Spruch
W209 2305115-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Vorsitzenden sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Gabriele STRAßEGGER und den fachkundigen Laienrichter Peter STATTMANN als Beisitzende über die Beschwerde von XXXX , gegen die Bescheide des Arbeitsmarktservice Wien Hauffgasse vom 05.06.2024 betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für (1.) fünf Tage ab 21.05.2024 sowie (2.) 37 Tage ab 26.05.2024 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.05.2025 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdeführerin hat gemäß § 10 iVm § 38 AlVG ihren Anspruch auf Notstandshilfe für sechs Wochen ab dem 21.05.2024, sohin bis zum 01.07.2024, verloren. Nachsicht gemäß § 10 Abs. 3 AlVG wird nicht erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheiden jeweils vom 05.06.2024 sprach das Arbeitsmarkservice (im Folgenden: belangte Behörde, AMS) aus, dass die Beschwerdeführerin gemäß § 38 iVm § 10 AlVG den Anspruch auf Notstandshilfe für (1.) fünf Tage ab 21.05.2024 sowie (2.) 37 Tage ab 26.05.2024 verloren habe. Das angeführte Ausmaß verlängere sich um die in ihm liegenden Zeiträume, des Krankengeldbezugs und werde die Ausschlussfrist unterbrochen, sofern aus einem anderen Grund als wegen eines Ausschlusses gemäß §§ 10 oder 49 AlVG kein Leistungsanspruch bestehe. Während des Ausschlusses würden alle gegenüber dem AMS bestehenden Verpflichtungen weiterhin gelten. Begründend wurde in beiden Bescheiden im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe eine zugewiesene zumutbare Beschäftigung beim Unternehmen XXXX vereitelt. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen lägen nicht vor bzw. könnten nicht berücksichtigt werden. Aufgrund des innerhalb der Ausschlussfrist erreichten Ende des Leistungsanspruchs werde über die Ausschlussfrist in zwei Bescheiden abgesprochen.
2. Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde, worin sie zusammengefasst vorbrachte, dass sie den Anruf nicht mitbekommen und weder eine E-Mail noch eine Sprachnachricht erhalten habe. Sie bewerbe sich laufend auf zahlreiche Stellen und sehe nicht ein, dass sie aufgrund eines übersehenen Anrufs „gesperrt“ werde.
3. Die belangte Behörde sah von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ab und legte die Beschwerde unter Anschluss der Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht direkt zur Entscheidung vor. In einer beiliegenden Stellungnahme wurde insbesondere ausgeführt, dass die Beschwerde vor dem Hintergrund der glaubwürdigen Angaben des potentiellen Dienstgebers aus Sicht der Behörde abzuweisen sei.
4. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 05.05.2025 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Beschwerdeführerin sowie einer Vertreterin der belangten Behörde durch, worin die Beschwerdeführerin sowie der potentielle Dienstgeber XXXX als Zeuge (per ZOOM) eingehend zum Sachverhalt befragt wurden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin war zuletzt im Zeitraum von 29.09.2015 bis 16.04.2016 vollversichert beschäftigt. Im Anschluss daran bezog sie Arbeitslosengeld und ab 04.09.2016 mit teils längeren Unterbrechungen – u.a. aufgrund der Geburt und der folgenden Betreuung ihrer beiden Kinder – Notstandshilfe. Seit 03.02.2025 geht die Beschwerdeführerin wieder einer vollversicherten Beschäftigung nach.
In der Betreuungsvereinbarung vom 16.02.2024 wurde vereinbart, dass die belangte Behörde die Beschwerdeführerin bei der Suche u.a. nach einer Stelle als Bekleidungsverkäuferin bzw. Bürokauffrau und anderen gesetzlich zumutbaren Stellen inklusive Hilfstätigkeiten unterstütze. Eine öffentliche Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes müsse gegeben sein. Weiters wurde festgehalten, dass für die vereinbarte Arbeitszeit von 07:30 bis 16:30 Uhr die Betreuungspflichten geregelt seien.
