W162 2303141-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M. als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Barbara WAGNER und Erwin GATTINGER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 23.07.2024, VSNR: XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 23.10.2024, Zl. XXXX , betreffend Verlust der Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG, nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 28.04.2025 und am 26.06.2025, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und die Beschwerdevorentscheidung ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden: AMS oder belangte Behörde) vom 23.07.2024 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer seinen Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für 56 Tage ab 21.05.2024 verloren habe. Nachsicht wurde nicht erteilt. Zudem wurde ausgesprochen, dass sich das angeführte Ausmaß um die in ihm liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen werde, verlängere. Die Ausschlussfrist werde unterbrochen, sofern aus einem anderen Grund als wegen eines Ausschlusses gemäß §§ 10 oder 49 AlVG kein Leistungsanspruch bestehe. Während eines Ausschlusses gemäß § 10 AlVG würden weiterhin alle gegenüber dem AMS bestehenden Verpflichtungen (Verfügbarkeit, Arbeitswilligkeit, Meldepflichten etc.) gelten.
Begründend wurde ausgesprochen, dass die dem Beschwerdeführer vom AMS zugewiesene und zumutbare Beschäftigung als KFZ Spengler bei dem Dienstgeber XXXX aufgrund seines Verschuldens nicht zu Stande gekommen sei. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.
2. Der Beschwerdeführer brachte gegen diesen Bescheid rechtzeitig Beschwerde ein, in welcher er ausführte, dass er sich am 24.04.2024 per E-Mail für den Vermittlungsvorschlag beworben habe und übermittelte als Nachweis einen Screenshot seiner Bewerbung. Die Firma habe ihn telefonisch kontaktiert und befragt, was er konkret über Kfz-Karosserie- und Lackreparaturen wisse.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 23.10.2024 gab das AMS der Beschwerde teilweise mit der Maßgabe statt, dass der Beschwerdeführer gemäß §10 iVm §38 AlVG für 42 Tage ab 21.05.2024 keinen Anspruch auf Notstandshilfe habe. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Zuge eines am 24.04.2024 mit dem potentiellen Dienstgeber geführten Telefonats bekanntgeben habe, dass er wieder in einer führenden Position und nicht mehr als „normaler“ KFZ-Spengler arbeiten wolle und damit zum Ausdruck gebracht habe, dass er an der verfahrensgegenständlichen Stelle nicht interessiert sei. Dadurch habe er eine mögliche Arbeitsaufnahme verhindert und den Tatbestand der Vereitelung gem. § 10 AlVG erfüllt.
4. Der Beschwerdeführer stellte rechtzeitig einen Vorlageantrag, in welchem er ausführte, dass er keinen Job in der KFZ-Branche ablehne und sich auf verschiedenste Stellen als KFZ-Spengler, gewerberechtlicher Geschäftsführer, Werkstättenleiter und Serviceberater beworben habe, um einen Job zu finden.
5. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 VwGVG dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahren am 22.11.2024 vorgelegt.
6. Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 27.11.2024 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung W162 neu zugewiesen.
7. Am 28.04.2025 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers und einer Behördenvertreterin durch und wurde die betreffende AMS-Mitarbeiterin zeugenschaftlich einvernommen. Die zweite Zeugin, die kaufmännische Mitarbeiterin des potentiellen Dienstgebers, ist entschuldigt nicht erschienen.
8. In Fortsetzung der Verhandlung vom 28.04.2025 führte das Bundesverwaltungsgericht am 26.06.2025 eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers und einer Behördenvertreterin durch, in der der Geschäftsführer sowie die kaufmännische Angestellte des potentiellen Dienstgebers per Videokonferenz zeugenschaftlich einvernommen wurden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer verfügt über eine Lehre als Karosseriebautechniker und hat Berufserfahrung als Autospengler, Lackierer und Werkstättenleiter. Der Beschwerdeführer stand in der Vergangenheit bereits im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, zuletzt bezog er – jeweils mit kurzen Unterbrechungen – von 27.06.2023 bis 25.03.2024 Arbeitslosengeld und von 26.03.2024 bis 16.03.2025 Notstandshilfe.
Im Rahmen der Betreuungsvereinbarung vom 21.02.2024 wurde festgehalten, dass das AMS den Beschwerdeführer bei der Suche nach einer Stelle als Autospengler bzw. Werkstättenleiter (Kfz-Werkstatt) in den Bezirken XXXX im Vollzeitausmaß unterstützt.
