JudikaturBVwG

W136 2312098-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
31. Juli 2025

Spruch

W136 2311993-1/6EW136 2312098-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Vorsitzende und die beisitzenden Laienrichter MinR Dr. Theresia WAKOUNIG und Mag. Emanuel BRAUNEGGER über die Beschwerden des XXXX , vertreten durch Riedl Partner Rechtsanwälte GmbH, und der Disziplinaranwältin beim Bundesministerium für Finanzen gegen das Disziplinarerkenntnis der Bundesdisziplinarbehörde vom 21.03.2025, GZ 2023-0.046.287, betreffend Disziplinarstrafe der Entlassung zu Recht erkannt:

A)1. Der Beschwerde des XXXX wird stattgegeben und das Disziplinarerkenntnis insoweit abgeändert, als dieser von den Tatvorwürfen der Spruchpunkte II. 2 und 3. des bekämpften Bescheides gemäß § 126 BDG 1979 freigesprochen und anstatt der Entlassung gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von fünf Monatsbezügen verhängt wird. Darüber hinaus wird die Beschwerde abgewiesen.

2. Die Beschwerde der Disziplinaranwältin wird abgewiesen.

B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitigen und zulässigen Beschwerden erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. XXXX (in Folge: Disziplinarbeschuldigter), geboren am XXXX , steht als Beamter der Verwendungsgruppe A2 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist Teamleiter in der betrieblichen Veranlagung beim Finanzamt Österreich. Er ist disziplinarrechtlich unbescholten und sein ungekürzter Bruttobezug zum Zeitpunkt der Durchführung der Verhandlung vor der Bundesdisziplinarbehörde (in Folge: Behörde) betrug € 7.144,-. Der Disziplinarbeschuldigte ist für eine volljährige Tochter unterhaltspflichtig, für zwei minderjährige Kinder sorgepflichtig und hat einen offenen Kredit in der Höhe von etwa € 240.000,-, der für ein 2014 errichtetes Einfamilienhaus aufgenommen wurde, in dem er mit seinen minderjährigen Kindern wohnt.

1.2. Mit Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 29.11.2022 wurde der Disziplinarbeschuldigte vorläufig vom Dienst suspendiert. Die dagegen von ihm erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.05.2023, GZ W136 2265787-1/3E abgewiesen.

Mit Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 13.01.2023 wurde die Suspendierung des Disziplinarbeschuldigten gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979 verfügt. Dieser Bescheid erwuchs mit 16.02.2023 in Rechtskraft.

Nach Erstattung der Disziplinaranzeige am 19.01.2023 fasste die Behörde am 10.02.2023 einen Einleitungsbeschluss, weil der Disziplinarbeschuldigte im Verdacht stand, im Zeitraum vom 28.09.2018 bis 24.06.2020 in insgesamt 18 Fällen ohne dienstliche Veranlassung auf Datensätze im AIS zugegriffen zu haben (Spruchpunkt I.), in 17 näher dargestellten Fällen steuerliche Unterstützungstätigkeiten für natürliche und juristische Personen erbracht zu haben (Spruchpunkt II.) und Abgabenhinterziehung nach dem Finanzstrafgesetz so wie Amtsmissbrauch nach § 302 StGB (Spruchpunkt III.) begangen zu haben. Gegen diesen Beschluss wurde nicht Beschwerde erhoben.

1.3. Mit dem bekämpften Bescheid wurde der Disziplinarbeschuldigte schuldig erkannt, in insgesamt 10 näher dargestellten Fällen ohne dienstliche Veranlassung auf Datensätze im AIS zugegriffen zu haben (Spruchpunkt I.), wodurch er eine Dienstpflichtverletzung nach § 44 Abs. 1 iVm § 47 BDG 1979 begangen habe, in 12 näher dargestellten Fällen steuerliche Unterstützungstätigkeiten für natürliche und juristische Personen erbracht zu haben (Spruchpunkt II.), wodurch er eine Dienstpflichtverletzung nach § 56 Abs. 2 und § 43 Abs. 2 BDG 1979 begangen habe, und die mit Strafverfügung des ABB vom 18.07.2024 manifestierte strafbare Handlungen nach dem Finanzstrafgesetz begangen zu haben (Spruchpunkt III.), wodurch er eine Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 begangen habe und wurde über den Disziplinarbeschuldigten die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt. Von den darüber hinausgehenden Anlastungen gemäß Einleitungsbeschluss wurde der Disziplinarbeschuldigte freigesprochen und ihm weiters Verfahrenskosten in der Höhe von € 500,- vorgeschrieben.

1.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Disziplinarbeschuldigte zu den Schuldsprüchen Punkte II.1. bis 3. und 12., III. und den Strafausspruch Beschwerde.

Begründend wurde nach Darlegung des Sachverhaltes ausgeführt, dass das angefochtene Erkenntnis unter einem erheblichen Verfahrensmangel leide, zumal die belangte Behörde keine tauglichen Sachverhaltsfeststellungen getroffen habe, sondern an einigen Stellen lediglich Teile des Inhaltes der Verhandlungsschriften über die mündlichen Verhandlungen vor der Bundesdisziplinarbehörde wiedergegeben habe.

