Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH vom XXXX , Beitragsnummer: XXXX , GZ: XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 1, 2 und Abs. 5 VwGVG aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit am 04.01.2024 bei der ORF-Beitrags Service GmbH (nachfolgend: belangte Behörde) eingelangtem Antragsformular beantragte die Beschwerdeführerin (nachfolgend kurz: BF) die Befreiung der Pflicht zur Entrichtung des ORF-Beitrages.
2. Mit Schreiben vom 18.03.2024 wurde die BF seitens der belangten Behörde aufgefordert, folgende Unterlagen in Kopie binnen einer Frist von zwei Wochen bei sonstiger Zurückweisung des Antrages nachzureichen:
- Nachweis über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage (soziale Transferleistung der öffentlichen Hand),
- Unterlagen zur Einkommensberechnung
Konkret wurden alle aktuellen Bezüge und gesetzlichen Ansprüche (Lohnzettel mit Rezeptgebührenbefreiung/Bescheid der Mindestsicherung/etc.) gefordert.
3. Mit Mail vom 07.04.2024 übermittelte die BF Bankunterlagen, aus denen das Gehalt der BF ersichtlich ist.
4. Mit Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Antrag der BF auf
- Befreiung von der Entrichtung des ORF-Beitrages
zurück.
Begründend führte sie aus, dass die BF schriftlich dazu aufgefordert worden sei, fehlende Angaben bzw. Unterlagen nachzureichen. Die BF sei darauf hingewiesen worden, dass ihr Antrag zurückgewiesen werden müsse, falls die benötigten Unterlagen und Angaben nicht innerhalb von 14 Tagen nachgereicht würden. Die geforderten Angaben bzw. Unterlagen seien von der BF jedoch nicht nachgereicht worden.
5. Mit Mail vom 18.07.2024 legte die BF den bisherigen Verfahrensgang dar und verwies darauf, dass sie am 17.06.2024 einen Einspruch erhoben habe.
6. Am 20.06.2024 langte ein Beschwerdeschreiben bei der belangten Behörde ein.
7. Mit Schreiben vom 03.04.2025 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den dazugehörigen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
8. Aufgrund der durch die Kundmachung des Bundeskanzlers vom 18.03.2025, BGBl II Nr 49/2025 betreffend das als Massenverfahren im Sinne des § 86a VfGG durchgeführten Gesetzesprüfungsverfahrens betreffend verschiedene Regelungen de ORF-Beitrags-Gesetzes 2024 und des § 31 ORF-Gesetzes im Verfahren E 4624/2024 bewirkten Sperrwirkung waren bis zur Entscheidung durch den Verfassungsgerichtshof keine Verfahrensschritte zu setzen.
9. Mit Erkenntnis vom 24.06.2025, E 4624/2024-15, am 07.07.2025 in BGBl. II 153/2025 kundgemacht, stellte der Verfassungsgerichtshof fest, dass die Bestimmungen des ORF-Beitrags-Gesetz 2024 und des § 31 ORF-Gesetz nicht gegen verfassungsrechtliche Vorgaben verstoßen. Mit Ablauf des Tages der Kundmachung endeten die Rechtsfolgen des § 86a Abs 3 VfGG.
10. Mit Schreiben vom 25.07.2025 wurde der BF seitens der Gerichtes ein Mängelbehebungsauftrag erteilt. Diesem kam die BF mit Schreiben vom 14.08.2025 nach.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin beantragte mit am 04.01.2024 bei der ORF-Beitrags Service GmbH eingelangtem Antragsformular die Befreiung der Pflicht zur Entrichtung des ORF-Beitrages.
Mit Schreiben vom 18.03.2024 wurde die BF seitens der ORF-Beitrags Service GmbH aufgefordert, aufgelistete Unterlagen in Kopie binnen einer Frist von zwei Wochen bei sonstiger Zurückweisung des Antrages nachzureichen.
Nach Übermittlung einer Stellungnahme seitens der BF wies die belangte Behörde mit Bescheid vom XXXX den Antrag der BF auf Befreiung von der Entrichtung des ORF-Beitrages zurück und stellte fest, dass der ORF-Beitrag fristgerecht zu bezahlen sei. Begründend führte sie aus, dass die BF schriftlich dazu aufgefordert worden sei, fehlende Angaben bzw. Unterlagen nachzureichen. Die BF sei darauf hingewiesen worden, dass ihr Antrag zurückgewiesen werden müsse, falls die benötigten Unterlagen und Angaben nicht innerhalb von 14 Tagen nachgereicht würden. Die geforderten Angaben bzw. Unterlagen seien von der BF jedoch nicht nachgereicht worden.
Die BF erhob fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX .
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der ORF-Beitrags Service GmbH.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Gegen von der ORF-Beitrags Service GmbH nach dem Bundesgesetz über die Erhebung eines ORF-Beitrags 2024 – ORF-Beitrags-Gesetz 2024, BGBl. I Nr. 112/2023, erlassene Bescheide kann gemäß § 12 Abs. 3 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.
Zur Erledigung der vorliegenden Beschwerde ist daher das Bundesverwaltungsgericht berufen.
