JudikaturBVwG

W136 2265787-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
15. Mai 2023

Spruch

W136 2265787-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin RIEDL, gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 29.11.2022, Zl. BMF-00307405/026-FAÖ/2022, betreffend vorläufige Suspendierung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs. 2 VwGVG, 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) ist Beamter der Verwendungsgruppe A2 und seit 2016 als Teamleiter eines Teams Betriebliche Veranlagung (BV-Team) im Finanzamt XXXX tätig.

1.2. Mit dem bekämpften Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 29.11.2022 als Dienstbehörde wurde der Beschwerdeführer vorläufig vom Dienst suspendiert. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde.

1.3. Mit Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 13.01.2023 wurde die Suspendierung des Beschwerdeführers gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979 verfügt. Dieser Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde ist mit 16.02.2023 in Rechtskraft erwachsen. Gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979 hat die vorläufige Suspendierung mit rechtskräftiger Entscheidung der Bundesdisziplinarbehörde über die Suspendierung geendet.

1.4. Es besteht der Verdacht, dass der Beschwerdeführer seit Jahren Buchhaltungs- und Lohnverrechnungsaufgaben für natürliche und juristische Personen durchführt, die überwiegend steuerlich im Zuständigkeitsbereich jenes Finanzamtes geführt werden, in dem der Beschwerdeführer als Teamleiter tätig ist, wobei diese Tätigkeit vom Beschwerdeführer nicht seiner Dienstbehörde gemeldet wurde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu 1.1. bis 1.3. ergeben sich aus der Aktenlage.

Die Feststellungen zu 1.4. gründen auf der vorliegenden Aktenlage, aus der sich Folgendes ergibt:

Im März 2021 erstattete die Ehefrau des Beschwerdeführers schriftlich beim Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung und bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft Anzeige gegen ihren Mann und führte unter Beilage diverser Bescheinigungsmittel an, dass dieser als Finanzbeamter ein kriminelles Netzwerk aufgebaut habe, für seine illegalen Tätigkeiten eine eigene Firma gegründet habe, Geldwäsche betreibe und Unternehmen in der (Heimat)Stadt steuerlich berate, wofür er mindestens zweitausend Euro pro Monat bezahlt bekomme.

In weiterer Folge beauftragte die Staatsanwaltschaft XXXX mit Note vom 28.05.2021 aufgrund ihres Anfangsverdachtes wegen Amtsmissbrauch das Finanzamt Österreich um Überprüfung der Tätigkeit des Beschwerdeführers iZm mit den von seiner Ehefrau in ihrer Anzeige angeführten Unternehmen. Weiters regte die Staatsanwaltschaft mit Note vom 20.09.2021 eine abgabenbehördliche Außenprüfung der involvierten Steuerpflichtigen sowie mit Note vom 15.11. 2021 eine Durchsuchung der Büroräumlichkeiten und eine Sicherung des E-Mailpostfaches des Beschwerdeführers an.

Aus dem am 14.11.2022 vom Büro für Interne Angelegenheiten des BMF vorgelegten Statusbericht ergibt sich, dass der Verdacht besteht, dass der Beschwerdeführer entgeltlich für diverse Unternehmen Buchhaltungs- und Lohnverrechnungstätigkeiten ausführt. Dieser Verdacht ergibt sich einerseits aus den beim Beschwerdeführer vorgefundenen Buchhaltung- Lohnverrechnungs- und Bankunterlagen von Unternehmen, welche jedoch einem Finanzbediensteten im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit nicht zugänglich sind, sowie den Angaben von Unternehmensverantwortlichen, die angaben, dass der Beschwerdeführer teilweise seit geraumer Zeit ihre Buchhaltung und Lohnverrechnung übernehme.

Der Beschwerdeführer räumt sein Tätigwerden für einige Unternehmen ein, bringt jedoch vor, dass sein Tätigwerden keinesfalls unkorrekt zum Nachteil der Republik gewesen sei (vgl. Suspendierungsbescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 13.01.2023, GZ 2022-0.869.767, Seite 4).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Die maßgebliche Bestimmung des § 112 BDG 1979 lautet (auszugsweise):

„Suspendierung

§ 112. (1) Die Dienstbehörde hat die vorläufige Suspendierung einer Beamtin oder eines Beamten zu verfügen, 1. wenn über sie oder ihn die Untersuchungshaft verhängt wird oder 2. wenn gegen sie oder ihn eine rechtswirksame Anklage wegen eines in § 20 Abs. 1 Z 3a angeführten Delikts vorliegt und sich die Anklage auf die Tatbegehung ab dem 1. Jänner 2013 bezieht oder 3. wenn durch ihre oder seine Belassung im Dienst wegen der Art der ihr oder ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden.

Im Falle eines Strafverfahrens gegen eine Beamtin oder einen Beamten hat das Strafgericht die zuständige Dienstbehörde zum frühestmöglichen Zeitpunkt über die Verhängung der Untersuchungshaft oder vom Vorliegen einer rechtskräftigen Anklage zu verständigen.

