JudikaturBVwG

G310 2313510-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
EU-Recht
22. Juli 2025

Spruch

G310 2313510-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde der brasilianischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 01.04.2025, Zl. XXXX , betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu Recht:

A) Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Die Beschwerdefüherin (BF) wurde am XXXX .2025 beim unrechtmäßigen Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet betreten.

Nachdem die BF dem BFA nach vorangegangenem Ersuchen am 15.01.2025 eine Stellungnahme zu ihrem Privat- und Familienleben in Österreich übermittelte wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA ausgesprochen, dass der BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt I.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG (Spruchpunkt II.), stellte nach § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Brasilien zulässig sei (Spruchpunkt III.) und gewährte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV.). Begründend wurde ausgeführt, dass sich die BF erst für kurze Zeit in Österreich aufhalte und keine berücksichtigungswürdigen Integrationsmomente vorliegen würden. Aufgrund des beharrlichen unrechtmäßigen Verbleibs im Bundesgebiet, stelle Ihr Verhalten eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

Gegen den Bescheid richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben Hilfsweise wurde zudem ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die BF beabsichtige ihren in Österreich lebenden Verlobten zu heiraten. Allerdings seien zuvor noch einige Dokumente vorzulegen, was die BF bislang noch nicht geschafft habe. Es bestehe ein ausgeprägtes Privat- und Familienleben in Österreich.

Das BFA legte die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem Antrag vor, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Per Mail vom 17.07.2025 wurde dem BVwG vom BFA die Heiratsurkunde der BF übermittelt.

Feststellungen:

Die BF heiratete am XXXX .2025 einen in Österreich lebenden portugiesischen Staatsangehörigen. Ihr Ehemann verfügt seit XXXX .2019 über eine Anmeldebescheinigung und geht einer geregelten Arbeit nach. Seit XXXX .2024 sind Beide an derselben Anschrift in XXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich ohne entscheidungserhebliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens und des Gerichtsakts des BVwG, insbesondere aus den von der BF vorgelegten Unterlagen.

Die Anmeldebescheinigung des Ehemanns des BF geht aus dem Fremdenregister hervor, der gemeinsame Wohnsitz aus dem Zentralen Melderegister. Seine Erwerbstätigkeit ist im Sozialversicherungsauszug dokumentiert.

Rechtliche Beurteilung:

Der BF kommt aufgrund ihrer Heirat mit einem in Österreich lebenden und hier erwerbstätigen EWR-Bürgers die Rechtsposition als begünstigte Drittstaatsangehörige iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FPG zu (siehe VwGH 25.09.2017, Ra 2017/20/0293). Die Legaldefinition einer begünstigten Drittstaatsangehörigen in § 2 Abs. 4 Z 11 FPG stellt darauf ab, ob der betreffende EWR-Bürger (oder Schweizer Bürger) das unionsrechtliche (oder das auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende) Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat, was gegenständlich der Fall ist.

Die amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG kommt bei begünstigten Drittstaatsangehörigen nicht in Betracht, weil diese Bestimmung gemäß § 54 Abs. 5 AsylG für diese nicht gilt. Gegen begünstigte Drittstaatsangehörige darf auch keine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot nach dem 1. Abschnitt des 8. Hauptstücks des FPG erlassen werden, sondern gegebenenfalls eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nach den Bestimmungen des 4. Abschnitts des genannten Hauptstücks (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0115).

Der Umstand, dass gegen begünstigte Drittstaatsangehörige generell keine Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG erlassen werden kann, ergibt sich schon daraus, dass die mit § 52 FPG umgesetzte Rückführungsrichtlinie (2008/115/EG) auf begünstigte Drittstaatsangehörige nach ihrem Art 2 Abs 3 nicht anzuwenden ist (siehe VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0014).

Hat die BF dagegen durch die Eheschließung kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht erlangt (was z.B. dann der Fall wäre, wenn ihr persönliches Verhalten weiterhin eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt), kann sie gemäß § 41a Abs. 1 Z 5 FPG zurückgewiesen oder, wenn sie sich wieder im Bundesgebiet befindet, mit einer Ausweisung gemäß § 66 FPG oder einem Aufenthaltsverbot nach § 67 FPG belegt werden.

Bei Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot einerseits und bei einer Ausweisung bzw. einem Aufenthaltsverbot andererseits handelt es sich aber um unterschiedliche Maßnahmen mit unterschiedlichen Voraussetzungen und unterschiedlichem normativen Gehalt, die nicht einfach austauschbar sind (siehe VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151). Es ist dem BVwG verwehrt, gegen die BF anstelle der vom BFA erlassenen Rückkehrentscheidung eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot auszusprechen, weil es damit die Sache des Beschwerdeverfahrens überschreiten würde. Sache des Beschwerdeverfahrens ist nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der Behörde gebildet hat (vgl. VwGH 27.03.2018, Ra 2015/06/0011). Dies ist hier lediglich die Erlassung einer Rückkehrentscheidung. Eine Befugnis des BVwG, stattdessen eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, besteht nicht, sodass nur die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheids möglich ist.

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine Beschwerdeverhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG.

Die Revision nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG keine grundsätzlichen Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle zu lösen hatte.