Insbesondere habe die Behörde jene Verfahrensergebnisse, welche den Disziplinarbeschuldigten entlasten würden, mit keinem Wort releviert und auch nicht dem Sachverhalt zugrunde gelegt. Konkret handle es sich hierbei um folgende Vorwürfe (Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses):

Zu den Vorwürfen hinsichtlich XXXX GmbH und XXXX GmbH habe die Zeugin XXXX unter Wahrheitspflicht in der Disziplinarverhandlung vom 2.12.2024 dezidiert angegeben, dass der Disziplinarbeschuldigte weder für die XXXX noch für XXXX Holding GmbH Unterstützungsleistungen erbracht habe. Die Zeugin habe angegeben, dass die Buchhaltung in den Zuständigkeitsbereich von Frau XXXX fallen würde und ein Steuerberater die steuerlichen Aufgaben wahrnehme. Die Zeugin habe weiters angegeben, dass den Disziplinarbeschuldigten lediglich um Rat gefragt habe, an wen sie sich im Zusammenhang mit einer erheblichen Schuldenlast ihres Expartners wenden könne und habe der Disziplinarbeschuldigte sie daraufhin an einen Rechtsanwalt verwiesen. Die Zeugin XXXX habe angegeben, dass die Buchhaltungsarbeiten durch externe Unternehmen wahrgenommen wurden. Bereits aufgrund dieser Aussagen sei der Sachverhaltsdarstellung, wonach der Disziplinarbeschuldigte steuerliche Unterstützungsleistungen sowohl für die XXXX GmbH, als auch für die XXXX Holding GmbH erbracht haben soll, die Basis entzogen.

Die Vorwürfe zu XXXX (Spruchpunkt II.2.) entbehrten jeglicher Grundlage, da deren Zeugenaussage keinerlei Raum für die Annahme steuerlicher Unterstützungstätigkeiten ließe.

Hinsichtlich der Vorwürfe zu XXXX Consulting KG (Spruchpunkt II.12.) negiere die Behörde die unter Wahrheitspflicht getätigte Zeugenaussage von XXXX . Der Zeuge habe angegeben, dass seine Lebensgefährtin die Buchhaltungs- und Lohnverrechnungsarbeiten durchführte. In der Zeit der Corona-Pandemie sei dies teilweise im Haus des Disziplinarbeschuldigten erfolgt und habe dieser schlüssig und nachvollziehbar angegeben, warum es hierzu kam.

Zu all diesen Fällen sei festzuhalten, dass sich auf den sichergestellten Hardware-Geräten keinerlei steuerliche Unterstützungstätigkeiten befunden hätten. Hätte die Behörde sich damit auseinandergesetzt, hätte sie zu einem für den Disziplinarbeschuldigten günstigeren Ergebnis kommen müssen.

Darüber hinaus sei das angefochtene Disziplinarerkenntnis aufgrund von rechtlicher Unrichtigkeit auch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet. Denn die wiederholte Begründung, dass etwas lediglich „nicht ausgeschlossen" werden könne oder weitere bloße Annahmen, welche im Konjunktiv {„könnte") formuliert seien, könnte niemals eine denkbare Basis für einen rechtmäßigen Schuldspruch bilden weshalb das vorliegende Erkenntnis bereits aufgrund dieser Tatsache im rechtlichen Sinne verfehlt sei. Für das Vorliegen eines rechtmäßigen Schuldspruches sei die hundertprozentige Gewissheit über einen Sachverhalt erforderlich. Wenn - wie in diesem Fall - Zweifel vorliegen würden, rechtfertige dies niemals einen Schuldspruch. Jedoch sei die belangte Behörde selbst von bloßen Zweifeln weit entfernt, sondern stützt sie ihre Schuldsprüche wortwörtlich („es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ...") auf bloße Vermutungen. Auf den sichergestellten und ausgewerteten Laptop hätten sich keine Buchhaltungs- und Lohnverrechnungsdateien der unter Spruchpunkt II. 1. bis 3 und 12. genannten Steuersubjekte gefunden.

Hinzu komme ein weiterer inhaltlicher Fehler: Den Umstand, dass der Disziplinarbeschuldigte eine gegen ihn erlassene Strafverfügung in steuerlichen Angelegenheiten rechtskräftig habe werden lassen, setze die belangte Behörde nicht in Zusammenhang mit seinen Angaben wonach er diese Strafverfügung akzeptiert habe, da nach Auskunft meines Steuerberaters die Kosten für die Erhebung eines Rechtsmittels weit über die verhängte Geldstrafe hinausgegangen wären und die Ergreifung eines Rechtsmittels mit einem erheblichen wirtschaftlichen Nachteil verbunden gewesen wäre.

Zu Unrecht lasse die Behörde die positive Dienstbeurteilung nicht in die Strafbemessung miteinfließen. Der Umstand der Suspendierung könne daran nichts ändern. Hinzu komme, dass der Disziplinarbeschuldigte Handlungen - wie sie ihm nunmehr vorgeworfen werden - von 2021 bis zu seiner Suspendierung nicht vorgenommen habe. Zu berücksichtigen sei darüber hinaus, dass in jenen Fällen, in denen der Disziplinarbeschuldigte eine unzulässige Nebenbeschäftigung eingeräumt habe, auch ein reumütiges Geständnis abgelegt habe. Zwar habe die Behörde immer über den jeweiligen Einzelfall zu entscheiden, jedoch habe die Behörde auch bei der Beurteilung von Einzelfällen im Sinne einer möglichst einheitlichen Rechtsprechung vorzugehen. So sei ein Finanzbeamter nach diversioneller Erledigung wegen Amtsmissbrauches mit einer Zahlung von € 9.500,00, trotz Mehrergebnis bei steuerlicher Überprüfung lediglich mit einer Ermahnung bedacht und wegen steuerlicher Unterstützungstätigkeit zu einer Geldstrafe in Höhe von 1,5 Monatsgehältern verurteilt worden. Ein anderer Finanzbeamter sei wegen steuerlichen Unterstützungstätigkeiten lediglich versetzt und anschließend auch befördert worden. Derartige Versetzungen kämen mehrfach trotz des Vorwurfs steuerlicher Unterstützungstätigkeiten vor.