Am 08.05.2024 wurde der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde der verfahrensgegenständliche Vermittlungsvorschlag mit der Aufforderung übermittelt, sich sofort und wie im Inserat beschrieben zu bewerben. Angeboten wurde eine Stelle als „Bekleidungsverkäufer/in“ in einer Filiale der XXXX Wien im Ausmaß von 15 bis 38,5 Stunden. Es wurde ersucht, schriftliche Bewerbungsunterlagen („inkl. Lebenslauf, Foto und vorhandene Dienstzeugnisse“) vorzugsweise per E-Mail zu übermitteln.
Die Beschwerdeführerin bewarb sich für die zugewiesene Stelle, indem sie eine E-Mail mit dem Betreff „Bewerbung“ und dem Anhang „Lebenslauf ams.docx“ an die im Vermittlungsvorschlag bezeichnete Adresse schickte, die jedoch weder Begleittext noch die geforderten Dienstzeugnisse erhielt.
Bereits dadurch verminderte die Beschwerdeführerin die Erfolgschancen ihrer Bewerbung, wobei sie auch bewusst in Kauf nahm, dass eine unzureichende Bewerbungsform ihre Aussichten auf Einstellung zumindest schmälern würde.
In der Folge wurde die Beschwerdeführerin vom potentiellen Dienstgeber zweimal am 10.05.2024 und ein weiteres Mal am 17.05.2024 angerufen, war jedoch nicht erreichbar und meldete sich nicht zurück. Auch reagierte die Beschwerdeführerin nicht auf eine E-Mail des potentiellen Dienstgebers vom 10.05.2024 mit der Bitte um Rückruf, welche an die von der Beschwerdeführerin sowohl bei der Übermittlung ihrer Bewerbung als auch gegenüber der belangten Behörde verwendete E-Mail-Adresse gesendet worden war.
Indem die Beschwerdeführerin diese Kontaktversuche unbeantwortet ließ, nahm sie bewusst in Kauf, dass die zugewiesene Beschäftigung nicht zustande kommen würde.
Am 21.05.2024 meldete der potentielle Dienstgeber dem AMS zurück, dass die Beschwerdeführerin nicht erreichbar gewesen sei.
Erst nach Aufnahme der Niederschrift gemäß § 10 AlVG bei der belangten Behörde am 28.05.2024 meldete die Beschwerdeführerin sich telefonisch beim potentiellen Dienstgeber. Zu diesem Zeitpunkt war die Stelle jedoch bereits besetzt worden.
Im Zeitraum von sechs Wochen nach dem 21.05.2024 liegt kein Krankengeldbezug der Beschwerdeführerin vor.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt sowie Einvernahme der Beschwerdeführerin sowie des potentiellen Dienstgebers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 05.05.2025.
Die Feststellungen zur letzten bzw. aktuellen vollversicherten Beschäftigung, dem Leistungsbezug, dem Nichtbestehen eines Krankengeldbezugs, der Betreuungsvereinbarung und dem gegenständlichen Vermittlungsvorschlag ergeben sich unstrittig aus dem Akteninhalt sowie dem vom Bundesverwaltungsgericht ergänzend eingeholten aktuellen Versicherungsdatenauszug des Dachverbands der Sozialversicherungsträger.
Zeitpunkt und Form der Bewerbung via E-Mail vom 09.05.2025 sind aus dem im Akt einliegenden Screenshot ersichtlich. Der einvernommene Zeuge gab diesbezüglich an, dass die wortlose Übermittlung des Lebenslaufs Desinteresse vermittelt hätte und die Beschwerdeführerin lediglich dann eingestellt worden wäre, wenn sie am Telefon überzeugend geklungen hätte. Daraus ist zu schließen, dass aus Sicht des potentiellen Dienstgebers eine Einstellung der Beschwerdeführerin zwar noch nicht von vornherein ausgeschlossen war, die Bewerbungsform jedoch bereits die Erfolgschancen der Beschwerdeführerin deutlich minderte.
