Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl 1.) vom 19.04.2024, Zahl 790498906/240126928 und 2.) vom 08.08.2024, Zahl 790498906/240126928
A)
zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird als unbegründet abgewiesen.
beschlossen:
II. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 19.04.2024 wird als verspätet zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein russischer Staatsangehöriger, reiste erstmalig im August 2006 über Polen kommend in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 25.08.2006 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er an aus der Russischen Föderation zu stammen und muslimischen Glaubens (Sunnit) zu sein sowie der tschetschenischen Volksgruppe anzugehören. Als Fluchtgrund nannte der Beschwerdeführer bei seiner Erstbefragung lediglich, dass er Angst habe in seinem Heimatland getötet zu werden.
Mit Bescheid vom 17.10.2006 wies das (damalige) Bundesasylamt diesen ersten Antrag auf internationalen Schutz unter Hinweis auf die Zuständigkeit Polens als unzulässig zurück. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer nach Polen ausgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Polen für zulässig erklärt. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des (damaligen) Unabhängigen Bundesasylsenates abgewiesen und der Beschwerdeführer am 11.12.2006 nach Polen abgeschoben.
Am 27.04.2009 stellte der Beschwerdeführer nach Wiedereinreise in Österreich einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, wobei er seinen im Erstverfahren genannten Fluchtgrund aufrechthielt und des Weiteren angab, in Tschetschenien Probleme zu haben. Dieses Asylverfahren wurde folglich am 22.09.2009 eingestellt, da der Beschwerdeführer einer Ladung des Bundesamtes nicht Folge leistete und sich dem Verfahren durch Untertauchen entzog.
Im Dezember 2019 gelangte der Beschwerdeführer neuerlich in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 22.12.2019 einen dritten Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der Erstbefragung am selben Tag gab er an, dass er sich im Zeitraum April 2009 bis Dezember 2019 in Polen aufgehalten habe, wo er ursprünglich um Asyl angesucht hätte. Dieser Asylantrag sei abgelehnt worden. Aufgrund seiner Heirat mit einer polnischen Staatsbürgerin habe er folglich jedoch einen Aufenthaltstitel als Angehöriger bekommen.
In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 05.02.2020 im Hinblick auf die Feststellung der Zuständigkeit für ein Asylverfahren führte der Beschwerdeführer zu seinem Gesundheitszustand aus, dass es ihm gut gehe und er sich nicht in medizinischer Behandlung befinde. Sein Asylantrag in Polen sei 2011 negativ beschieden worden. Reisepass und Inlandspass habe er in Polen verloren.
Ein von Österreich (neuerlich) eingeleitetes Konsultationsverfahren mit Polen verlief folglich negativ und wurde das Asylverfahren in Österreich zugelassen.
Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vom 18.08.2020 gab der Beschwerdeführer gegenüber dem BFA neuerlich an keine identitätsbezeugenden Dokumente zu besitzen und seit kurzem an Asthma zu leiden, weshalb er in Polen auch einen Inhalator gehabt habe. Ansonsten sei er gesund und brauche keine Medikamente. Den jetzigen Asylantrag habe er deshalb gestellt, weil zwar der Krieg, der zum Zeitpunkt seiner Flucht im Jahr 2006 geherrscht habe, beendet sei, aber nach wie vor Willkür herrsche. Trinke man ein Bier werde man misshandelt und könne sogar Knochenbrüche erleiden. Junge Leute würden aus verschiedenen Gründen oft im Gefängnis sitzen. Hinsichtlich Rückkehrer aus Europa werde oft ein Grund gesucht, um diese zusammenzuschlagen, weil man so zu Geld kommen wolle. Zu seinen Befürchtungen hinsichtlich einer Rückkehr in sein Heimatland befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht genau wisse was passieren würde.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.10.2020 sowohl bezüglich des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Weiters wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Für die freiwillige Ausreise wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX abgewiesen.
Der Beschwerdeführer verblieb im Bundesgebiet und stellte am 01.06.2022 einen vierten Antrag auf internationalen Schutz.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.06.2022 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Weiters bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise und wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX abgewiesen.
Der Beschwerdeführer verblieb weiter im Bundesgebiet und stellte am 14.09.2022 einen fünften Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2022 wurde dieser Antrag hinsichtlich des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX abgewiesen.