Zum Beweis dieses Vorbringens und zum Beweis, dass der Disziplinarbeschuldigte keine Buchhaltungs- und Lohnverrechnungstätigkeiten durchgeführt habe, keinem Kollegen im Team einen Fall zur Prüfung zugeteilt habe und bei keinem anderen Teamleiter für einen Abgabepflichtigen interveniert habe, wurde die Zeugeneinvernahme der Hofrätin XXXX beantragt.

1.5. Die Disziplinaranwältin beim BMF erhob Beschwerde gegen das Disziplinarerkenntnis insoweit der Disziplinarbeschuldigte vom Vorwurf, er habe eine Dienstpflichtverletzung dadurch begangen, dass er für die natürliche Person XXXX steuerliche Unterstützungsleistungen erbracht habe, freigesprochen wurde.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Behörde für diesen Freispruch weder bei der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses am 29.01.2025 noch in dessen schriftlicher Ausfertigung eine Begründung dafür angegeben habe, warum der erkennende Senat zu dieser Erkenntnis gelangt ist.

Offensichtlich habe die Behörde für die Einstellung des Punktes II.5. des Einleitungsbeschlusses vom 10.02.2023 nur die Aussage des Disziplinarbeschuldigten in der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2024 herangezogen, der zu diesem Punkt ausdrücklich kein Geständnis ablegte. Nicht berücksichtigt worden sei der Umstand, dass der Disziplinarbeschuldigte steuerliche Unterstützungsleistungen für die XXXX GmbH erbracht hat, deren Geschäftsführer XXXX sei. Als Geschäftsführer einer GmbH sei XXXX verpflichtet, jährlich entweder eine Einkommensteuererklärung zu legen oder werde sein Bezug als Geschäftsführer lohnversteuert. Es entbehre jeglicher logischeren Vorstellung, dass XXXX für sein Unternehmen steuerliche Beratungsleistungen durch den Disziplinarbeschuldigten in Anspruch genommen und für sich als Steuersubjekt seine Abgabenerklärungen selbst gelegt bzw. die monatlich abzuführende Lohnsteuer selbst berechnet habe. Deshalb müsse der Schluss gezogen werden, dass der Disziplinarbeschuldigte auch die natürliche Person, somit den Abgabepflichtigen XXXX im Zuge der Erbringung von steuerlichen Unterstützungsleistungen für dessen XXXX GmbH mitbetreut habe.

1.6. Die belangte Behörde legte die Beschwerden samt Disziplinarakt dem Bundesverwaltungsgericht am 02.05.2025 vor. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.06.2025 eine mündliche Verhandlung im Beisein des Disziplinarbeschuldigten, seines Rechtsvertreters und der Disziplinaranwältin beim BMF durch, bei der die Rechtssache umfassend erörtert wurde.

1.7.1. Zu den vom Disziplinarbeschuldigten bekämpften Schuldsprüchen Punkt II. und III. wird folgendes festgestellt:

Entgegen der spruchgemäßen Anlastung wird festgestellt, dass der Disziplinarbeschuldigte für die in Spruchpunkt II. 2. und 3. genannte natürliche bzw. juristische Person ( XXXX und XXXX GmbH) keine steuerlichen Unterstützungstätigkeiten erbracht hat.

Hingegen wird festgestellt, dass der Disziplinarbeschuldigte entgegen seinem Beschwerdevorbringen für die in Spruchpunkt II. 1. und 12. genannten juristische Personen ( XXXX GmbH und XXXX Consulting KG) steuerliche Unterstützungstätigkeiten erbracht hat, weshalb der Schuldspruch zu Recht erfolgte.

Zu Spruchpunkt III. wird festgestellt, dass über den Disziplinarbeschuldigten mit rechtskräftiger Strafverfügung des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde gemäß § 143 FinStrG vom 18.07.2024 wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 des FinStrG durch Nichtabgabe von Einkommenssteuererklärungen für die Jahre 2017 und 2018 eine Geldstrafe in der Höhe von € 1.400,- verhängt wurde und der Disziplinarbeschuldigte gegen diese Strafverfügung keinen Einspruch erhoben hat.