Die Beschwerdeführerin reagierte in der Verhandlung auf Fragen betreffend die mangelhafte Ausgestaltung der Bewerbung zunächst ausweichend. Zum Fehlen von Dienstzeugnissen gab sie an, die entsprechende Vorgabe im Vermittlungsvorschlag überlesen zu haben. Sie habe sich auf die gegenständliche Stelle „schnell beworben“. Obwohl sie normalerweise ein Bewerbungsschreiben verfasse, habe sie es dieses Mal nicht getan. Zudem habe die Beschwerdeführerin sich nach eigenen Angaben in ihrer Beschwerde „täglich“ mit „bis zu 60 Bewerbungen an einem Tag“ beworben.
Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin sich im Wissen um die Bedeutung einer aussagekräftigen und vollständigen Bewerbung auf die gegenständliche Stelle in einer unzureichenden Form beworben hat. Es ist auch kein plausibler Grund ersichtlich, warum die Beschwerdeführerin als offenbar routinierte Bewerberin sich einerseits unzureichend mit den Bewerbungsvorgaben laut Inserat auseinandergesetzt und andererseits eine selbst hinter ihren selbst behaupteten Bewerbungsstandards zurückbleibende Bewerbung übermittelt hat. Für die in der mündlichen Verhandlung geäußerte vage Mutmaßung, dass es sich um eine Stelle gehandelt haben müsse, „wo es schon sehr knapp war, sich zu bewerben“, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Im Gegenteil wies der Vermittlungsvorschlag die übliche Aufforderung auf, sich „sofort und wie im Inserat beschrieben“ zu bewerben.
Für das erkennende Gericht steht sohin fest, dass die Beschwerdeführerin bereits mit der kommentarlosen Übermittlung ihres Lebenslaufs bewusst in Kauf nahm, aufgrund einer unzureichenden Bewerbungsform nicht eingestellt zu werden.
Aufgrund der Aktenlage in Zusammenschau mit der Beweisaufnahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 05.05.2025 ist für das erkennende Gericht weiters erwiesen, dass die Beschwerdeführerin auf die Kontaktversuche des potentiellen Dienstgebers bewusst nicht reagierte:
Laut Aktenvermerk vom 21.05.2024 meldete der potentielle Dienstgeber zurück, die Beschwerdeführerin dreimal vergebens angerufen zu haben. Zudem übermittelte dieser eine von ihm am 10.05.2024 gesendete E-Mail an die Beschwerdeführerin, worin er diese um einen Rückruf ersuchte. Aus dem Vergleich mit der ebenfalls im Akt einliegenden Bewerbungs-E-Mail der Beschwerdeführerin sowie dem Notstandshilfe-Antrag vom 16.05.2024 ist ersichtlich, dass es sich um die von der Beschwerdeführerin genutzte Adresse gehandelt hat.
In seiner zeugenschaftlichen Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht bestätigte der Vertreter des potentiellen Dienstgebers seine bisherigen Angaben mit völliger Gewissheit und führte aus, dass es sich dabei um seine übliche Vorgangsweise gehandelt habe. Anhaltspunkte für Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen wurden weder von der Beschwerdeführerin aufgeworfen noch haben sich solche ergeben.
Die Beschwerdeführerin bestritt in der mündlichen Verhandlung, Telefonanrufe bzw. eine E-Mail des potentiellen Dienstgebers erhalten zu haben. Sie habe sogar im Spam-Ordner nachgesehen.
