Spruch
W144 2308441-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb., StA. von Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (BF), ein volljähriger Staatsangehöriger Syriens, reiste am XXXX in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am XXXX wurde der BF vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Darin gab er im Wesentlichen an, er sei am XXXX in XXXX , Syrien, geboren, sei verheiratet und Moslem. Er sei im September 2022 aus Syrien ausgereist und sei schlepperunterstützt über XXXX und XXXX am XXXX in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Syrien habe er verlassen, da er den Militärdienst nicht dienen wolle.
Mit Aktenvermerk vom XXXX stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Asylverfahren gem. § 24 Abs. 2 AsylG ein, da der Aufenthaltsort des BF wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht weder bekannt noch sonst leicht feststellbar sei und eine Entscheidung ohne weitere Einvernahme nicht erfolgen könne.
Am XXXX erließ das BFA gem. § 34. Abs. 4 BFA-VG gegen den BF einen Festnahmeauftrag aufgrund der Entziehung vom Asylverfahren.
Am XXXX hat das BFA den Festnahmeauftrag vom XXXX gem. § 34 BFA-VG widerrufen, da der BF den Behörden seinen Aufenthaltsort bekannt gegeben habe und von einer Entziehung des Verfahrens nicht mehr ausgegangen werde.
Am XXXX bestätigte der BF die Übernahme der Aufenthaltsberechtigungskarte gem. § 51 AsylG.
Mit Schreiben vom XXXX teilte das Arbeitsmarktservice (AMS) XXXX dem BFA mit, dass vom XXXX bis XXXX für den BF eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei.
Am XXXX erging gem. § 105 Abs. 2 FPG, § 37 Abs. 3 NAG und § 30 Abs. 5 BFA-VG seitens der Staatsanwaltschaft XXXX eine Verständigung über die Anklageerhebung gegen den BF wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen gem. § 146 StGB.
Das BFA erließ in der Folge den verfahrensgegenständlichen Bescheid vom XXXX , wonach der BF ab dem XXXX gem. § 13 Abs. 2 Z. 2 AsylG sein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verloren hat. Begründend führte das BFA aus, dass der BF sein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verloren habe, da gegen ihn eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft eingebracht worden sei und der BF somit gem. § 13 Abs. 1 AsylG ex lege sein Aufenthaltsrecht verloren habe. Im Verfahrensgang führte die belangte Behörde auch aus, der Antrag auf internationalen Schutz des BF sei vom BFA abgewiesen worden.
Am XXXX ist der verfahrensgegenständliche Bescheid dem BF nachweislich zugestellt worden.
Gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid vom XXXX richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in welcher der BF im Wege seiner Vertretung einerseits bemängelte, dass der (der Vertretung vorliegende) Bescheid weder unterschrieben noch amtssigniert sei, und andererseits geltend machte, dass sich der BF aktuell im zugelassenen Verfahren befinde und, dass die belangte Behörde über den Verlust des Aufenthaltsrechts nicht mit einem gesonderten Bescheid abzusprechen habe, sondern im verfahrensabschließenden Bescheid. Zudem habe die belangte Behörde dem BF den Verlust seines Aufenthaltsrechts mittels einer Verfahrensanordnung mitzuteilen.
Am XXXX wurde die Beschwerde inklusive des mit ihr in Bezug stehenden Verwaltungsaktes dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt
In der Folge wurde am XXXX seitens des BVwG amtswegig mit dem BFA telefonisch Rücksprache gehalten, um den Sachverhalt aufzuklären. Der zuständige Referent des BFA gab telefonisch bekannt, dass mit Sicherheit ein unterschriebenes Exemplar des Bescheides vom XXXX an den BF postalisch zugestellt worden sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung
Festgestellt wird der dargelegte Verfahrensgang, der sich unzweifelhaft aus dem Verwaltungsakt in Verbindung mit der telefonischen Mitteilung des BFA vom XXXX betreffend die Zustellung des unterfertigten Bescheides ergibt.
