W261 2301268-1/24E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS als Einzelrichterin über die Beschwerde des minderjährigen XXXX auch XXXX , geb. XXXX auch XXXX , StA. Syrien, gesetzlich vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land, Bereich 3 – Jugend und Familie, diese vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten, Außenstelle Klagenfurt, vom 01.10.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der mj. Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 11.10.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Am 12.10.2023 fand seine Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Dabei gab der Beschwerdeführer unter anderem an, dass er aus dem Dorf XXXX , im Gouvernement Idlib, stamme, der Volksgruppe der Araber angehöre und Muslim sei. Er habe sechs Jahre die Grundschule besucht und danach in der Landwirtschaft gearbeitet. Neben seinen Eltern würden noch seine Geschwister in der Türkei leben.
Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, dass er Syrien mit seiner Familie verlassen habe, als er noch klein gewesen sei. In Syrien herrsche Krieg, es gebe dort keine Zukunft. Bei der Rückkehr fürchte er den Krieg.
3. Am 02.07.2024 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er zu seinen persönlichen Verhältnissen im Wesentlichen an, dass er gesund und nicht in medizinischer Behandlung sei. Er gehöre der Volksgruppe der Araber an und sei sunnitischer Muslim. Er sei im Dorf XXXX im Gouvernement Idlib geboren und habe dort bis zu seinem 6. Lebensjahr gelebt. Danach seien seine Familie und der Beschwerdeführer in die Türkei gezogen. Er habe fünf Jahre die Grundschule in der Türkei besucht. Er sei ledig und habe keine Kinder. Der Beschwerdeführer habe regelmäßigen Kontakt zu seinen Familienangehörigen. Im Rahmen der Einvernahme legte der Beschwerdeführer syrische Dokumente vor.
Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass er Syrien im Alter von ca. fünf Jahren gemeinsam mit seiner Familie aufgrund von Bombardierungen verlassen habe. Die Türkei habe er aufgrund von Rassismus verlassen, er habe nicht mehr zur Schule gehen können. Seine Eltern hätten Angst, dass sie von den Türken geschlagen werden. Er sei nach Österreich gekommen, um in die Schule gehen zu können und eine Zukunft zu haben.
4. Mit E-Mail vom 15.07.2024 brachte der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigte Vertretung eine Stellungnahme ein. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass Jugendliche in seiner Herkunftsprovinz von verschiedensten Gruppierungen zwangsrekrutiert werden würden. Besonders betroffen seien alleinstehende Minderjährige. Laut den UNHCR-Richtlinien würden Kinder unter eine Reihe von Risikoprofilen fallen. Außerdem handle es sich beim Beschwerdeführer um einen Rückkehrer aus dem Westen, zudem stamme er aus einem umstrittenen Gebiet, auch deswegen könne ihm vom syrischen Regime eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werden. Der Beschwerdeführer könne im Fall einer Rückkehr aufgrund der Sicherheitslage auch keinesfalls eine Schule besuchen. Zudem sei die Sicherheits- und Versorgungslage in Syrien volatil.
5. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 01.10.2024 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr (Spruchpunkt III.).
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass es glaubhaft sei, dass der Beschwerdeführer aufgrund des Krieges gemeinsam mit seiner Familie aus Syrien ausgereist sei. Der Beschwerdeführer sei jedoch keiner individuellen Verfolgung ausgesetzt. Er sei niemals politisch aktiv gewesen und habe sich niemals an Kampfhandlungen beteiligt. Wie sich die Situation hinsichtlich einer Wehrdienstverpflichtung bei der syrischen Armee für den Beschwerdeführer, sobald er die Volljährigkeit erreicht habe, entwickeln werde, sei zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht absehbar. Das Vorliegen einer Gefährdung sei zum verfahrensrelevanten Zeitpunkt abzuklären. Gegenwärtig liege für den Beschwerdeführer keine Gefahr vor. Er sei im Herkunftsstaat keiner Verfolgung bzw. Verfolgungsgefährdung durch staatliche Organe oder Privatpersonen ausgesetzt gewesen. Es habe auch aus den sonstigen Umständen keine Verfolgung aus konventionsrelevanten Gründen festgestellt werden können.
Es würden jedoch Gründe für die Annahme bestehen, dass im Fall einer Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung aufgrund der derzeitigen Lage in Syrien für den Beschwerdeführer eine nicht ausreichende Lebenssicherheit bestehe. Daher sei ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen.
6. Mit E-Mail vom 15.10.2024 erhob der Beschwerdeführer gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides durch seine bevollmächtigte Vertretung fristgerecht Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass er eine Zwangsrekrutierung als Minderjähriger befürchte. Er lehne es ab für jegliche Streitkräfte in Syrien zu kämpfen. Er fürchte auch aufgrund seiner Eigenschaft als Angehöriger von Personen, die als regierungsfeindlich wahrgenommen werden würden, vom syrischen Regime verfolgt zu werden, da ihm dadurch eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werden würde. Zudem drohe ihm ohne männlichen bzw. familiären Schutz bzw. Unterstützung in Syrien Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Kinder. Weiters befürchte er eine Verfolgung durch das syrische Regime aufgrund einer unterstellten oppositionellen Gesinnung wegen seiner illegalen Ausreise aus Syrien und der Antragstellung auf internationalen Schutz im Ausland. Die belangte Behörde habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt, indem sie mangelhafte Länderfeststellungen getroffen und die beigezogenen Länderberichte nicht ausreichend gewürdigt habe. Auch die Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides sei aus näher dargestellten Gründen mangelhaft.
Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre dem minderjährigen Beschwerdeführer daher internationaler Schutz gemäß § 3 AsylG zu gewähren gewesen.
7. Die belangte Behörde legte das Beschwerdeverfahren mit Schreiben vom 16.10.2024 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, wo dieses am 23.10.2024 einlangte.
8. Mit Eingabe vom 27.11.2024 brachte der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigte Vertretung eine Stellungnahme ein. Darin führte er im Wesentlichen aus, dass sein Herkunftsort aktuell wieder unter der Kontrolle des syrischen Regimes stehe. Die Ortschaft zähle zu jenen, in denen sich die Bevölkerung im Zuge der syrischen Revolution als erstes gegen das Assad-Regime aufgelehnt habe. Des Weiteren verwies er auf die UNHCR-Richtlinien zum internationalen Schutz, Nr. 8: Asylanträge von Kindern, sowie auf die ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Zwangsrekrutierung Minderjähriger (Konzentration auf 14-16-jährige, regionale Unterschiede) [a-11806]. Insbesondere im nordwestlichen Teil Syriens würden Kinderrekrutierungen stattfinden. Der Beschwerdeführer gehöre zur sozialen Gruppe „der minderjährigen Burschen aus dem Dorf XXXX ohne soziales/familiäres Netzwerk“. Er erweise sich ohne schützende Kernfamilie als qualifiziert schutzbedürftiger im Vergleich zu anderen Burschen aus dem Dorf XXXX .
9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 03.12.2024 eine mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertretung zu seinen persönlichen Umständen, seinen Fluchtgründen und der Situation im Falle einer Rückkehr befragt wurde. Die belangte Behörde nahm entschuldigt nicht an der Verhandlung teil, die Verhandlungsschrift wurde ihr übermittelt. Der Beschwerdeführer legte keine weiteren Bescheinigungsmittel vor und verwies auf die bereits im bisherigen Verfahren vorgelegten Bescheinigungsmittel. Das Bundesverwaltungsgericht legte die aktuellen Länderinformationen vor und räumte den Parteien des Verfahrens die Möglichkeit ein, hierzu eine Stellungnahme abzugeben.
10. Mit Schreiben vom 04.12.2024 informierte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer und die belangte Behörde – unter Vorlage der Kurzinformation der Staatendokumentation Syrien, Sicherheitslage Dezember 2024 vom 03.12.2024 –, dass sich die Sicherheitslage in Syrien maßgeblich geändert habe. Im Rahmen des Parteiengehörs wurde den Verfahrensparteien gemäß § 45 AVG iVm § 17 VwGVG die Möglichkeit zur Einbringung einer Stellungnahme eingeräumt.
11. Mit Eingabe vom 13.12.2024 brachte der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigte Vertretung fristgerecht eine Stellungnahme ein. Darin führte er im Wesentlichen aus, dass seine Herkunftsregion nun unter Kontrolle der HTS stehe. Im Falle einer Rückkehr drohe ihm eine asylrelevante Zwangsrekrutierung vonseiten der HTS. Die HTS rekrutiere minderjährige Kinder für militärische Zwecke. Der Beschwerdeführer sei ein Jugendlicher ohne soziales oder familiäres Unterstützungsnetzwerk in seinem Herkunftsgebiet. Er gehöre zur sozialen Gruppe „der minderjährigen Burschen aus dem Dorf XXXX ohne soziales/familiäres Netzwerk“.
12. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 15.05.2025 eine weitere mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertretung zu seinen persönlichen Umständen, seinen Fluchtgründen und der Situation im Falle einer Rückkehr befragt wurde. Die belangte Behörde nahm entschuldigt nicht an der Verhandlung teil, die Verhandlungsschrift wurde ihr übermittelt. Der Beschwerdeführer legte keine weiteren Bescheinigungsmittel vor und verwies auf die bereits im bisherigen Verfahren vorgelegten Bescheinigungsmittel. Das Bundesverwaltungsgericht legte die aktuellen Länderinformationen vor und räumte den Parteien des Verfahrens die Möglichkeit ein, hierzu eine Stellungnahme abzugeben.
13. Mit Eingabe vom 22.05.2025 brachte der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigte Vertretung eine Stellungnahme ein. Darin führte er im Wesentlichen aus, dass das neue Länderinformationsblatt bezüglich des Wehrdienstes bzw. möglicher Zwangsrekrutierungen vonseiten der HTS kaum neue bzw. brauchbare Informationen enthalte. Es werde sogar angemerkt, dass derzeit hinsichtlich der Zwangsrekrutierungen vonseiten der HTS keine ausreichenden Informationen vorhanden seien. Länderberichte würden seit jeher vonseiten der HTS gezielte Zwangsrekrutierungen auch von Minderjährigen schildern. Dem Länderinformationsblatt seien Informationen zu entnehmen, wonach die HTS mit einer Art Wehrpflicht in Idlib geliebäugelt habe. Bei einer Wehrdienstverweigerung würde er vonseiten der HTS als politischer/religiöser Gegner aufgefasst werden, dies werde noch durch seine Ausreise aus Syrien verstärkt. Die HTS gehe teils brutal gegen politische Gegner vor. Zudem seien Kinder aufgrund der aktuellen Situation laut dem aktuellen Länderinformationsblatt einem höheren Risiko von Kinderarbeit, Kinderheirat, Menschenhalde, sowie Rekrutierung und Einsatz durch Konfliktparteien ausgesetzt.
14. Mit Schreiben vom 25.07.2025 informierte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer und die belangte Behörde, dass es weitere aktuelle Länderberichte (EUAA, Interim Country Guidance Syria, Juni 2025 und EUAA, Country Focus Syria, Juli 2025) seiner Entscheidung zugrunde legen werde und räumte den Verfahrensparteien ein förmliches Parteiengehör gemäß § 45 AVG iVm § 17 VwGVG samt Möglichkeit zur Stellungnahme ein. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Verfahrensparteien darauf hin, dass es beabsichtige seine Entscheidung auf der Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ohne Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung zu erlassen, soweit eine eingelangte Stellungnahme nichts Anderes erfordere.
15. Mit Eingabe vom 29.07.2025 brachte der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigte Vertretung fristgerecht eine Stellungnahme ein. Darin führte er im Wesentlichen aus, dass die EUAA bei Kindern als maßgebliche Faktoren die sozioökonomische Lage und den Familienstand berücksichtigen würde. Der Beschwerdeführer habe in Syrien keine Kernfamilie. Der Beschwerdeführer habe mangels Aufenthalts seiner Kernfamilie in Syrien im Fall einer hypothetischen Rückkehr ein hohes Risiko, obdachlos zu werden und in einem IDP-Lager zu landen. Neben den EUAA Berichten verwies der Beschwerdeführer noch auf den Bericht des SJAC (Child Recruitment Practices Continue in Syria Before and After the Fall of Assad, 05.06.2025).
Die belangte Behörde gab keine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des minderjährigen Beschwerdeführers:
Der minderjährige Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und wurde am XXXX im Dorf XXXX im Gouvernement Idlib in Syrien geboren. Er ist syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber sowie sunnitischer Muslim. Seine Muttersprache ist Arabisch, er spricht zudem Türkisch.
Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder.
Seine Eltern heißen XXXX (auch XXXX ) XXXX (geb. XXXX ) und XXXX (auch XXXX ) XXXX (geb. XXXX ) und leben in der Türkei. Der Beschwerdeführer hat zwei Schwestern, XXXX (geb. XXXX , lebt in Syrien) und XXXX (geb. XXXX , lebt in Syrien), sowie sechs Brüder, XXXX (auch XXXX , geb. XXXX , IFA: XXXX , lebt in Österreich), XXXX (geb. XXXX , IFA: XXXX , lebt in Österreich), XXXX (geb. XXXX , lebt in Deutschland), XXXX (geb. XXXX , lebt in Deutschland), XXXX (geb. XXXX , lebt in der Türkei) und XXXX (geb. XXXX , lebt in der Türkei).
Der Beschwerdeführer hat auch Verwandte väterlicherseits, die in Syrien leben.
Der Beschwerdeführer hat regelmäßigen Kontakt mit seiner Familie.
Der Beschwerdeführer lebte bis zu seiner Ausreise aus Syrien in seinem Geburtsort. Im Alter von fünf Jahren zog der Beschwerdeführer mit seinen Eltern in die Türkei. Dort besuchte er fünf Jahre lang die Grundschule.
Das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers, das Dorf XXXX im Gouvernement Idlib, befindet sich unter Kontrolle der neuen syrischen Regierung.
Der Beschwerdeführer verließ Syrien 2014 in Richtung Türkei, wo er bis 2023 lebte. Anschließend reiste er weiter und hielt sich unter anderem in Bulgarien, Serbien und Ungarn auf und reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in Österreich ein und stellte am 11.10.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
1.2.1. Nach monatelanger Vorbereitung starteten islamistische Regierungsgegner unter der Führung der dschihadistischen Gruppe Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS), welche vormals als Al-Nusra-Front bekannt war, die Operation „Abschreckung der Aggression“ und brachten am 08.12.2024 die syrische Hauptstadt Damaskus unter ihre Kontrolle und beendeten damit die Herrschaft des syrischen Assad-Regimes. Der ehemalige syrische Machthaber Bashar al-Assad verließ daraufhin das Land und flüchtete nach Russland.
Der Beschwerdeführer läuft daher nicht Gefahr von physischer und/oder psychischer Gewalt vonseiten der ehemaligen syrischen Regierung unter dem ehemaligen Machthaber Bashar al-Assad bedroht oder zwangsrekrutiert zu werden. Der Beschwerdeführer leistete aufgrund seines jungen Alters bei seiner Ausreise aus Syrien niemals einen Wehrdienst bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) – die mit Befehl al-Assads noch im Dezember 2024 offiziell aufgelöst wurde – ab. Er läuft daher ebenso nicht Gefahr von der neuen syrischen Regierung als Assad-Regimeanhänger angesehen zu werden, da sich der Beschwerdeführer niemals politisch äußerte oder sonst in irgendeiner Art politisch agierte. Zudem nahm er niemals an Kampfhandlungen oder Menschenrechtsverletzungen in Syrien teil.
1.2.2. Die neue syrische Regierung – anfänglich angeführt von der ehemaligen islamistischen Gruppe HTS, wobei fast die Hälfte der Ernannten in keiner Verbindung zur HTS stand, besteht aus Technokraten, ethnischen Minderheiten und mehreren engen Vertrauten Ahmad ash-Shara’s – wendet keine institutionalisierten Rekrutierungsverfahren an. Der neue syrische Präsident Ahmad ash-Shara’ – früher als HTS-Anführer unter dem Namen Mohammed al-Joulani bekannt – versprach, die neue Armee in eine professionelle, auf Freiwilligen basierende Truppe umzuwandeln, um die Professionalität in den Reihen zu fördern und sich von der Wehrpflichtpolitik zu entfernen, die das zusammengebrochene Assad-Regime charakterisierte. Die Aufnahmebedingungen für Männer sind ein Alter zwischen 18 und 22 Jahre, ledig und frei von chronischen Krankheiten und Verletzungen.
Dem XXXX -jährigen-Beschwerdeführer droht aufgrund seines Alters und in Ermangelung einer Wehrpflicht keine Zwangsrekrutierung vonseiten der neuen syrischen Regierung.
Ebenso droht ihm auch keine Zwangsrekrutierung vonseiten der ehemaligen HTS, da die Gruppierung am 29.01.2025 offiziell ihre Auflösung bekannt gab.
Der Beschwerdeführer ist auch aufgrund seiner Minderjährigkeit nicht gefährdet von der offiziell aufgelösten HTS und/oder der neuen syrischen Regierung zwangsrekrutiert zu werden. Es gibt derzeit keine Länderberichte, die die Zwangsrekrutierung von Minderjährigen durch die neue syrische Regierung belegen. Zudem geriet der Beschwerdeführer auch niemals in das Visier der nunmehr aufgelösten HTS oder der neuen syrischen Regierung, insbesondere da er sich niemals politisch betätigte.
1.2.3. In der Demokratischen Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES) ist eine Selbstverteidigungspflicht für Männer ab dem vollendeten 18. Lebensjahr festgelegt. Das sogenannte Verteidigungsbüro des Exekutivrats der DAANES hat die für die Wehrpflicht erforderlichen Geburtsjahrgänge festgelegt, demnach ist jeder, der zwischen dem 01.01.1998 und dem 31.12.2006 geboren ist, für den Dienst der Selbstverteidigung wehrpflichtig.
Der Beschwerdeführer läuft nicht Gefahr vonseiten der SDF/YPG zwangsrekrutiert zu werden, weil er einerseits das wehrpflichtige Alter noch nicht erreicht hat und andererseits sein Herkunftsgebiet nicht in der DAANES liegt, die SDF/YPG/Revolutionäre Jugend keine Zugriffsmöglichkeiten auf ihn hat und er damit auch nicht der Selbstverteidigungspflicht der kurdischen Behörden unterliegt.
1.2.4. Die Syrian National Army (SNA) erlegt Zivilisten – ebenso wie die ehemalige HTS – in von ihnen kontrollierten Gebieten keine Wehrdienstpflicht auf. Weiters unterzeichnete die SNA, darunter Ahrar ash-Sham und die Armee des Islam, sowie die mit ihnen verbündeten Gruppierungen und Fraktionen am 03.06.2024 einen Aktionsplan mit den Vereinten Nationen, um die Rekrutierung und den Einsatz sowie die Tötung und Verstümmelung von Kindern gemäß der Resolution 1539 (2004) des Sicherheitsrats und nachfolgender Resolutionen zu beenden und zu verhindern.