1.2. Am 22.04.2024 wurde dem Beschwerdeführer vom AMS ein Stellenangebot als KFZ-Spengler zugewiesen. Die Personalsuche und der Bewerbungsprozess erfolge über die XXXX . Demnach sollte der Beschwerdeführer seine Bewerbung inkl. Lebenslauf an die E-Mail-Adresse XXXX übermitteln.
1.3.1. Der Beschwerdeführer wurde am 24.04.2024 von der Firma XXXX angerufen. Es wurde vereinbart, dass er im Anschluss an das Gespräch seinen Lebenslauf übermitteln solle.
1.3.2. Der Beschwerdeführer hatte Interesse an der Erlangung der ausgeschriebenen Stelle und übermittelte am 24.04.2024 seinen Lebenslauf an die im Vermittlungsvorschlag angegebene E-Mail-Adresse.
1.3.3. Am 15.05.2024 erfolgte seitens Frau XXXX fälschlicherweise die Meldung an das AMS, dass der Beschwerdeführer trotz Vereinbarung keinen Lebenslauf übermittelt hätte und daher keine Beschäftigung zustande gekommen sei. Das Verfahren gem. § 10 AlVG wurde umgehend eingeleitet.
1.3.4. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer anlässlich des Telefonats am 24.04.2024 ein unangemessenes Verhalten gesetzt hätte, indem er mitgeteilt hätte, dass er nur in einer höheren Position und/oder für ein höheres Entgelt arbeiten wolle. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer an einer Arbeitsaufnahme nicht interessiert gewesen wäre.
1.4. Der Beschwerdeführer steht seit 17.03.2025 bis laufend beim Dienstgeber XXXX in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis als Werkstättenleiter. Diese Stelle hat er eigeninitiativ gefunden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des AMS und des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere aber aus dem persönlichen Eindruck im Zuge von zwei mündlichen Beschwerdeverhandlungen am 28.04.2025 und am 26.06.2025.
Die Feststellungen zum Lehrabschluss sowie zur beruflichen Erfahrung des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Lebenslauf in Zusammenschau mit der Betreuungsvereinbarung vom 21.02.2024.
Die Feststellungen zum Leistungsbezug des Beschwerdeführers sowie zu seinem aktuellen Dienstverhältnis ergeben sich aus dem aktuellen Auszug der Versicherungszeiten. Der Inhalt der Betreuungsvereinbarung und des Vermittlungsvorschlags ist dem Verwaltungsakt zu entnehmen.
In den mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 28.04.2025 und vom 26.06.2025 konnte sich das erkennende Gericht – in Zusammenschau mit dem Inhalt des Verwaltungsaktes – durch die Befragung des Beschwerdeführers sowie der geladenen Zeugen – der AMS-Mitarbeiterin sowie des Geschäftsführers und der kaufmännischen Angestellten der Firma XXXX – ein eigenes Bild von den Vorkommnissen im Zusammenhang mit dem Bewerbungsverhalten des Beschwerdeführers machen.
Es ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer am 24.04.2024 vom potentiellen Dienstgeber angerufen wurde, dies wurde sowohl vom Beschwerdeführer als auch von der kaufmännischen Angestellten bestätigt (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 28.04.2025, S. 4f.; Verhandlungsprotokoll vom 26.06.2025, S.8f.). Weiters wurde auch übereinstimmend ausgeführt, dass im Rahmen dieses Telefonats vereinbart wurde, dass der Beschwerdeführer im Anschluss an das Telefonat seinen Lebenslauf übermitteln solle. Dieser Vereinbarung ist der Beschwerdeführer – unstrittig – in der Folge nachgekommen (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 28.04.2025, S.5; Verhandlungsprotokoll vom 26.06.2025, S.9).