Aus dem Akt ergibt sich, dass - nach postalische Zustellung an den BF - aufgrund einer Nachfrage der Vertretung des BF ein nicht unterschriebenes und nicht amtssigniertes Exemplar des Bescheides neuerlich (!) zur bloßen Kenntnisnahme an die Vertretung des BF übermittelt worden ist, woraus sich offensichtlich das Missverständnis ergibt, dass der angefochtenen Entscheidung des BFA kein unterschriebener oder amtssignierter Bescheid zugrunde läge.
2. Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchteil A) Stattgebung der Beschwerde
Gemäß § 13 Abs. 2 AsylG 2005 verliert ein Asylwerber sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet, wenn
1. dieser straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3),
2. gegen den Asylwerber wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft eingebracht worden ist,
3. gegen den Asylwerber Untersuchungshaft verhängt wurde (§§ 173 ff StPO, BGBl. Nr. 631/1975) oder
4. der Asylwerber bei der Begehung eines Verbrechens (§ 17 StGB) auf frischer Tat betreten worden ist.
Der Verlust des Aufenthaltsrechtes ist dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Wird ein Asylwerber in den Fällen der Z 2 bis 4 freigesprochen, tritt die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat zurück (§§ 198 ff StPO) oder wird das Strafverfahren eingestellt, lebt sein Aufenthaltsrecht rückwirkend mit dem Tage des Verlustes wieder auf.
In casu ist zum Entscheidungszeitpunkt der Entscheidung des BFA kein verfahrensabschließender Bescheid gem. § 13 Abs. 4 AsylG 2005 über den Antrag auf internationalen Schutz des BF ergangen. Gegen den BF wurde während des laufenden Asylverfahrens eine Anklage wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen iSd § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG durch die Staatsanwaltschaft XXXX erhoben.
Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ergibt sich, dass der Verlust des Aufenthaltsrechts gem. § 13 Abs. 2 AsylG 2005 ex lege eintritt und der Verlust des Aufenthaltsrechts dem Asylwerber gem. § 13 Abs. 2 zweiter Satz AsylG 2005 mit Verfahrensanordnung mitzuteilen ist. Das BFA hat gem. § 13 Abs. 4 AsylG 2005 über den Verlust des Aufenthaltsrechts erst im verfahrensabschließenden Bescheid (deklarativ) mit eigenem Spruchpunkt abzusprechen. Der VwGH hat in seiner Entscheidung vom 10.09.2020, Ro 2019/20/0006, wie folgt ausgeführt:
„Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Verlust des Aufenthaltsrechts in den in § 13 Abs. 2 AsylG 2005 genannten Fällen ex lege eintritt (vgl. VwGH 15.3.2018, Ra 2018/21/0018). Der Verlust des Aufenthaltsrechts ist nach dem zweiten Satz des Abs. 2 dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung mitzuteilen. Das BFA hat gemäß § 13 Abs. 4 AsylG 2005 über den Verlust des Aufenthaltsrechts dann im verfahrensabschließenden Bescheid (deklarativ) abzusprechen. Nach den Materialien soll damit ein etwaiges Rechtschutzdefizit vermieden werden (vgl. RV 1803 BlgNR 24. GP 40). Die genannte Bestimmung, wonach erst im verfahrensabschließenden Bescheid (mit eigenem Spruchpunkt) der Verlust des Aufenthaltsrechts ausdrücklich auszusprechen ist, dient erkennbar aber auch dem verfahrensökonomischen Zweck, dass kein gesonderter „Vorab-Bescheid“ darüber ergeht (vgl. in diesem Sinn zu vergleichbaren Anordnungen des § 21 Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz: VwGH 18.2.2010, 2010/22/0009; zu § 4 Abs. 2 Asylgesetz-Durchführungsverordnung 2005: VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0314).“
Somit war die angefochtene Entscheidung ersatzlos zu beheben und spruchgemäß zu entscheiden.
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht sowohl auf Judikatur des VwGH sowie auf die Rechtsprechung des BVwG stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten der angefochtenen Bescheide wiedergegeben.