Für den Beschwerdeführer besteht in seiner Herkunftsregion nicht die Gefahr, vom ehemaligen Assad-Regime, der offiziell aufgelösten HTS, der neuen syrischen Regierung, der SDF/YPG oder einer anderen bewaffneten Gruppierung zum Militärdienst zwangsverpflichtet zu werden.
1.2.5. Der Beschwerdeführer hat zwei Schwestern, sowie Verwandte väterlicherseits in Syrien. Im Fall einer Rückkehr ist der Beschwerdeführer nicht als „alleinstehendes Kind“ anzusehen. Weiters droht ihm im Fall einer Rückkehr nicht konkret und individuell die Gefahr physischer und/oder psychischer Gewalt aufgrund seiner Minderjährigkeit.
1.2.6. Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet in Syrien wegen seiner illegalen Ausreise oder der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in Österreich keine Lebensgefahr und auch kein Eingriff in seine körperliche Integrität.
1.2.7. Auch sonst ist der Beschwerdeführer persönlich und konkret nicht der Gefahr ausgesetzt, aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.
1.8. Eine Einreise in die Herkunftsregion des Beschwerdeführers ist diesem beispielsweise über den Flughafen Damaskus möglich.
1.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren auf nachstehenden Quellen:
- BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien, Version 12, veröffentlicht am 08.05.2025 (LIB);
- BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien, Version 11, veröffentlicht am 27.03.2024 (LIB 2);
- UNHCR, Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 6. aktualisierte Fassung, März 2021 (UNHCR 1);
- UNHCR, Position on returns to the Syrian Arab Republic, Dezember 2024 (UNHCR 2);
- ACCORD, Anfragebeantwortung zu Syrien: Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung, Rekrutierungen durch andere bewaffnete Gruppen (z.B. Yekîneyên Parastina Gel, YPG); Zwangsrekrutierungen vom 21.03.2025 (ACCORD);
- EUAA, Country Focus Syria, März 2025 (EUAA 1);
- EUAA, Interim Country Guidance Syria, Juni 2025 (EUAA 2);
- EUAA, Country Focus Syria, Juli 2025 (EUAA 3).
1.3.1. Politische Lage - Regierungsführung unter der neuen syrischen Regierung
1.3.1.1. Politischer Übergang
Nach dem Sturz der Regierung von Baschar al-Assad am 8. Dezember 2024 wurde eine Übergangsregierung eingesetzt. Der ehemalige Premierminister Mohammed al-Jalali übergab die Macht formell an Mohammed al-Bashir, den neu ernannten Übergangspremierminister, um die Fortführung der staatlichen Funktionen, wie Al-Jalali erklärte, einschließlich der Zahlung der Gehälter im öffentlichen Dienst, sicherzustellen. Al-Sharaa erklärte, die Organisation nationaler Wahlen könne aufgrund des notwendigen Wiederaufbaus der Wahlinfrastruktur bis zu fünf Jahre dauern. Er bekräftigte ferner, dass Syrien als „Republik mit einem Parlament und einer Exekutive“ strukturiert sein werde. Am 29. Dezember skizzierte Ahmad al-Sharaa einen mehrjährigen Fahrplan, der die Ausarbeitung einer neuen Verfassung innerhalb von drei Jahren und anschließende Wahlen sowie Pläne für eine Nationale Dialogkonferenz zur Förderung von Versöhnung und Inklusivität vorsieht. Als Teil des Übergangsprozesses betonte Al-Sharaa die Bedeutung der Wahrung der nationalen Einheit und lehnte den Föderalismus ab. Erste Verhandlungen fanden mit den SDF und dem Kurdischen Nationalrat (KNC) statt, um kurdische Fraktionen in den politischen Prozess einzubeziehen. Die ursprünglich für Anfang Januar geplante Nationale Dialogkonferenz wurde jedoch später verschoben, um ein breiter angelegtes Vorbereitungskomitee einzurichten, das alle Teile der syrischen Gesellschaft repräsentierte. Sie fand schließlich am 25. Februar 2025 statt, nachdem vorbereitende Workshops auf lokaler Ebene eingeleitet worden waren. Sie tagte mit rund 600 Teilnehmern in Damaskus. In ihrer Abschlusserklärung betonte sie die territoriale Integrität Syriens, verurteilte die israelischen Einfälle und forderte einen Rückzug. Sie sah außerdem die Verabschiedung einer vorläufigen Verfassungserklärung, die Bildung eines vorläufigen Legislativrates und die Ausarbeitung eines Entwurfs für eine dauerhafte Verfassung mit Schwerpunkt auf Menschenrechten und Freiheit vor. In der Abschlusserklärung wurde ferner die Bedeutung der Teilhabe von Frauen, der friedlichen Koexistenz und der Einrichtung kontinuierlicher nationaler Dialogmechanismen erwähnt. Die Konferenz wurde jedoch wegen ihrer übereilten Organisation und mangelnden Repräsentativität kritisiert. Ende Januar erklärte die Übergangsregierung die syrische Verfassung von 2012 für ungültig und löste das Parlament, das Militär und die Sicherheitsbehörden der ehemaligen Regierung auf. Al-Sharaa erklärte, er werde einen Übergangsgesetzgebungsrat einrichten, der die Regierung bis zur Verabschiedung einer neuen Verfassung unterstützen soll (EUAA 1).
1.3.1.2. Regierungsbildung
Nach der Machtübernahme in Damaskus setzte die HTS eine Übergangsregierung ein, die sich hauptsächlich aus Beamten der ehemaligen syrischen Heilsregierung (SSG) in Idlib zusammensetzte. Al-Sharaa bezeichnete dies als vorübergehende Maßnahme zur Wahrung der Stabilität und Wiederherstellung der Grundversorgung. Zunächst übernahmen Minister der SSG nationale Ministerposten, während einige Beamte und Staatsbedienstete der ehemaligen Regierung in ihren Positionen blieben, um die Kontinuität zu gewährleisten. Am 10. Dezember 2024 wurde Mohammed Al-Bashir, ein Ingenieur aus dem Gouvernement Idlib und ehemaliger Vorsitzender der SSG im Nordwesten Syriens, die zusammen mit der HTS gebildet wurde, zum Interimspremierminister ernannt. Seine Amtszeit und die der Übergangsregierung sollten am 1. März 2025 enden, doch Ende Januar 2025 gab es noch keinen Termin für Wahlen in Syrien. Inzwischen etablierte sich Ahmad Al-Sharaa, Vorsitzender der HTS, als De-facto-Führer Syriens. Am 29. Januar 2025 wurde Al-Sharaa für die Übergangszeit zum Präsidenten ernannt. Am 21. Dezember ernannte die Übergangsregierung Asaad Hassan Al-Shibani zum Außenminister und Murhaf Abu Qasra zum Verteidigungsminister. Beide waren bekannte Verbündete Al-Sharaas. Weitere Ernennungen umfassten Mohamed Abdel Rahman zum Innenminister, Mohammed Yaqoub Al-Omar zum Informationsminister, Mohamed Taha Al-Ahmad zum Minister für Landwirtschaft und Bewässerung, Nazir Mohammed Al-Qadri zum Bildungsminister und Shadi Mohammed Al-Waisi zum Justizminister. Alle drei hatten zuvor Positionen in der Heilsregierung innegehabt. Darüber hinaus übernahmen Fadi Al-Qassem, Mohamed Abdel Rahman Muslim, Hossam Hussein und Basil Abdul Aziz ihre jeweiligen Ämter als Entwicklungsminister, Minister für lokale Verwaltung und Dienstleistungen, Minister für Stiftungen und Wirtschaftsminister. Anas Khattab (auch bekannt unter seinem Kampfnamen Abu Ahmad Hudood), ein ehemaliger Anführer der Nusra-Front, wurde zum Chef des Allgemeinen Geheimdienstes ernannt. Die Ernennung von Maher Al-Sharaa zum Gesundheitsminister löste Kontroversen aus, da er der Bruder von Al-Sharaa ist. Zur neuen Regierung gehörte auch eine Frau, Aisha Al-Debs, als Direktorin des Büros für Frauenangelegenheiten. Im Januar nahm die Übergangsregierung ihre erste größere Kabinettsumbildung vor und ersetzte Mohammad Abdul Rahman durch Ali Kidda als Innenminister. Kidda war Berichten zufolge ein enger Vertrauter von Al-Sharaa. Laut BBC News gab es keinen transparenten Mechanismus für die Auswahl von Ministern, und es blieb unklar, ob diese Ernennungen im Rahmen einer Konsultation oder allein durch Al-Sharaa erfolgten. Diese Ungewissheit schürte Diskussionen über eine mögliche Erweiterung der Regierung um ausländische Oppositionsmitglieder und inländische Experten (EUAA 1).
Am 29.1.2025 wurde die Auflösung bewaffneter Gruppierungen in Syrien bekannt gegeben, darunter auch die HTS (LIB).
1.3.1.3. Militärreformen
Vor ihrem Einmarsch in Damaskus am 8. Dezember versprach die HTS, den institutionellen Rahmen Syriens aufrechtzuerhalten, und verkündete später eine Generalamnestie für syrische Armeesoldaten. Die Übergangsregierung leitete daraufhin einen Siedlungsprozess ein, der die Wiedereingliederung zahlreicher ehemaliger Regierungs- und Militärangehöriger, darunter hochrangiger Beamter, erleichterte. Einige von ihnen waren in schwere Kriegsverbrechen verwickelt, wie beispielsweise Fadi Saqr. Neben den freiwilligen Siedlungsverfahren spürte die Militäroperationsverwaltung (MOA), die Kommandozentrale der neuen, von der HTS geführten Übergangsregierung, Personen auf, die sich der Siedlung entzogen. Im Rahmen dieser Kampagnen wurden ehemalige Offiziere verhaftet, während andere freigelassen wurden, nachdem festgestellt wurde, dass sie nicht an Übergriffen beteiligt waren. Laut Etana gab es Bedenken hinsichtlich des fehlenden Prozesses, da Berichte auf Hinrichtungen von Milizionären niedriger Ebene hindeuten, die die Behörden als isolierte Akte gemeinschaftlicher Rache darstellen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR), eine in Großbritannien ansässige Überwachungsorganisation, berichtete Mitte Januar, dass innerhalb weniger Tage 8.000 Personen in den MOA-Zentren in Sallamiyah, Hama, Versöhnungsabkommen schlossen. Die Zahl der Offiziere und Angehörigen der Streitkräfte der vorherigen Regierung in Gefängnissen wie Adra, Hama und Harim stieg auf über 9.000, darunter 2.000, die aus dem Irak zurückgekehrt waren. Die meisten wurden festgenommen, nachdem sie bei Razzien oder Kontrollpunkten gefasst worden waren. Die Übergangsregierung schaffte außerdem die Wehrpflicht ab, außer in Situationen wie nationalen Notständen. Laut Samir Saleh, Mitglied des Militärkommandos im Umland von Damaskus, wird die syrische Armee eine Armee von Freiwilligen sein, an der sich die Bevölkerung beteiligen soll, um die Landesgrenzen zu sichern. Ehemalige Überläufer, wie Offiziere der Freien Syrischen Armee (FSA), erhalten je nach ihrer Expertise einen Sonderstatus innerhalb der Struktur des Verteidigungsministeriums. Am 29. Dezember wurde eine Liste mit 49 neuen Militärkommandeuren veröffentlicht, darunter HTS-Mitglieder, desertierte Offiziere der syrischen Armee und mindestens sechs Nicht-Syrer; die sieben höchsten Positionen sollen mit HTS-Mitgliedern besetzt sein. Schließlich verpflichtete sich die Übergangsregierung, alle Rebellenfraktionen in das Verteidigungsministerium zu integrieren. Zwischen Januar und Februar 2025 bemühten sich die Übergangsministerien für Verteidigung und Inneres, alle bewaffneten Fraktionen zu einer einzigen Militär- und Polizeitruppe zu vereinen. Das Verteidigungsministerium berichtete, über 70 Fraktionen in sechs Regionen hätten sich zur Integration bereit erklärt, und es wurde ein Oberster Ausschuss eingerichtet, der die militärischen Mittel wie Personal, Stützpunkte und Waffen regeln soll. Am 29. Januar verkündete die Übergangsregierung offiziell die Auflösung aller Oppositionsparteien und Militärgruppen, wobei unklar blieb, inwieweit dies auch für die SDF galt. Die SDF widersetzten sich zunächst der Integration, insbesondere nachdem ihr Vorschlag, als halbautonome Einheit beizutreten, vom Verteidigungsministerium abgelehnt worden war, das ihnen Verzögerungstaktiken vorwarf. Anfang März wurde jedoch bekannt gegeben, dass die SDF eine Vereinbarung zur Integration ihrer Streitkräfte und zivilen Institutionen in die neue syrische Regierung unterzeichnet hatten. Bis Mitte Februar hatte die Übergangsregierung rund 100 bewaffnete Fraktionen, darunter die von den USA unterstützte Syrische Freie Armee, erfolgreich in ein neues syrisches Militär und Verteidigungsministerium integriert. Einige Fraktionen, wie die von Ahmad al-Awda in Südsyrien und verschiedene drusische Militärgruppen, leisteten jedoch weiterhin Widerstand. Die bewaffneten Fraktionen des Gouvernements Sweida blieben vollständig intakt; im Januar entstanden zwei neue Militärverbände (EUAA 1).
1.3.1.4. Reformen im öffentlichen Sektor
In der Anfangsphase des Übergangs beabsichtigte die neue Regierung, wichtige staatliche Institutionen zu erhalten und zu reaktivieren, um die Grundversorgung aufrechtzuerhalten. Infolgedessen blieben viele wichtige staatliche Institutionen funktionsfähig. Im Berichtszeitraum leitete die neue Regierung einige institutionelle Reformen ein. Nach der Machtübernahme stellte die Übergangsregierung zuvor wegen ihrer Beteiligung an der syrischen Revolution entlassene öffentliche Angestellte wieder ein und entließ gleichzeitig im Rahmen einer Umstrukturierungsmaßnahme Hunderte von Angestellten einer einzigen Direktion mit dem erklärten Ziel, Institutionen zu verkleinern und ineffizientes Personal abzubauen. Während die Übergangsregierung wirtschaftliche Gründe für die Entlassungen angibt, werfen einige ehemalige Angestellte der neuen Regierung konfessionelle und politische Gründe vor. Katar kündigte an, die von der Übergangsregierung zugesagte 400-prozentige Lohnerhöhung im öffentlichen Sektor mitzufinanzieren. Die ausländische Finanzierung war zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts noch nicht bestätigt. Um die von der Baath-Partei ernannten Mitglieder der Anwaltskammer zu entfernen, ersetzte die Übergangsregierung den Rat der Zentralen Anwaltskammer Syriens durch Mitglieder der Freien Anwaltskammer aus Idlib. Khitam Haddad, seit 2023 stellvertretende Justizministerin, behielt ihr Amt und kündigte Anfang Januar an, dass Straf- und Zivilverfahren unter der Übergangsregierung wiederaufgenommen würden, während des vorherigen Regimes begangene Verbrechen jedoch noch nicht behandelt würden. Einige Anwälte kritisierten den nicht gewählten Anwaltsrat der Übergangsregierung als autoritär, während die Rechtsstrukturen aus der Assad-Ära, einschließlich des Terrorismusgesetzes, intakt blieben. Weitere Schritte der neuen Regierung umfassten die Übertragung der Kontrolle über Grenzübergänge zur Türkei – wie Bab Al-Salama, Al-Rai und Jarablus – an die Übergangsregierung sowie die Integration von Bildungseinrichtungen wie der Universität Aleppo in das Ministerium für Hochschulbildung und wissenschaftliche Forschung in Damaskus. Schließlich wurden die NGOs vom Ministerium für Soziales und Arbeit dazu verpflichtet, sich erneut registrieren zu lassen. Dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNPF) zufolge hat dies die Wiederherstellung zahlreicher Gesundheits- und Schutzeinrichtungen behindert und ihre Fähigkeit, weiterhin medizinische und soziale Dienste bereitzustellen, eingeschränkt (EUAA 1).
1.3.1.5. Wirtschaftliche Reformen und Sanktionen
Die Übergangsverwaltung begann mit der Einleitung wirtschaftlicher Reformen, wobei HTS seine Absicht ankündigte, ein System der freien Marktwirtschaft umzusetzen. Institutionelle Reformen umfassten die Entlassungen von Staatsangestellten zur Verkleinerung staatlicher Institutionen, mit Plänen, ein Drittel aller Mitarbeiter im öffentlichen Sektor - einschließlich sogenannter "Gespenstermitarbeiter" - zu entlassen und zu einer Marktwirtschaft überzugehen. Maysaa Sabrine wurde zur Gouverneurin der Zentralbank ernannt, und der Übergangsfinanzminister Mohammed Abazeed stellte Pläne zur Umstrukturierung der Regierungsministerien für verbesserte Effizienz und Verantwortlichkeit vor, obwohl spezifische Modernisierungsmaßnahmen unklar blieben. Abazeed schlug auch eine Überarbeitung des Steuersystems vor. Um potenziellen Engpässen bei Gütern entgegenzuwirken, öffnete die Regierung den Grenzübergang Nasib zu Jordanien, eine wichtige Handelsroute, und wies die staatliche Syrische Petroleumgesellschaft an, den Betrieb wiederaufzunehmen. In der Zwischenzeit signalisierte die Türkei ihre Bereitschaft, in Syriens Wirtschaft zu investieren. Anfang Januar erließ die Vereinigten Staaten eine sechsmonatige Ausnahme von den Sanktionen, die bis zum 7. Juli wirksam ist, um humanitäre Hilfe nach dem Abgang Assads zu erleichtern. Die Ausnahme erlaubte spezifische Transaktionen mit Regierungsinstitutionen auf allen Ebenen, einschließlich Krankenhäusern, Schulen und Versorgungsunternehmen sowie Einrichtungen, die mit HTS in ganz Syrien verbunden sind. Während die Sanktionen selbst in Kraft blieben, erlaubte die Ausnahme Aktivitäten in Bezug auf den Verkauf, die Lieferung und die Lagerung von Energie, einschließlich Erdöl und Elektrizität, und ermöglichte persönliche Überweisungen sowie bestimmte energienahe Transaktionen zur Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung. Am 24. Februar beschloss der Rat der EU, verschiedene restriktive Maßnahmen, einschließlich solcher, die die Energie- und Transportsektoren betreffen, aufzuheben. Außerdem wurden vier Banken und die Syrische Arabische Fluggesellschaft von der Liste der vom Vermögenseinfrieren betroffenen Unternehmen ausgeschlossen und der Syrischen Zentralbank der Zugang zu finanziellen Ressourcen erlaubt. Darüber hinaus wurden Ausnahmen gemacht, um Bankbeziehungen zwischen syrischen Banken und Finanzinstitutionen innerhalb der Mitgliedstaaten zuzulassen. Die bestehende humanitäre Ausnahme wurde unbegrenzt verlängert, und eine neue Ausnahme wurde für den persönlichen Gebrauch hinsichtlich des Exportverbots für Luxusgüter nach Syrien eingeführt (EUAA 1).