Auffallend ist, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde noch von einem „Übersehen“ spricht und lediglich (hypothetisch) angibt, ihr Handy hätte kaputt gewesen sein können, während sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstmals mit Bestimmtheit davon sprach, dass ihr Handy im damaligen Zeitpunkt kaputt gewesen sei und nur fallweise funktioniert habe. Zudem erscheint auch nicht plausibel, dass von diesem Defekt ausgerechnet sämtliche drei Anrufe des potentiellen Dienstgebers betroffen gewesen sein sollen, während aus dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Einzelgesprächsnachweis aus Mai 2024 unzweifelhaft ersichtlich ist, dass vom Telefon der Beschwerdeführerin aus am 10.05.2024 vier und am 17.05.2024 acht Anrufe getätigt wurden.
Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin bereits am 10.05.2024 zusätzlich per E-Mail um einen Rückruf ersucht wurde. Es ist alles andere als lebensnah, dass im Abstand von nur einer Woche sämtliche vier Kontaktversuche über zwei verschiedene Kommunikationswege aufgrund eines unerklärlichen fallweisen technischen Gebrechens scheitern.
Vor dem Hintergrund der Möglichkeit, dass Einträge aus der Anrufliste gelöscht werden können, und des insgesamt nicht nachvollziehbaren Vorbringens der Beschwerdeführerin ist der Umstand, dass entsprechende Einträge in der Anrufliste der Beschwerdeführerin nicht (mehr) aufscheinen mögen, für sich nicht ausreichend, um die Angaben der Beschwerdeführerin zu plausibilisieren.
Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht für das erkennende Gericht sohin fest, dass die Beschwerdeführerin bewusst auf die Kontaktversuche des potentiellen Dienstgebers nicht reagiert hat und damit in Kauf nahm, dass ihre Bewerbung ohne Erfolg bleiben würde.
Aus den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben der Beschwerdeführerin und des Zeugen ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin den potentiellen Dienstgeber nachträglich telefonisch kontaktierte, die Stelle zwischenzeitlich jedoch bereits besetzt war.
3. Rechtliche Beurteilung:
§ 56 Abs. 2 AlVG normiert, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat zu entscheiden hat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören. Gegenständlich liegt daher Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (u.a.) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte, zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Eine solche Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet und angemessen entlohnt ist; als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung (§ 9 Abs. 2 leg. cit.).
Nach § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG verliert eine arbeitslose Person, die sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 leg. cit. um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft.
Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, die arbeitslos gewordene versicherte Person, die trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine zumutbare Beschäftigung einzugliedern und sie so in die Lage zu versetzen, ihren Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. VwGH, 23.02.2005, 2003/08/0039).
Zur Zuweisungstauglichkeit der Beschäftigung
Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG wird nur verwirklicht, wenn es sich bei der in Frage kommenden Beschäftigung um eine zumutbare und damit für die Zuweisung geeignete Beschäftigung handelt. Grundvoraussetzung für die Zuweisungstauglichkeit einer Beschäftigung ist, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten der arbeitslosen Person jenen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen, die an der zugewiesenen Arbeitsstelle verlangt werden. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kann eine arbeitslose Person vom Arbeitsmarktservice zu einer Beschäftigung zugewiesen werden, sofern diese nicht evident unzumutbar ist bzw. das Arbeitsmarktservice nicht von vornherein (etwa auf Grund eines diesbezüglichen Einwands der arbeitslosen Person) Kenntnis von einem die Unzumutbarkeit begründenden Umstand hat. Es liegt dann an der arbeitslosen Person, beim Vorstellungsgespräch mit dem potenziellen Dienstgeber die näheren Bedingungen der bekannt gegebenen Beschäftigungsmöglichkeit zu erörtern (vgl. VwGH 02.11.2022, Ra 2021/08/0133).
