Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revisionen des G A in L, vertreten durch Mag. Daniel Vonbank, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Reichsstraße 9, gegen 1. das Erkenntnis vom 26. November 2014, LVwG-318-054/R15- 2014 (Ra 2015/06/0015), 2. den Beschluss vom 27. November 2014, LVwG-318-051/R15-2014 (Ra 2015/06/0011), und 3. den Beschluss vom 28. November 2014, LVwG-318-050/R15-2014 (Ra 2015/06/0012), jeweils des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg, betreffend Feststellung des Nichtbestehens der Parteistellung und Zurückweisung von Beschwerden in einer Bausache (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht in allen Verfahren:
Bezirkshauptmannschaft Bregenz; mitbeteiligte Parteien in allen Verfahren: 1. E S, 2. MSc C K, beide in B und vertreten durch die Pitschmann Santner Anwaltspartnerschaft in 6800 Feldkirch, Mühletorplatz 1; weitere Partei in allen Verfahren: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Revisionswerber hat den mitbeteiligten Parteien für jedes Verfahren (Ra 2015/06/0011, Ra 2015/06/0012 und Ra 2015/06/0015) Aufwendungen in der Höhe von jeweils insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Bauantrag vom 6. Februar 2013 beantragten die mitbeteiligten Parteien (im Folgenden: Bauwerber) die Erteilung der Baubewilligung für die Durchführung von Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen für private Wohnzwecke beim ehemaligen Bahnwärterwohnhaus auf dem Grundstück Nr. X, KG B.
2 Der Revisionswerber ist Miteigentümer der Grundstücke Nr. Y und Z, jeweils KG L, die an die Landesstraße L 190 angrenzen, an die wiederum auf der gegenüberliegenden Seite das Baugrundstück grenzt.
3 Mit Bescheid vom 12. Juli 2013 erteilte die gemäß § 50 Abs. 2 lit. b (Vorarlberger) Baugesetz (im Folgenden: BauG) zuständige Bezirkshauptmannschaft Bregenz (BH) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den Bauwerbern gemäß den §§ 28 Abs. 2 und 29 Abs. 1 und unter Berücksichtigung des § 7 Abs. 1 BauG die Baubewilligung für das beantragte Bauvorhaben unter Vorschreibung von Auflagen (Spruchpunkt B/I). Als in raumplanungsrechtlicher Hinsicht maßgebend wurde die Bestandsregelung des § 58 Abs. 1 des (Vorarlberger) Gesetzes über die Raumplanung (im Folgenden: RPG) herangezogen.
4 Mit Eingabe vom 24. Februar 2014 beantragte der Revisionswerber die Feststellung seiner Parteistellung im vorgenannten Baubewilligungsverfahren, die Zustellung des Bescheides vom 12. Juli 2013 sowie Akteneinsicht. Gleichzeitig wendete er Lärmimmissionen aufgrund der im Projekt vorgesehenen Anzahl von Stellplätzen, durch das Öffnen und Schließen von Fahrzeugtüren, durch Personenlärm sowie die Spiegelung von Verkehrslärm ein.
5 In weiterer Folge gab die BH die Erstattung eines lärmtechnischen Gutachtens zur Frage in Auftrag, ob mit lärmmäßigen Auswirkungen auf das Grundstück des Revisionswerbers zu rechnen sei.
6 Mit Eingabe vom 5. April 2014 beantragten die Bauwerber die Bewilligung näher bezeichneter Planabweichungen vom Bauantrag vom (gemeint:) 6. Februar 2013. Mit Schreiben vom 27. Mai 2014 erhob der Revisionswerber zu diesem Baubewilligungsverfahren über die Planänderungen Einwendungen.
7 Mit Bescheid vom 30. Juni 2014 stellte die BH fest, dass dem Revisionswerber im mit Bauantrag vom 6. Februar 2013 eingeleiteten Bauverfahren gemäß § 8 AVG iVm § 2 Abs. 1 lit. k und § 26 BauG keine Parteistellung zukomme. Die mit Eingaben vom 24. Februar 2014 und vom 22. Mai 2014 erhobenen Einwendungen sowie die Verfahrensanträge auf (ergänzende) Akteneinsicht, Einräumung einer zweimonatigen Frist zur Stellungnahme und Einholung eines Privatgutachtens sowie auf Überprüfung des Bauvorhabens und auf allfällige Einstellung der Arbeiten wurden als unzulässig zurückgewiesen.