1.3.1.6. Politischer Übergang gemäß UN-Resolution 2254
Ahmad Al-Sharaa kritisierte internationale Organisationen, insbesondere die Vereinten Nationen, für ihre vermeintliche Ineffektivität bei der Bewältigung der humanitären Krisen in Syrien. Er betonte das Versagen der UN, in den letzten 14 Jahren die Freilassung von Gefangenen zu erreichen und die Rückkehr von Flüchtlingen zu erleichtern. Al-Sharaa betonte die Notwendigkeit nationaler Lösungen und forderte eine Aktualisierung der UN-Resolution 2254, die ursprünglich im Dezember 2015 verabschiedet wurde, um den politischen Übergang in Syrien zu lenken. Ihr Rahmen sei seit dem Sturz Bashar Al-Assads nicht mehr vollständig auf die Situation anwendbar. In einem Interview mit Al Arabiya bekräftigte Al-Sharaa seine Kritik an den UN und plädierte für einen alternativen Übergangsprozess. Er schlug vor, die Wahlen um bis zu vier Jahre zu verschieben, um die Entwicklung eines überarbeiteten politischen Rahmens zu ermöglichen. Bei einem Treffen mit UN-Sondergesandtem Geir Pedersen lehnte er das starre Festhalten an seiner Ansicht nach überholten Resolutionen ab und skizzierte seine Vision eines Übergangsprozesses, der die aktuellen Realitäten Syriens widerspiegelt. Trotz seiner Kritik bekräftigte Al-Sharaa, dass Syrien bereit sei, die Stationierung von UN-Truppen innerhalb der von den Vereinten Nationen eingerichteten Pufferzone entlang der israelischen Grenze zu akzeptieren. Am 6. Februar verlängerte die Übergangsregierung die UN-Ermächtigung, humanitäre Hilfe über den Grenzübergang Bab al-Hawa zu liefern, um weitere sechs Monate bis zum 7. August (EUAA 1).
1.3.2. Sicherheitslage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes seit 08.12.2024 (Letzte Änderung 08.05.2025)
Trotz des Sturzes der 54-jährigen Diktatur der Familie al-Assad ist der Bürgerkrieg noch lange nicht vorbei. Trotz der Bemühungen der neuen syrischen Regierung bleibt die Sicherheitslage fragil, und die Zukunft Syriens ist von zahlreichen Unsicherheiten geprägt. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Grandi, beschreibt die Lage vor Ort als "fluid". Sie könne sich nach derzeitigem Stand in alle Richtungen entwickeln. Die neue syrische Übergangsregierung ist nicht in der Lage, das gesamte syrische Staatsgebiet zu kontrollieren. Seit Jahresbeginn 2025 hat sich die Sicherheitslage in Syrien nach dem Sturz von Bashar al-Assad weiterhin als instabil erwiesen. Die neuen Machthaber, dominiert von islamistischen Gruppierungen, bemühen sich um die Etablierung von Ordnung und Sicherheit, stoßen jedoch auf erhebliche Herausforderungen. Außenminister ash-Shaybani gibt Sicherheitsprobleme in Teilen Syriens zu, bezeichnete sie aber als Einzelvorfälle: Offenbar hat die Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS), die offiziell aufgelöst wurde, Schwierigkeiten, ihre teils sehr radikalen islamistischen Untergruppen in den Griff zu bekommen. Zwischen Verfolgung von Regimestraftätern und Racheakten vor allem gegen die Volksgruppe der Alawiten, aus der die al-Assads stammen, ist nicht immer leicht zu unterscheiden. Die Sicherheitskräfte der Übergangsregierung sind bei ihrem Versuch, das Land zu stabilisieren, mit zunehmenden Bedrohungen konfrontiert, darunter gewalttätige Überreste des Regimes, sektiererische Gewalt und Entführungen. Im Nordosten sind die Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces - SDF) gezielten Angriffen von Zellen des Islamischen Staates (IS) und anhaltenden Feindseligkeiten mit der von der Türkei unterstützten Syrischen Nationalen Armee (Syrian National Army - SNA) ausgesetzt. Die fragile Sicherheitslage bedroht weiterhin den politischen Fortschritt, warnte der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Syrien, Geir Pedersen, und verwies auf die anhaltenden Feindseligkeiten im Nordosten, einschließlich täglicher Zusammenstöße, Artilleriebeschuss und Luftangriffe, die Zivilisten und die Infrastruktur treffen (LIB).
In den Gouvernements Syriens kam es weiterhin zu einer Zunahme von Entführungen. Die Civil Peace Group dokumentierte seit dem Sturz des Regimes 64 Entführungsfälle – 19 Opfer wurden später hingerichtet aufgefunden, nur drei führten zu Lösegeldforderungen. Auch Vorfälle sektiererischer Gewalt, die sich hauptsächlich gegen schiitische und alawitische Gemeinschaften richten, sind weit verbreitet. Eines der drängendsten Probleme sind nicht sektiererisch motivierte Angriffe, sondern vielmehr der undurchsichtige Prozess der gezielten Verfolgung von Männern, die in den Streitkräften des Regimes gedient haben (von denen die meisten aufgrund der Natur des Regimes Alawiten sind) Die Kriminalität ist dramatisch gestiegen, nicht zuletzt auch aufgrund der Freilassung nicht nur politischer Gefangener aus den Gefängnissen. Kriminelle Banden und Einzelpersonen suchen weiterhin nach Sicherheits- und Autoritätslücken, die sie in dieser neuen Ära ausnutzen können. Die schwereren Verbrechen ereignen sich in der Regel auf dem Land, wo die Sicherheitspräsenz geringer ist und sich eine höhere Konzentration von Ex-Shabiha (Shabiha sind die irregulären, bewaffneten pro-Assad-Gruppierungen) befindet (LIB).
Die Internationale Koalition hat zwölf Sicherheitsoperationen gegen Zellen des Islamischen Staates (IS) durchgeführt, einige mit Beteiligung der SDF in verschiedenen Gebieten Syriens, wo diese Operationen zur Tötung von 14 Mitgliedern des IS führten, darunter zwei Anführer, sowie die Verhaftung von neun Personen, die beschuldigt werden, dem IS anzugehören und mit ihm zu kooperieren, darunter ein Ölinvestor. Die von den USA geführten internationalen Koalitionstruppen haben in Zusammenarbeit mit den SDF ein intensives militärisches Training mit schweren Waffen auf der Basis des Ölfeldes al-'Omar im Osten der Provinz Deir ez-Zour im Osten Syriens durchgeführt. Die Übungen sind Teil einer Reihe von Militärmanövern, die die Koalitionstruppen auf ihren Militärstützpunkten in den Provinzen Deir ez-Zour und al-Hasaka im Nordosten des Landes durchführen, um die Kampfbereitschaft und die operative Koordination mit den lokalen Partnern zu verbessern (LIB).
Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Grandi, sieht den Schlüssel, um die Voraussetzungen für ausreichende Lebensbedingungen und eine stabile Sicherheitslage zu schaffen, in der Elektrizität. Ohne diese gäbe es nicht nur extreme Unsicherheit. Die Lebensbedingungen, wie Kochen, Heizen, Transport usw. sind an Strom gekoppelt. Auch der Betrieb von Krankenhäusern und Schulen bedingt eine funktionierende Energieversorgung. Dauere der Zustand an, in dem nachts ganze Gegenden in völliger Dunkelheit lägen, sei ein "collapse of law and order" praktisch unvermeidlich. Die radikalen militanten Gruppierungen würden nur darauf warten, das Vakuum zu füllen (LIB).
1.3.2.1. Gouvernement Idlib
Verwaltungsgliederung und Bevölkerungsschätzungen
Das Gouvernement Idlib ist in fünf Verwaltungsbezirke unterteilt (Al Ma'ra, Ariha, Harim, Idlib und Jisr-Ash-Shugur), die wiederum in insgesamt 26 Unterbezirke unterteilt sind. Die Hauptstadt des Gouvernements ist Idlib-Stadt. Im März 2025 belief sich die Bevölkerung des Gouvernements Idlib nach Schätzungen der IOM auf 2.848.168, einschließlich der Einwohner, Binnenvertriebenen und Rückkehrer aus dem Ausland. Zum Vergleich: Die WHO schätzte die Einwohnerzahl von Idlib im März 2025 auf 3.179.920 (EUAA 3).
Territoriale Kontrolle und wichtigste bewaffnete Akteure
Am 30. Mai 2025 zeigte eine Karte des ISW und der CTP, dass sich das Gouvernement Idlib unter der Kontrolle der von der HTS geführten Übergangsregierung befand. Einige wenige Gebiete in den südlichen und westlichen Grenzregionen wurden als „aufständische Pro-Regime-Präsenz“ ausgewiesen (EUAA 3).
Die GPC stellte im März 2025 fest, dass zwar eine Übergangsregierung eingesetzt worden war, das Land aber weiterhin „unter verschiedenen bewaffneten Akteuren zersplittert“ war, wobei das Gouvernement Idlib von der HTS und anderen bewaffneten Gruppen, die innerhalb der SNA gebildet wurden, dominiert wurde. Asharq Al-Awsat erwähnte ein Bataillon hauptsächlich uigurischer Kämpfer unter der Führung eines ehemaligen Anführers der Turkistan Islamic Party (TIP), das nun in die Streitkräfte des Verteidigungsministeriums integriert und auf zwischen Idlib und dem ländlichen Latakia stationiert sei. Das New Lines Magazine erwähnte ebenfalls „ausländische Dschihadisten“, die sich in Idlib-Stadt niedergelassen hätten. Die Abteilung Al-Ghuraba („Die Ausländer“), die von einem französischen Dschihadisten angeführt wurde, soll in der Stadt Harem im Norden des Gouvernements stationiert gewesen sein (EUAA 3).
Sicherheitsentwicklungen
Anfang März 2025 starteten die Kräfte der Übergangsregierung gezielte Sicherheitsoperationen und richteten Kontrollpunkte im gesamten Gouvernement ein, um die Sicherheit in der Region zu erhöhen. Das Harmoon Center stellte fest, dass Idlib im Vergleich zu anderen Gouvernements „relativ stabil“ erschien und die neuen Sicherheitskräfte trotz gelegentlicher Bedrohungen von außen die „feste Kontrolle“ behielten. Vermutlich töteten Pro-Assad-Aufständische am 22. und 24. März 2025 bei zwei getrennten Zwischenfällen einen HTS-Kommandeur und zwei der Übergangsregierung loyale Kämpfer. Gleichzeitig leitete der GSS Sicherheitsoperationen ein, die sich gegen „Überbleibsel des Regimes“ richteten, unter anderem in der Stadt Khan Sheikhoun, wo mehrere loyale Anhänger der früheren Regierung festgenommen wurden, die sich geweigert hatten, ihre Waffen abzulegen,950 und in Jisr Al-Shughur, wo etwa 15 Personen festgenommen wurden, die der Kollaboration mit der früheren Regierung beschuldigt wurden. In Jisr Al-Shughur hatten Pro-Assad-Kräfte Anfang März 2025 bei einem „koordinierten Angriff“ etwa 25 Personen getötet, zumeist Kräfte der Übergangsregierung. Auch aus dem Gebiet Dschabal al-Zawiya im südlichen Gouvernement Idlib wurden Sicherheitsoperationen gemeldet, die Anfang April 2025 unter intensiviert wurden und schließlich zur Festnahme mehrerer Pro-Assad-Kämpfer führten. Darüber hinaus erhöhten die Sicherheitskräfte nach Informationen aus nachrichtendienstlichen Quellen die Zahl der Kontrollpunkte rund um Idlib-Stadt, um „gefährliche Elemente“ am Eindringen zu hindern. Bis Mitte April war es den Sicherheitskräften Berichten zufolge jedoch gelungen, die Beziehungen zur örtlichen Bevölkerung zu verbessern und die Rekrutierung von Einheimischen zu ermöglichen (EUAA 3).
Im Mai 2025 wies die MAG auf die hohe Zahl der Opfer von Landminen und Blindgängern hin, wobei eine Klinik in Idlib Berichten zufolge seit Dezember 2024 500 Opfer behandelt haben soll (EUAA 3).
Ein ehemaliger Anführer von Hurras Al-Din, einer mit Al-Qaida verbundenen bewaffneten Gruppe, wurde Berichten zufolge Anfang März 2025 bei einem Drohnenangriff der US-geführten internationalen Koalition getötet, und im Mai 2025 berichtete der Direktor des Idlib Security Directorate über eine Sicherheitsoperation gegen eine ISIL-Zelle im Gouvernorat, bei der ein Mitglied der Gruppe getötet und ein weiteres verletzt wurde (EUAA 3).
Sicherheitsvorfälle
Zwischen dem 9. Dezember 2024 und dem 31. Mai 2025 verzeichnete ACLED 136 sicherheitsrelevante Vorfälle im Gouvernorat Idlib. Im Zeitraum zwischen dem 1. März und dem 31. Mai 2025 verzeichnete ACLED 62 sicherheitsrelevante Vorfälle (definiert als Kämpfe, Explosionen/entfernte Gewalt, Gewalt gegen Zivilisten) im Gouvernement Idlib. Von diesen Vorfällen wurden 4 als Kämpfe, 47 als Explosionen/entfernte Gewalt und 11 als Gewalt gegen Zivilisten kodiert (EUAA 3).
Während des Berichtszeitraums wurden in allen fünf Bezirken des Gouvernements sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Die höchste Zahl solcher Vorfälle wurde in Al Ma'ra (33 Sicherheitsvorfälle) verzeichnet, gefolgt vom Bezirk Idlib (16 Sicherheitsvorfälle), während die wenigsten Sicherheitsvorfälle in den Bezirken Ariha und Harim (3 bzw. 4 Sicherheitsvorfälle) registriert wurden. Laut ACLED-Daten waren nicht identifizierte bewaffnete Gruppen als Hauptakteure an etwas mehr als 95 % aller Sicherheitsvorfälle beteiligt, die während des Berichtszeitraums erfasst wurden, insbesondere an Vorfällen, die als Explosionen/entfernte Gewalt kodiert wurden, was sich in den meisten Fällen auf die Detonation von Landminen oder anderen explosiven Kampfmitteln bezog, die von früheren Kämpfen zurückgelassen wurden und Zivilisten betrafen, sowie an Vorfällen, die als Gewalt gegen Zivilisten kodiert wurden. Miliz- und Polizeikräfte waren in etwas mehr als 11 % der sicherheitsrelevanten Vorfälle involviert. In der Mehrheit handelte es sich dabei um Vorfälle, die als Kämpfe oder Explosionen/entfernte Gewalt kodiert wurden, an denen auch nicht identifizierte bewaffnete Gruppen beteiligt waren, und die sich auf Vorfälle bezogen, bei denen Polizei- oder Militärkräfte von unbekannten Bewaffneten angegriffen wurden oder von der Detonation von Sprengstoffen betroffen waren, die zuvor von unbekannten bewaffneten Gruppen gelegt worden waren (EUAA 3).
Zivile Todesopfer
Im März 2025 verzeichnete das SNHR 17 zivile Todesopfer im Gouvernement Idlib. Im April 2025 verzeichnete SNHR 21 zivile Todesopfer im Gouvernement. Im Mai 2025 sank die Zahl der vom SNHR verzeichneten zivilen Todesopfer auf 6.962 Das SNHR stellt keine detaillierteren Informationen über diese Todesopfer zur Verfügung. Für den Zeitraum zwischen März und Mai 2025 verzeichnete die UCDP 22 zivile Todesopfer im Gouvernement Idlib (EUAA 3).
Konfliktbedingte Infrastrukturschäden und explosive Kampfmittelrückstände
Teile des ländlichen Idlib waren Berichten zufolge besonders besorgniserregend, was das Vorhandensein von Kriegsresten wie Landminen und Munition anbelangt. Bei einem von TNH gemeldeten Vorfall wurde eine nicht explodierte Rakete in einem Dorf gefunden. Zwischen dem 1. März 2025 und dem 31. Mai 2025 berichteten verschiedene Quellen von Zivilisten, die durch die Explosion einer Landmine oder eines Kriegsüberbleibsels getötet oder verletzt wurden. Zu den Opfern gehörten Kinder und beispielsweise Zivilisten, die Schafe hüteten, Feuerholz sammelten, oder einen Brunnen reinigten. Der syrische Zivilschutz erklärte gegenüber Enab Baladi, dass die ländlichen Gebiete von Idlib zu den Gebieten gehörten, in denen zwischen dem 27. November 2024 und dem 14. März 2025 die meisten Vorfälle mit Kriegsresten zu verzeichnen waren. Dem GPC zufolge war der Landwirtschaftssektor besonders betroffen, vor allem in Gebieten wie dem ländlichen Idlib und anderen ehemaligen Frontgebieten, zu denen die Minenräumer nur schwer Zugang finden konnten (EUAA 3).
Refugees International stellte in einem Bericht vom Mai 2025 fest, dass seit Dezember 2024 nur 500 Familien in die Stadt Mar'at Numman zurückgekehrt waren, da es der Stadt an grundlegender Infrastruktur wie einem Wassermanagementsystem, einer Bäckerei oder einem Krankenhaus fehlte, die bei Luftangriffen zerstört worden waren. Wasser und Lebensmittel mussten den Bewohnern aus der mehr als 15 Kilometer entfernten Stadt Idlib geliefert werden. Eine Umfrage vom März 2025 ergab, dass von den Binnenvertriebenen, die eine Rückkehr in Frontbezirke in den Gouvernements Idlib und Hama (Al Ma'ra bzw. Suqaylabiyah) planten, 95 % angaben, dass ihre Häuser „schwer beschädigt oder zerstört“ waren (EUAA 3).
Konfliktbedingte Vertreibung und Rückkehr
Nach Schätzungen des UNHCR lebten am 12. Juni 2025 1.208.927 Binnenvertriebene in Binnenvertriebenenlagern und 753.696 Binnenvertriebene außerhalb von Binnenvertriebenenlagern im Gouvernement Idlib, sowie 175.161 Personen, die seit dem 27. November 2024 aus der internen Vertreibung in Gebiete des Gouvernements zurückgekehrt waren. Nach Schätzungen des UNHCR lebten am 15. Mai 2025 insgesamt 87.646 Rückkehrer, die seit Anfang 2024 aus dem Ausland zurückgekehrt waren, im Gouvernement, wobei die meisten von ihnen in den Bezirk Idlib (60.817) zurückkehrten, gefolgt vom Bezirk Harim (11.748 Personen). Seit dem 8. Dezember 2024 waren 66.447 Personen aus dem Ausland in das Gouvernement Idlib zurückgekehrt, die meisten von ihnen in die Stadt Idlib (EUAA 3).