Nur wenn die arbeitslose Person die Zumutbarkeit einer zugewiesenen Arbeitsstelle gegenüber dem Arbeitsmarktservice ganz konkret bestreitet (oder die Zumutbarkeit aus anderen Gründen nicht ohne nähere Ermittlungen angenommen werden kann), hat sich das Arbeitsmarktservice mit dieser Frage in der Begründung des Bescheides auseinanderzusetzen. Das Arbeitsmarktservice hat dann – erforderlichenfalls – darzutun, welche Anforderungen mit der zugewiesenen Beschäftigung verbunden sind und ob die arbeitslose Person nach ihren geistigen und körperlichen Fähigkeiten diesen Anforderungen genügt (vgl. VwGH 25.06.2013, 2012/08/0215).
Eine evidente Unzumutbarkeit ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich und wurde die Zumutbarkeit auch von der Beschwerdeführerin selbst nicht bestritten.
Zum Vorliegen einer Vereitelungshandlung
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichteten (und daher unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handels der arbeitslosen Person, andererseits aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann von der arbeitslosen Person– abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen – somit auf zwei Wege verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wege, vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass sie ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassung der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass sie den Erfolg ihrer (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach der allgemeinen Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung abzubringen, zunichte macht (vgl. VwGH 26.10.2010, 2008/08/0017 und 2008/08/0244 sowie jüngst VwGH 29.01.2014, 2013/08/0265).
Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Es ist dabei nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (vgl. VwGH 25.06.2013, 2011/08/0082).
Ist die Kausalität im Verhalten der vermittelten Person und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob sie vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt (vgl. VwGH 11.09.2008, 2007/08/0111, mwN).
Im Unterlassen jeglicher Bewerbungsschritte durch eine vermittelte Person ist in Bezug auf eine zugewiesene Beschäftigung jedenfalls eine Vereitelungshandlung im Sinn des § 10 Abs. 1 AlVG zu erkennen (vgl. VwGH 22.02.2012, 2009/08/0112). Die vermittelte Person nimmt dabei – umso mehr, wenn sie bereits seit längerer Zeit Leistungen der Arbeitslosenversicherung bezieht – offenkundig bewusst in Kauf, dass ihr passives Verhalten nach allgemeiner Erfahrung zwangsläufig dazu führt, dass ein Beschäftigungsverhältnis nicht zustande kommt (vgl. in dem Sinn etwa VwGH 20.10.2010, 2008/08/0244; 15.10.2014, 2013/08/0248).
Wie sich aus den Feststellungen und der zugehörigen Beweiswürdigung ergibt, hat die Beschwerdeführerin zwar zunächst ihren Lebenslauf übermittelt, war in der Folge jedoch für den potentiellen Dienstgeber telefonisch nicht erreichbar bzw. hat sie diesen auch nicht umgehend zurückgerufen. Da infolgedessen eine Berücksichtigung der Bewerbung und in weiterer Folge das Zustandekommen der zugewiesenen Beschäftigung ausgeschlossen war, war das Verhalten der Beschwerdeführerin zweifellos kausal. Dieses Ergebnis nahm die Beschwerdeführerin dabei auch bewusst in Kauf.
Im Ergebnis hat die Beschwerdeführerin die Annahme einer zugewiesenen, zumutbaren Beschäftigung iSd § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG vereitelt, wobei zumindest bedingter Vorsatz in Hinblick auf die Vereitelung anzunehmen ist.
Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass eine Vereitelung iSd § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG selbst dann zu bejahen wäre, würde man das Vorbringen der Beschwerdeführerin zum Nichterhalt der Anrufe bzw. der E-Mail als wahr unterstellen:
Eine Vereitelung des Zustandekommens einer Beschäftigung kann nämlich auch dadurch erfolgen, dass die arbeitslose Person die im Stellenangebot geforderte Form der Bewerbung nicht einhält (vgl. VwGH 27.8.2019, Ra 2019/08/0065, mwN).