8 Mit Bescheid der BH vom 3. Juli 2014 wurde den Bauwerbern nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28. Mai 2014 unter Spruchpunkt I. gemäß den §§ 35 und 28 Abs. 2 BauG nach Maßgabe der eingereichten Plan- und Beschreibungsunterlagen vom 5. April 2014 die Bewilligung von Planabweichungen für die Änderungen zur Durchführung von Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen für private Wohnzwecke beim ehemaligen Bahnwärterwohnhaus auf dem Grundstück Nr. X, KG B., erteilt. Unter Spruchpunkt II. wurden die mit Eingabe vom 27. Mai 2014 und in der kommissionellen Verhandlung vom 28. Mai 2014 erhobenen Einwendungen und gestellten Verfahrensanträge des Revisionswerbers als unzulässig zurückgewiesen. Dieser Bescheid wurde dem Rechtsvertreter des Revisionswerbers zugestellt.
9 Der gegen den Feststellungsbescheid der BH vom 30. Juni 2014 erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers vom 4. August 2014 gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) mit dem im Verfahren Ra 2015/06/0015 angefochtenen Erkenntnis vom 26. November 2014 keine Folge, bestätigte den angefochtenen Bescheid und erklärte eine Revision für unzulässig.
10 Begründend führte das LVwG hierzu zusammengefasst aus, das Bauvorhaben umfasse den Abbruch des bestehenden Giebeldaches samt Aufstockung mit Flachdachabschluss, die thermische Sanierung, die Anbringung einer Holzschindelfassade, die Modernisierung des Gebäudeinneren an die Anforderungen heutiger Wohnbedürfnisse sowie den Abbruch und die Neuerrichtung der bestehenden Verbindungsstiege. Das Baugrundstück sei im Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Bregenz als "Freifläche/Freihaltegebiet" ausgewiesen. Zwischen dem Baugrundstück und den Liegenschaften des Revisionswerbers verlaufe die Landesstraße L 190, die im angesprochenen Bereich etwa 15 m breit sei, zwei Fahrbahnen, eine Busspur und beidseitig Gehsteige aufweise. Nach den von der Straßenbauabteilung des Amtes der Vorarlberger Landesregierung bekannt gegebenen Zähldaten für das Jahr 2012 weise die L 190 einen "DTV Mo bis So" ("durchschnittlicher Tagesverkehr aller Tage") von 22.372 Kfz (alle Kraftfahrzeuge) bzw. von 552 SV (Schwerverkehr) auf.
Es sei zunächst zu prüfen, ob der Revisionswerber Nachbar im Sinne des Baugesetzes sei. Im Hinblick auf § 4 Abs. 3 BauG sei aufgrund der Beschwerde nicht erkennbar, inwiefern Auswirkungen der in dieser Bestimmung genannten Art auf die im Miteigentum des Revisionswerbers befindliche Grundstücke möglich sein sollten. Das seit Jahrzehnten bestehende Gebäude der Bauwerber werde lediglich etwas erhöht und thermisch saniert, es komme auch nicht zum Ausheben einer Baugrube. Auch befänden sich die betreffenden Grundstücke im verbauten Gebiet, sei das Grundstück des Revisionswerbers von jenem der Bauwerber durch eine 15 m breite und stark frequentierte Landesstraße getrennt und lägen die Grundstücke des Revisionswerbers räumlich oberhalb des Grundstückes der Antragsteller.
Zu den Abstandsvorschriften der §§ 5 und 6 BauG sei auszuführen, dass angesichts der Höhe des Bauprojekts von 10,4 m und der Entfernung zur Grenze des Revisionswerbers von mehr als 15 m die Mindestabstandsflächen gemäß § 6 Abs. 1 BauG von 3 m als auch die Abstandsflächen gemäß § 5 Abs. 1 BauG von 6,24 m um ein Mehrfaches eingehalten würden und auch mit keinen Auswirkungen auf die Grundstücke des Revisionswerbers zu rechnen sei.