1.3.3. Folter und unmenschliche Behandlung, Haftbedingungen, willkürliche Verhaftungen, Verschwindenlassen, etc. - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes seit 08.12.2024 (Letzte Änderung: 08.05.2025)
Vor dem Sturz des Assad-Regimes am 8.12.2024 berichteten die UN über Folter und Hinrichtungen von Gefangenen, die von Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) im Nordwesten festgehalten werden. Sie und einige Fraktionen der Syrischen Nationalen Armee (Syrian National Army - SNA) im Norden wenden in ihren Haftanstalten dieselben brutalen Foltermethoden an wie die Regierung (LIB).
Im Jänner 2025 führte die Übergangsregierung Sicherheitskampagnen durch, wie Razzien und Festnahmen. Im Fokus standen dabei die Gouvernements Latakia, Homs und Damaskus. Gerichtet waren diese Kampagnen gegen Personen, denen Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen unter dem Assad-Regime vorgeworfen werden, insbesondere gegen ehemalige Militärangehörige und Regierungsangestellte. Ob diese Kampagnen auf gerichtlichen Anordnungen basierten, ist unklar. Das Syrian Network for Human Rights dokumentierte im Jänner 2025 229 Fälle von willkürlichen Verhaftungen, darunter drei Kinder und acht Frauen. Die Übergangsregierung war für 129 Verhaftungen verantwortlich, wobei 36 wieder entlassen wurden. Im Allgemeinen richten sich die Übergriffe der Sicherheitskräfte gegen Männer, von denen angenommen wird, dass sie Verbrechen begangen haben (unabhängig davon, ob dies bewiesen ist oder nicht), und nicht gegen Alawiten, denen Soldaten begegnen. Die HTS weigert sich, einem transparenten Rechtsverfahren zu folgen, bei dem diese Opfer eindeutig identifiziert und vor Gericht gestellt werden. Hawar News, einer kurdischen Zeitung zufolge, haben vier Personen in einer Haftanstalt in Damaskus durch Folter ihr Leben verloren, nachdem sie bei Razzien in Homs festgenommen worden waren. Ende Jänner verstarb ein Mann, der wegen Unterstützung des Assad-Regimes verhaftet worden war, in Haft. Die syrischen Behörden kündigten an, eine Untersuchung wegen Misshandlung durch Sicherheitskräfte einzuleiten. Die Verantwortlichen wurden verhaftet und der Militärjustiz übergeben (LIB).
Alle bewaffneten oppositionellen Gruppierungen und Gruppierungen der SNA führten willkürliche Festnahmen durch. Zu den Opfern gehörten Personen, die aus den von den kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräften (Syrian Democratic Forces - SDF) kontrollierten Gebieten kommen, darunter auch Frauen. Die Festnahmen fanden ohne gerichtliche Anordnung oder Beteiligung der Polizei statt. Den Festgenommenen wurden keine klaren Angaben zu den gegen sie vorgebrachten Vorwürfen gemacht. Die SNA bzw. andere bewaffnete Gruppierungen waren für 41 willkürliche Verhaftungen verantwortlich, darunter sechs Frauen. Zwölf Personen wurden wieder freigelassen (LIB).
1.3.4. Aktuelle Rekrutierungspraxis
1.3.4.1. Rekrutierungspraxis der neuen syrischen Regierung, Zwangsrekrutierungen
Mehrere Quellen berichten im Februar 2025, dass der Präsident der syrischen Übergangsregierung, Ahmed Al-Scharaa, erklärt habe, dass er die Wehrdienstpflicht abgeschafft habe und stattdessen auf freiwillige Rekrutierung setze. Anfang Februar 2025 wurde berichtet, dass sich Scharaa zufolge tausende Freiwillige der neuen Armee anschließen würden. Dem Online-Begleittext eines Videobeitrags des schwedischen Fernsehprogramms Svtnyheter von Jänner 2025 zufolge hätte die Hayat Tahrir Al-Scham (HTS) aktiv mit intensiven Rekrutierungen für die Reihen der Polizei und des Militärs begonnen. In einem undatierten arabischsprachigen Artikel bezieht sich das Swedish Center for Information (SCI) auf den genannten Videobeitrag. Laut dem SCI-Artikel würden Berichten zufolge Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere mittels intensiver Programme rekrutiert, die von traditionellen akademischen Standards und Trainingsstandards abweichen würden. Dies habe den Zweck, die Ausbildung der Militär- und Sicherheitskräfte zu beschleunigen, um den Bedarf des neuen Staates zu decken (ACCORD 1).
In einem arabischsprachigen Artikel von Februar 2025 berichtet Enab Baladi, die Rekrutierungsabteilung in Aleppo habe verkündet, dass die Anmeldungen für eine Militärausbildung begonnen hätten. Die Bedingungen für den Eintritt in die Reihen des Verteidigungsministeriums der Übergangsregierung seien festgelegt worden. Interessierte könnten sich bis 15. Februar 2025 in der Rekrutierungsabteilung in Aleppo im Viertel Al-Furqan anmelden. Voraussetzung sei, dass Bewerber ledig, zwischen 18 und 22 Jahre alt seien, keine chronischen Erkrankungen hätten und nicht verletzt seien. Für eine Anmeldung seien zwei Fotos, eine Kopie des Personalausweises sowie, sofern vorhanden, eine Kopie des Nachweises über einen akademischen Abschluss vorzulegen. Ähnliche Informationen finden sich in den nachfolgend beschriebenen zwei Facebook-Beiträgen. In einem arabischsprachigen Facebook-Beitrag vom 12. Februar 2025 auf der Facebook-Seite „Al Arabiya Syria“ wird berichtet, dass das Gouvernement Aleppo verkündet habe, dass die Anmeldungen für die Aufnahme in die Reihen der Armee eröffnet seien. Die Anmeldungen würden im Offiziersclub im Viertel Al-Furqan entgegengenommen. Bewerber hätten ledig sowie zwischen 18 und 22 Jahre alt und gesund zu sein. Auf der Facebook-Seite „Nachrichten des freien Syrien“ („Achbar Suriya al-Hurra“) findet sich ein Beitrag vom 6. Februar 2025, der eine Rekrutierungsanzeige der Rekrutierungsabteilung in Idlib veröffentlicht. Die Anmeldung zur Teilnahme am Militärkurs für jene, die unter dem Verteidigungsministerium dienen möchten, sei eröffnet. Interessierten sei es möglich, sich zwischen dem 9. Februar 2025 und dem 15. Februar 2025 in der Rekrutierungsabteilung in Idlib anzumelden. Bewerber hätten ledig und zwischen 18 und 22 Jahre alt zu sein. Sie dürften nicht chronisch krank oder verletzt sein. Vorzulegen seien ein Foto, eine Kopie des Personalausweises und eine Kopie des akademischen Nachweises, wenn vorhanden (ACCORD 1).
Syria TV, ein syrischer Fernsehsender mit Sitz in Istanbul, der im Besitz eines katarischen Mediennetzwerks ist und sich in Opposition zur Assad-Regierung positioniert hatte, berichtet in einem arabischsprachigen Artikel vom Februar 2025, dass sich der Rekrutierungsprozess für die neuen syrischen Militär- und Sicherheitsinstitutionen, wie die Polizei sowie Kriminal- und Geheimdienste, von Gouvernement zu Gouvernement unterscheide. Am 10. Jänner 2025 habe das Innenministerium der Übergangsregierung verkündet, dass Anmeldungen zum Eintritt in die Polizeiakademie begonnen hätten. Die Kurse, die einen Eintritt in die Reihen der Polizei und Dienste der öffentlichen Sicherheit ermöglichen sollen, hätten in fast allen Gouvernements, insbesondere in Damaskus, Rif Dimaschq, Homs, Tartus, Idlib, Sweida und Deir ez-Zor begonnen. Dem Artikel zufolge sei Idlib in dieser Hinsicht am aktivsten, gefolgt von Deir ez-Zor und Teilen von Rif Dimaschq, während der Rekrutierungsprozess in den Küstenregionen sowie in Homs eher verhalten verlaufe. Laut EUAA würden vor allem in Provinzen, die früher unter der Kontrolle Assads standen, neue Rekrutierungszentren eröffnet werden. Bewerberhätten zwischen 20 und 30 Jahre alt zu sein, einen Sekundarschulabschluss oder einen entsprechenden Abschluss vorzuweisen, die vorgeschriebenen Kurse absolviert zu haben, unbescholten sowie gesund und von guter Statur zu sein. Sie hätten zudem körperlich fit zu sein und müssten mindestens 168 cm groß sein (ACCORD 1, EUAA 1).
Einem für den Artikel interviewten 27-jährigen Mann zufolge stelle der freiwillige Beitritt zum Polizei- oder Geheimdienstapparat für ihn eine gute Beschäftigungsmöglichkeit dar. Das Gehalt betrage mindestens 200 US-Dollar, während ein Arbeiter in Idlib täglich nicht mehr als umgerechnet drei US-Dollar verdiene. Der Mann aus Süd-Idlib habe auf Facebook eine Rekrutierungsanzeige gesehen und sich daraufhin beeilt, sich zu bewerben. Er habe erklärt, dass für die Bewerbung ein Formular mit persönlichen Daten auszufüllen sei. Das Formular gebe an, dass Bewerber nicht älter als 30 Jahre sein dürften. Man dürfe im Formular angeben, ob man in die Reihen des Geheimdienstes oder der Polizei, darunter die Kriminalpolizei, die Verkehrspolizei und die Moralpolizei, aufgenommen werden wolle. Die Moralpolizei sei eine Abteilung, die in Idlib vor dem Sturz der Assad-Regierung hätte gegründet werden sollen, aber trotz der Verabschiedung eines Gesetzes mit dem Titel „Öffentliche Moral“, auf Eis gelegt worden sei (ACCORD 1).
In einem Artikel vom 19. Februar 2025 berichtet The National von einem Funktionär der HTS, der im Damaszener Außenbezirk Ost-Ghuta junge Männer rekrutieren solle. Die HTS benötige dem Artikel zufolge so viele Männer wie möglich, insbesondere für entlegenere Gegenden. An einemöffentlichen Platz im Vorort Ain Tarma habe der Funktionär ein kommunales Gebäude betreten und einen Zuständigen dort gefragt, ob er Personen kenne, die geeignet seien, der HTS beizutreten. Er habe eine Telefonnummer hinterlegt und sei zu einer ehemaligen Regierungskaserne weitergegangen, die sich auf dem Gebiet befinde, wo neue HTS-Rekruten ein dreiwöchiges Training absolvieren sollen. Dem Funktionär zufolge hätten sich seit dem Fall der Assad-Regierung tausende der HTS angeschlossen. Hunderte weitere würden bald in den Kasernen in Ost-Ghuta erwartet (ACCORD 1).
Laut einem Artikel der Foundation for Defense of Democracies (FDD) von Jänner 2025 behaupte die syrische Übergangsregierung zwar, sich für religiöse Toleranz einzusetzen. Gleichzeitig werde die von der Regierung bevorzugte sunnitisch-islamische Glaubensströmung der Rekrutierung und der Ausbildung neuer Sicherheitskräfte zugrunde gelegt. Berichten zufolge würden neue Rekruten eine 21-tägige Scharia-Ausbildung durchlaufen. In einem Artikel von Jänner 2025 berichtet Reuters von der Rekrutierung von Polizisten durch die Übergangsregierung. Polizisten, die aus der ehemals HTS-regierten Enklave in Idlib nach Damaskus gebracht worden seien, würden Bewerber nach ihrem Glauben befragen. Die Ausbildung von Polizisten dauere zehn Tage und der Fokus liege Ausbildnern und Absolventen zufolge auf dem Umgang mit Waffen und der Vermittlung von islamischem Recht. Dem Leiter der Polizei in Aleppo zufolge sei geplant, die Ausbildung auf neun Monate auszuweiten, wenn sich die Sicherheitslage gebessert habe. Ihm zufolge würden den Polizeirekruten die Prinzipien der islamischen Rechtsprechung, die Biographie des Propheten Mohammed und Verhaltensregeln gelehrt. Die Bewerbungsformulare würden Reuters zufolge einen Abschnitt „Glaube, Orientierung und Standpunkte“ enthalten, in welchem Bewerber nach ihrer „Bezugsautorität“ („referential authority“) befragt würden. Drei anonymen HTS-Beamten zufolge diene die Frage dazu, Bewerber zu identifizieren, die einer genaueren Prüfung unterzogen werden müssen, insbesondere Alawiten, die derselben Glaubensströmung wie die Assad-Familie angehören würden und möglicherweise Verbindungen zur Assad-Regierung gehabt hätten (ACCORD 1).
Dem von Reuters befragten Wissenschaftler Aron Lund zufolge fänden viele Syrer die religiöse Komponente bei der Rekrutierung von Polizisten bedenklich. Das betreffe nicht nur Minderheiten wie Christen, Alawiten und Druzen, sondern auch urbane, säkulare sunnitische Muslime. Das Innenministerium der Übergangsregierung, welches für Polizeiangelegenheiten zuständig sei, habe Reuters Fragen zum religiösen Fokus bei der Rekrutierung und Ausbildung von Polizisten nicht beantwortet. Mehreren von Reuters interviewten führenden Polizeioffizieren zufolge diene dieser nicht dazu, der Allgemeinbevölkerung religiöse Inhalte aufzuzwingen, sondern dazu, Rekruten ethisches Verhalten zu vermitteln. Sieben Polizeioffiziere, die Polizeistationen verwalten oder im Rekrutierungsprozess involviert seien, hätten ausgesagt, dass die Polizei mehr Mitarbeiter benötige und Bewerbungen von Personen jeder Glaubensrichtung willkommen seien (ACCORD 1).
Einem Polizei-Ausbildner an einer Polizeiakademie in Damaskus zufolge hätten sich über 200.000 Personen gemeldet, die Teil des neuen Polizeidienstes werden wollen. Alle fünf von Reuters interviewten hochrangingen Offiziere seien davon ausgegangen, dass sich die Personalausstattung vor dem Hintergrund der Ausweitung von Rekrutierung und Training im Jahr 2025 verbessern werde. Die Anmeldung von Polizisten, die vor dem Sturz der Assad-Regierung zu den Rebellen übergelaufen seien, werde laut von Reuters befragten führenden Polizeioffizieren begrüßt. Diejenigen, die nicht übergelaufen seien, hätten einen „Aussöhnungsprozess“ zu durchlaufen. Im Zuge dessen hätten sie ein Dokument zu unterzeichnen, worin sie den Regierungswechsel anerkennen würden, und sie hätten ihre Waffe abzugeben. Es sei noch unklar, ob sie dem neuen Polizeidienst beitreten dürften (ACCORD 1).
In einem Artikel von Ende Februar 2025 berichtet Syria TV von Gerüchten, denen zufolge die Übergangsregierung in den Gouvernements Tartus und Latakia Männer zum Militärdienst rekrutiert und zwangsverpflichtet hätte. Auf Facebook-Seiten, die der Quelle zufolge von Medienfachleuten betrieben würden, die der Assad-Regierung naheständen, sei berichtet worden, dass Sicherheitskräfte in den Städten Dschableh, Baniyas und Qardaha Checkpoints aufgestellt und Personen mit Statusregelungsausweisen („Bidaqat Taswiya“) festgenommen hätten. Offizielle Quellen des Gouvernements Tartus hätten den Verantwortlichen der Rekrutierungsabteilung der Stadt Baniyas zitiert, der diese Gerüchte vehement abgestritten habe. Er habe darauf hingewiesen, dass der Militärdienst nunmehr auf Freiwilligkeit aufbaue und dazu aufgerufen, offizielle Quellen für Informationen zu konsultieren (ACCORD 1).
Die neue Übergangsregierung Syriens hat sogenannte „Versöhnungszentren“ eingerichtet, sagte Abu Qasra, neuer syrischer Verteidigungsminister. Diese wurden bereits gut genutzt, auch von hochrangigen Personen, und die Nutzer erhielten vorübergehende Niederlassungskarten. Eine beträchtliche Anzahl habe auch ihre Waffen abgegeben. Der Hauptsitz des Geheimdienstes in Damaskus ist jetzt ein „Versöhnungszentrum“, wo die neuen syrischen Behörden diejenigen, die dort gedient haben, auffordern, sich zu stellen und ihre Waffen im Geheimdienstgebäude abzugeben. Im Innenhof warten Menschenschlangen darauf, Zettel zu erhalten, die besagen, dass sie sich offiziell ergeben und mit der neuen Regierung versöhnt haben, während ehemalige Aufständische in neuen Uniformen im Militärstil die abgegebenen Pistolen, Gewehre und Munition untersuchen. Ehemalige Offiziere, die sich für die neue Regierung Syriens als nützlich erweisen könnten, beispielsweise, weil sie Informationen über Personen haben, die international gesucht werden, haben wenig zu befürchten, solange sie kooperieren. In diesen „Versöhnungszentren“ erhielten die Soldaten einen Ausweis mit dem Vermerk „desertiert“. Ihnen wurde mitgeteilt, dass man sie bezüglich ihrer Wiedereingliederung kontaktieren würde (LIB).
1.3.4.2. Rekrutierungen durch die SDF und SDF-nahe Kräfte; Zwangsrekrutierungen
Der Gesellschaftsvertrag von 2023 regelt in der Demokratischen Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES) in Abschnitt 5 die Selbstverteidigungspflicht. Artikel 111 besagt, dass Selbstverteidigung eine Garantie und Fortsetzung des Lebens, und basierend auf dem Recht und der Pflicht ist, die Existenz zu verteidigen. Sie erfordert die Einrichtung eines Selbstschutzsystems, das auf dem Bewusstsein der legitimen Selbstverteidigung und der organisierten demokratischen Gesellschaft in Nord- und Ostsyrien beruht. Einerseits gibt es die Community Protection Forces, die für den Schutz Nord- und Ostsyriens und die Gewährleistung des Schutzes von Leben und Eigentum der Bürger vor allen Angriffen und Besatzungen verantwortlich sind. Die Community Protection Forces werden unter Beteiligung aller Bürger organisiert. Selbstverteidigung ist ein Recht und eine Pflicht für jeden Bürger. Es ist die Pflicht organisierter ethnischer und religiöser Gruppen, sich wirksam am Selbstverteidigungssystem zu beteiligen, angefangen bei Stadtvierteln, Dörfern, Städten und allen Wohneinheiten. Anderseits erwähnt Artikel 111 auch die Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces - SDF). Sie sind die legitimen Verteidigungskräfte in der Demokratischen Autonomen Verwaltung Nord- und Ostsyriens. Sie nehmen den freiwilligen Beitritt der Söhne und Töchter des Volkes und die Pflicht zur Selbstverteidigung an. Ihre Aktivitäten werden vom Demokratischen Volksrat und der Verteidigungskommission überwacht. Sie organisieren sich autonom innerhalb des Demokratischen Konföderalen Systems Nord- und Ostsyrien und haben die Aufgabe, die DAANES und alle syrischen Gebiete zu verteidigen und sie vor jeglichen potenziellen Angriffen oder Gefahren von außen zu schützen. Laut Gesetz Nr. 1 zur Selbstverteidigung gelten Männer mit Vollendung des 18. Lebensjahres als wehrpflichtig und müssen den Selbstverteidigungsdienst bis zum vierzigsten Lebensjahr vollendet haben (Artikel 13). Wehrpflichtig ist jeder männliche Bewohner der Region Nord- und Ostsyrien, der das gesetzliche Alter für die Ausübung des Selbstverteidigungsdienstes erreicht hat, bzw. jeder, der seit mehr als drei Jahren dauerhaft in Nord- und Ostsyrien ansässig ist und die syrische Staatsangehörigkeit besitzt (Artikel 1). Zwei Quellen, die vom Danish Immigration Service (DIS) befragt wurden, äußerten jedoch Zweifel an der konsequenten Einberufung von Personen von außerhalb der DAANES in allen Regionen. Frauen in den von der Autonomen Verwaltung kontrollierten Gebieten können freiwillig Wehrdienst leisten. Wladimir van Wilgenburg, Journalist und Autor, und ein Experte für syrische Kurden haben noch von keinem Fall gehört, in dem Frauen zwangsweise zur Selbstverteidigung eingezogen wurden (LIB).
