Spruch
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. KOSOVO, vertreten durch die BBU GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4/4. Stock, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2024, Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht und wird beschlossen:
A)Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.
B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang und Sachverhalt:
1.1. Der Beschwerdeführer (BF) ist Staatsbürger von Kosovo und hält sich seit einem unbekannten Zeitraum in Österreich auf.
Seine erstmalig im Melderegister aufscheinende Wohnsitzmeldung geht auf den XXXX 2001 zurück und ist er seither, wenn auch teilweise mit längeren Unterbrechungen mit Haupt-, Neben- oder unbekannter Wohnsitzqualität im Bundesgebiet amtlich gemeldet.
Am XXXX trat er erstmalig in den österreichischen Arbeitsmarkt ein und war er seither bei einer Vielzahl an Arbeitgebern beschäftigt. Zuletzt war er im Jahr 2016 vollversicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem ist er nur noch geringfügigen Beschäftigungen nachgegangen und finanzierte sich den Lebensunterhalt über diese Beschäftigungen einerseits und den Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung andererseits.
Am XXXX verhängte das Landesgericht XXXX zur GZ: XXXX die Untersuchungshaft wegen des Verdachts des Mordes nach § 75 StGB über den BF.
Am XXXX brachte ihm das BFA mit Note zur Kenntnis, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme/Rückkehrentscheidung gegen ihn eingeleitet wurde und räumte ihm eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieser Note zur Abgabe einer Stellungnahme ein.
Mit Urteil vom XXXX , GZ: XXXX , erkannte ihn das Landesgericht XXXX schuldig, am XXXX in XXXX seine Ehegattin XXXX vorsätzlich getötet zu haben, indem er wiederholt wuchtig mit einem spitzen Küchenmesser mit beidseitigem Sägeschliff (Klingenlänge 19,5 cm) auf sie einstach und mit einem unbekannten Gegenstand mehrfach auf sie einschlug, wodurch sie zumindest drei tiefe Stichverletzungen in der linken Rumpfhälfte, mindestens 13 Stiche am linken Arm, einhergehend mit mehreren Durchstichen sowie knöcherne Verletzungen der Elle und am linken Brustkorb und zahlreiche stumpfmechanische Verletzungen am Rumpf, linken Arm und am Kopf erlitt, wobei sie verletzungsbeding an der Einatmung von Blut innerhalb der Lunge, einer hochgardigen Fettembolie und einem hochgradigen Blutverlust verstraft, weshalb er schuldig erkannt wurde, das Verbrechen des Mordes gem. § 75 StGB begangen zu haben und zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe sowie zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt wurde.
Bei der Strafbemessung wertete das Gericht den bisher ordentlichen Lebenswandel und den Umstand, dass die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stand, das Geständnis und die Einschränkung seiner Zurechnungsfähigkeit im Tatzeitpunkt als mildernd, als erschwerend jedoch die für das Opfer besonders qualvolle Begehungsweise, dass die Tat gegen die Ehegattin gerichtet war, den Einsatz eines außergewöhnlich hohen Ausmaßes an Gewalt und die Verwendung einer Waffe zur Begehung der Tat.
Den unbedingt verhängten Teil der Freiheitsstrafe verbüßt er seit dem XXXX in der JA XXXX .
Am XXXX wurde der BF vom BFA zur beabsichtigten Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme niederschriftlich dokumentiert einvernommen und wurde ihm die Gelegenheit gegeben, sich zu äußern.
Der ist im Bundesgebiet weder in sozialer, noch in wirtschaftlicher Hinsicht verankert. Seine Familie lebt im Kosovo.
1.2. Gegen den BF scheint in Österreich folgende strafrechtliche Verurteilung auf:
Mit Urteil vom XXXX , GZ: XXXX , erkannte ihn das Landesgericht XXXX schuldig, am XXXX in Innsbruck seine Ehegattin XXXX vorsätzlich getötet zu haben, indem er wiederholt wuchtig mit einem spitzen Küchenmesser mit beidseitigem Sägeschliff (Klingenlänge 19,5 cm) auf sie einstach und mit einem unbekannten Gegenstand mehrfach auf sie einschlug, wodurch sie zumindest drei tiefe Stichverletzungen in der linken Rumpfhälfte, mindestens 13 Stiche am linken Arm, einhergehend mit mehreren Durchstichen sowie knöcherne Verletzungen der Elle und am linken Brustkorb und zahlreiche stumpfmechanische Verletzungen am Rumpf, linken Arm und am Kopf erlitt, wobei sie verletzungsbeding an der Einatmung von Blut innerhalb der Lunge, einer hochgardigen Fettembolie und einem hochgradigen Blutverlust verstraft, weshalb er schuldig erkannt wurde, das Verbrechen des Mordes gem. § 75 StGB begangen zu haben und zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe sowie zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt wurde.