1.7.2. Zu dem von der Disziplinaranwältin bekämpften Freispruch betreffend Erbringung steuerlicher Unterstützungsleistungen für Hr. XXXX wird festgestellt, dass der Disziplinarbeschuldigte derartiger Leistungen für Hr. XXXX nicht erbracht hat, weshalb der Freispruch zu Recht erfolgte.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zum Verfahrensgang (Punkte 1.1. bis 1.6.) ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

2.2. Vorauszuschicken ist, dass – wie vom Beschwerdeführer zu Recht moniert – im bekämpften Bescheid keine nachvollziehbaren Feststellungen zum Sachverhalt, sondern nur eine teilweise Wiedergabe des Verfahrensganges zu finden ist und auch eine nachvollziehbare Beweiswürdigung unterblieben ist. Die Beweiswürdigung findet sich unter Punkt VI. nach der rechtlichen Würdigung auf einer knappen Seite und setzt sich nicht nachvollziehbar mit dem Vorbringen des Disziplinarbeschuldigten und den ihn zum Teil entlastenden Zeugenaussagen auseinander. Ebenso ist der Disziplinaranwältin zu folgen, wenn sie die fehlende Begründung im Disziplinarerkenntnis zu dem von ihr bekämpften Freispruch rügt.

2.3. Die Feststellungen, dass der Disziplinarbeschuldigte für die den Schuldsprüchen II. 2. und 3. genannte natürliche bzw. juristische Person ( XXXX und XXXX GmbH) keine steuerlichen Unterstützungstätigkeiten erbracht hat, beruht auf folgenden Erwägungen:

Der Disziplinarbeschuldigte hat vor der Behörde angegeben, für Frau XXXX persönlich, außer dem Ratschlag, sich iZm der Überschuldung ihres verstorbenen Ex-Mannes an einen Anwalt zu wenden, keine steuerlichen Unterstützungsleistungen durchgeführt zu haben. Die Zeugin XXXX wurde von der Behörde nicht befragt, ob der Disziplinarbeschuldigte sie selbst steuerlich beraten hätte, sondern nur, ob er dies für ihre beiden Unternehmen getan hätte, was sie verneinte. In weiterer Folge berichtete die Zeugin jedoch ungesteuert, dass der Disziplinarbeschuldigte sie, als sie ihn wegen der Überschuldung ihres verstorbenen Ex-Mannes um Rat fragte, an einen Anwalt verwiesen habe (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 01.12.2024, Seite 53 ff.).

Die Behörde hat dazu ausgeführt, dass der Disziplinarbeschuldigte, wie er zugesteht, insgesamt dreimal, nämlich einmal am 05.02.2020 und zweimal am 24.06.2020 um 11:49:00 Uhr und um 11:49:08 Uhr auf Frau XXXX im AIS zugegriffen hat (Spruchpunkt I.), jedoch nicht erklären konnte, warum er dies tat, weshalb davon auszugehen wäre, dass er Frau XXXX auch steuerlich beraten hätte. Vom Bundesverwaltungsgericht kann diese Begründung für den gegenständlichen Schuldspruch (Spruchpunkt II.) insofern nicht nachvollzogen werden, als sich aus dem vom Disziplinarbeschuldigten zugestandenen Zugriff im AIS (Spruchpunkt I.) nicht ergibt, dass er für die abgefragte Person auch steuerliche Unterstützungsleistungen zu Erwerbszwecken getätigt hätte. Denn es ist bekannt, dass Beamte des Finanzamtes Österreich in der Vergangenheit in einer Vielzahl von Fällen - sei es aus persönlichem Interesse oder weil Abgabenpflichtige sie darum ersucht haben - ohne dienstliche Veranlassung auf das AIS zuggriffen haben und deswegen auch wegen Weisungswidrigkeit disziplinarrechtlich zur Verantwortung gezogen wurden, ohne jedoch die abgefragten Personen sonst in steuerlichen Angelegenheiten unterstützt zu haben. Bezüglich einer solchen Tätigkeit für Frau XXXX war daher mangels belastbarer Beweisergebnisse eine Negativfeststellung zu treffen.

Was steuerliche Unterstützungsleistungen für die XXXX GmbH betrifft hat die Behörde ausgeführt, dass der Disziplinarbeschuldigte diesbezüglich nicht geständig sei, jedoch die Beweislage erdrückend sei und auf die unter Spruchpunkt I. des Bescheides angeführten Abfragen im AIS verwiesen. Allerdings wurde der Disziplinarbeschuldigte nicht schuldig gesprochen, die XXXX GmbH im AIS abgefragt zu haben und blieb die Behörde weitere beweiswürdigende Ausführungen schuldig. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konnten weder die Senatsvorsitzende der Behörde noch die Disziplinaranwältin auf Nachfrage angeben, aufgrund welcher Beweisergebnisse der Disziplinarbeschuldigte hinsichtlich einer steuerlichen Betreuung der XXXX GmbH schuldig gesprochen wurde. Mangels Vorliegens von Beweisergebnissen iZm einer Tätigkeit des Disziplinarbeschuldigten für die XXXX GmbH ist dazu eine Negativfeststellung zu treffen.