Bezüglich des Immissionsschutzes sehe § 18 RPG für Freiflächen keinen Immissionsschutz vor. Es komme dem Revisionswerber somit in Bezug auf die Einhaltung der Flächenwidmung "Freifläche" kein Mitsprachrecht zu. Es könne schon aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung gesagt werden, dass die Änderungen eines bestehenden Gebäudes, das schon seit Jahren als Einfamilienwohnhaus genutzt werde und, abgesehen von der thermischen Sanierung und der Fassadenerneuerung, um 2,8 m erhöht werde, und überdies auf der gegenüberliegenden Seite einer 15 m breiten Landesstraße mit einem DTV von rund 20.000 Fahrzeugen liege, keine Auswirkungen auf ein "gegenüber dieser Landesstraße liegendes Grundstück" haben könnten. Aus dem von der belangten Behörde eingeholten lärmtechnischen Amtssachverständigengutachten gehe klar hervor, dass die geplanten Erweiterungs- und Umbaumaßnahmen beim bestehenden Objekt, insbesondere der Betrieb der Parkflächen und die geänderte Fassade, keine zusätzlichen Auswirkungen an den beurteilten Schall- und Immissionspunkten verursachten. Diesem schlüssigen Gutachten, wonach die Änderungen sich unter einer ganzzahligen Veränderung bewegten, technisch irrelevant seien und es aufgrund der Fassadengestaltung eher zu einer Verbesserung der bestehenden schalltechnischen Situation komme, sei zu folgen. Auch hinsichtlich anderer Immissionen, wie Geruch, Abgase und Erschütterungen, fehlten Anhaltspunkte, dass die vorgesehenen Änderungen Auswirkungen auf die Grundstücke des Revisionswerbers haben könnten.
Weiters bestehe kein Bebauungsplan. Es könne daher festgestellt werden, dass dem Revisionswerber im gegenständlichen Bauverfahren keine Parteistellung zukomme, weil ausgeschlossen werden könne, dass dieser in subjektiven Rechten beeinträchtigt werde, die durch das Baugesetz geschützt seien.
11 Die gegen den Bescheid der BH vom 12. Juli 2013 (erster Baubewilligungsbescheid) erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das LVwG mit dem zu Ra 2015/06/0011 angefochtenen Beschluss vom 27. November 2014, die gegen den Bescheid der BH vom 3. Juli 2014 (Baubewilligungsbescheid betreffend die Planänderungen) erhobene Beschwerde des Revisionswerbers vom 5. August 2014 mit dem zu Ra 2015/06/0012 angefochtenen Beschluss vom 28. November 2014 jeweils mangels Parteistellung zurück und erklärte eine Revision jeweils für unzulässig.
12 Die Begründungen der beiden zuletzt genannten Beschlüsse sind im Wesentlichen gleichlautend mit dem - dem Verfahren Ra 2015/06/0015 zugrunde liegenden - Erkenntnis des LVwG vom 26. November 2014.
13 Gegen dieses Erkenntnis und diese Beschlüsse richten sich die vorliegenden außerordentlichen Revisionen, in denen zur Zulässigkeit jeweils zusammengefasst vorgebracht wird, die Frage "ob die Beurteilung, ob eine Belästigung das ortsübliche Ausmaß (gemeint: nach § 8 BauG) übersteigt, auch bei der Anwendung von § 58 RPG (Bestandsregelung) unter Berücksichtigung der Flächenwidmung am Standort des Bauvorhabens erfolgt oder aber auf Grundlage der Bestimmung des § 58 (der einen eigenen Immissionsschutz beinhaltet)", sei vom Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet worden.
Es sei die Frage, ob bei "widmungswidrigen Bauvorhaben im Sinne des § 58 RPG" der Immissionsschutz nach § 8 BauG oder nach § 58 RPG, oder nach beiden Bestimmungen zu prüfen sei, vom Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet worden (wird näher ausgeführt).
Auch sei die Frage, ob sich der Nachbar - gestützt auf § 8 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 lit. c BauG - auf eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung berufen könne, wenn die vorgesehene Widmung keinen Immissionsschutz enthalte, daher konkret, ob er ein Recht auf Immissionsschutz bei Bauvorhaben mit ortsunüblichem Verwendungszweck auf Freiflächen habe, in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht einheitlich entschieden worden. Auch liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur aktuellen Gesetzeslage des § 8 BauG vor (wird näher ausgeführt). Schließlich behauptet der Revisionswerber das Vorliegen von uneinheitlicher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Ausgestaltung des Immissionsschutzes bei unterschiedlichen Flächenwidmungen ("Freifläche" im Vergleich zu "Sonderfläche", sowie solche ohne Immissionsschutz).