Das sogenannte Verteidigungsbüro des Exekutivrats der „Demokratischen Autonomen Verwaltung von Nord- und Ostsyrien“ hat die für die Wehrpflicht erforderlichen Geburtsjahrgänge festgelegt, während die Verhaftungskampagnen gegen junge Menschen für die Einberufung in die Reihen der SDF weitergehen. Die Erklärung wurde vom Verteidigungsbüro der Autonomen Verwaltung an alle Verteidigungsbüros in der Region verteilt. Darin steht, dass wer zwischen dem 1.1.1998 und dem 31.12.2005 für den Dienst der Selbstverteidigung wehrpflichtig ist. Bereits vier Tage nach dem Erlass der Richtlinien, in der die Geburtsjahrgänge für die Selbstverteidigungspflicht bekannt gemacht wurden, nahmen die SDF eine Rekrutierungskampagne in al-Hasaka im Juni 2024 wieder auf, nachdem sie im Monat zuvor, am 8.5.2024 die Rekrutierungsprozesse eingestellt hatten. Anfang Juli 2024 wurden beispielsweise 240 Personen in den Provinzen Deir ez-Zour, al-Hasaka und ar-Raqqa gefangen genommen, um sie für den Militärdienst zu rekrutieren. Die Dienstzeit im Selbstverteidigungsdienst beträgt laut Artikel 2 des Gesetzes Nr. 1 über die Selbstverteidigungspflicht zwölf volle Monate beginnend mit dem Datum der Einschreibung des Wehrpflichtigen (LIB).
2014 wurde die Zwangsrekrutierung von den Volksschutzeinheiten (Yekîneyên Parastina Gel - YPG), einer militärischen Säule der SDF, im Anschluss an das Dohuk-Abkommen, bei dem sich die kurdischen Parteien in der irakischen Stadt Dohuk getroffen hatten, um eine Einigung über die Verwaltung der Region zu erzielen, eingeführt (LIB).
In einem arabischsprachigen Artikel von März 2025 von Al Jazeera wird ein Mann zitiert, der an den zu der Zeit bestehenden Protesten in Deir ez-Zor teilgenommen habe. Er habe unter anderem darauf hingewiesen, dass SDF-Kräfte Verhaftungskampagnen in den von der SDF kontrollierten Gebieten durchgeführt hätten, in deren Rahmen Dutzende junge Männer unter dem Vorwurf der Gruppe Islamischer Staat (IS) beitreten zu wollen, verhaftet und zwangsrekrutiert worden seien. In einem arabischsprachigen Artikel von Jänner 2025 zitiert Al Jazeera den Wissenschaftler Amir Al-Mithqal, dem zufolge die Demokratischen Kräfte Syriens (Syrian Democratic Forces, SDF) aufgrund eines Mangels an kurdischen Kräften ethnische Araber zwangsrekrutiert hätten. Ende Jänner 2025 berichtet Syria TV, dass seit dem Sturz der Assad-Regierung über 5.000 Männer die SDF verlassen hätten, indem sie übergelaufen oder geflohen seien. Einer der SDF nahestehenden Quelle zufolge bestehe ein Mangel an Kräften in den Reihen der SDF und diese sei nicht imstande neue Rekrutierungskampagnen in der Region zu starten. Es würden nur begrenzt Rekrutierungsoperationen durchgeführt, und zwar hauptsächlich im Gouvernement Hasaka. Der Quelle zufolge prüfe die SDF sämtliche Optionen, um ihre Militär- und Sicherheitskräfte zu stärken, unter anderem durch den Aufbau neuer Kräfte. Mitte Jänner habe die SDF die Demobilisierung von Wehrpflichtigen, die ihre Wehrpflicht bereits abgeleistet hätten, aufgrund des bedeutenden Anstiegs an Desertionen und Überläufen in ihren Kreisen gestoppt. Die SDF sehe für jeden Mann, der das Alter von 18 Jahren erreicht habe und zwischen 1998 und 2006 geboren sei, eine einjährige Wehrpflicht vor. Ein von der SDF zwangsrekrutierter Mann habe Syria TV erzählt, dass er seinen Wehrdienst vor zwei Monaten erfüllt habe und die SDF sich ohne Angabe von Gründen weigern würde, ihn aus der Pflicht zu entlassen. Davon seien hunderte andere Personen betroffen (ACCORD 1).
1.3.4.3. Nicht-staatliche bewaffnete Gruppierungen (regierungsfreundlich und regierungsfeindlich) – Lage vor Umsturz des Assad-Regimes – Letzte Änderung: 13.03.2024
Anders als die Regierung und die Syrian Democratic Forces (SDF), erlegen bewaffnete oppositionelle Gruppen wie die SNA (Syrian National Army) und HTS (Hay’at Tahrir ash-Sham) Zivilisten in von ihnen kontrollierten Gebieten keine Wehrdienstpflicht auf. Quellen des niederländischen Außenministeriums berichten, dass es keine Zwangsrekrutierungen durch die SNA und die HTS gibt. In den von den beiden Gruppierungen kontrollierten Gebieten in Nordsyrien herrscht kein Mangel an Männern, die bereit sind, sich ihnen anzuschließen. Wirtschaftliche Anreize sind der Hauptgrund, den Einheiten der SNA oder HTS beizutreten. Die islamische Ideologie der HTS ist ein weiterer Anreiz für junge Männer, sich dieser Gruppe anzuschließen. Im Jahr 2022 erwähnt der Danish Immigration Service (DIS) Berichte über Zwangsrekrutierungen der beiden Gruppierungen unter bestimmten Umständen im Verlauf des Konfliktes. Während weder die SNA noch HTS institutionalisierte Rekrutierungsverfahren anwenden, weist die Rekrutierungspraxis der HTS einen höheren Organisationsgrad auf als die SNA. Im Mai 2021 kündigte HTS an, künftig in ldlib Freiwilligenmeldungen anzuerkennen, um scheinbar Vorarbeit für den Aufbau einer „regulären Armee“ zu leisten. Der Grund dieses Schrittes dürfte aber eher darin gelegen sein, dass man in weiterer Zukunft mit einer regelrechten „HTS-Wehrpflicht“ in ldlib liebäugelte, damit dem „Staatsvolk“ von ldlib eine „staatliche“ Legitimation der Gruppierung präsentiert werden könnte. Die HTS rekrutiert auch gezielt Kinder, bildet sie religiös und militärisch aus und sendet sie an die Front (LIB 2).
1.3.4.4. Rekrutierung Minderjähriger für den Militärdienst
1.3.4.4.1. Stand Oktober 2024
Die Rekrutierung von Kindern für Streitkräfte oder bewaffnete Gruppen verstößt gegen das humanitäre Völkerrecht, das die Rekrutierung oder den Einsatz von Kindern unter 15 Jahren in Konflikten verbietet. Eine solche Rekrutierung oder der Einsatz von Kindern in Konflikten ist ein Kriegsverbrechen gemäß dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs. Darüber hinaus verbietet das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen unter allen Umständen die Rekrutierung von Kindern unter 18 Jahren. Die Rekrutierung von Kindern in bewaffneten Konflikten fügt Gemeinschaften und Familien erheblichen Schaden zu. Wenn Kinder in bewaffnete Gruppen gezwungen werden, setzen sie sich nicht nur Gefahren aus und untergraben die Bemühungen um Friedenskonsolidierung. Familien leiden unter der Not, wenn ihre Kinder Gewalt ausgesetzt sind, was zu Angst und Instabilität führt. Die anhaltenden Folgen der Rekrutierung von Kindern tragen zu einem Kreislauf von Traumata bei, der sich auf die allgemeine Entwicklung und das Wohlergehen der Gemeinschaft auswirkt. In den Jahren des Konflikts und Bürgerkriegs in Syrien haben bewaffnete Gruppen Kinder rekrutiert. Die Zahl der Rekrutierungen Minderjähriger nahm dabei bis 2023 kontinuierlich zu. In einigen Fällen wurden Kinder zwangsrekrutiert, in anderen Fällen melden sich Minderjährige, weil sie oder ihre Familien das Gehalt benötigen. Einige schlossen sich aus ideologischen Gründen oder aufgrund von Familien- und Stammesloyalitäten an. In einigen Fällen wurden Kinder aus Syrien geschickt, um als Söldner in anderen Konflikten zu kämpfen. Unter den 25 Parteien, die Berichten zufolge an der Rekrutierung von Kindern beteiligt waren, darunter die Kurdischen Volksverteidigungseinheiten (Yekîneyên Parastina Gel - YPG), die Fraueneinheiten (Yekîneyên Parastina Jin - YPJ), die Freie Syrische Armee (Free Syrian Army - FSA), Ahrar ash-Sham und andere bewaffnete Gruppen unter der Syrischen Nationalen Armee (Syrian National Army - SNA), stach die Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) durch ihr umfangreiches Engagement bei der Rekrutierung und Ausbildung von Kindern hervor. Die SNA und die HTS rekrutierten Minderjährige. Die UN verifizierten 231 Fälle von Rekrutierungen Minderjähriger durch die SDF und den mit ihnen verbundenen Kräften im Jahr 2023 (LIB).
Die oppositionelle Syrische Nationalarmee (Syrian National Army - SNA), darunter Ahrar ash-Sham und die Armee des Islam, sowie die mit ihnen verbündeten Gruppierungen und Fraktionen unterzeichneten am 3.6.2024 einen Aktionsplan mit den Vereinten Nationen, um die Rekrutierung und den Einsatz sowie die Tötung und Verstümmelung von Kindern gemäß der Resolution 1539 (2004) des Sicherheitsrats und nachfolgender Resolutionen zu beenden und zu verhindern. Der Aktionsplan gilt auch für alle neuen Gruppierungen, die sich der oppositionellen SNA und den ihr angeschlossenen Gruppierungen nach seiner Unterzeichnung anschließen oder sie verlassen (LIB).
1.3.4.4.2. Stand Juli 2025
In einem am 20.11.2024 veröffentlichten Bericht gab SNHR an, dass zwischen März 2011 und dem 10.11.2024 in Syrien 2.395 Kinder zwangsrekrutiert wurden. Im Juni 2024 unterzeichnete der Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen für Kinder in bewaffneten Konflikten einen Aktionsplan, um „die Rekrutierung und den Einsatz sowie die Tötung und Verstümmelung von Kindern durch die SNA und verbündete Fraktionen zu beenden und zu verhindern“. Darüber hinaus wurde ein Fahrplan zur Umsetzung eines Aktionsplans aus dem Jahr 2019 zwischen den Vereinten Nationen, den SDF und den Verwaltungen im Norden und Osten Syriens verabschiedet, der die Rekrutierung und den Einsatz von Kindern in bewaffneten Konflikten verbietet. Dennoch wurden weiterhin Fälle von Rekrutierung von Kindern gemeldet, darunter durch die SDF und durch eine kurdische Jugendbewegung im Nordosten Syriens. Ende November 2024 dokumentierte das SNHR Operationen des ehemaligen Regimes, die darauf abzielten, junge Männer und Jungen zu rekrutieren, um sie in Nordsyrien einzusetzen (EUAA 1).
Das SNHR dokumentierte im Juni 2025 weitere Fälle von Kindern, die zur Verbringung in die Ausbildungslager der Syrischen Demokratischen Kräfte festgehalten wurden, ohne ihre Familien zu informieren, was auf ein „Muster der Zwangsrekrutierung von Kindern“ hindeutet. Die SJAC überprüfte zwischen April 2024 und April 2025 49 Fälle von Kinderrekrutierung, was auf einen Anstieg im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2024 hindeutet. Fast 69 % der Rekrutierten waren zum Zeitpunkt der Rekrutierung unter 15 Jahre alt. Die meisten Fälle ereigneten sich im Gouvernement Aleppo (28 Fälle oder 57 %), gefolgt von Hasaka (15 Fälle oder 31 %) und Raqqa (6 Fälle oder 12 %), wobei alle Vorfälle der Revolutionären Jugendbewegung (RYM) zugeschrieben wurden. Die rekrutierten Kinder wurden häufig in Ausbildungslager in anderen Regionen gebracht, was ihre Rückkehr behinderte. Nach Angaben von ACLED wurden zwischen Anfang März und Anfang Mai 2025 mindestens 11 Mädchen und junge Frauen bei mehreren Vorfällen im Nordosten und Norden Syriens entführt, in erster Linie zum Zweck der Wehrpflicht, wobei die meisten Vorfälle PKK-nahen Gruppen und der YPG zugeschrieben wurden. In einem weiteren Vorfall, der um den 29. April 2025 gemeldet wurde, wurden Berichten zufolge junge Frauen und Männer aus alawitischen und drusischen Gemeinschaften in fünf SDF-nahen Lagern in Raqqa unter dem Vorwand der Beschäftigung rekrutiert. Stattdessen wurden sie entführt und zwangsweise in ideologische und militärische Ausbildungslager rekrutiert (EUAA 3).
Mehrere Quellen berichten im Februar 2025 von der Entführung eines Minderjährigen durch SDF-nahe Kräfte im Viertel Scheich Maqsoud in Aleppo zum Zweck der Zwangsrekrutierung. Er sei den Quellen zufolge von der Revolutionären Jugend entführt worden. Einem Artikel von Basnews von Februar 2025 zufolge sei der Minderjährige zum Zweck der Zwangsrekrutierung durch die Volksverteidigungseinheiten (YPG) von der Revolutionären Jugend entführt worden. Zudem sei zuvor ein Minderjähriger in der Stadt Kobane von der Revolutionären Jugend entführt worden. Ende Februar 2025 berichtet das syrische Netzwerk für Menschenrechte namens RASD Syria von der Entführung eines 12-jährigen Mädchens, ebenfalls aus dem Viertel Scheich Maqsud. Das Mädchen sei Mitte Februar von der SDF nahestehenden Kräften entführt und in ein Kinderrekrutierungslager gebracht worden. Obwohl die Eltern das Mädchen gesucht hätten, hätten sie es nicht finden können. Der Quelle zufolge würden SDF-Kräfte weiterhin Kinder festnehmen und sie unter Zwang in Kinderrekrutierungslagern festhalten. Diese und andere Übertretungen hätten in der Zeit, die der Berichterstattung vorangegangen sei, zugenommen. Auch Entführungen und Rekrutierungen von Kindern durch die der SDF nahestehenden Revolutionären Jugend hätten zugenommen (ACCORD).
1.3.5. Kinder – Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
UNICEF zufolge benötigen 7,5 Millionen Kinder humanitäre Hilfe, 6,4 Millionen benötigen dringend Schutz, weil Unsicherheit und wirtschaftliche Not die Verletzung von Kinderrechten, Angst und Not vertiefen. 3,7 Millionen Kinder benötigen Ernährungshilfe. Mehr als 500.000 Kinder unter fünf Jahren litten an lebensbedrohlicher Unterernährung, während 2 Millionen an der Schwelle zur Unterernährung standen. Mehr als 2,4 Millionen Kinder gehen nicht zur Schule und eine Million weitere Kinder laufen Gefahr, die Schule abzubrechen. Dadurch sind sie einem höheren Risiko von Kinderarbeit, Kinderheirat, Menschenhandel sowie Rekrutierung und Einsatz durch Konfliktparteien ausgesetzt. Mehr als 650.000 Kinder zeigen Anzeichen von Wachstumsstörungen aufgrund schwerer Unterernährung (LIB, EUAA 3).
Nach dem Sturz des Assad-Regimes ist das Schicksal von Hunderten von Kindern, die nach der Verhaftung ihrer Eltern verhaftet oder in Waisenhäuser gebracht wurden, weiterhin unklar. Das Medienbüro des syrischen Ministeriums für Soziales und Arbeit teilte mit, dass es mehrere geheime Bücher gefunden habe, die von den Sicherheitsbehörden während der Herrschaft al-Assads verschickt wurden und die die Überführung einer Reihe von Kindern in Waisenhäuser betreffen. Einige Mitarbeiter von Waisenhäusern haben zugegeben, dass eine Reihe von Kindern zu ihnen gebracht wurde und dass die Kinder manchmal aufgefordert wurden, die Namen ihrer Eltern zu ändern oder sie als verstorben zu registrieren (LIB).
Kinder sind der Gefahr von Landminen und Blindgängern in besonderem Maße ausgesetzt. Oft werden Blindgänger mit Spielzeug verwechselt oder stellen Gegenstände dar, die Kinder neugierig machen. Seit 2020 sind mehr als 1.260 Kinder durch Kampfmittelreste getötet worden. In den letzten neun Jahren passierten 422.000 Zwischenfälle mit Blindgängern, bei der Hälfte davon waren Kinder involviert. 2024 wurden 116 Kinder durch nicht explodierte Munition oder Minen getötet oder verletzt. Blindgänger sind die Hauptursache für Opfer unter Kindern. Seit Anfang 2025 bis Ende Mai 2025 dokumentierte das SOHR den Tod von 425 Zivilisten, darunter 107 Kinder, und die Verletzung von 472 weiteren Personen, darunter 205 Kinder, durch Explosionen von Kriegsmunitionsrückständen. Schätzungen zufolge sind fünf Millionen Kinder im ganzen Land gefährdet (LIB, EUAA 3).
1.3.5.1. Bildung und Schulen
Über zwei Millionen Kinder gehen nicht zur Schule, und viele Schulen wurden zerstört oder beschädigt. UNOCHA gab an, dass 2,45 Millionen Kinder nicht zur Schule gingen, wobei mehr als eine Million gefährdet waren, die Schule abzubrechen, wodurch sie „einem höheren Risiko von Kinderschutzproblemen wie Kinderheirat und Kinderarbeit“ ausgesetzt waren. Die beschädigte Infrastruktur und die Vertreibung beeinträchtigten den Zugang zu Bildung erheblich. Mehr als die Hälfte der Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen in Syrien waren nicht mehr funktionsfähig, während diejenigen, die noch in Betrieb waren, mit akuten Finanzierungsengpässen zu kämpfen hatten. Die schulische Infrastruktur ist nach wie vor unzureichend für die lokale Bevölkerung, wobei überfüllte Klassenräume, schlechte sanitäre Einrichtungen und unsichere Lernumgebungen vom Schulbesuch abhalten. Es wurde berichtet, dass die Zahl der Schulabbrecher unter den zurückkehrenden Schülern steigt. Sie sahen sich auch mit Bildungsproblemen konfrontiert, wie z. B. Lücken im Lehrplan, Sprachbarrieren und Integrationsschwierigkeiten, von denen insbesondere Mädchen und Kinder mit Behinderungen betroffen waren (LIB, EUAA 3).