Aufgrund der im Zuge des Verfahrens divergierenden Aussagen der als Zeugin einvernommenen kaufmännischen Angestellten der Firma XXXX konnte der weitere Inhalt des Telefonats am 24.04.2024 nicht festgestellt werden. Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Zuge dessen ein unangemessenes Bewerbungsverhalten gesetzt habe, indem er angegeben hätte, dass er in einer „höheren Position“ arbeiten wolle, ihm auch das Gehalt zu niedrig gewesen sei und er daher an einer Arbeitsaufnahme nicht interessiert gewesen wäre. Die Widersprüche entstanden insbesondere vor dem Hintergrund, dass die potentielle Dienstgeberin dem AMS ursprünglich am 15.05.2024 gemeldet hatte, dass der Beschwerdeführer trotz Vereinbarung keinen Lebenslauf an sie übermittelt habe. Nachdem der Beschwerdeführer einen Screenshot seiner E-Mail-Bewerbung an das AMS übermittelt hatte, welche auch der potentiellen Dienstgeberin zur Kenntnis gebracht wurde, führte diese am 29.08.2024 gänzlich abweichend zu ihren bisherigen Ausführungen ins Treffen, dass der Beschwerdeführer in einer „höheren Position“ arbeiten wolle und an einer Tätigkeit als „normaler“ Kfz-Spengler nicht interessiert sei. Zudem bestätigte sie, dass der Beschwerdeführer – entgegen ihrer ersten Meldung vom 15.05.2024 – seinen Lebenslauf nach dem Telefonat am 24.04.2024 übermittelte habe (vgl. E-Mail vom 29.08.2024, AS 7). Auch in der mündlichen Verhandlung dazu befragt führte die Zeugin aus, dass ihr bei der Meldung am 15.05.2024 ein Fehler unterlaufen sei und sie den Lebenslauf des Beschwerdeführers sehr wohl erhalten habe (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 26.06.2025, S. 9). Im Beschwerdevorverfahren wurde die kaufmännische Angestellte neuerlich vom AMS zum Ablauf des Bewerbungsverfahrens kontaktiert, wobei sie mit E-Mail vom 21.10.2024 zum Gesprächsverlauf neben dem Vorbringen, dass der Beschwerdeführer eine Arbeit in höherer Position suche, zusätzlich erstmals ins Treffen führte, dass ihm der Verdienst ohnehin zu wenig gewesen sei (vgl. E-Mail vom 21.10.2024, AS5).
Neben den divergierenden Angaben ist zudem auffällig, dass die potentielle Dienstgeberin erstmals am 29.08.2024 bzw. 21.10.2024 – somit vier Monate nach dem Telefonat am 24.04.2024 – die Rückmeldung gegenüber dem AMS erstattete, dass der Beschwerdeführer das Stellenangebot aufgrund der zu niedrigen Position bzw. auch aufgrund der zu niedrigen Bezahlung abgelehnt hätte. Es ist der potentiellen Dienstgeberin in der mündlichen Verhandlung nicht gelungen nachvollziehbar darzulegen, weshalb sie dieses Vorbringen erst zu diesem späten Zeitpunkt erstatte, indem sie ausweichend angab, sie habe schon beim ersten Mal angegeben, dass der Beschwerdeführer dieses Jobangebot nicht annehmen habe wollen (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 26.06.2025, S. 10). Da diese Aussage im offensichtlichen Widerspruch zu der im Verwaltungsakt einliegenden per eAMS-Konto übermittelten Rückmeldung der Dienstgeberin an das AMS steht, welcher als Text der Rückmeldung „hat trotz Vereinbarung keinen LL gesandt“ zu entnehmen ist (vgl. OZ 6), erscheinen die Angaben der Dienstgeberin zum Bewerbungsprozess aufgrund der divergierenden und verspäteten Angaben als nicht glaubwürdig.
Dies auch vor dem Hintergrund, dass die potentielle Dienstgeberin in der mündlichen Verhandlung ausführte, dass sie oft 70-100 Kandidaten an einem Tag anrufe sowie dass sie mehrere Listen führe, wo sie Anmerkungen zu den einzelnen Gesprächen notieren würde (vgl. Verhandlungsprotokoll, S. 11), sodass es dem erkennenden Senat aufgrund des hohen Gesprächsaufkommens der Zeugin und des zeitlichen Abstandes von vier bzw. sechs Monaten vom gegenständlichen Telefonat bis zur Meldung an das AMS als maßgeblich wahrscheinlich erachtet, dass es zu einer Verwechslung des Telefongespräches oder mangelnder Erinnerung gekommen ist. Zudem gab die Zeugin in der mündlichen Verhandlung selbst an, dass sie sich an das Gespräch nicht mehr erinnern könne (vgl. Verhandlungsprotokoll, S. 11). Weiters ist es für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar, weshalb die potentielle Dienstgeberin – dies ist unstrittig – vereinbart hätte, dass der Beschwerdeführer im Anschluss an das Telefonat seinen Lebenslauf übermitteln solle, wenn er bereits im Telefongespräch angegeben hätte, dass er in einer höheren Position und/oder mit einem höheren Verdienst arbeiten wolle und daher nicht an der Stelle interessiert sei (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 26.06.2024, S.10).