1.3. Mit Bescheid vom XXXX .2024 erließ die belangte Behörde gemäß § 52 Abs. 5 FPG eine Rückkehrentscheidung wider den BF (Spruchpunkt I.) und stellte fest, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Kosovo zulässig ist (Spruchpunkt II.), gem. § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 5 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot wider ihn erlassen werde (Spruchpunkt III.) und sprach aus, dass ihm gem. § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt werde (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gem. § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde (Spruchpunkt III.).
Letzteres wurde im Wesentlichen zusammengefasst damit begründet, dass das Verhalten des BF im gegenwärtigen Zeitpunkt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstelle, die ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich jenes an Ruhe, Ordnung und Sicherheit berühre.
Gegen sämtliche Spruchpunkte dieses Bescheids richtet sich die Beschwerde des BF, in der er im Wesentlichen kurz zusammengefasst ausführte, dass die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen erheblichen Eingriff in seine Rechte gem. Art. 8 EMRK darstelle. Er habe mehr als 30 Jahre seines Lebens in Österreich verbracht, sei hier sozialisiert worden und bestünden seine sozialen Kontakte in Österreich. Durch die Rückkehrentscheidung werde Art. 8 EMRK verletzt.
Das BFA übermittelte die Beschwerde samt Verwaltungsakten.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der für die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungsrelevante Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakte des BFA sowie des Gerichtsakts des BVwG, insbesondere aus der Beschwerde, aus Abfragen im Zentralen Melderegister (ZMR), im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und im Strafregister.
Rechtliche Beurteilung:
Als Staatsangehöriger von Kosovo ist der BF Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.
Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Betroffenen oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Aufgrund der Erklärung, dass sich die Beschwerde gegen alle Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, den Ausführungen zur aufschiebenden Wirkung, wonach die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung das Verfahrensergebnis vorwegnehme, ergibt sich zweifelsfrei, dass sich die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids richtet, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.
Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).
Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise der BF oder die sofortige Durchsetzung im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf - insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen - einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat (vgl. VwGH 27.08.2020, Ra 2020/21/0172). Es bedarf daher einer über die Erwägungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach § 67 FPG hinausgehenden besonderen Begründung, weshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der weitere Aufenthalt des Fremden während der Dauer des Beschwerdeverfahrens gefährde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit derart, dass die sofortige Ausreise bzw. Abschiebung schon nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheids erforderlich ist (vgl. VwGH 16.01.2020, Ra 2019/21/0360).
Eine solche Begründung lässt sich dem angefochtenen Bescheid entnehmen. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde nicht nur mit den bereits für die Erlassung des Einreiseverbotes maßgeblichen Gründen, konkret mit dem strafrechtlich geahndeten Fehlverhalten des BF, sohin mit der Ermordung seiner Ehegattin durch ihn und mit dem draus sich ergebenden Persönlichkeitsbild des BF begründet, das im Widerspruch zum öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit steht.
Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen des BF hinsichtlich Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, wonach die von der Judikatur geforderte Begründung dem Bescheid nicht zu entnehmen sei, geht somit ins Leere. Darüber hinaus hat die Behörde vor der Erlassung des bekämpften Bescheides ein ordentliches Ermittlungsverfahren geführt und den BF in dieses eingebunden. Letzterer gab im Rahmen des ihm gewährten Parteiengehörs keine Stellungnahme ab.
Anlassbezogen ist hervorzuheben, dass der BF während seines Aufenthalts im Bundesgebiet ein massiv straffälliges Verhalten gezeigt hat, weswegen er auch strafgerichtlich verurteilt wurde. Die von ihm begangene Straftat, deretwegen er zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, zeigt ein besonders hohes Maß an krimineller Energie des BF, die mit dem Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht in Einklang zu bringen ist. Der BF stellt somit eindeutig eine Gefahr der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar. Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die aktuelle Lage im Herkunftsstaat der BF (Kosovo) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG.
Angesichts dessen ist mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung keine Verletzung von Art 8 EMRK verbunden. Der BF ist trotz seines langen Aufenthalts im Bundesgebiet weder sozial noch wirtschaftlich nennenswert verankert.
Die Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im angefochtenen Bescheid ist somit ausreichend und im Hinblick auf das Gesamtverhalten des BF als nachvollziehbar anzusehen.
Die vom BFA vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden.
Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit – vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt – die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.
Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids ist daher mit Teilerkenntnis zu bestätigen und der Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG keine Folge zu erteilen.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen von über den Einzelfall hinausgehender grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG nicht zu lösen waren.