Es wurde von einem Mangel an Lehrkräften berichtet. Lehrer arbeiteten unter prekären Bedingungen, oft monatelang unbezahlt und mit einem durchschnittlichen Monatsgehalt von 70 USD, wenn bezahlt wird. Dies führte zu einer hohen Fluktuationsrate, die die Qualität der Bildung beeinträchtigte, die zudem durch den Mangel an Lehrmitteln untergraben wurde. Anderen Quellen zufolge verdienten erfahrene Lehrer in Syrien etwa 400 000 SPD (rund 40 USD), während unerfahrene Lehrer etwa 300 000 SPD (rund 30 USD) verdienten. In einem Artikel von Enab Baladi vom März 2025 wurde ebenfalls darauf hingewiesen, dass die Schulen unter einem Mangel an qualifizierten Lehrkräften, überfüllten Klassenräumen und fehlenden Lehrmitteln litten. Diese Bedingungen hatten einige Eltern dazu veranlasst, ihre Kinder an Privatschulen anzumelden, trotz der hohen Schulgebühren, den Berichten zufolge rund 10 Millionen SYP (etwa 1.000 USD) pro Jahr betragen. Die GPC wies darauf hin, dass der Zugang zur Bildung in den vom Krieg zerstörten Gebieten nach wie vor begrenzt ist (EUAA 3).
Flüchtlingskinder sehen sich großen Hindernissen für den Schulbesuch gegenüber, darunter überfüllte Lager, unzureichende Ressourcen und begrenzter Zugang zu Schulmöglichkeiten. Die Mehrheit der Lager in Nordwestsyrien, in den Gouvernements Aleppo und Idlib haben keine Schule. Meistens aufgrund einer niederen Anzahl an Lagerbewohnern in einigen Lagern gibt es möglicherweise alternative Bildungsprogramme oder die Kinder pendeln zur Schule in nahe gelegene Städte. Nur 40 % der Schulen verfügen über ausreichend Trinkwasser. Andererseits verfügen nur 35 % über ausreichend Toilettenwasser. Die Studie ergab eine vielfältige Bildungslandschaft in Lagerschulen, wobei die meisten den ersten und zweiten Zyklus der Grundbildung anbieten und nur sehr wenige bis zur Sekundarstufe reichen, was dazu führt, dass viele Schüler im Sekundarschulalter Schulen außerhalb der Lager besuchen (LIB).
Das Bildungsministerium unter der Leitung des neu ernannten Ministers al-Qadri kündigte am 1.1.2025 umfassende Reformen des nationalen Lehrplans an, die eine breite Debatte ausgelöst haben. Die vorgeschlagenen Reformen, die alle Bildungsstufen betreffen, beinhalten erhebliche Überarbeitungen, wie die Streichung von Inhalten, die mit dem gestürzten Assad-Regime in Verbindung stehen, die Umformulierung von Passagen über Götter in Geschichte- und Philosophiebüchern, die Umschreibung oder Streichung des Fachs Englisch, das Ersetzen des Fachs "Nationale Bildung" durch das Fach "Islamische oder Christliche Religionslehre". Die abgeänderten Lehrpläne sollen bestehen bleiben, bis Fachausschüsse gebildet werden, um die Lehrpläne zu überarbeiten. Im Gouvernement Suweida wurde daraufhin zu Protesten aufgerufen (LIB).
1.3.6. Mögliche Rückkehr nach Syrien
Die UNHCR appelliert weiterhin an alle Staaten, syrische Staatsangehörige und Personen, die früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Syrien hatten, einschließlich Palästinenser, die sich früher in Syrien aufhielten, nicht gewaltsam nach Syrien zurückzuführen (UNHCR 2).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend (abgesehen von transkriptionsbedingt unterschiedlichen Schreibweisen) übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor der belangten Behörde, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache und weiteren Sprachen, seinen Familienangehörigen, seinem Familienstand, seinem Aufwachsen in Syrien und in der Türkei und seiner Schulbildung gründen sich auf die diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben vor der Behörde und in der mündlichen Verhandlung. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen bzw. nachvollziehbar aktualisierten Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.
Die Feststellung, dass das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers, das Dorf XXXX im Gouvernement Idlib, von der neuen syrischen Regierung kontrolliert wird, ergibt sich übereinstimmend aus den vorliegenden Länderberichten und den tagesaktuellen Online Länderkarten (vgl. https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html; https://syria.liveuamap.com/, jeweils abgerufen am 25.08.2025).
Der Zeitpunkt der Ausreise und die Aufenthalte in durchreisten Staaten ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung. Das Datum der Antragstellung ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergibt sich aus seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung (vgl. Niederschrift vom 15.05.2025, S. 3). Seine Arbeitsfähigkeit folgt aus seinem Alter und seinem Gesundheitszustand.
Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.
2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
2.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 liegt es auch am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.
Das Asylverfahren bietet, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27.05.2019, Ra 2019/14/0143-8, wieder betonte, nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Diesen Beweisschwierigkeiten trägt das österreichische Asylrecht in der Weise Rechnung, dass es lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt. Um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, muss die Verfolgung nur mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.
Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (vgl. VwGH 29.05.2006, Zl. 2005/17/0252). Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen.
Unter diesen Maßgaben ist das Vorbringen eines Asylwerbers also auf seine Glaubhaftigkeit hin zu prüfen. Dabei ist vor allem auf folgende Kriterien abzustellen: Das Vorbringen des Asylwerbers muss – unter Berücksichtigung der jeweiligen Fähigkeiten und Möglichkeiten –genügend substantiiert sein; dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Das Vorbringen hat zudem plausibel zu sein, muss also mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen; diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen. Schließlich muss das Fluchtvorbringen in sich schlüssig sein; der Asylwerber darf sich demgemäß nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass es gemäß der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Minderjährigen einer besonders sorgfältigen Beweiswürdigung, dies insbesondere im Hinblick auf die Schilderung der Fluchtgeschichte, bedarf. Bei der Würdigung der Aussagen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Verlassens seines Heimatlandes minderjährig war. Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine besonders sorgfältige Beurteilung der Art und Weise des erstatteten Vorbringens zu den Fluchtgründen erforderlich und die Dichte dieses Vorbringens kann nicht mit "normalen Maßstäben" gemessen werden. Zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers ist entsprechend diesen höchstgerichtlichen Vorgaben eine besonders sorgfältige Beweiswürdigung erforderlich (VwGH 06.09.2018, Ra 2018/18/0150).
Der damals fünfjährige Beschwerdeführer verließ Syrien im Jahr 2014 und stellte am 11.10.2023 seinen Antrag auf internationalen Schutz. Für die Zwecke der Würdigung der Aussagen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen ist daher vom Erinnerungs- und Erlebnismaßstab eines normal entwickelten Fünfjährigen auszugehen. Dementsprechend brachte der Beschwerdeführer in der polizeilichen Erstbefragung und in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde auch lediglich vor, dass er und seine Familie aufgrund des Krieges und der Bombardierungen ihres Hauses aus Syrien ausgereist seien (vgl. AS 14, 102). Die Türkei habe er anschließend aufgrund des dort herrschenden Rassismus gegenüber Syrern und der besseren Zukunftsperspektiven in Europa, insbesondere hinsichtlich der Schule, verlassen (vgl. AS 102, 103).
2.2.2. Zur behaupteten Zwangsrekrutierung und (zumindest) unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung vonseiten des ehemaligen Assad-Regimes und einer allfälligen Unterstellung als Anhänger des ehemaligen Assad-Regimes:
Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers in der ersten Stellungnahme (vgl. AS 168, 183-185, 190-193), in der Beschwerde (vgl. AS 404), in der zweiten Stellungnahme (vgl. OZ 6, S. 2) als auch in der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. Niederschrift vom 03.12.2024, S. 7), es bestehe die Gefahr, dass er vom syrischen Regime zwangsrekrutiert werde – welche von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vom 01.10.2024 negiert wurde – ist der Vollständigkeit halber anzumerken, dass es die zum Zeitpunkt der Beschwerde noch bestandene syrische Regierung unter der Herrschaft Bashar al-Assads seit Anfang Dezember 2024 in dieser Form nicht mehr gibt (vgl. 1.3.1. ff.). Die ehemalige Syrische Arabische Armee (SAA) wurde mit Befehl al-Assads noch im Dezember 2024 aufgelöst. Dem Beschwerdeführer droht daher auch keine Zwangsrekrutierung bzw. eine Bedrohung aufgrund seiner Familienangehörigeneigenschaft (vgl. AS 404, 410-412) vonseiten des ehemaligen Assad-Regimes, mangels Gebiets- und Herrschaftsgewalt geht von diesem keine Bedrohung mehr aus.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer auch nicht Gefahr läuft von bewaffneten Gruppierungen als Anhänger des ehemaligen Assad-Regimes eingestuft zu werden, insbesondere da der mj. Beschwerdeführer bei seiner Ausreise aus Syrien erst fünf Jahre alt war, somit auch niemals für die SAA oder eine andere Gruppierung kämpfte und sich auch niemals politisch betätigte (vgl. AS 103; Niederschrift vom 03.12.2024, S. 6). Im Ergebnis besteht daher kein Risiko, dass der Beschwerdeführer von der neuen syrischen Regierung, die sein Herkunftsgebiet kontrolliert, als militärischer oder politischer Gegner qualifiziert wird.
2.2.3. Zu einer allfälligen Zwangsrekrutierung und Bedrohung vonseiten der neuen syrischen Regierung bzw. der nunmehr aufgelösten HTS:
Den aktuellen Länderinformationen ist zu entnehmen, dass der neue syrische Präsident Ahmed ash-Shara’ die Vision einer neuen „Nationalen Armee“, die alle ehemaligen Oppositionsgruppen einbezieht, äußerte. Diese Vision beinhaltet einen Prozess der Entwaffnung, Demobilisierung und Wiedereingliederung. Die neue Armee soll in eine professionelle, auf Freiwilligen basierende Truppe umgewandelt werden, um die Professionalität in den Reihen zu fördern und sich von der Wehrpflichtpolitik zu entfernen, die das zusammengebrochene Assad-Regime charakterisierte. Neue Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere werden Berichten zufolge durch intensive Programme rekrutiert, die von den traditionellen akademischen und Ausbildungsstandards abweichen. Am 10.02.2025 gab Übergangspräsident ash-Shara' an, dass sich Tausende von Freiwilligen der neuen Armee angeschlossen haben. Die Aufnahmebedingungen für junge Männer im Verteidigungsministerium besagen, dass sie zwischen 18 und 22 Jahre alt, ledig und frei von chronischen Krankheiten und Verletzungen sein müssen. Berichten zufolge verlangt die neue Regierung von neuen Rekruten eine 21-tägige Scharia-Ausbildung. Ende Februar 2025 verbreiteten Facebook-Seiten die Behauptung, die Allgemeine Sicherheit habe in Jableh, Banyas und Qardaha Checkpoints eingerichtet, um jeden zu verhaften, der eine Siedlungskarte besitzt. Die Seiten behaupten, dass die Allgemeine Sicherheit die Verhafteten nach Südsyrien verlegt, wo es zu einer Eskalation durch die israelische Besatzung kommt. Die neue syrische Regierung dementierte die Durchführung von Rekrutierungskampagnen in den Provinzen Latakia und Tartus. Die Rekrutierung basiere weiterhin auf Freiwilligkeit (vgl. 1.3.4.1.).
Den vorliegenden Länderberichten sind somit, insbesondere unter Berücksichtigung der proklamierten Freiwilligkeit, keine Zwangsrekrutierungen zu entnehmen, zumal der mj. Beschwerdeführer erst XXXX Jahre alt ist und das veröffentliche Rekrutierungsalter noch nicht erreicht hat. Der Beschwerdeführer wäre damit laut dem derzeitigen Informationsstand für einen freiwilligen Eintritt in die neue syrische Armee zu jung. Selbst unter der – rein hypothetischen – Annahme, dass die neue syrische Regierung von ihrer bisherigen Linie abweichen und tatsächlich beginnen sollte, Männer ab 18 Jahren einzuziehen (wofür aktuell keinerlei Anhaltspunkte vorliegen), ist zu bedenken, dass zum Entscheidungszeitpunkt die neue syrische Regierung rekrutierungsunwilligen Männern keine politische Gesinnung unterstellt. Abgesehen von der unterschrittenen Altersgrenze im Fall des Beschwerdeführers kann generell nicht angenommen werden, dass jeder volljährige männliche syrische Staatsbürger mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr läuft, von der neuen syrischen Regierung zwangsrekrutiert zu werden. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die (nunmehr offiziell aufgelöste) HTS, die ca. die Hälfte der neuen syrischen Regierungsmitglieder stellt, auch ohne Wehrpflicht/Zwangsrekrutierung(en) über ausreichende Kräfte für die Machtübernahme in weiten Teilen Syriens verfügte.
Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers, die HTS rekrutiere minderjährige Kinder für militärische Zwecke (vgl. AS 175, 404, 406-410; OZ 10, S. 2; OZ 19, S. 2, 3), ist folgendes auszuführen:
Dem aktuellen Länderinformationsblatt (Version 12) sind in Bezugnahme auf die Rekrutierung von Minderjährigen derzeit keine aktuellen Informationen zu entnehmen. Die Informationen in dem diesbezüglichen Kapitel gehen auf den Informationsstand vor dem Umsturz vom 08.12.2024 zurück. Demnach könne laut dem Länderinformationsblatt keine Aussage über die Aktualität bzw. gegenwärtige Richtigkeit getroffen werden (vgl. 1.3.4.4.1.).
Den Informationen, die sich auf die Zeit vor den Machtumsturz im Dezember 2024 beziehen, zufolge nahm die Zahl der Rekrutierungen Minderjähriger bis 2023 kontinuierlich zu. In einigen Fällen wurden Kinder zwangsrekrutiert, in anderen Fällen melden sich Minderjährige, weil sie oder ihre Familien das Gehalt benötigen. Einige schlossen sich aus ideologischen Gründen oder aufgrund von Familien- und Stammesloyalitäten an. In einigen Fällen wurden Kinder aus Syrien geschickt, um als Söldner in anderen Konflikten zu kämpfen. Unter den 25 Parteien, die Berichten zufolge an der Rekrutierung von Kindern beteiligt waren, darunter die Kurdischen Volksverteidigungseinheiten (Yekîneyên Parastina Gel - YPG), die Fraueneinheiten (Yekîneyên Parastina Jin - YPJ), die Freie Syrische Armee (Free Syrian Army - FSA), Ahrar ash-Sham und andere bewaffnete Gruppen unter der Syrischen Nationalen Armee (Syrian National Army - SNA), stach die Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) durch ihr umfangreiches Engagement bei der Rekrutierung und Ausbildung von Kindern hervor. Die SNA und die HTS rekrutierten Minderjährige. Die UN verifizierten 231 Fälle von Rekrutierungen Minderjähriger durch die SDF und den mit ihnen verbundenen Kräften im Jahr 2023. Die oppositionelle Syrische Nationalarmee (Syrian National Army - SNA), darunter Ahrar ash- Sham und die Armee des Islam, sowie die mit ihnen verbündeten Gruppierungen und Fraktionen unterzeichneten am 3.6.2024 einen Aktionsplan mit den Vereinten Nationen, um die Rekrutierung und den Einsatz sowie die Tötung und Verstümmelung von Kindern gemäß der Resolution 1539 (2004) des Sicherheitsrats und nachfolgender Resolutionen zu beenden und zu verhindern. Der Aktionsplan gilt auch für alle neuen Gruppierungen, die sich der oppositionellen SNA und den ihr angeschlossenen Gruppierungen nach seiner Unterzeichnung anschließen oder sie verlassen (vgl. 1.3.4.4.1.).
Die aktuelle ACCORD Anfragebeantwortung zur Rekrutierungspraxis der neuen syrischen Regierung (Anm.: in der Anfragebeantwortung als Übergangsregierung benannt) und anderen bewaffneten Gruppierungen vom 21.03.2025 führt lediglich Rekrutierungen von Minderjährigen vonseiten SDF-naher Kräfte, der Revolutionären Jugend, an (vgl. 1.3.4.4.2.).
Ebenso berichten die aktuellen Country Focus der EUAA vom März 2025 und vom Juli 2025 von Rekrutierungen von Minderjährigen vonseiten der SDF, der Revolutionären Jugend und des ehemaligen Assad-Regimes im November 2024. Dem Country Focus vom Juli 2025 lassen sich im Zeitraum von April 2024 bis April 2025 49 Rekrutierungen von Minderjährigen entnehmen. Die meisten Fälle ereigneten sich demnach in der Provinz Aleppo (28 Fälle oder 57 %), gefolgt von Hasaka (15 Fälle oder 31 %) und Raqqa (6 Fälle oder 12 %), wobei alle Vorfälle der Revolutionären Jugend zugeschrieben wurden. Nach Angaben von ACLED wurden zwischen Anfang März und Anfang Mai 2025 mindestens 11 Mädchen und junge Frauen bei mehreren Vorfällen im Nordosten und Norden Syriens entführt, vor allem zum Zwecke der Rekrutierung. Die meisten Vorfälle wurden PKK-nahen Gruppen und der YPG zugeschrieben. In einem separaten Vorfall, der um den 29. April 2025 gemeldet wurde, wurden junge Frauen und Männer aus alawitischen und drusischen Gemeinschaften Berichten zufolge unter dem Vorwand einer Anstellung in fünf SDF-nahen Lagern in Raqqa rekrutiert. Stattdessen wurden sie entführt und zwangsweise in ideologische und militärische Ausbildungslager gebracht (vgl. 1.3.4.4.2.).
EUAA berichtet zwar in ihrem Interim Country Guidance vom Juni 2025, dass die HTS in der Vergangenheit Kinder zwangsrekrutierte und als „menschliche Schutzschilde, Selbstmordattentäter, Scharfschützen und Henker“ einsetzte, jedoch führt sie auch in diesem Bericht aus, dass derzeit keine Informationen über die Behandlung von Kindern vonseiten der neuen syrischen Regierung zur Verfügung stehen würden (vgl. 1.3.4.4.2.).
Die vom Beschwerdeführer in der Stellungnahme vom 27.11.2024 angeführte ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Zwangsrekrutierung Minderjähriger (Konzentration auf 14-16-jährige, regionale Unterschiede) [a-11806] vom 31.01.2022 (vgl. OZ 6, S. 3) ist in Ermangelung ihrer Aktualität für das gegenständliche Verfahren – und der Beurteilung einer allfälligen aktuell bestehenden Rekrutierungsgefahr – unbeachtlich.