Den Feststellungen folgend hat die Beschwerdeführerin bereits mit der kommentarlosen Übermittlung (bloß) ihres Lebenslaufs anstelle der geforderten schriftlichen Bewerbungsunterlagen inklusive Dienstzeugnisse ihre Chancen auf das Zustandekommen der Beschäftigung deutlich vermindert, wie auch der potentielle Dienstgeber selbst bestätigte. Dies war der Beschwerdeführerin selbst bewusst und wurde von ihr in Kauf genommen, sodass sie schon bereits dadurch den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG verwirklicht hat.
Zur Nachsichtgewährung
Der Verlust des Anspruches ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie z.B. bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen (§ 10 Abs. 3 AlVG).
Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG liegen nicht vor: Zwar hat die Beschwerdeführerin in der Zwischenzeit eine neue die Arbeitslosigkeit ausschließende Beschäftigung aufgenommen, doch erfolgte die Arbeitsaufnahme in keiner zeitlichen Nähe zur Vereitelungshandlung und vermochte deren negative Konsequenzen für die Versichertengemeinschaft sohin nicht mehr auszugleichen (vgl. VwGH 01.12.2017, Ra 2015/08/0176).
Zur Neufassung des Spruchs
Im Spruch der angefochtenen Bescheide stellte die belangte Behörde (zusätzlich) folgendes fest:
„Das angeführte Ausmaß verlängert sich um die in ihm liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wird. Die Ausschlussfrist wird unterbrochen, sofern aus einem anderen Grund als wegen eines Ausschlusses gemäß §§ 10 oder 49 AlVG kein Leistungsanspruch besteht. Während eines Ausschlusses gemäß § 10 AlVG gelten weiterhin alle gegenüber dem Arbeitsmarktservice bestehenden Verpflichtungen (Verfügbarkeit, Arbeitswilligkeit, Meldepflichten etc.).“
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 29.04.2025, Ra 2024/08/0116-8, klargestellt, dass der Anspruchsverlust nach § 10 AlVG ex lege eintritt und mit dem aus Rechtsschutzgründen und im Hinblick auf eine mögliche Nachsicht nach § 10 Abs. 3 AlVG jedenfalls zu erlassenden Bescheid (nur) festzustellen ist. Dabei genügt es, im Bescheid das Datum des Beginns sowie die in Wochen oder Tagen bemessene Dauer des Anspruchsverlusts festzuhalten. Das Enddatum kann auf dieser Basis berechnet werden, ohne dass es dafür eines eigenen bescheidmäßigen Ausspruchs bedürfte. Nur in Fällen, in denen ein etwaiger Verlängerungszeitraum strittig ist, wäre darüber feststellend abzusprechen. Für die vom AMS vertretene Ansicht, dass sich die Zeiten des Anspruchsverlusts nicht nur um Zeiträume, während deren Krankengeld bezogen wurde, verlängern, sondern auch um sonstige Zeiträume, in denen unabhängig von einer Sanktion nach § 10 AlVG kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe auszuzahlen wäre, ist keine gesetzliche Grundlage zu sehen. Im Gegenteil folgt aus der explizit vorgesehenen Verlängerung für Zeiten des Krankengeldbezugs im Umkehrschluss, dass sonstige bezugsfreie Zeiten nichts am Endzeitpunkt des Anspruchsverlusts ändern (Rz. 13 ff.).
Im Ergebnis war die Beschwerde zwar abzuweisen, der Spruch jedoch im Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes neu zu fassen, sodass an die Stelle des jeweiligen Spruchs der bekämpften Bescheide die (einheitliche) Feststellung des Verlusts des Anspruchs auf Notstandshilfe ab 21.05.2024 tritt (vgl. VwGH 09.09.2015, Ro 2015/03/0032).
Da nunmehr bereits feststeht, dass die Beschwerdeführerin innerhalb des Sanktionszeitraums von sechs Wochen kein Krankengeld bezogen hat, konnte auch das Enddatum des Anspruchsverlusts im Spruch festgestellt werden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die vorliegende Entscheidung stützt sich auf die oben zitierte eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Bestimmungen des §§ 9 und 10 AlVG.