Der Beschwerdeführer verblieb weiter im Bundesgebiet und stellte am 22.01.2024 den gegenständlichen, sechsten Antrag auf internationalen Schutz.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.04.2024 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.).
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 26.04.2024 durch persönliche Ausfolgung ordnungsgemäß zugestellt.
Am 24.05.2024 stellte der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob gleichzeitig gegen den rechtswirksam zugestellten Bescheid vom 19.04.2024 vollumfänglich Beschwerde.
Darin wird betreffend den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei der Bescheid am 26.04.2024 ordnungsgemäß zugestellt worden. Daraufhin sei der Beschwerdeführer mehrmals von der BBU Rechtsberatung kontaktiert und aufgefordert worden, zur Vergabe eines Termins zur Bescheidberatung zu erscheinen. Dies sei ihm jedoch aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht möglich gewesen, sodass er erst am Freitag, 10.05.2024, die BBU aufgesucht habe. Diese habe dann das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl kontaktiert, um das Zustelldatum zu ermitteln. Eine Referentin des Bundesamtes habe telefonisch die Auskunft erteilt, dass die Beschwerdefrist am Montag (13.05.2024 Anm.) ende. Folglich sei dem Beschwerdeführer ein Termin zur Bescheidberatung für den 13.05.2024 gegeben worden. Erst nach dieser Beratung habe sich bei Erhalt des Zustellnachweises herausgestellt, dass der Bescheid bereits am 26.04.2024 zugestellt worden sei und die zweiwöchige Beschwerdefrist somit am 10.05.2024 geendet habe.
Weder den Beschwerdeführer noch die BBU – mangels damaligen Vertretungsverhältnisses - treffe einen über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden, so habe sich der Beschwerdeführer noch am letzten Tag der Frist an die BBU zur Erhebung einer Beschwerde gewandt und habe die BBU alles ihr Mögliche getan, um das Zustelldatum zu ermitteln sowie rechtzeitig eine Beratung durchzuführen.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.08.2024 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei der Bescheid am 26.04.2024 ordnungsgemäß zugestellt worden und sei am 10.05.2024 die Auskunft erteilt worden, dass eine Beschwerde noch bis inklusive 13.05.2024 möglich sei. Am 28.05.2024 habe der Beschwerdeführer einen Wiedereinsetzungsantrag sowie Beschwerde gegen den Bescheid vom 10.04.2024 eingebracht. Die Rechtsmittelfrist sehe einen Zeitraum von 14 vollständigen Tagen vor, sodass die Frist von der Zustellung des Bescheides am 26.04.2024 bis inklusive 13.05.2024 gelaufen sei. Der erste Werktag nach der Zustellung sei Montag, 29.04.2024, gewesen, sodass der übernächste Montag, 13.05.2024, als letzter Tag zur Einbringung der Frist berechnet worden sei. Nach Ansicht des Bundesamtes sei die erteilte Information somit korrekt gewesen und sei das Verstreichen der Beschwerdefrist nicht durch das Bundesamt herbeigeführt worden, sodass dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht stattgegeben werden könne. Auch könne nicht erkannt werden, dass eine unabwendbares oder unvorhersehbares Ereignis vorgelegen habe, welches den Beschwerdeführer an der rechtzeitigen Einbringung der Beschwerde gehindert hätte, zumal er auch im Bescheid über die entsprechenden Fristen in einer ihm verständlichen Sprache in Kenntnis gesetzt wurde.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig gegenständliche Beschwerde.
Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass unklar sei, wie das Bundesamt zur Annahme komme, dass die Rechtsmittelfrist einen Zeitraum von 14 vollständigen Tagen vorsehe und daher die Frist vom Tag der Zustellung des Bescheides am 26.04.2024 bis inklusive 13.05.2024 laufen würde. Die Frist laut Rechtsmittelbelehrung im Bescheid vom 19.04.2024 werde jedoch in Wochen angegeben, daher sei "§ 32 Abs. 1 AVG" relevant. Laut dieser Bestimmung würden Fristen, welche nach Wochen bestimmt werden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen habe, enden. Daher beginne in diesem Fall die Frist mit Zustellung am 26.04.2024 zu laufen und ende am Freitag 10.05.2024. Die Auskunft der belangten Behörde über das Ende der Rechtsmittelfrist sei somit nicht korrekt gewesen und liege sehr wohl ein Fehler der belangten Behörde vor. Somit würden alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligung einer Wiedereinsetzung vorliegen und sei höchstens von einem minderen Grad des Versehens des Beschwerdeführers auszugehen.
