfahren damit noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war, weshalb die Klage von den Vorinstanzen wegen fehlender inländischer Gerichtsbarkeit gemäß § 42 Abs 1 JN zu Recht zurückgewiesen wurde.

Dem Rechtsmittel des Klägers war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

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