JudikaturJustiz10Ob507/88

10Ob507/88 – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. September 1988

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier, Dr. Angst, Dr. Bauer und Dr. Kellner als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Renate L***, geb. 23. Juli 1980, Stefan L***, geb. 30. März 1978, Thomas L***,

geb. 27. Juli 1975 und Ulrike L***, geb. 26. August 1971, alle 4171 St. Peter/Wimberg, Iglbach 37, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, diese vertreten durch Dr. Hans Hochleitner, Dr. Josef Broinger und Dr. Johannes Hochleitner, Rechtsanwälte in Eferding, infolge Revisionsrekurses des Vaters Josef L***, Servicemonteur, 4174 Niederwaldkirchen 67, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 16. Feber 1988, GZ. 18 R 82/88-37, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neufelden vom 26. November 1987, GZ. P 42/83-32, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Beschluß des Rekursgerichtes wird mit der Maßgabe bestätigt, daß er lautet:

"Der Vater Josef L*** ist schuldig, anstelle der im Vergleich vor dem Landesgericht Linz vom 2. Dezember 1983, GZ. 10 Cg 179/83, vereinbarten Unterhaltsbeträge seinen ehelichen Kindern L*** monatlich Unterhalt zu bezahlen, und zwar die bei Rechtskraft dieses Beschlusses bereits fälligen Beträge binnen 14 Tagen, die weiteren Beträge je für einen Monat im voraus, spätestens bis 5. eines jeden Monates zu Handen der Kindesmutter Marianne M***, 4171 St. Peter/Wimberg, Iglbach 37, zu zahlen:

Vom 15. Juli 1987 bis 31. Oktober 1987:

für die mj. Renate S 2.000,-- für den mj. Stefan S 2.300,-- , für den mj. Thomas S 2.500,-- und für die mj. Ulrike S 2.800,--, weiters

ab 1. November 1987:

für die mj. Renate S 1.400,--, für den mj. Stefan S 1.700,--, für den mj. Thomas S 1.900,--, für die mj. Ulrike S 2.200,--. Das Unterhaltsmehrbegehren von S 600,-- je Kind ab 1. November 1987 wird abgewiesen".

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern der mj. Kinder wurde am 2. Dezember 1983 geschieden. In dem anläßlich der Scheidung geschlossenen Vergleich verpflichtete sich der Vater Josef L*** ab 1. Jänner 1984 monatlich für Renate S 1.000,--, für Stefan S 1.300,--, für Thomas S 1.500,-- und für Ulrike S 1.800,-- zu bezahlen. Die Mutter Marianne L***, nunmehr wieder verehelichte M*** verpflichtete sich, Josef L*** hinsichtlich der Unterhaltsverpflichtung schad- und klaglos zu halten.

Die Pflege und Erziehung der Kinder steht der Mutter zu. Sie führt den Haushalt und verdient bei der Firma C*** Gesellschaft mbH als Abnehmerin im Schichtbetrieb monatlich S 8.000,-- . Renate besucht die zweite Klasse, Stefan die vierte Klasse Volksschule, Thomas die vierte Klasse Hauptschule und Ulrike die Frauenfachschule in Bergheim.

Josef L*** bezog als Servicemonteur bei der Firma H*** in Linz in der Zeit von Jänner bis einschließlich Juni 1987 einschließlich Überstundenentgelt, Prämien, Sonderzahlungen und der Hälfte der Taggelder für auswärtige Dienstverrichtungen ein durchschnittliches Nettoeinkommen von S 17.500,-- monatlich. Er hat kein Vermögen und bezahlt bei der R*** L***

Rückzahlungsraten von S 2.500,-- monatlich für ein Darlehen, das er für den Hausbau mit seiner geschiedenen Frau gemeinsam aufgenommen hat. Diese hatte sich im Scheidungsvergleich zur Rückzahlung dieses Darlehens verpflichtet.

Am 10. Oktober 1987 hat Josef L*** wieder geheiratet. Er hat für seine einkommenslose Ehefrau und das gemeinsame drei Jahre alte Kind zu sorgen.

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach beantragte am 15. Juli 1987 die Erhöhung der im Scheidungsvergleich vereinbarten Unterhaltsbeiträge des Vaters für die vier Minderjährigen um je S 1.000,--, weil die Bedürfnisse der Kinder erheblich gestiegen seien.