Die gegenständlichen Beschwerden und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 03.09.2024 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der Beschwerdeführer führt die im Spruch genannten Daten, ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und gehört der tschetschenischen Volksgruppe an.
Nachdem gegen den Beschwerdeführer im Jahr 2022 anlässlich der Erledigung seines vierten Antrages auf internationalen Schutz mit rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes eine Rückkehrentscheidung sowie ein Einreiseverbot erlassen wurde, verblieb er im Bundesgebiet und stellte unter anderem am 22.01.2024 gegenständlichen sechsten Antrag auf internationalen Schutz.
Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.04.2024 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt.
Der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides ist zu entnehmen, dass eine Beschwerde gegen den Bescheid binnen zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides schriftlich beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einzubringen ist.
Der Bescheid vom 19.04.2024 wurde dem Beschwerdeführer am Freitag, den 26.04.2024, durch persönliche Ausfolgung ordnungsgemäß zugestellt.
Der Beschwerdeführer wurde daraufhin wiederholt von der BBU Rechtsberatung kontaktiert sowie aufgefordert, zur Vergabe eines Termins zur Bescheidberatung zu erscheinen. Am Freitag, 10.05.2024, wandte sich der Beschwerdeführer an die Rückkehrberatung der BBU, welche umgehend die BBU Rechtsberatung informierte und nach einem Telefonat mit dem BFA das Ende der Rechtsmittelfrist betreffend, für den Beschwerdeführer einen Termin zur Bescheidberatung am Montag, 13.05.20224, vereinbarte.
Am 24.05.2024 stellte der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung den gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob zugleich Beschwerde gegen den rechtswirksam zugestellten Bescheid vom 19.04.2024.
2. Beweiswürdigung
Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl und des Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Zu Spruchpunkt I. (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand):
Bei Versäumen der Beschwerdefrist ist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG die maßgebliche Bestimmung und nicht die §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (VwGH 28.09.2016, Ro 2016/16/0013). Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind (siehe etwa VwGH 13.09.2017, Ra 2017/12/0086).
Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zu Last liegt, hindert die Bewilligung zur Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist also das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes. Ein solcher ist gegeben, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung (VwGH 24.01.1996, 94/12/0179) auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann. Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt demgegenüber nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und mit zumutbarer Vorsicht auch nicht vorhergesehen werden konnte (VwGH 03.04.2001, 2000/08/0214).
Ein Verschulden der Partei hindert die Wiedereinsetzung nur dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um einen minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) handelt. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Eine solche liegt dann vor, wenn der Partei ein Fehler unterläuft, der gelegentlich auch einer sorgfältigen Person unterlaufen kann (VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/20/0230). Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben (vgl. VwGH 29.01.2014, Zl. 2001/20/0425).
Der Wiedereinsetzungswerber darf nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit nicht die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben. Dabei wird nicht verkannt, dass an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. etwa VwGH 24.06.2010, 2010/21/0197, und zu § 33 VwGVG aus der jüngeren Zeit VwGH 27.08.2020, Ra 2020/21/0310, Rn. 10).
Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers abgesteckt wurde (VwGH 07.10.2005, 2003/17/0280). Den Antragsteller trifft somit die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat.
Eine Erkrankung stellt für sich allein keinen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dar, sondern nur dann, wenn die Dispositionsfähigkeit der Partei aufgrund der Krankheit beeinträchtigt ist. Für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand reicht es aus, wenn die Partei durch die Erkrankung so weit gehandicapt war, dass ihr das Unterlassen jener Schritte, die für die Wahrung der Frist erforderlich gewesen wären, nicht mehr als ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden vorgeworfen werden kann (VwGH 23.9.2014, Ra 2014/01/0070; 23.6.2015, Ra 2014/05/0005; vgl. auch VwGH 29.1.2018, Ra 2018/11/0013). Es reicht aber nicht aus, wenn die Partei gehindert war, die fristwahrende Handlung selbst zu setzen bzw. sich selbst die notwendigen Informationen zu besorgen. Die Partei muss durch die Erkrankung auch daran gehindert gewesen sein, die Versäumung der Frist durch andere geeignete Dispositionen, insbesondere durch Beauftragung eines Vertreters, abzuwenden (vgl. VwGH 26.3.2001, 2000/20/0336; 29.11.2007, 2007/21/0308; 25.4.2018, Ra 2018/18/0057; vgl. auch VfGH 19.11.2015, E 1955/2015).