Darüber hinaus bringt der Revisionswerber vor, es sei mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 2014, G 98/2013, die Wortfolge "soweit mit Immissionen auf seinem Grundstück zu rechnen ist" in § 26 Abs. 1 lit. c BauG aufgehoben worden, sodass die Vorschrift des § 8 BauG kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nicht mehr nur insoweit subjektivöffentliche Rechte und somit Parteistellung begründe, als mit Auswirkungen auf Nachbargrundstücke zu rechnen sei.
14 Das Verwaltungsgericht hat die Akten der Verfahren vorgelegt. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung zu allen drei Verfahren, die mitbeteiligten Parteien haben für jedes Verfahren jeweils eine (inhaltlich gleichlautende) Revisionsbeantwortung erstattet.
15 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revisionsverfahren wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.
16 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
17 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
18 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. I. Zu Ra 2015/06/0015:
19 In das mit Antrag der Bauwerber vom 6. Februar 2013 eingeleitete Bauverfahren wurde der Revisionswerber nicht einbezogen. Dem mit Schriftsatz vom 24. Februar 2014 gestellten Antrag auf Zustellung des Bewilligungsbescheides der BH vom 12. Juli 2013 kam die BH weder faktisch nach, noch erließ sie einen Bescheid betreffend die Abweisung des Antrags auf Zustellung, der vom Revisionswerber hätte bekämpft werden können. In dem letztgenannten Schriftsatz hatte der Revisionswerber unter anderem auch die Feststellung seiner Parteistellung beantragt, über welche mit Bescheid der BH vom 30. Juni 2014 negativ abgesprochen wurde.
20 Mangels Zustellung des Bewilligungsbescheides der BH vom 12. Juli 2013 bzw. Abweisung seines Antrags auf Zustellung war das rechtliche Interesse des Revisionswerbers an der Erlassung des gegenständlichen Feststellungsbescheides nach der hg. Rechtsprechung zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013 grundsätzlich weiterhin aufrecht (zum Wegfall des rechtlichen Interesses an der Erlassung eines Feststellungsbescheides betreffend die Parteistellung im Falle der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides vgl. VwGH 25.4.1996, 95/07/0216) und wurde der Feststellungsbescheid insoweit zu Recht erlassen (vgl. zu den weiteren Voraussetzungen zur Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz 73ff zu § 56 und die dort angeführte hg. Judikatur). Es kann dahin gestellt bleiben, ob bzw. unter welchen Umständen die zitierte Rechtsprechung zum Fortbestehen eines Anspruches auf Erlassung eines Feststellungsbescheides im Falle der Nichterledigung eines Zustellersuchens im Hinblick auf die Rechtsprechung zu § 7 Abs. 3 VwGVG, wonach auch im Fall einer strittigen Parteistellung ein Bescheid, von dem die übergangene Partei Kenntnis erlangt hat, mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht bekämpft werden kann (vgl. VwGH 30.3.2017, Ro 2015/03/0036, sowie daran anschließend etwa VwGH 21.6.2017, Ro 2016/03/0002), insoweit nicht mehr anwendbar ist, als etwa aus dem Vorliegen der Möglichkeit, den Bescheid zu bekämpfen, zu folgern wäre, dass ein gesondertes Verfahren zur Feststellung der Parteistellung unzulässig wäre. Im Revisionsfall wird nämlich, wie im Folgenden dargelegt wird, keine grundsätzliche Rechtsfrage, die für die Entscheidung des Falles präjudiziell ist, aufgezeigt. Gleichermaßen ist es im vorliegenden Verfahren nicht relevant, ob etwa der Anspruch auf Erlassung eines Feststellungsbescheides jedenfalls in jenem Zeitpunkt wegfällt, in dem die (übergangene) Partei von ihrem Recht nach § 7 Abs. 3 VwGVG auch tatsächlich Gebrauch macht (was im Revisionsfall mit der Beschwerde vom 5. August 2014 hinsichtlich des ersten Bewilligungsbescheides erfolgt ist).