2.4. Anders hingegen verhält es sich mit den vom Disziplinarbeschuldigten ebenfalls in Abrede gestellten Tätigkeiten für die XXXX GmbH und die XXXX Consulting KG.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Disziplinarbeschuldigte dreimal am 08.07.2019 innerhalb von fünf Minuten und einmal am 11.07.2019 auf die XXXX GmbH im AIS zugegriffen hat. Wie bereits oben ausgeführt, sind diese Zugriffe für sich allein genommen kein Beweis für eine regelmäßige steuerliche Beratung dieser GmbH. Allerdings hat Frau Mag. XXXX , Gesellschafterin und Geschäftsführerin der XXXX SteuerberatungsGmbH am 15.05.2023 vom BAK als Zeugin befragt (vgl. Disziplinarakt, AS 1041 ff), angegeben, einerseits regelmäßig vom Disziplinarbeschuldigten für von dieser Kanzlei betreute Klienten Buchhaltungsunterlagen erhalten zu haben und andererseits dem Disziplinarbeschuldigten in steuerrechtlichen Fragen iZm den von ihm betreuten Klienten Auskunft gegeben zu haben. Schließlich hat die Zeugin auch angegeben, dass die XXXX SteuerberatungsGmbH dem Disziplinarbeschuldigten eine Blankovollmacht für deren Vertretung in steuerlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten ausgestellt hat. Zusammengefasst hat es eine enge Zusammenarbeit des Disziplinarbeschuldigten mit der XXXX SteuerberatungsGmbH im Rahmen dessen Nebenbeschäftigung gegeben. Nachdem die XXXX SteuerberatungsGmbH die steuerliche Vertreterin der XXXX GmbH war und zudem eine auf dem Privathandy des Disziplinarbeschuldigten sichergestellte E-Mail-Korrespondenz mit Mag. XXXX sich auf die XXXX GmbH bezieht, ist davon auszugehen, dass der Disziplinarbeschuldigte auch für diese GmbH seine Nebenbeschäftigung ausübte.

Ebenso verhält es sich mit der XXXX Consulting KG. Nach den Angaben des Disziplinarbeschuldigten macht diese Firma, deren Gesellschafter Herr DI XXXX und Frau XXXX sind, einerseits Verkehrszählungen und andererseits die Buchhaltung für andere Firmen. Allerdings ist die XXXX Consulting KG mit dem Disziplinarbeschuldigten insofern eng verwoben, als nach den Angaben des Disziplinarbeschuldigten Frau XXXX ihre Geschäftstätigkeit auf dem Privatcomputer des Disziplinarbeschuldigten unter Verwendung seines Buchhaltungsprogrammes im Wohnzimmer des Disziplinarbeschuldigten ausübte. Es ist daher anzunehmen, dass tatsächlich der Disziplinarbeschuldigte die Buchhaltung für die XXXX Consulting KG übernahm. Die Erklärungsversuche des Disziplinarbeschuldigten, wonach Frau XXXX ihre Tätigkeit in dessen Privathaushalt durchführte, weil sie dessen Nachbarin war, überzeugen nicht, weil Frau XXXX ihre Tätigkeit auch im Haushalt des Disziplinarbeschuldigten ausübte, als dieser nicht neben Frau XXXX wohnte. Wenn der Disziplinarbeschuldigte ausführt, dass Frau XXXX deswegen auf seinem Computer arbeiten musste, weil sie nicht über ein eigenes Buchhaltungsprogramm verfügte, ist dies ebenso wenig nachvollziehbar, weil nicht anzunehmen ist, dass eine Firma die Buchhaltungstätigkeiten geschäftlich ausführt, nicht über die entsprechende Software verfügt. Schließlich führte der Disziplinarbeschuldigte aus, dass er Frau XXXX deswegen nicht seinen Computer borgte, weil da „meine ganzen persönlichen Sachen drauf sind“ und erklärte, dass Frau XXXX bei ihm zu Hause weniger wahrscheinlich auf seinem Computer herumschnüffeln würde, als wenn sie ihn mitbekäme, um ihre Tätigkeit in der eigenen Firma durchzuführen (vgl. Verhandlungsprotokoll Bundesverwaltungsgericht vom 17.06.2025). Im Ergebnis war daher entgegen dem Beschwerdevorbringen festzustellen, dass der Behörde zu folgen ist, wenn sie zum Ergebnis kommt, dass der Disziplinarbeschuldigte im Rahmen seiner Nebenbeschäftigung auch für die XXXX Consulting KG steuerliche Unterstützungsleistungen erbrachte.

2.5. Die Feststellung über die in Rechtskraft erwachsene Strafverfügung (Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides) ergibt sich aus der vom Disziplinarbeschuldigten in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Strafverfügung, die im Disziplinarakt der belangten Behörde nicht auflag. Der diesbezügliche Schuldspruch der Behörde erfolgte offenkundig auf der von ihr eingeholten Auskunft des Amtes für Betrugsbekämpfung, das mit Schreiben vom 06.09.2024 der Behörde die Tatsache der erlassenen Strafverfügung mitteilte.

2.6. Die Feststellung, dass der Disziplinarbeschuldigte für den Abgabenpflichtigen XXXX keine steuerlichen Unterstützungstätigkeiten erbrachte, erfolgt auf der Grundlage der diesbezüglichen Aussage des Disziplinarbeschuldigten in Übereinstimmung mit jener des von der Behörde befragten Zeugen XXXX . Dieser gab an, dass er selbst seine letzte Arbeitnehmerveranlagung als Student gemacht habe, danach hätte dies immer seine steuerliche Vertretung, die Steuerberatungskanzlei XXXX gemacht. Der Disziplinarbeschuldigte hätte hingegen die Buchhaltung für seine Firma XXXX GmbH gemacht (Schuldspruch II.4.). Wenn die Disziplinaranwältin vorbringt, dass nur logisch erscheint, dass der Disziplinarbeschuldigte, wenn er schon die Buchhaltung für die XXXX GmbH erledigt hat, auch deren Geschäftsführer XXXX entsprechend unterstützt habe, so reicht dieser logische Schluss angesichts der gegenteiligen zeugenschaftlichen Aussage des Herrn XXXX nicht für einen Schuldspruch aus.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Rechtliche Grundlagen

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Beamtendienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979, BGBl. Nr. 333/1979, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 143/2024) maßgeblich:

„Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) …..