Entscheidend ist daher, ob die Partei beim Unterlassen der für die Wahrung ihrer Interessen (insbesondere von Fristen) notwendigen Schritte einschließlich präventiver Dispositionen (wie etwa der Bestellung eines Vertreters) die erforderliche Sorgfalt walten ließ, die ihr nach ihren persönlichen – durch die Krankheit beeinträchtigten – Fähigkeiten zumutbar gewesen ist, oder ob sie das ihr unter den konkreten Umständen zumutbare Maß an Aufmerksamkeit und Mühe so drastisch (qualifiziert) unterschritten hat, dass ihr auffallende Sorglosigkeit vorzuwerfen ist (vgl. VwGH 22.7.2004, 2004/20/0122; 24.5.2005, 2004/01/0558; 29.11.2007, 2007/21/0308).
Reine Behauptungen betreffend das Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrundes reichen demgemäß nicht aus. Die Partei, welche die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, hat alle Umstände, die den Wiedereinsetzungsantrag begründen, glaubhaft darzulegen und bereits im Antrag taugliche Bescheinigungsmittel zu ihrer Glaubhaftmachung anzuführen (VwGH 21.03.1997, 97/02/0093). Ziel der Glaubhaftmachung ist, bei der Behörde die Überzeugung der Wahrscheinlichkeit der vorgebrachten Tatsache hervorzurufen, dh die Behörde muss zur Ansicht gelangt sein, die Tatsachenbehauptung sei wahrscheinlich für wahr zu halten (VfSlg 17.159/2004; Bernárd, ZfV 1981, 131). Der Antragsteller hat - allenfalls durch die Beibringung tauglicher Bescheinigungsmittel - auch glaubhaft zu machen, dass zwischen dem die Wiedereinsetzung begründenden Ereignis und der Fristversäumnis ein Kausalzusammenhang besteht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 116).
Begründet wurde der gegenständliche Wiedereinsetzungsantrag im Wesentlichen damit, dass es dem Beschwerdeführer aufgrund seiner „massiven psychischen Erkrankungen“ nicht möglich gewesen sei auf Versuche der BBU Rechtsberatung diese zu kontaktieren sowie auf deren Aufforderungen zur Vergabe eines Termins zur Bescheidberatung zu reagieren. Erst am 10.05.2024, dem letzten Tag der Beschwerdefrist, habe er die BBU aufgesucht. Die BBU habe dann das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl kontaktiert, um das Zustelldatum zu ermitteln. Eine Referentin des Bundesamtes habe telefonisch die Auskunft erteilt, dass die Beschwerdefrist am Montag, 13.05.2024, ende. Dementsprechend sei ein Bescheidberatungstermin für den 13.05.2024 mit dem Beschwerdeführer vereinbart worden. Erst nach dieser Beratung habe sich herausgestellt, dass der Bescheid bereits am 26.04.2024 zugestellt worden sei und die zweiwöchige Beschwerdefrist somit bereits am 10.05.2024 geendet habe.
Gegenständlich ist jedoch festzuhalten, dass der Bescheid samt entsprechender Rechtsmittelbelehrung, welcher zu entnehmen ist, dass die Frist zur Erhebung einer Beschwerde zwei Wochen beträgt, dem Beschwerdeführer - unbestritten - am 26.04.2024 ordnungsgemäß zugestellt wurde. Dem Beschwerdeführer musste somit bewusst sein, dass ihm zur Erhebung einer Beschwerde zwei Wochen zur Verfügung stehen, zumal der Bescheid die Rechtmittelbelehrung auch in einer ihm verständlichen Sprache übersetzt umfasst. Ein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis aufgrund dessen der Beschwerdeführer diese Frist versäumt hat, wie § 33 Abs. 1 VwGVG voraussetzt, hätte in Entsprechung der oben angeführten Rechtsprechung vom Beschwerdeführer konkret dargelegt werden und hätten bereits mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung entsprechende (taugliche) Bescheinigungsmittel vorgelegt werden müssen. Die pauschale Behauptung, dem Beschwerdeführer sei es aufgrund seiner „massiven psychischen Erkrankungen“ nicht möglich gewesen mit der BBU in Kontakt zu treten, da er an Depressionen leide, weswegen er oftmals das Bett nicht verlassen könne und desorientiert sei, stellt keine ausreichend konkrete Darlegung eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses dar, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hätte. Seitens des Beschwerdeführers wurden auch keine Nachweise dafür vorgelegt, dass es ihm aufgrund psychischer Probleme nicht möglich gewesen wäre rechtzeitig Beschwerde zu erheben bzw. mit der BBU in Kontakt zu treten.