(2) Jede vorläufige Suspendierung ist unverzüglich der Bundesdisziplinarbehörde mitzuteilen, die über die Suspendierung innerhalb eines Monats zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit rechtskräftiger Entscheidung der Bundesdisziplinarbehörde oder des Bundesverwaltungsgerichts über die Suspendierung. Ab dem Einlangen der Disziplinaranzeige bei der Bundesdisziplinarbehörde hat diese bei Vorliegen der in Abs. 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen. […]“

3.2. Vorauszuschicken ist, dass Im gegenständlichen Fall die vorläufige Suspendierung aufgrund der von der Bundesdisziplinarbehörde rechtskräftig verfügten Suspendierung geendet hat und die vom Beschwerdeführer beantragte Behebung des bekämpften Bescheides nichts an seiner Suspendierung ändern würde. Im Hinblick auf die mit der Suspendierung verbundenen Bezugskürzung hat der Beschwerdeführer dennoch ein rechtliches Interesse an der beantragten Aufhebung des bekämpften Bescheides (vgl. VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/09/0022), weshalb in der Sache zu entscheiden war.

Der Beschwerde kommt allerdings keine Berechtigung zu.

3.3. Im Suspendierungsverfahren genügt es zur Rechtfertigung des Ausspruchs einer Suspendierung, wenn gegen (hier:) den Beschuldigte ein begründeter Verdacht einer Dienstpflichtverletzung besteht, die „ihrer Art nach“ geeignet ist, das Ansehen des Amtes oder wesentliche dienstliche Interessen zu gefährden (VwGH 24.04.2014, 2013/09/0195), soweit – was hier nicht relevant ist – gegen den Disziplinarbeschuldigten nicht die Untersuchungshaft verhängt wurde oder gegen diese eine rechtswirksame Anklage wegen eines in § 20 Abs. 1 Z 3a BDG angeführten Delikts vorliegt und sich die Anklage auf die Tatbegehung ab dem 01.01.2013 bezieht. Es ist eine Suspendierung insbesondere dann unzulässig, wenn etwa bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Verfügung offenkundig die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens nach § 118 Abs. 1 BDG vorliegen (VwGH 18.09.2008, 2007/09/0383).

3.4. Gegenständlich besteht, wie in den Feststellungen ausgeführt, der begründete Verdacht, dass der Beschwerdeführer über einen langen Zeitraum als Finanzbeamter mit Zuständigkeit für Betriebliche Veranlagung eine erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung in Form von Buchhaltungs- und Lohnverrechnungsaufgaben für Unternehmen im örtlichen Zuständigkeitsbereich seiner Dienststelle ausgeübt hat. Nachdem eine derartige Tätigkeit eines Finanzbeamten aufgrund der Überschneidung seines dienstlichen Bereiches und der Nebenbeschäftigung geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche und gesetzestreue Aufgabenerfüllung der Finanzverwaltung zu untergraben, gefährdet die im Verdachtsbereich liegende Pflichtverletzung sowohl das Ansehen des Amtes als auch wesentliche Interessen des Dienstes (vgl. VwGH vom 14.10.2009, Zl. 2008/12/0182, und vom 29.04.2011, Zl. 2010/12/0054)

Verfolgungsverjährung nach § 94 Abs. 1 BDG oder das Vorliegen von Einstellungsgründen nach § 118 BDG kommen gegenständlich nicht in Betracht, da auch nicht zu sehen ist, dass der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hätte oder Umstände vorliegen würden, die die Strafbarkeit ausschließen würden oder dass die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden könnte oder keine Dienstpflichtverletzung darstellen würde. Weiters liegen auch keine Umstände vor, die die Verfolgung ausschließen, oder ist zum jetzigen Zeitpunkt feststellbar, dass die Schuld des Beschuldigten gering wäre oder die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hätte und überdies eine Bestrafung nicht geboten sei, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken. Daher liegen insbesondere auch unter Bedachtnahme auf die anhängigen strafrechtlichen Ermittlungen keine Hinweise auf bestehende Einstellungsgründe vor.

Wenn der Beschwerdeführer einwendet, dass bereits im Mai 2021 ein Verdacht in strafrechtlicher Hinsicht vorlag und die belangte Behörde dadurch, dass sie nicht unverzüglich mit einer Suspendierung reagierte, zum Ausdruck gebracht habe, dass deren Voraussetzung nicht gegeben seien, ist dem nicht zu folgen. Im Mai 2021 gründete die Verdachtslage auf der Anzeige der Ehefrau des Beschwerdeführers und waren diese Angaben zunächst hinsichtlich deren Stichhaltigkeit zu überprüfen. Nach Vorliegen des Ergebnisses der ressortintern durchgeführten Erhebungen, aus denen sich zumindest der oben dargestellte Verdacht einer unzulässigen Nebenbeschäftigung ergibt, hat die Dienstbehörde jedoch unverzüglich reagiert. Im Übrigen ergibt sich jedoch allein aus dem Umstand, dass eine Suspendierung spät ausgesprochen worden ist, keinesfalls deren Rechtswidrigkeit.

Der Beschwerdeausführung, wonach die Ausführungen im bekämpften Bescheid derart pauschal gehalten wären, dass aufgrund von Feststellungs- und Begründungsmängeln eine Nachvollziehbarkeit nicht möglich wäre, ist nicht zu folgen. Tatsächlich offen bleibt nämlich mit diesem Vorbringen, welche vom Beschwerdeführer vermissten Feststellungen zu einem für ihn günstigeren Ergebnis hätten führen sollen. Tatsächlich ist der Sachverhalt zur Verdachtslage der Begründung des bekämpften Bescheides problemlos zu entnehmen.

Nachdem eine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat unter A) die relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargestellt und der Entscheidung unterstellt, es ist daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen, von der die Entscheidung abhängt.

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