(2) Die Beamtin oder der Beamte hat in ihrem oder seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihrer oder seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Dabei hat sie oder er insbesondere tatsächliche und vermeintliche Interessenkonflikte zu vermeiden, soweit dies zumutbar ist. Ein solcher Interessenkonflikt liegt vor, wenn die Beamtin oder der Beamte aufgrund von bestehenden persönlichen Interessen ihre oder seine Aufgaben nicht in voller Unvoreingenommenheit, Unparteilichkeit und Objektivität wahrnehmen kann (tatsächlicher Interessenkonflikt) oder ein solcher Anschein erweckt werden könnte (vermeintlicher Interessenkonflikt).

[…]

Nebenbeschäftigung

§ 56. (1) Nebenbeschäftigung ist jede Beschäftigung, die der Beamte außerhalb seines Dienstverhältnisses und einer allfälligen Nebentätigkeit ausübt.

(2) Der Beamte darf keine Nebenbeschäftigung ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert, die Vermutung seiner Befangenheit hervorruft oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet.

(3) Der Beamte hat seiner Dienstbehörde jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung und jede Änderung einer solchen unverzüglich zu melden. Eine Nebenbeschäftigung ist erwerbsmäßig, wenn sie die Schaffung von nennenswerten Einkünften in Geld- oder Güterform bezweckt.

[…]

(6) Die Ausübung einer aus den Gründen des Abs. 2 unzulässigen Nebenbeschäftigung oder Tätigkeit im Sinne des Abs. 5 ist von der Dienstbehörde unverzüglich mit schriftlicher Weisung zu untersagen.

[…]

Strafbemessung

§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

(2) Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.“

3.2. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass der Ausspruch über Schuld und Strafe in einer Disziplinarsache trennbar ist. Hinsichtlich nicht bekämpfter Teile eines als Disziplinarerkenntnisses bezeichneten Bescheides tritt Teilrechtskraft ein. Wird allein der Ausspruch über die Strafe bekämpft, so erwächst der Schuldspruch in Rechtskraft (VwGH 23.02.2000, 97/09/0082; VwGH 18.10.1989, 86/09/0178; VwGH 17.03.1982, 81/09/0103). Dies muss auch in die umgekehrte Richtung gelten. Dies bedeutet, dass die Schul- und Freisprüche, soweit sie von keiner Partei des Verfahrens bekämpft wurden, in Rechtskraft erwachsen sind.

3.3. Zur Beschwerde des Disziplinarbeschuldigten:

3.3.1. Wie unter den Feststellungen (Punkt 1.7.1.) ersichtlich, kommt dem Beschwerdevorbringen zu den Schuldsprüchen Punkt II.2. und 3. Berechtigung zu, weil nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes diese Fakten nicht erwiesen sind. Es war daher diesbezüglich mit einem Freispruch vorzugehen.

Hinsichtlich der Schuldsprüchen Punkt II.1. und 12 kommt dem Beschwerdevorbringen jedoch - wie oben ausgeführt - keine Berechtigung zu, weshalb die Beschwerde dazu abzuweisen war.

3.3.2. Zu dem vom Disziplinarbeschuldigte ebenfalls bekämpften Schuldspruch III. wurde vorgebracht, dass dieser die Strafverfügung nur deshalb akzeptiert habe, weil die Kosten für die Erhebung eines Rechtsmittels nach Auskunft des Steuerberaters weit über die ausgesprochene Strafe hinausgegangen wären und deswegen mit einem wirtschaftlichen Nachteil verbunden gewesen wären. Vom Rechtsvertreter wurde zudem vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgebracht, dass eine Bindungswirkung nach § 95 Abs. 2 BDG 1979 fraglich wäre.

Diesem Vorbringen kommt schon des halb keine Berechtigung zu, weil es auf eine allfällige Bindungswirkung nach § 95 Abs. 2 BDG 1979 nicht ankommt.

Gemäß § 95 Abs. 1 BDG 1979 ist von der disziplinären Verfolgung des Beamten, der wegen einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt wurde, dann abzusehen, wenn sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes erschöpft. Ist dies nicht der Fall (disziplinärer Überhang), ist nach § 93 vorzugehen.

Im gegenständlichen Fall kann kein Zweifel daran bestehen, dass eine Abgabenhinterziehung eines Finanzbeamten eine Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 darstellt, erwartet sich doch die Bevölkerung, dass ein Finanzbeamter, gerade weil dieser dienstlich steuerrechtliche Normen vollzieht, nicht selbst einschlägig delinquent wird. Deshalb ist eine Abgabenhinterziehung durch einen Finanzbeamten aufgrund des speziellen Funktionsbezuges geradezu typisch dazu geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben zu erschüttern und besteht unzweifelhaft ein disziplinärer Überhang.