Dabei wird auch nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 11.04.2024 betreffend seinen Gesundheitszustand ein „Gutachten“ aus Polen aus dem Jahr 2019 sowie einen vorläufigen Arztbrief eines Landesklinikums vom Dezember 2023 vorgelegt hat und diesen durchaus zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer psychisch erkrankt ist/war. Alleine aus diesen kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers zum fallgegenständlich relevanten Zeitpunkt im April bzw. Mai 2024 aufgrund einer Erkrankung derart beeinträchtigt gewesen ist, dass es ihm nicht möglich gewesen wäre, die notwendigen Schritte zu setzen. Zumal ihm diese Erkrankung bereits seit längerem bekannt ist und er der Versäumung der Frist auch durch andere geeignete Dispositionen, insbesondere durch Beauftragung eines Vertreters, hätte abwenden können. Weiters sei darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer in der Lage war im Jänner 2024 einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen und am 11.04.2024 problemlos niederschriftlich vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen wurde.
Vielmehr war es dem Beschwerdeführer möglich am letzten Tag der Frist mit der BBU in Kontakt zu treten; dies lässt darauf schließen, dass dem Beschwerdeführer die Frist zur Beschwerdeerhebung und deren Ablauf bekannt war bzw. ein unabwendbares oder unvorhersehbares Ereignis zumindest in diesem Zeitpunkt nicht mehr vorgelegen hat. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die belangte Behörde gegenüber der BBU eine falsche Angabe hinsichtlich des letzten Tages der Frist zur Beschwerdeerhebung gemacht hat, zumal – wie bereits ausgeführt wurde – dem Beschwerdeführer die Frist bekannt gewesen sein muss.
Insgesamt handelt es sich seitens des Beschwerdeführers somit nicht nur um einen minderen Grad des Versehens und war der Antrag auf Wiedereinsetzung abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Zurückweisung der verspäteten Beschwerde):
Gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz BFA-VG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes in den Fällen des Abs. 2 leg.cit. abweichend von § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG, zwei Wochen.
Gemäß § 16 Abs. 2 Z 2 BFA-VG kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht, die aufschiebende Wirkung nicht zu, es sei denn, sie wird vom Bundesverwaltungsgericht zuerkannt.
Mit verfahrensgegenständlich angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AsylG zurückgewiesen. Zudem wurde gegen den Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX eine nach wie vor aufrechte Rückkehrentscheidung erlassen. Dementsprechend ist § 16 Abs. 2 Z 2 BFA-VG erfüllt, sodass gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG eine zweiwöchige Rechtsmittelfrist besteht. Auf diese wurde seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides hingewiesen.
Gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde mit dem Tag der Zustellung.
Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.
Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.04.2024 wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am Freitag, den 26.04.2024 rechtswirksam zugestellt. Die Rechtsmittelfrist endete somit am Freitag, den 10.05.2024. Die am 24.05.2024, somit zwei Wochen nach der Zustellung, eingebrachte Beschwerde erweist sich somit als verspätet und ist daher zurückzuweisen.
Zum Unterbleiben einer mündlichen Beschwerdeverhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG kann das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden. Darüber hinaus konnte die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG in Verbindung mit § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhalts der Beschwerden geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Insbesondere ist zu betonen, dass auf der Sachverhaltsebene keine Fragen offen geblieben sind, sondern diese vielmehr aus den Verwaltungsakten beantwortet werden konnten. Es wurden keine konkreten Angaben gemacht, die zu überprüfen gewesen wären.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu die zu Spruchpunkt A zitierte Rechtsprechung), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.