Es haben sich daher für das Bundesverwaltungsgericht – insbesondere infolge des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks des Beschwerdeführers – keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht an der Erlangung der ausgeschriebenen Stelle interessiert gewesen wäre. Dass der Beschwerdeführer seine Bewerbungsunterlagen – wie im Vermittlungsvorschlag angegeben – per E-Mail an den potentiellen Dienstgeber übermittelt hat und somit auch sein Interesse an der Erlangung des Stellenangebots bekundet hat, ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Bewerbungs-E-Mail vom 24.04.2024, dem im Anhang der Lebenslauf des Beschwerdeführers beigefügt ist (vgl. AS 11). Die Übermittelung des Lebenslaufes ist, wie bereits ausgeführt, auch unstrittig. Auch die Aussagen der zeugenschaftlich einvernommenen AMS-Beraterin des Beschwerdeführers stützen den Eindruck des erkennenden Senats, indem sie ausführte, der Beschwerdeführer habe „alles“ gemacht, insbesondere auch Eigenbewerbungen übermittelt. Die Zeugin sei mehr als ein Jahr seine Betreuerin gewesen, das Betreuungsverhältnis sei gut gewesen (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 28.04.2025, S. 10).
Dass die kaufmännische Angestellte der Firma XXXX am 15.05.2024 die Meldung an das AMS erstattete, dass der Beschwerdeführer „trotz Vereinbarung keinen Lebenslauf gesandt habe“, ist dem im Verwaltungsakt einliegenden Screenshot der Rückmeldung an das AMS zu entnehmen (vgl. OZ6). Dass sie den Lebenslauf sehr wohl erhalten habe, gab sie dem AMS per E-Mail vom 29.08.2024 bekannt und führte in der mündlichen Verhandlung dazu aus, dass es sich bei der Meldung an das AMS vom 15.05.2024, um einen Fehler ihrerseits gehandelt habe, sie habe den Lebenslauf erhalten (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 26.06.2025, S. 9). Die Einleitung des Verfahrens nach §10 AlVG ist dem im Verwaltungsakt einliegenden Schreiben vom 21.05.2024 zu entnehmen.
Dass der Beschwerdeführer seit dem 17.03.2025 in einem vollversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der Firma XXXX steht, ist dem aktuellen Versicherungsdatenauszug des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger zu entnehmen. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer dieses Dienstverhältnis durch seine eigeninitiative Suche gefunden hat, basiert auf seinen glaubwürdigen Angaben in der mündlichen Verhandlung (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 28.04.2025, S. 4).
Zur zeugenschaftlichen Einvernahme des Geschäftsführers der Firma XXXX ist anzumerken, dass dieser zum Sachverhalt keinerlei Wahrnehmungen hatte, da er während des mit dem Beschwerdeführer geführten Telefonats nicht anwesend war und nichts davon mitbekommen hat.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt gemäß §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG Senatszuständigkeit vor.
3.2. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 lauten:
„§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer
1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,
2. die Anwartschaft erfüllt und
3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.
(2) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist. […]“
„§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.
(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar. […]“
„§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person
1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder
2. – 4. […]
so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde. […]“
„§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.“
3.3. Zu A) Stattgabe der Beschwerde:
3.3.1. Die zitierten Bestimmungen des AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrechts zugrunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung einer ihm zumutbaren Beschäftigung in den Arbeitsmarkt einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung auch anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. VwGH vom 16.10.1990, Zl. 89/08/0141, mwH).
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice oder einem vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden, Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden:
Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichtemacht (vgl. z.B. VwGH 22.07.2013, 2012/08/0058).
Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines vermittelten Arbeitslosen als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. ständige Rechtsprechung, z.B. VwGH 17.03.2023, Ra 2022/08/0071 mwN.).
Es ist für die Kausalität nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden. Die Frage, ob der Arbeitslose die Stelle überhaupt bekommen hätte, ist nicht mehr von Belang (vgl. VwGH 18.01.2012, 2008/08/0243; 25.06.2013, 2011/08/0052).
Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG wird nur verwirklicht, wenn es sich bei der in Frage kommenden Beschäftigung um eine zumutbare und damit für die Zuweisung geeignete Beschäftigung handelt (vgl. VwGH 24.02.2022, Ra 2020/08/0129 mwN.).