Das Erstgericht gab dem Erhöhungsbegehren im Ausmaß von S 200,-- pro Kind statt und wies das Mehrbegehren von S 800,-- pro Kind ab.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters keine Folge, teilweise aber jenem der Kinder und änderte die erstgerichtliche Entscheidung dahin ab, daß es den Vater für die Zeit vom 15. Juli 1987 bis 31. Oktober 1987 verpflichtete, für Renate S 2.000,--, für Stefan S 2.300,--, für Thomas S 2.500,-- und für Ulrike S 2.800,-- und ab 1. November 1987 für Renate S 1.400,--, für Stefan S 1.700,--, für Thomas S 1.900,-- und für Ulrike S 2.200,-- zu zahlen und wies das Mehrbegehren von S 600,-- pro Kind ab 1. November 1987 ab. Unter Berücksichtigung der Einkommen der Eltern, der Pflege der Kinder durch die Mutter und aller Sorgepflichten des Vaters seien die Unterhaltsbeträge angemessen. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, die Erhöhungsbegehren der Kinder zur Gänze abzuweisen und den Beschluß hinsichtlich der bereits im Scheidungsvergleich festgesetzten Beträge als nichtig aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Die behauptete Ausschließung des Vertreters des Vaters vom Fragerecht anläßlich der Vernehmung vor dem Erstgericht stellt entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers keine Nichtigkeit dar. Der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO - die Nichtigkeitsgründe der ZPO sind auch im Außerstreitverfahren analog heranzuziehen - ist nur dann gegeben, wenn das rechtliche Gehör gänzlich verletzt wird, nicht aber schon schon dann, wenn einem Parteienvertreter anläßlich einer Beweisaufnahme keine Möglichkeit zum Einschreiten geboten wird. Im Außerstreitverfahren sind alle Umstände und Verhältnisse, die auf die rechtliche Verfügung Einfluß haben, gemäß § 2 AußStrG von Amts wegen aufzunehmen. Selbst wenn die Parteien zur Beweisaufnahme und zu Ermittlungen nicht herangezogen wurden, bildet dies keinen Nichtigkeitsgrund, soferne sie nur nicht völlig vom Verfahren ausgeschlossen werden, weil das Außerstreitverfahren nicht vom Unmittelbarkeitsgrundsatz beherrscht wird (EFSlg. 37.114, 30.385 ua). Die im Revisionsrekurs bezogene Entscheidung EFSlg. 49.720 betrifft nur die Frage der Zustellung von Beschlüssen an den Bevollmächtigten. Dem Vater wurde ausreichend Gelegenheit zu mündlichen und schriftlichen Äußerungen zum Unterhaltserhöhungsantrag der Kinder gegeben. Im übrigen wird im Revisionsrekurs auch in keiner Weise dargetan, welcher Nachteil dem Vater durch die Nichtzuziehung seines Anwaltes zur Vernehmung entstanden wäre, welchen Einfluß dies also auf die gerichtliche Entscheidung hatte.

Auch eine Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Das Rekursgericht hat die erstgerichtlichen Feststellungen, darunter auch jene wiedergegeben, daß Josef L*** (wie er auch selbst angegeben hat) an die R*** L*** Darlehensraten von

S 2.500,-- monatlich zahlt. Wenn daher auf Seite 5 der Entscheidungsausfertigung von einer Kreditrate von S 3.500,-- die Rede ist, welche das Rekursgericht im übrigen nicht als Abzugspost bei Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage wertete, so stellt dies leicht erkennbar einen bloßen Schreibfehler dar. Nur wenn in einem Revisionsrekurs nicht nur geltend gemacht wird, daß die für die Bemessung des Unterhaltes maßgeblichen Vorschriften innerhalb des dort gezogenen Rahmens falsch angewendet wurden, sondern auch gerügt wird, daß die Rechtsgrundlage der Bemessung aus einem Rechtsirrtum nicht in die Ermessenserwägungen einbezogen wurde, wird auch der Grund des Anspruches berührt (SZ 45/87). Die Ausführungen im Revisionsrekurs, die Vorinstanzen hätten weder den Durchschnittsbedarf ermittelt, noch durch Anwendung der "Prozentkomponente" festgestellt, daß der Vater auf Grund der neuen Sorgepflicht für Frau und Kind zu einer Erhöhung der Unterhaltsleistungen nicht in der Lage sei, darin liege eine offenbare Gesetzwidrigkeit, stellen nur eine gemäß § 14 Abs 2 AußStrG unzulässige Bekämpfung der Unterhaltsbemessung dar. Das Rekursgericht hat unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Unterhaltsberechtigten, der vorhandenen Mittel und der Leistungsfähigkeit der unterhaltspflichtigen Eltern die Höhe des Unterhaltes im Rahmen des § 140 ABGB ausgemessen. Durch die Nichtheranziehung von Durchschnittsbedarfssätzen wird kein gesetzlicher Grundsatz für die Unterhaltsbemessung verletzt, da diese Durchschnittssätze als bloße Hilfsmittel die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles nicht ersetzen (vgl JBl. 1976, 314). Auch die Beurteilung des Einflusses der im Vergleich übernommenen Ersatzpflicht der Mutter für die vom Vater zu leistenden Unterhaltsbeträge auf deren Höhe fällt in das Gebiet der irrevisiblen Unterhaltsbemessung.

Warum aber die Entscheidung über die gestellten Unterhaltserhöhungsanträge der Kinder und damit das Ersetzen des bisherigen Unterhaltstitels durch einen neuen ab einem bestimmten Zeitpunkt nichtig sein soll, ist nicht erkennbar.

Um aber sicherzustellen, daß nicht zwei Exekutionstitel nebeneinander bestehen, war der angefochtene Beschluß mit der aus dem Spruch ersichtlichen Maßgabe zu bestätigen.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Rechtssätze
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