3.2. Zu Spruchpunkt A)
3.2.1. Wird ein Antrag von der belangten Behörde zurückgewiesen, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung (VwGH 21.12.2022, Ra 2022/05/0145). Dem Verwaltungsgericht ist es verwehrt, über diesen Rahmen hinaus eine Entscheidung über die „Hauptsache“ zu treffen, weil dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrags und damit den Parteien eine Instanz genommen würde (VwGH 09.03.2023, Ra 2020/07/0121).
Im vorliegenden Fall ist daher für das Bundesverwaltungsgericht lediglich Prüfgegenstand, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags der beschwerdeführenden Partei durch die belangte Behörde mit der Begründung, Unterlagen und Informationen seien trotz Aufforderung nicht nachgereicht worden, zu Recht erfolgte.
3.2.2. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur (sofortigen) Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Die Zurückweisung eines Antrags setzt nach § 13 Abs. 3 AVG somit einerseits voraus, dass dem Antragsteller von der Behörde die Behebung konkreter, verbesserungsfähiger Mängel innerhalb einer angemessenen Frist aufgetragen wird. Andererseits muss auf die Rechtsfolge, dass der Antrag nach fruchtlosem Ablauf der Frist zurückgewiesen werden wird, explizit hingewiesen werden. Eine Zurückweisung nach § 13 Abs. 3 AVG ist allerdings nur bei verbesserungsfähigen Mängeln überhaupt zulässig. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind von solchen verbesserungsfähigen Mängeln eines Anbringens iSd § 13 Abs. 3 AVG Umstände zu unterscheiden, die die Erfolgsaussichten betreffen und die daher gegebenenfalls zur Abweisung eines Antrags führen können. Ob es sich um einen Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG oder um eine Erfolgsvoraussetzung handelt, ist durch Auslegung der Bestimmungen der Materiengesetze zu ermitteln (vgl. VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0042, mwN). Ein „Mangel“ im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG liegt dann vor, wenn ein Anbringen von den für die Partei erkennbaren Anforderungen des Materiengesetzes an ein vollständiges, fehlerfreies Anbringen abweicht (vgl. z.B. VwGH 24.05.2016, Ra 2016/07/0016).
Der Verwaltungsgerichtshof verneint die Zulässigkeit der Zurückweisung eines Antrags auf Befreiung von den Rundfunkgebühren infolge Nichterfüllung eines behördlichen Verbesserungsauftrags (vgl VwGH 16.11.2022, Ra 2020/15/0040). Gemäß § 3 Abs. 5 Rundfunkgebührengesetz (RGG) sind von den Rundfunkgebühren auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 Fernmeldegebührenordnung (FMGebO) genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen. Die §§ 47 bis 49 FMGebO regeln aber nur, auf welcher Grundlage Bezieher staatlicher Unterstützung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren befreit werden können und dass diese an der Ermittlung der Anspruchsvoraussetzungen mitzuwirken haben. Sie enthalten keine Regelung dahingehend, dass bei Nichtvorlage bestimmter Unterlagen die Zulässigkeit eines Anbringens nicht gegeben wäre (vgl. VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0042). Auch § 51 Abs. 1 FMGebO, wonach die gemäß § 50 FMGebO erforderlichen Nachweise anzuschließen sind, ist angesichts des Umstandes, dass in § 50 FMGebO keine konkreten Belege oder Urkunden genannt sind, die für den Nachweis erforderlich wären, nicht geeignet, eine ausdrückliche Anordnung in dem Sinn darzustellen, dass das Fehlen eines bestimmten, von der Behörde im Einzelfall für erforderlich erachteten Nachweises als Fehlen einer erforderlichen Beilage im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG gedeutet werden könnte (vgl. VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0042, mit Hinweis auf VwGH 9.6.2010, 2006/17/0161). Diese Rechtsprechung ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts auch auf die Rechtslage nach dem ORF-Beitrags-Gesetz zu übertragen.
Da fallgegenständlich somit zusammengefasst kein iSd höchstgerichtlichen Judikatur verbesserungsfähiger Mangel vorliegt, war die Behörde von daher nicht berechtigt, mit Zurückweisung gemäß § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen.
Da Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags der beschwerdeführenden Partei ist, war der angefochtene Bescheid daher spruchgemäß ersatzlos zu beheben. Das Verfahren über den gestellten Antrag ist daher (wieder) bei der belangten Behörde anhängig und von dieser – unter Abstandnahme vom bisherigen Zurückweisungsgrund – weiterzuführen.
3.3. Absehen von einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. Es wurden für die gegenständliche Entscheidung keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, GZ 2005/05/0080).
Der tatsächlich entscheidungsrelevante Sachverhalt ist unstrittig. In der gegenständlichen Entscheidung war nur über Rechtsfragen abzusprechen. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt näher zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bzw. ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen so klar und eindeutig, dass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Dies gilt auch für den Fall, dass eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt (VwGH 03.03.2023, Ra 2022/10/0094; 18.03.2022, Ra 2020/02/0268).
Die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG waren somit nicht gegeben.