Auch der vom Beschwerdeführer in der Stellungnahme vom 29.07.2025 vorgebrachte Online Artikel bezieht sich ausschließlich auf Kinderrekrutierungen durch die SDF/Revolutionäre Jugend in der DAANES (vgl. https://syriaaccountability.org/child-recruitment-practices-continue-in-syria-before-and-after-the-fall-of-assad/, abgerufen am 25.08.2025).
Unter Berücksichtigung der vorliegenden Länderinformationen kann daher nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der minderjährige Beschwerdeführer vonseiten der neuen syrischen Regierung zwangsrekrutiert werden würde. Sämtliche Berichte über Rekrutierungen von Minderjährigen bezogen sich auf die HTS vor dem Machtwechsel im Dezember 2024. Laut EUAA und dem Länderinformationsblatt hat die HTS jedoch mit 29.01.2025 ihre Auflösung bekannt gegeben (vgl. 1.3.1.2.). Da die HTS offiziell nicht mehr existiert, geht von ihr auch keine Gefahr mehr aus. Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass die neue syrische Regierung ungefähr zur Hälfte aus ehemaligen HTS-Affiliierten besteht. In Anbetracht dessen, dass sich die neue syrische Regierung jedoch betont gemäßigt zeigt, sich sämtliche Berichte über Rekrutierungen von Minderjährigen seit April 2024 auf vom Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers verschiedene Gouvernements und lediglich auf SDF-nahe Gruppierungen bezogen und kein Mangel an (volljährigen) Männern besteht, die sich freiwillig der neuen syrischen Regierung anschließen wollen, ist insgesamt von keiner maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Zwangsrekrutierung als Minderjähriger auszugehen. Der Vollständigkeit halber ist ebenso darauf hinzuweisen, dass die einzelfallbezogenen Berichte über Rekrutierungen von Minderjährigen vonseiten der ehemaligen HTS nicht nur Zwangsrekrutierungen, sondern auch Kinder, die sich freiwillig aus (mutmaßlich) religiösen oder monetären Gründen der HTS anschlossen, umfassten.
Ebenso lassen sich den aktuellen Länderinformationen keine Berichte darüber entnehmen, dass eine allfällige Weigerung sich der neuen syrischen Regierung anzuschließen, mit Konsequenzen verbunden wäre. Insbesondere lassen sich den Länderberichten keine Anhaltspunkte entnehmen, dass eine Weigerung, für die neue syrische Regierung zu kämpfen, mit der Unterstellung einer oppositionellen politischen Gesinnung verbunden wäre. Diesbezüglich brachte der Beschwerdeführer in der zweiten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vor, dass er gar nicht wisse, ob er verfolgt werde oder nicht. Er wisse auch nicht, ob die aktuellen Machthaber ihn rekrutieren wollen würden. Vor einer möglichen Rekrutierung habe er jedoch Angst. Auf Nachfrage der erkennenden Richterin brachte er vor, dass er nicht wisse, was er von der aktuellen Regierung halte und er auch nicht wisse, ob jemand nach ihm fahnde (vgl. Niederschrift vom 15.05.2025, S. 5). Auch auf Nachfrage seiner Rechtsvertretung am Ende der mündlichen Verhandlung brachte er vor, dass er nicht wisse, ob er bei einer hypothetischen Zwangsrekrutierung „durch die HTS bzw. die neue Übergangsregierung“ kämpfen wolle. Die nachfolgende Frage, ob er eine bestimmte politische Meinung zur neuen Regierung bzw. der HTS habe, beantwortete er mit: „Nein, weiß ich nicht, nein.“ (vgl. Niederschrift vom 15.05.2025, S. 6). Dass der mj. Beschwerdeführer somit trotz seines jungen Alters bereits eine politische Meinung hätte, lässt sich den einsilbigen Antworten des Beschwerdeführers nicht entnehmen.
Dem diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 22.05.2025, dass er insbesondere auch aufgrund der Umstände, dass „er aus Syrien ausgereist [sei] und im Bürgerkrieg bisher nicht an der Seite der islamischen (ehemaligen) Rebellen gekämpft“ habe, als „politischer/religiöser Gegner“ aufgefasst werde (vgl. OZ 19, S. 4), ist zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer bei seiner Ausreise aus Syrien erst fünf Jahre alt war, seine Ausreise bereits 11 Jahre zurückliegt und damals noch das ehemalige Assad-Regime die Kontrolle ausübte. Dass die neue syrische Regierung einem damals Fünfjährigen eine von seinen Eltern organisierte Ausreise aus einem Kriegsgebiet vorwerfen und ihm daher eine oppositionelle Gesinnung unterstellen würde, erscheint nicht nur äußerst unplausibel, sondern findet auch keine Deckung in den aktuellen Länderinformationen.
Zusammenfassend lässt sich daher festhalten, dass der Beschwerdeführer weder als Minderjähriger noch als Volljähriger mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr einer Zwangsrekrutierung vonseiten der aufgelösten HTS und/oder der neuen syrischen Regierung ausgesetzt ist und ihm auch nicht aufgrund seiner Ausreise oder einer möglichen Weigerung für die neue syrische Regierung zu kämpfen eine oppositionelle Gesinnung zugeschrieben werden würde.
2.2.4. Zu einer allfälligen Zwangsrekrutierung vonseiten der SDF:
In den neuen Länderinformationen wird hinsichtlich möglicher Rekrutierungen vonseiten der SDF hauptsächlich auf die Situation vor dem Umsturz des Assad-Regimes Bezug genommen. Demnach gibt es in der Demokratischen Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES) einerseits die Community Protection Forces, die für den Schutz Nord- und Ostsyriens und die Gewährleistung des Schutzes von Leben und Eigentum der Bürger vor allen Angriffen und Besatzungen verantwortlich sind. Die Community Protection Forces werden unter Beteiligung aller Bürger organisiert. Selbstverteidigung ist ein Recht und eine Pflicht für jeden Bürger. Es ist die Pflicht organisierter ethnischer und religiöser Gruppen, sich wirksam am Selbstverteidigungssystem zu beteiligen, angefangen bei Stadtvierteln, Dörfern, Städten und allen Wohneinheiten. Anderseits erwähnt Artikel 111 auch die Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces - SDF). Sie sind die legitimen Verteidigungskräfte in der Demokratischen Autonomen Verwaltung Nord- und Ostsyriens. Sie nehmen den freiwilligen Beitritt der Söhne und Töchter des Volkes und die Pflicht zur Selbstverteidigung an. Laut Gesetz Nr. 1 zur Selbstverteidigung gelten Männer mit Vollendung des 18. Lebensjahres als wehrpflichtig und müssen den Selbstverteidigungsdienst bis zum vierzigsten Lebensjahr vollendet haben (Artikel 13). Wehrpflichtig ist jeder männliche Bewohner der Region Nord- und Ostsyrien, der das gesetzliche Alter für die Ausübung des Selbstverteidigungsdienstes erreicht hat, bzw. jeder, der seit mehr als drei Jahren dauerhaft in Nord- und Ostsyrien ansässig ist und die syrische Staatsangehörigkeit besitzt (Artikel 1). Das sogenannte Verteidigungsbüro des Exekutivrats der „Demokratischen Autonomen Verwaltung von Nord- und Ostsyrien“ hat die für die Wehrpflicht erforderlichen Geburtsjahrgänge festgelegt, die Erklärung wurde vom Verteidigungsbüro der Autonomen Verwaltung an alle Verteidigungsbüros in der Region verteilt. Darin steht, wer zwischen dem 1.1.1998 und dem 31.12.2005 geboren ist, ist für den Dienst der Selbstverteidigung wehrpflichtig. Araber und Kurden werden laut von ACCORD befragten Experten vor dem Gesetz gleichbehandelt. Es würde jedoch mehr Flexibilität gegenüber Arabern gezeigt werden, um einen Aufstand zu vermeiden. Arabische Stammesführer hätten lokal die Macht und würden für bestimmte junge Araber Ausnahmen und Aufschiebungen erwirken. Einem Syrienexperten zufolge seien die speziellen Konsequenzen für Araber von Region zu Region unterschiedlich (vgl. 1.3.4.2.).
In der aktuellen ACCORD Anfragebeantwortung vom 21.03.2025 wird auf die Lage seit dem Machtwechsel im Dezember 2024 Bezug genommen (vgl. ACCORD, 1.3.4.2.). Darin wird berichtet, dass SDF-Kräfte Verhaftungs- und Rekrutierungskampagnen, auch von ethnischen Arabern, in den von ihnen kontrollierten Gebieten durchgeführt hätten. Einer Quelle zufolge bestehe ein Mangel an Kräften in den Reihen der SDF und sei diese daher nicht imstande neue Rekrutierungskampagnen in der Region zu starten. Es könnten nur begrenzt Rekrutierungsoperationen, hauptsächlich im Gouvernement Al-Hasakah, durchgeführt werden. Der Quelle zufolge prüfe die SDF sämtliche Optionen, um ihre Militär- und Sicherheitskräfte zu stärken, unter anderem durch den Aufbau neuer Kräfte. Die SDF sehe für jeden Mann, der das Alter von 18 Jahren erreicht habe und zwischen 1998 und 2006 geboren sei, eine einjährige Wehrpflicht vor.
Der Beschwerdeführer ist erst XXXX Jahre alt (Geburtsjahrgang XXXX ) und fällt daher grundsätzlich noch nicht in das rekrutierungspflichtige Alter in der DAANES. Selbst unter Berücksichtigung von allfälligen Rekrutierungen von Minderjährigen bzw. in Hinblick auf eine Prognoseentscheidung des bald volljährigen Beschwerdeführers, ist jedoch festzuhalten, dass die Selbstverteidigungspflicht nur männliche Bewohner der Region Nord- und Ostsyrien bzw. Männer, die seit mehr als drei Jahren dauerhaft in Nord- und Ostsyrien ansässig sind, umfasst.
Das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers befindet sich jedoch nicht in der DAANES, sondern im Nordwesten Syriens, welcher von der neuen syrischen Regierung kontrolliert wird. Der Beschwerdeführer ist daher in der DAANES auch nicht wehrpflichtig. Zudem haben weder die SDF noch die mit der SDF in Verbindung stehende Revolutionäre Jugend (Tevgera Ciwanên Şoreşger), die laut Länderberichten vereinzelt Minderjährige rekrutiert, Zugriffsmöglichkeiten auf den Beschwerdeführer in seinem Herkunftsgebiet. In den Länderinformationen lassen sich auch keine Zwangsrekrutierungen Minderjähriger vonseiten SDF-naher Gruppierungen im Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers finden.
Unter Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände ist es daher nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass die SDF/Revolutionäre Jugend den Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr zwangsrekrutieren wird.
2.2.5. Zu einer allfälligen Zwangsrekrutierung vonseiten der SNA bzw. anderen bewaffneten Gruppierungen:
Der Beschwerdeführer brachte mehrmals pauschal vor, dass ihm eine Rekrutierung von „jeglichen bewaffneten Gruppierungen“ drohe (vgl. AS 168, 175, 404, 406-410).
In Bezugnahme auf allfällige Zwangsrekrutierungen vonseiten der Syrian National Army (SNA) ist dem vorangegangenen Länderinformationsblatt (Version 11) zu entnehmen, dass bewaffnete oppositionelle Gruppen, wie die SNA, Zivilisten in von ihnen kontrollierten Gebieten keine Wehrdienstpflicht auferlegen. Quellen des niederländischen Außenministeriums berichten, dass es keine Zwangsrekrutierungen durch die SNA gibt. In den von ihr kontrollierten Gebieten in Nordsyrien herrscht kein Mangel an Männern, die bereit sind, sich ihr anzuschließen. Wirtschaftliche Anreize sind der Hauptgrund, den Einheiten der SNA beizutreten (vgl. 1.3.4.3.).
Dem aktuellen Länderinformationsblatt (Version 12) sind hinsichtlich möglicher Zwangsrekrutierungen vonseiten der SNA keine Informationen zu entnehmen.
In Bezugnahme auf allfällige Zwangsrekrutierungen von Minderjährigen ergeben sich aus den Länderinformationen zum Entscheidungszeitpunkt keine Anhaltspunkte, die eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit belegen würden. Insbesondere, da die SNA, darunter Ahrar ash-Sham und die Armee des Islam, sowie die mit ihnen verbündeten Gruppierungen und Fraktionen, am 03.06.2024 einen Aktionsplan mit den Vereinten Nationen, um die Rekrutierung und den Einsatz sowie die Tötung und Verstümmelung von Kindern gemäß der Resolution 1539 (2004) des Sicherheitsrats und nachfolgender Resolutionen zu beenden und zu verhindern, unterzeichneten. Der Aktionsplan gilt auch für alle neuen Gruppierungen, die sich der SNA und den ihr angeschlossenen Gruppierungen nach seiner Unterzeichnung anschließen oder sie verlassen (vgl. 1.3.4.4.1.; für weiterführende Informationen hinsichtlich Zwangsrekrutierungen von Minderjährigen siehe 2.2.3.).
Unter Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände ist es daher nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass die SNA oder andere bewaffnete Gruppierungen den Beschwerdeführer als Minder- oder Volljährigen im Fall einer Rückkehr zwangsrekrutieren werden. Konkrete, gefährdungserhöhende Faktoren haben sich beim mj. Beschwerdeführer ebenso nicht ergeben.
2.2.6. Zur vorgebrachten Bedrohung aufgrund seiner Minderjährigkeit:
Es wird nicht verkannt, dass alleinstehende Kinder in Syrien besonders vulnerabel sind und ihre Gefährdung besonders hoch ist. Den Länderinformationen ist hinsichtlich der allgemeinen Situation von Kindern in Syrien zu entnehmen, dass es zu schwersten Verletzungen der Rechte von Kindern kommt.
Der Beschwerdeführer brachte diesbezüglich in seiner Stellungnahme vom 15.07.2024 vor, dass alleinstehende Minderjährige besonders von Zwangsrekrutierungen betroffen seien. Weiters würden Kinder laut UNHCR-Richtlinien unter eine Reihe von Risikoprofilen fallen (vgl. AS 181-185). Im Fall einer Rückkehr könne er zudem keine Schule besuchen, da die Sicherheitslage und die Verfügbarkeit von Schulen eine Teilnahme am Schulleben nicht zulassen würden (vgl. AS 193-195). In seiner Beschwerde brachte er weiters vor, dass ihm aufgrund des fehlenden männlichen bzw. familiären Schutzes bzw. Unterstützung in Syrien Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Kinder drohe (vgl. AS 404, 420). Auch in den darauf erfolgten Stellungnahmen betonte der Beschwerdeführer das Fehlen eines sozialen Netzwerkes in seinem Herkunftsgebiet (vgl. OZ 10, S. 2, 3; OZ 19, S. 4, 5; OZ 23, S. 2). Auf die Nachfrage der erkennenden Richterin in der zweiten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, was ihm konkret passieren würde, wenn er nach Syrien zurückkehren müsste, antwortete der Beschwerdeführer, dass er alleine sei, da er keine Familie vor Ort habe und auch kein Zuhause. Er würde verhungern (vgl. Niederschrift vom 15.05.2025, S. 5, 6).
Aus dem Vorbringen lässt sich hinsichtlich des Beschwerdeführers jedoch keine kinderspezifische Bedrohung ableiten und ist auch eine solche im Verfahren nicht hervorgekommen:
In Bezug auf die in den Länderberichten angeführte schlechte Lage von Kindern in Syrien ist festzuhalten, dass es in Syrien unverändert und regelmäßig zu schwersten Verletzungen der Rechte von Kindern kommt. UNICEF zufolge benötigen 7,5 Millionen Kinder humanitäre Hilfe, 6,4 Millionen benötigen dringend Schutz, weil Unsicherheit und wirtschaftliche Not die Verletzung von Kinderrechten, Angst und Not vertiefen. 3,7 Millionen Kinder benötigen Ernährungshilfe. Mehr als 2,4 Millionen Kinder gehen nicht zur Schule und eine Million weitere Kinder laufen Gefahr, die Schule abzubrechen. Dadurch sind sie einem höheren Risiko von Kinderarbeit, Kinderheirat, Menschenhandel sowie Rekrutierung und Einsatz durch Konfliktparteien ausgesetzt. Mehr als 650.000 Kinder zeigen Anzeichen von Wachstumsstörungen aufgrund schwerer Unterernährung (vgl. 1.3.5.).
Auch UNHCR führt in seinen Richtlinien – die mangels aktueller Richtlinien zur verfahrensgegenständlichen Prüfung herangezogen werden – aus, dass Kinder unter einige Risikoprofile fallen können. Im Einzelnen wird berichtet, dass Akteure des Konflikts Kinder gezielt auswählen, um sie zu entführen, willkürlich festzunehmen und zu inhaftieren, verschwinden zu lassen, zu foltern, zu vergewaltigen oder sonstigen Formen sexueller Gewalt auszusetzen und außergerichtlich hinzurichten. Kinder werden aus einer Vielzahl von Gründen ins Visier genommen, u. a. aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Beteiligung an politischen Aktivitäten oder militärischen Hilfstätigkeiten bei Kämpfen und ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Verbindung zu anderen Konfliktparteien, einschließlich aufgrund ihrer familiären Beziehungen, ihrer Herkunftsregion und/oder ihrer religiösen oder ethnischen Identität (vgl. UNHCR 1, S. 185 ff).
Uneheliche Kinder, sowie Kinder von Eltern, deren Ehe nicht offiziell registriert wurde, einschließlich im Fall von Vergewaltigung, haben laut Berichten Schwierigkeiten, bei den zuständigen Behörden registriert zu werden. Infolgedessen haben viele keine anerkannten Ausweispapiere, die ihre Identität, familiäre Situation und Staatsangehörigkeit dokumentieren, sodass sie keinen Zugang zur Grundversorgung einschließlich Gesundheitsdiensten, Bildungsangeboten und Beschäftigungsmöglichkeiten erhalten, ihre Freizügigkeit eingeschränkt ist und sie in besonderem Maß von Staatenlosigkeit, Ausbeutung und Missbrauch bedroht sind. Aufgrund der herrschenden gesellschaftlichen Normen finden uneheliche Kinder keine Akzeptanz in der Gesellschaft, was dazu führt, dass sie stigmatisiert und diskriminiert werden (vgl. UNHCR 1, S. 185 ff).