21 Mit dem Hinweis auf die (in der Rechtsprechung noch nicht beantwortete) Frage, welche konkreten subjektiven Rechte ein Nachbar in einem Bauverfahren, in dem - wie vorliegend - § 58 RPG zur Anwendung kommen muss, hat bzw. welche Auswirkungen das in der Revision genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes auf die subjektiven Rechte von Nachbarn hat, weist die Revision nämlich nicht auf eine Rechtsfrage hin, die im zugrunde liegenden Verfahren streitentscheidend ist.
22 "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem LVwG ist - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs - nämlich nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. VwGH 16.11.2015, Ra 2015/12/0026, mwN). Gegenstand des Verfahrens vor dem LVwG war demnach allein die Frage der Parteistellung des Revisionswerbers im zugrunde liegenden Bauverfahren, also die Frage, ob der Revisionswerber überhaupt Parteistellung habe. Ob subjektive Rechte einer Partei bei Erteilung der beantragten Bewilligung verletzt würden (also ob die Bewilligung grundsätzlich erteilt werden kann oder unter welchen Auflagen eine Erteilung in Frage kommt), ist Frage der inhaltlichen Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrags.
23 Gemäß § 2 Abs. 1 lit. k BauG, LGBl. Nr. 52/2001, in der im vorliegenden Revisionsfall anwendbaren Fassung LGBl. Nr. 22/2014, ist Nachbar der Eigentümer eines fremden Grundstückes, das zu einem Baugrundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis steht, dass mit Auswirkungen des geplanten Bauwerkes, der geplanten sonstigen Anlage oder deren vorgesehener Benützung, gegen welche die Bestimmungen dieses Gesetzes einen Schutz gewähren, zu rechnen ist. In § 26 Abs. 1 lit. a bis d leg. cit. werden die Nachbarrechte im Verfahren über den Bauantrag taxativ aufgezählt (vgl. etwa VwGH 22.12.2015, 2013/06/0239, mwN).
24 Die Definition des Nachbarn in § 2 Abs. 1 lit. k BauG stellt nicht auf eine bestimmte Entfernung des fremden Grundstückes zum Baugrundstück ab, sondern auf ein nicht durch exakte Längenangabe bestimmtes räumliches Naheverhältnis (vgl. VwGH 27.3.2007, 2006/06/0139). Die Parteistellung von Grundeigentümern im Nahebereich einer beantragten Anlage hängt daher davon ab, in welchem Bereich mit jenen Auswirkungen des geplanten Bauwerkes, gegen welche die Bestimmungen dieses Gesetzes einen Schutz gewähren, "zu rechnen ist". Entsprechend der im BauG gewählten Rechtstechnik kommt es somit auf jene Auswirkungen an, auf die sich die in § 26 Abs. 1 lit. a bis d leg. cit. genannten Nachbarrechte beziehen.
25 Bei der Prüfung, ob dem Revisionswerber im Bauverfahren der Bauwerber Parteistellung zukam, ist daher (allein) ausschlaggebend, ob auf den Revisionswerber die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. k BauG zutreffen. Bei der Beurteilung der Parteistellung kommt es nur auf die Möglichkeit der Beeinträchtigung in einem der in § 26 Abs. 1 lit. a bis d BauG genannten Rechte an (vgl. dazu neuerlich VwGH 22.12.2015, 2013/06/0239, mwN, sowie die Regierungsvorlage, 45. Beilage im Jahre 2001 zu den Sitzungsberichten des XXVII. Vorarlberger Landtages zu § 2 Abs. 1 lit. k des Baugesetzes, LGBl. Nr. 52/2001). Ob sich tatsächlich mit dem Gesetz nicht zu vereinbarende Auswirkungen ergeben, ist im Verfahren unter Beteiligung der betroffenen Partei zu klären (vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger , aaO, Rn 124, und VwGH 14.2.1978, 1518/77, VwSlg. 9485 A).
26 Mit seinen Ausführungen in der allein maßgeblichen Zulassungsbegründung (vgl. hierzu aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 10.2.2015, Ra 2015/02/0016, mwN) macht der Revisionswerber Fragen dahingehend geltend, nach welcher Bestimmung bzw. welchen Bestimmungen der Immissionsschutz eines Nachbarn im vorliegenden Fall zu prüfen wäre, sowie Fragen nach der inhaltlichen Ausgestaltung eines solchen Schutzes. Dies betrifft jedoch Fragen zu den im konkreten Fall anzuwendenden Rechtsvorschriften und ihrer Auslegung. Diese sind für die Beantwortung der Frage, ob dem Revisionswerber Parteistellung zukam, nicht ausschlaggebend.