Das Gesetz verpflichtet eine arbeitslose Person zwar nicht dazu, eine unzumutbare Beschäftigung im Sinne der näheren Bestimmungen des § 9 AlVG anzunehmen. Das Gesetz verlangt dazu aber nicht, dass alle Einzelheiten, die für die Zumutbarkeit einer Beschäftigung von Bedeutung sein können, für die arbeitslose Person schon in einer frühesten Stufe der Bewerbung erkennbar sein müssen. Vielmehr ist es auch Aufgabe des Arbeitssuchenden, im Zuge der Kontaktaufnahme mit einem potentiellen Arbeitgeber bzw. mit dessen Vertreter in einer geeigneten (d.h. nicht unqualifizierten und im Ergebnis als Vereitelungshandlung anzusehenden) Weise jene Informationen zu erfragen, die zur Beurteilung von persönlicher Eignung und Zumutbarkeit unerlässlich sind. Eine arbeitslose Person ist nur insoweit und ab jenem Zeitpunkt zu keinen Bewerbungsschritten (mehr) verpflichtet (und das AMS zum Verlangen nach solchen Schritten nicht berechtigt), in dem solche Umstände einer Beschäftigung zutage treten, welche diese als für eine arbeitslose Person unzumutbar erscheinen lassen. (vgl. VwGH 17.03.2023, Ra 2022/08/0172; 17.02.2022, Ra 2020/08/0190 jeweils mwN.).
Wenn die Beschäftigung nicht evident unzumutbar ist und das Arbeitsmarktservice nicht von vornherein Kenntnis von einem die Unzumutbarkeit der Beschäftigung begründenden Umstand hat, kann es den Arbeitslosen zu dieser Tätigkeit zuweisen. So dem Arbeitslosen keine Anhaltspunkte für die Unzumutbarkeit der Tätigkeit bekannt sind, trifft ihn zunächst die Verpflichtung, sich beim potentiellen Dienstgeber vorzustellen. Es liegt an ihm, die näheren Bedingungen der bekannt gegebenen Beschäftigungsmöglichkeit bei einem Vorstellungsgespräch zu erörtern (vgl. VwGH 25.06.2013, 2011/08/0052).
Ungehaltenes Verhalten: Rückmeldung des potenziellen Arbeitgebers, der Arbeitslose sei ungehalten und unkooperativ gewesen, auch habe er es sehr eilig gehabt und habe sein Wohnmobil in der Einfahrt geparkt (VwGH 22. 2. 2012, 2009/08/0050). Eine Vereitelungshandlung liegt jedenfalls vor, wenn ein Arbeitsloser im Vorstellungsgespräch die Erklärung abgibt, er sei an einer Arbeitsaufnahme eigentlich nicht interessiert und „wolle nur den Stempel“ (VwGH 6. 7. 2001, 2000/19/0150).
3.3.2. Dem Beschwerdeführer wurde eine Stelle als Kfz-Spengler mit kollektivvertraglicher Entlohnung zugewiesen. Er hat keine Einwendungen gegen die gegenständliche Stelle vorgebracht und ist auch nicht ersichtlich, dass die konkrete Stelle dem Beschwerdeführer nicht zumutbar wäre. Auch im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht war die Zumutbarkeit der Stelle für den Beschwerdeführer unstrittig.
3.3.3. Zum Nichtvorliegen einer Vereitelungshandlung:
Am 22.04.2024 wurde dem Beschwerdeführer vom AMS ein Stellenangebot als Kfz-Spengler mit Personalauswahl bei der XXXX zugewiesen.
Der Beschwerdeführer hatte Interesse an der Erlangung der ausgeschriebenen Stelle und übermittelte seine Bewerbung inklusive seines Lebenslaufes an die im Vermittlungsvorschlag angeführte E-Mail-Adresse. Wie beweiswürdigend ausgeführt, konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer anlässlich des Telefonats am 24.04.2024 ein dermaßen unangemessenes Verhalten gesetzt hat, dass eine Vereitelungshandlung iSd § 10 AlVG ersichtlich wäre. Jedenfalls übermittelte er im Anschluss an das Telefonat am 24.04.2024, wie telefonisch vereinbart, seine Bewerbungsunterlagen an die E-Mail-Adresse an die Firma XXXX .
Dem Beschwerdeführer wurde zwar eine Vereitelungshandlung angelastet, diese konnte aber – wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt – nicht erkannt werden.
Der im angefochtenen Bescheid in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung ausgesprochene Anspruchsverlust ist daher nicht rechtmäßig erfolgt.
Der Beschwerde war aus diesen Gründen stattzugeben und die Beschwerdevorentscheidung aufzuheben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu §§ 9 und 10 AlVG bzw. zu Vereitelungshandlungen ist umfangreich vorhanden und im Lichte des Falles klar. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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