Außerdem wird gemeldet, dass Kinder gefährdet sind, kinderspezifische Formen bzw. Manifestationen von Verfolgung zu erleiden, einschließlich sexueller Gewalt, Zwangs- und/oder Kinderehen, häuslicher Gewalt, „Ehrendelikten“, extremer Formen von Kinderarbeit, z. B. Rekrutierung als Kindersoldaten, Menschenhandel, Zwangsarbeit und kommerzielle sexuelle Ausbeutung, sowie gefährlicher Arbeit, die wahrscheinlich ihre Gesundheit, Sicherheit oder Sittlichkeit beeinträchtigt, wie z. B. Betteln, Straßenverkauf, Müll sammeln, Haushaltsarbeit und Arbeit auf Baustellen. Kinder ohne Ausweispapiere, Kinder mit Behinderungen sowie Waisen, ausgesetzte und von ihren Familien getrennte Kinder sind Berichten zufolge besonders gefährdet, Opfer verschiedener Formen der Ausbeutung zu werden, einschließlich Rekrutierung als Kindersoldaten, Kinderarbeit, Zwangs- und/ oder Kinderehen, sexueller Ausbeutung und Menschenhandel (vgl. UNHCR 1, S. 185 ff).
Auch EUAA führt in ihrem aktuellen Leitfaden zu Syrien aus, dass bei der individuellen Beurteilung, ob für Kinder eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Bedrohung besteht, risikoerhöhende Umstände (z.B. oppositionelle Familienmitglieder, die sozioökonomische Situation, der Familienstand, das Herkunfts- oder Wohngebiet, fehlende Dokumente, die Religion) zu berücksichtigen sind. Die schulische Infrastruktur stellt sich aufgrund von überfüllten Klassenzimmern, schlechten sanitären Einrichtungen und unsicheren Lernumgebungen als unzureichend dar (vgl. 1.3.5.1.).
Bezogen auf den Beschwerdeführer ergibt sich jedoch kein erhöhtes Risiko. Der (noch) minderjährige Beschwerdeführer wäre im Fall der Rückkehr nach Syrien nicht als alleinstehendes Kind anzusehen, da seine beiden Schwestern mit ihren Familien, sowie Verwandte väterlicherseits, weiterhin in Syrien leben (vgl. Niederschrift vom 03.12.2024, S. 6). Demnach sind auch allfällige, alleinstehende Kinder betreffende Gefahrenkonstellationen im vorliegenden Fall nicht anzunehmen. Insbesondere vermag auch die Herkunft des Beschwerdeführers aus dem Gouvernement Idlib keine maßgebliche Gefährdung seiner Person zu begründen. Laut eigenen Angaben hat der Beschwerdeführer auch einen syrischen Reisepass und einen Personalausweis, welche sich bei seinen Eltern in der Türkei befinden (vgl. AS 99). Weiters konnte er einen Auszug aus dem syrischen Personenstandsregister, sowie einen Auszug aus dem syrischen Familienbuch in Vorlage bringen (vgl. AS 109 ff.). Der Beschwerdeführer ist somit weder ein „undokumentiertes“ noch ein uneheliches Kind. Zudem berichtet EUAA davon, dass die Schulen in Syrien, einschließlich Damaskus, seit dem 15.12.2024 offiziell wieder geöffnet sind. Dass den Kindern systematisch der Zugang zu Schulen verwehrt werden würde ist den Länderinformationen nicht zu entnehmen (vgl. 1.3.5.1.). Es bestehen, insbesondere auch in Hinblick auf sein Geschlecht, keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Syrien Opfer von Gewalt werden würde. Dass der Beschwerdeführer aufgrund der Lage seines Herkunftsgebietes auch keinen Zwangsrekrutierungen ausgesetzt ist, wurde bereits beweiswürdigend ausgeführt. Hinzukommt, dass der Beschwerdeführer in ca. XXXX die Volljährigkeit erreicht und ab XXXX nicht mehr zur Gruppe minderjähriger Syrer gezählt wird.
Insgesamt lässt sich daher eine über die allgemein schlechte Situation von Kindern aufgrund des Bürgerkrieges hinausgehende Bedrohung des mj. Beschwerdeführers aus den oben zitierten Länderfeststellungen aber nicht entnehmen.
2.2.7. Zur vorgebrachten Bedrohung aufgrund seiner illegalen Ausreise und seiner Asylantragstellung im Ausland:
Der Beschwerdeführer erstattete diesbezüglich lediglich ein auf das ehemalige Assad-Regime bezogenes Vorbringen. In seiner Stellungnahme vom 15.07.2024 führte er aus, dass ihm eine oppositionelle Gesinnung vonseiten des syrischen Regimes unterstellt werden würde, da es sich bei ihm um einen „Rückkehrer aus dem Westen“ handle (vgl. AS 185). Auch in seiner Beschwerde brachte er diesbezüglich vor, dass ihm eine oppositionelle Gesinnung aufgrund seiner Asylantragstellung im Ausland und seiner Ausreise unterstellt werden könne (vgl. AS 412-415). Der Vollständigkeit halber ist jedoch noch einmal darauf hinzuweisen, dass sich die die Lage in Syrien maßgeblich geändert hat und das ehemalige Assad-Regime seit Dezember 2024 nicht mehr existiert und von diesem daher auch keine Bedrohung ausgeht.
Zudem liegen nach dem Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die neue syrische Regierung dem Beschwerdeführer aufgrund seiner illegalen Ausreise und/oder seiner Asylantragstellung im Ausland eine oppositionelle politische Haltung unterstellen würde; insbesondere zumal diese Ereignisse zeitlich vor dem Regimewechsel in Syrien stattgefunden haben. Ebenso wenig führt eine Asylantragstellung in Österreich zu Sanktionen, weil die Antragstellung den syrischen Behörden nicht bekannt ist, zumal es den österreichischen Behörden untersagt ist, diesbezüglich Daten an die syrischen Behörden weiterzuleiten.
Dem Beschwerdeführer droht daher auch aus diesen Gründen im Fall einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet kein Eingriff in seine körperliche Integrität.
2.2.8. Weitere Fluchtgründe und Wiedereinreise:
Der Flughafen Damaskus nahm am 08.01.2025 seinen vollen Betrieb wieder auf, am selben Tag landete der erste internationale kommerzielle Flug seit dem Sturz des ehemaligen syrischen Präsidenten Bashar al-Assad. Dem Beschwerdeführer ist es grundsätzlich möglich, bspw. über den Flughafen Damaskus, nach Syrien und weiter in sein Herkunftsgebiet zu reisen.
Weitere Fluchtgründe brachte der Beschwerdeführer nicht vor, auch ergab eine Einsicht in die aktuellen Länderinformationen keinen Hinweis darauf, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat eine Bedrohung für Leib und Leben drohen könnte, weswegen die entsprechende Feststellung getroffen wird.
2.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Länderberichte. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche bieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der herangezogenen Länderinformationen zu zweifeln. Die den Feststellungen zugrundeliegenden Länderberichte sind in Bezug auf die Sicherheits- und Versorgungslage in Syrien aktuell. Es wurde dem Beschwerdeführer ausdrücklich freigestellt, eine weitere (dritte) mündliche Beschwerdeverhandlung zu den aktuellsten Länderinformationen durchzuführen, sofern dies ausdrücklich beantragt wird. Der mj. Beschwerdeführer gab durch seine Rechtsvertretung eine ausführliche Stellungnahme ab, beantragte jedoch keine Erörterung der aktuellen EUAA Dokumente, weswegen davon abgesehen wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten
3.1.1. § 3 Asylgesetz 2005 (AsylG) lautet auszugsweise:
„Status des Asylberechtigten
§ 3 (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder
2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
…“
3.1.2. Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.
Nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr kann relevant sein, diese muss im Entscheidungszeitpunkt vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
3.1.3. Wie festgestellt und zuvor beweiswürdigend dargelegt wurde, gibt es den verpflichtenden syrischen Wehrdienst unter der ehemaligen syrischen Regierung von Bashar al-Assad seit Dezember 2024 in der bis dahin geltenden Form nicht mehr. Nach dem Umsturz des syrischen Regimes unter der Führung von Bashar al-Assad erweist sich das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers (Zwangsrekrutierung, Reflexverfolgung aufgrund seiner Angehörigeneigenschaft, Verfolgung aufgrund seiner illegalen Ausreise und Asylantragstellung in Österreich) daher als nicht asylrelevant. Auch UNHCR hat sich in seiner jüngsten Überarbeitung seiner Position zur Situation in Syrien zum aktuellen Konfliktstand geäußert und bei dieser Gelegenheit Verfolgungsgefahren mit Ausgangspunkt beim vormaligen syrischen Regime klar negiert (vgl. UNHCR, Position on returns to the Syrian Arab Republic, vom Dezember 2024: „While risks related to persecution by the former Government have ceased […]“).
Der Beschwerdeführer läuft auch nicht Gefahr von der neuen syrischen Regierung als Assad-Anhänger oder als Gegner der neuen syrischen Regierung angesehen zu werden, da er niemals politisch in Erscheinung getreten ist und auch keine diesbezügliche verinnerlichte politische Gesinnung vorweisen konnte.
3.1.4. Ebenso haben sich auch keine Anhaltspunkte ergeben, dass dem XXXX -jährigen-Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr eine Zwangsrekrutierung oder eine anderweitige Verfolgung vonseiten der neuen syrischen Regierung oder der nunmehr offiziell aufgelösten HTS drohen würde. Wie beweiswürdigend ausgeführt, kam es in der Vergangenheit vereinzelt zu Rekrutierungen von Minderjährigen vonseiten der HTS, zumindest seit April 2024 waren der EUAA jedoch keine Fälle bekannt. Auch liegen zum Entscheidungszeitpunkt keine Anhaltspunkte vor, die Zwangsrekrutierungen von Minderjährigen vonseiten der neuen syrischen Regierung belegen oder auch nur nahelegen würden (vgl. insb. hinsichtlich der Gefahr einer allfälligen Zwangsrekrutierung von Minderjährigen durch die HTS, VwGH 14.10.2024, Ra 2024/20/0491-14).
Der Beschwerdeführer betätigte sich niemals politisch und geriet auch sonst nicht in das Visier der (nunmehr aufgelösten) HTS bzw. der neuen syrischen Regierung, zumal der Beschwerdeführer bereits im Alter von fünf Jahren aus Syrien ausreiste und den größten Teil seines Lebens außerhalb von Syrien verbrachte.
3.1.5. Der Beschwerdeführer ist sowohl aufgrund seines Alters als auch aufgrund der Lage seines Herkunftsgebietes in der DAANES nicht wehrpflichtig. Die SDF/YPG haben keine Zugriffsmöglichkeiten auf das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers, da dieses von der neuen syrischen Regierung kontrolliert wird. Aus demselben Grund läuft er auch nicht Gefahr als Minderjähriger vonseiten der SDF-nahen Gruppierung, der Revolutionären Jugend, zwangsrekrutiert und/oder entführt zu werden.
3.1.6. Die SNA und andere bewaffnete Gruppierungen wenden keine institutionalisierten Rekrutierungsverfahren an und erlegen den dort lebenden Zivilisten keine Wehrpflicht auf. Ebenso sind den Länderinformationen zum Entscheidungszeitpunkt keine Zwangsrekrutierungen von Minderjährigen vonseiten der SNA zu entnehmen. Der Beschwerdeführer läuft nicht Gefahr von der SNA oder ihr nahestehenden oder sonstigen bewaffneten Gruppierungen zwangsrekrutiert zu werden.
3.1.7. Weiters lässt sich auch keine über die allgemein schlechte Situation von Kindern aufgrund des Bürgerkrieges hinausgehende Verfolgung von Kindern als soziale Gruppe aus den bereits zitierten Länderfeststellungen entnehmen.
Zum Vorliegen einer sozialen Gruppe (iSd § 2 Abs. 1 Z 12 AsylG iVm Art. 10 Abs. 1 lit. d Statusrichtlinie) bedarf es nach der Rechtsprechung der Erfüllung zweier kumulativer Voraussetzungen: Zum einen müssen die Mitglieder der Gruppe „angeborene Merkmale“ oder einen „Hintergrund, der nicht verändert werden kann“, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, „die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten“. Zum anderen muss diese Gruppe in dem betreffenden Drittland eine deutlich abgegrenzte Identität haben, da sie von der als sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits festgehalten, dass es sich bei dem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Asylgrund der „Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe“ um einen Auffangtatbestand handelt, der sich in weiten Bereichen mit den Gründen „Rasse, Religion und Nationalität“ überschneidet, jedoch weiter gefasst ist als diese. Unter Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe wird eine Repression verstanden, die nur Personen trifft, die sich durch ein gemeinsames soziales Merkmal auszeichnen, die also nicht verfolgt würden, wenn sie dieses Merkmal nicht hätten. Nach herrschender Auffassung kann eine soziale Gruppe aber nicht ausschließlich dadurch definiert werden, dass sie Zielscheibe von Verfolgung ist (vgl. VwGH 14.08.2020, Ro 2020/14/0002; VwGH 28.05.2020, Ra 2019/18/0421, Rn. 12 und 15, m.w.N. und insbesondere Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH).
Betreffend des Vorwands des vertretenen Beschwerdeführers, dass er als „minderjähriger Bursche aus dem Dorf XXXX ohne soziales/familiäres Netzwerk“ verfolgt werden könnte (vgl. OZ 6, S. 4, 5; OZ 10, S. 2-4; OZ 19, S. 2-5), ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer sowohl zwei Schwestern mit ihren Familien, als auch weitere Verwandte väterlicherseits in Syrien hat und daher die Eigenschaft „ohne soziales/familiäres Netzwerk“ auf den Beschwerdeführer nicht zutrifft und er demgemäß per se kein alleinstehendes Kind ist.
Zudem lässt sich aus den vorliegenden Länderinformationen nicht ableiten, dass Minderjährige, die aus dem Dorf XXXX stammen und kein soziales bzw. familiäres Netzwerk haben, von der sie umgebenden Gesellschaft – also wohl insbesondere die Bewohner des Gouvernements Idlib – als „andersartig“ betrachtet werden (vgl. im Gegensatz dazu etwa der Hinweis in Hembach/Thaler/Nedwed, Die „soziale Gruppe“ – ein „update“, Jahrbuch Asylrecht und Fremdenrecht 2021, S. 151 [169], auf das Urteil des EuGH vom 07.11.2013 in den Rechtssachen C-199/12 bis C-201/12, X,Y,Z, worin der Gerichtshof es für die Beurteilung der abgegrenzten Identität einer Gruppe ausreichen ließ, dass – auf diese Gruppe [dort: Homosexuelle] abzielende – Strafbestimmungen existieren).
Bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet in Syrien droht ihm daher aus diesen Gründen individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität.
Schließlich ist auch den bereits zitierten Leitlinien von EUAA und UNHCR nicht zu entnehmen, dass im vorliegenden Zusammenhang ein Verfolgungskonnex aufgrund der Zugehörigkeit zu einer „sozialen Gruppe“ als gegeben angenommen wird. Weder wird bzw. wurde dem Beschwerdeführer der Zugang zu syrischen Dokumenten verwehrt noch wird Kindern systematisch der Schulbesuch verweigert.
3.1.8. Bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet in Syrien droht ihm daher aus diesen Gründen individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität.
3.1.9. Bezüglich der Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen, sozialen oder unruhebedingten Lebensbedingungen zurückzuführen sind, bleibt festzuhalten, dass diese keine Verfolgungshandlungen im Sinne des Asylgesetzes darstellen, da alle Bewohner gleichermaßen davon betroffen sind. Dementsprechend konnten der in Syrien herrschende (Bürger-)Kriegszustand, die dortige Versorgungs-, Sicherheits- und Menschenrechtslage – auch unter Berücksichtigung der Ereignisse seit Ende November 2024 – nicht die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zur Folge haben (vgl. VwGH 25.06.2024, Ra 2024/18/0151). Wegen der Versorgungslage in Syrien erkannte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ohnedies mit Bescheid vom 01.10.2024 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (vgl. AS 237 ff.).
Der Beschwerdeführer ist durch den ihm bereits rechtskräftig zukommenden Status des subsidiär Schutzberechtigten vor einer ihm allenfalls drohenden Gefährdung durch willkürliche Gewalt im Herkunftsgebiet geschützt. Eine darüberhinausgehende individuelle und konkret drohende Verfolgungsgefahr aus asylrelevanten Gründen konnte der Beschwerdeführer jedoch nicht glaubhaft machen.
3.1.10. Schließlich droht einer politisch nicht exponierten Person wie dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet in Syrien auch nicht bloß wegen seiner illegalen Ausreise oder der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in Österreich Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die neue syrische Regierung.
Es liegt beim Beschwerdeführer keine Verfolgungsgefahr aus einem Konventionsgrund vor.
3.1.11. Die Durchsicht der aktuellen Länderberichte zur Herkunftsregion des Beschwerdeführers erlaubt es auch nicht anzunehmen, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr vorliegen.
3.1.12. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die jüngst veröffentlichte Position des UNHCR zur Rückkehr nach Syrien („UNHCR Position on Returns to the Syrian Arab Republic“) der vorliegenden Entscheidung nicht entgegensteht:
UNHCR thematisiert die freiwillige Rückkehr („Voluntary Returns“), sowie das Moratorium zwangsweiser Rückführungen („Moratorium on Forced Returns“) und plädiert außerdem dafür, dass vorerst keine negativen Entscheidungen über Asylanträge von syrischen Staatsangehörigen oder Staatenlosen, die früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Syrien hatten, erlassen werden. Zutreffend weist UNHCR zunächst darauf hin, dass das Risiko einer Verfolgung durch das ehemalige Assad-Regime, geendet ist. Diese Ausführungen stehen im Einklang mit den restlichen Länderinformationen, auf die sich das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung stützt. Soweit UNHCR allerdings ausführt, dass andere Risiken fortbestehen oder zunehmen könnten, ist zu betonen, dass grundlegende Informationen zu den nunmehrigen kontrollierenden oppositionellen Gruppierungen bereits den vor dem Sturz des Assad-Regimes bestehenden Länderberichten und sonstigen Entscheidungsgrundlagen zu entnehmen waren. Im Falle des Entstehens neuer Asylgründe infolge der Lageänderung in Syrien ab Ende November/Anfang Dezember 2024 wäre eine entsprechende Glaubhaftmachung beim Beschwerdeführer gelegen, dieser brachte jedoch weder (glaubhaft) konkrete neue Asylgründe vor noch substantiierte er seine bereits vorgebrachten Gründe. Zum für die Beurteilung und Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt ist jedenfalls von keiner asylrelevanten Verfolgung auszugehen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass auch UNHCR keine konkreten neuen Verfolgungsrisiken ins Treffen führt, sondern sich bloß allgemein auf die in Syrien vorherrschende Unsicherheit und Instabilität bezieht. Vor diesem Hintergrund sei abschließend noch einmal daran erinnert, dass der Beschwerdeführer ohnedies bereits den Status des subsidiär Schutzberechtigten innehat.
3.1.13. Im Ergebnis droht dem Beschwerdeführer aus den von ihm ins Treffen geführten oder sonstigen Gründen im Herkunftsstaat keine asylrelevante Verfolgung.
Die Beschwerde war daher betreffend Spruchpunkt I. und somit – da sie sich ausdrücklich nur gegen diesen richtete (vgl. AS 403) – zur Gänze als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
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