Wenn der Disziplinarbeschuldigte, der nach wie vor davon überzeugt ist, dass diese Strafverfügung zu Unrecht erfolgte, vorbringt, dass er diese nur deshalb nicht bekämpft habe, „weil der Steuerberater für die Betriebsprüfung 3.000 € verlangt hat. Die Beschwerde hätte nochmals 3.000 € gekostet.“, kann dies nicht nachvollzogen werde, weil nach der Rechtsmittelbelehrung der gegenständlichen Strafverfügung ein Einspruch auch vom Beschuldigten selbst hätte eingebracht werden können. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass der Disziplinarbeschuldigte als Finanzbeamter mit einschlägigem Fachwissen durchaus in der Lage gewesen wäre, ohne Unterstützung durch einen Steuerberater sich selbst angemessen in diesem Verfahren zu vertreten.

3.3.3. Zur Strafbemessung

Bei der Bemessung einer Disziplinarstrafe ist – auch – eine Ermessensentscheidung zu treffen. Bei der Entscheidung über ein Disziplinarerkenntnis handelt es sich nicht um eine Verwaltungsstrafsache im Sinne des Art. 130 Abs. 3 B-VG. Kommt das Verwaltungsgericht zur selben sachverhaltsmäßigen und rechtlichen Beurteilung, darf es vor dem Hintergrund des Art. 130 Abs. 3 B-VG nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle der Ermessensübung durch die Bundesdisziplinarbehörde setzen. Jedoch ist das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung über die Bemessung einer Disziplinarstrafe nicht von der Verpflichtung zur Beurteilung entbunden, ob die Ermessensübung durch die Disziplinarkommission auf gesetzmäßige Weise erfolgte. Das Verwaltungsgericht hat im Fall einer gesetzwidrigen Entscheidung der Verwaltungsbehörde im Fall des § 28 Abs. 2 VwGVG (Art. 130 Abs. 4 B-VG) in der Sache selbst zu entscheiden und dabei auch eine Ermessensentscheidung zu treffen (VwGH 21.10.2022, Ro 2022/09/0007; VwGH 21.04.2015, Ra 2015/09/0009).

Im Übrigen ist die Behörde verpflichtet, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Überlegungen und Umstände insoweit offenzulegen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (zuletzt VwGH vom 04.11.2014, Zl. Ro 2014/09/0023).

Gegenständlich hat die Behörde den Ausspruch der Disziplinarstrafe der Entlassung erkennbar mit der hohen Schwere der unter Spruchpunkt II. des Bescheides abgehandelten Dienstpflichtverletzungen aus generalpräventiven Gründen ausgesprochen. Diese schwerste Disziplinarstrafe kommt grundsätzlich in Betracht, hat doch der Disziplinarbeschuldigte als Teamleiter beim Finanzamt Österreich über einen langen Zeitraum vorsätzlich eine unerlaubte Nebenbeschäftigung dadurch ausgeführt, dass er - wie es die Disziplinaranwältin zutreffend formulierte - unter dem Deckmantel einer Steuerberatungskanzlei, ausgestattet mit Blanko-Vollmachten, gewerbsmäßig steuerliche Beratungen und Buchhaltungstätigkeiten durchführte. Auch war dem Disziplinarbeschuldigten bewusst, dass eine derartige Nebenbeschäftigung nicht erlaubt ist und von der Dienstbehörde untersagt worden wäre, und liegt daher Vorsatz vor.

Die belangte Behörde hat allerdings unter Punkt V. ihres Bescheides auch wie folgt ausgeführt:

„[…] Mit Bezug auf die Arbeitsplatzbeschreibung eines Teamleiters der Betrieblichen Veranlagung war er unmittelbarer Vorgesetzter jener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ihm unterstellten Teams XXXX und war somit auch für sämtliche zu treffenden bzw. nicht zu treffenden abgabenrechtlichen Maßnahmen, die für diese Abgabenpflichtigen durchzuführen waren, verantwortlich. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass bei der Ausführung der an XXXX übertragenen Aufgaben im Finanzamt, Überschneidungen des dienstlichen Bereiches und des Bereiches der Nebenbeschäftigung entstanden sind und er unter Ausnutzung seiner funktionsmäßigen Stellung als Teamleiter in der Betrieblichen Veranlagung, mit den von ihm betreuten Abgabepflichtigen auch Vereinbarungen getroffen wurden, die anderen Steuerzahlern verwehrt sind. Demnach könnte durch XXXX eine Ungleichbehandlung aller anderen Abgabepflichtigen eingetreten sein, obwohl sich die Bürgerinnen und Bürger zu Recht erwarten dürfen, dass die Finanzverwaltung ihre Aufgaben, und dazu gehört die Gleichbehandlung aller Steuerzahler, in kompetenter und effizienter Weise erfüllt.“

Dazu, dass der Disziplinarbeschuldigte in Ausübung seiner unerlaubten Nebenbeschäftigung unzulässige Absprachen getroffen hat, die bei den von ihm betreuten Abgabenpflichtigen eine unzulässige Verkürzung ihrer Abgabepflicht bewirkt haben könnte, hat die Behörde allerdings keinerlei Feststellungen getroffen. Der Disziplinarbeschuldigte selbst hat im gesamten Verfahren sein Tätigwerden für einige Unternehmen von Anfang an eingeräumt, jedoch stets - letztlich unter Bedachtnahme auf die Einstellung des gegen ihn geführten Strafverfahrens unbestritten - vorgebracht, dass sein Tätigwerden im Rahmen seiner Nebenbeschäftigung keinesfalls unkorrekt zum Nachteil der Republik gewesen sei.