27 Ob eine Person als Betroffener durch eine allfällige Entscheidung der Behörde tatsächlich in einem subjektiven Recht verletzt ist, ist Gegenstand des Verfahrens, und für die Parteistellung nicht relevant (vgl. Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6, S. 79). Die Beantwortung der Frage, ob die Parteistellung als Nachbar gemäß § 2 Abs. 1 lit. k BauG gegeben ist, setzt keine konkrete Prüfung dahingehend voraus, nach welcher Bestimmung der Immissionsschutz im konkreten Fall gewährleistet ist.
28 Die Entscheidung über die Revision hängt somit nicht von der Lösung der für die Zulässigkeit ins Treffen geführten Rechtsfrage ab (vgl. hierzu etwa VwGH 20.5.2015, Ra 2014/09/0033).
29 Soweit der Revisionswerber auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 2014, G 98/2013-6, hinweist, ist ihm entgegenzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof in der aufgehobenen Wortfolge eine mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbare Beschränkung des subjektiven Nachbarrechtes auf Einhaltung des durch § 8 BauG geregelten Immissionsschutzes auf die Geltendmachung solcher Immissionen, mit denen auf einem Nachbargrundstück zu rechnen ist, sah. Aufgrund der aufgehobenen Wortfolge konnten solche Immissionen, die vom bereits bebauten Nachbargrundstück auf das Baugrundstück einwirken und die zur Vorschreibung nachträglicher gewerberechtlicher Auflagen für das Nachbargrundstück führen können, nicht geltend gemacht werden (vgl. zur Thematik der heranrückenden Wohnbebauung ausführlich Hauer , Der Nachbar im Baurecht6, S. 41 ff, sowie zur Position des VwGH Hauer , aaO, S. 341ff und die darin zitierte Judikatur). Auch dieses Vorbringen betrifft die inhaltliche Ausgestaltung der Rechtsposition eines Nachbarn und zeigt nicht auf, inwieweit die nach der Aufhebung der vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig qualifizierten Wortfolge verbleibende Rechtslage eine ausschlaggebende Bedeutung für die Beurteilung, ob dem Revisionswerber Parteistellung zukam, hätte.
30 Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aufgrund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG aber nicht berufen (vgl. zuletzt etwa VwGH 23.1.2018, Ra 2018/05/0003, mwN).
31 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.
32 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden. II. Zu Ra 2015/06/0011 und Ra 2015/06/0012:
33 Die Ausführungen zur Zulässigkeit in diesen beiden Revisionsfällen sind gleichlautend mit jenen in der unter I. behandelten Revision. Es kann daher auf die Begründung unter I. verwiesen werden. Auch in den gegenständlichen Revisionsfällen (betreffend das Baubewilligungsverfahren sowie das Verfahren über die Planänderungen), in denen das LVwG die Beschwerden jeweils wegen mangelnder Parteistellung zurückwies, wird damit keine für die Begründung der Zurückweisung relevante Fragestellung aufgezeigt.
34 Auch in diesen Revisionen werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher jeweils gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.
35 Von der Durchführung der jeweils beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
36 Die Aussprüche über den Aufwandersatz gründen sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 und § 49 Abs. 6 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
37 Werden im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof über mehrere Revisionen, deren Verfahren dann miteinander verbunden werden, von der belangten Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG) inhaltlich gleichlautende Revisionsbeantwortungen vorgelegt, so sind diese Revisionsbeantwortungen auch bei der Berechnung des Aufwandersatzes getrennt zu behandeln (vgl. VwGH 27.4.2017, Ro 2016/02/0020, mwN). Diese Rechtsprechung ist auch auf eine solche Vorgangsweise durch Mitbeteiligte (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 4 VwGG) übertragbar. Dem Rechtsträger der belangten Behörde war jedoch vor dem Hintergrund, dass diese lediglich eine einzige Revisionsbeantwortung (auf alle drei Verfahren bezogen) eingebracht hat, Schriftsatzaufwand nur einmal zuzusprechen.
Wien, am 27. März 2018