Im Hinblick auf die fehlenden Ausführungen der Behörde zum Unrechtsgehalt der gegenständlichen Dienstpflichtverletzung erscheint es allerdings nicht ausgeschlossen, dass die Behörde die von ihr angestellten, allerdings nicht bewiesenen Vermutungen bei der Beurteilung der Schwere der Dienstpflichtverletzung und schließlich auch bei der Strafzumessung in unzulässiger Weise hat einfließen lassen.

Wenn der Disziplinarbeschuldigte einwendet, dass nach seinem Wissen in der Vergangenheit bei gleichgelagerten Delikten nicht mit einer Entlassung vorgegangen wurde, so ist darauf zu verweisen, dass es sich bei einer disziplinären Strafzumessung jeweils um eine Einzelfallbeurteilung handelt und eine Vergleichbarkeit in der Regel nicht gegeben ist. Tatsächlich ist jedoch festzustellen, dass die belangte Behörde in der Vergangenheit bei Dienstpflichtverletzungen nach § 56 Abs. 2 BDG 1979, soweit dazu Beschwerdeverfahren vor dieser Gerichtsabteilung anhängig waren, nicht mit einer Entlassung, sondern mit einer Geldstrafe- oder buße vorgegangen ist, obwohl in einem Fall der Disziplinarbeschuldigte bereits einschlägig disziplinarrechtlich vorbestraft war und in einem anderen Fall auch eine strafgerichtliche Verurteilung vorlag (vgl. GZ W136 2000207 -1, 2001827-1 und 2248194-1).

Zusammengefasst erscheint eine Geldstrafe im höchsten Ausmaß unter Bedachtnahme auf die Schwere der Pflichtverletzung aus generalpräventiven Gründen notwendig aber auch ausreichend.

Was die Ausführungen der Behörde zu der von ihr erkannten spezialpräventiven Notwendigkeit der Entlassung betrifft, sind diese nicht nachvollziehbar.

Die diesbezügliche Ausführung, „dass die Festsetzung der Disziplinarstrafe aus spezialpräventiven Gründen (Unterstreichung im Original) geboten [war], weil der Disziplinarbeschuldigte ja weiterhin im Aktivstand der Finanzverwaltung tätig ist und er auch noch in der Lage wäre sein Ansuchen auf Ruhestandsversetzung zurückzuziehen“ ist ohne Begründungswert.

Tatsächlich gibt es nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinen Hinweis darauf, dass es der Entlassung bedürfe, um den Disziplinarbeschuldigten von weiteren Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Zum einen hat der Disziplinarbeschuldigte seine unerlaubte Nebenbeschäftigung, noch bevor (Anm. BVwG: durch eine Anzeige seiner Ehefrau im März 2021) bekannt wurde, eingestellt. Zum anderen ist darauf zu verweisen, dass die gegenständlichen Verdachtsmomente gegen den Disziplinarbeschuldigten seiner Dienstbehörde spätestens im Mai 2021 bekannt waren, weil die Staatsanwaltschaft XXXX mit Note vom 28.05.2021 aufgrund eines Anfangsverdachtes wegen Amtsmissbrauchs das Finanzamt Österreich um Überprüfung der Tätigkeit des Disziplinarbeschuldigten iZm den von seiner Ehefrau in ihrer Anzeige angeführten Unternehmen beauftragte, weiters mit Note vom 20.09.2021 eine abgabenbehördliche Außenprüfung der involvierten Steuerpflichtigen sowie mit Note vom 15.11.2021 eine Durchsuchung der Büroräumlichkeiten und eine Sicherung des E-Mailpostfaches des Disziplinarbeschuldigten anregte (vgl. GZ W136 2265787-1/3E). Trotz dieser Verdachtslage hat die Dienstbehörde jedoch erst eineinhalb Jahre später am 29.11.2022 die vorläufige Suspendierung des Disziplinarbeschuldigten verfügt und hat dieser bis dahin unbeanstandet Dienst verrichtet. Im Hinblick auf diese Umstände und unter Bedachtnahme darauf, dass der Disziplinarbeschuldigte abgesehen von der gegenständlichen Anlastung unbescholten ist, erscheint eine Entlassung aus spezialpräventiven Gründen nicht erforderlich.

Die verhängte Geldstrafe erscheint für den Disziplinarbeschuldigten, der Sorgepflichten für eine volljährige Tochter und zwei minderjährige Kinder hat, auch wirtschaftlich zumutbar. Er hat Verbindlichkeiten in der Höhe von € 240.000,-, diesen steht ein im Jahr 2014 erbautes Einfamilienhaus als Vermögenswert gegenüber, in dem der Disziplinarbeschuldigte mit seinen minderjährigen Kindern wohnt. Im Übrigen kümmert sich der Disziplinarbeschuldigte um seine pflegebedürftige Mutter, die ihn dafür finanziell unterstützt.

3.3.3. Zur Beschwerde der Disziplinaranwältin:

Entgegen dem Beschwerdevorbringen konnte nicht festgestellt werden, dass der Disziplinarbeschuldigte für den Abgabenpflichtigen XXXX steuerliche Unterstützungstätigkeiten erbrachte (vgl. oben Punkt 2.6.). Der Freispruch der Behörde erfolgte daher zu Recht und war die Beschwerde der Disziplinaranwältin abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Zu beurteilen war, ob eine bestimmtes Verhalten eine Dienstpflichtverletzung darstellt und ob die Strafzumessung im Sinne des Gesetzes geübt wurde. Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.