Spruch
W203 2289199-1/9E
Ausfertigung des am 17.12.2024 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA: Syrien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.02.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.12.2024 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, idF BF, ist syrischer Staatsangehöriger. Er stellte am 28.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Bei seiner Erstbefragung am 28.09.2022 gab der BF zusammengefasst und soweit wesentlich an, dass er aus XXXX , komme und Syrien aufgrund des Kriegs verlassen habe.
3. Im Rahmen seiner Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (idF BFA) am 11.12.2023 führte der BF zusammengefasst und soweit wesentlich aus, dass er aus der Stadt XXXX , Stadtteil XXXX , Gouvernement Aleppo, stamme. Er sei ledig und habe keine Kinder. 2014 habe er gemeinsam mit seiner Familie Syrien im Alter von sieben oder acht Jahren illegal über die Grenze zur Türkei verlassen. In der Türkei habe er vier Jahre lang die Schule besucht und dort auch als Friseur und Schneider gearbeitet. Nach siebenjährigem Aufenthalt in der Türkei sei er ohne seine Familie nach Europa gereist. Sein Vater wohne in Griechenland, seine Mutter und seine zwei Schwestern seien in der Türkei aufhältig. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab der BF an, dass seine Familie ihren Wohnort aufgrund von Bombardierungen verlassen habe müssen. Die Familie sei zunächst nach XXXX , dann nach XXXX geflüchtet, bevor sie gemeinsam Syrien verlassen hätten. Der Krieg sei der Grund seiner Flucht gewesen.
4. Mit Bescheid vom 22.02.2024 wies das BFA den Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG für ein Jahr (Spruchpunkt III).
5. In der gegen Spruchpunkt I. des Bescheides rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde zusammengefasst unter anderem ausgeführt, dass der BF in naher Zukunft für den Wehrdienst in der syrischen Armee gesucht werde. Bei einer Rückkehr nach Syrien würde dem BF eine zwangsweise Rekrutierung drohen. Die syrische Regierung (gemeint: jene unter Bashar al-Assad) würde dem BF aufgrund seiner Weigerungshaltung hinsichtlich der Ableistung des Wehrdienstes eine oppositionelle Gesinnung unterstellen.
6. Mit Schreiben vom 26.03.2024 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
7. Am 17.12.2024 – somit nach den amtsbekannten politischen Änderungen in Syrien am 08.12.2024 – führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die arabische Sprache und des BF sowie seiner Vertretung eine mündliche Verhandlung durch, bei der der BF Gelegenheit hatte, zu seinen Fluchtgründen und zur veränderten Lage in Syrien im Detail Stellung zu nehmen. Die belangte Behörde hatte sich für die Teilnahme an der Verhandlung entschuldigt.
Der BF gab in der mündlichen Verhandlung soweit wesentlich und zusammengefasst an, dass er gehört habe, dass Syrien von Bashar al-Assad befreit worden sei. Darüber habe er sich gefreut. Befragt nach seinen Fluchtgründen gab er an, dass die damalige Flucht nicht seine, sondern die Entscheidung seiner Eltern gewesen sei. Er sei damals sehr jung gewesen. Weiters führte der BF in Bezug auf seine Fluchtgründe aus, dass derzeit in Syrien noch immer Krieg herrsche. Es gebe sehr viele Milizen. Er könne nach Syrien nicht zurückkehren, da er dort nicht aufgewachsen sei. Er kenne sich in Syrien nicht gut aus und habe nichts und niemanden in Syrien. Er glaube, er könne in Syrien nicht leben. Zwar sei Syrien befreit, aber es herrsche noch immer keine Sicherheit. Angesprochen darauf, ob dem BF aufgrund der aktuellen Lage nach wie vor die in der Beschwerde behauptete Zwangsrekrutierung in Syrien drohe, gab er an, dass er das nicht wisse und es auch nicht sagen könne. Befragt nach dem aktuellen Aufenthalt der Familie gab der BF an, dass seine Mutter und seine zwei Schwestern seit Kurzem ebenso wie sein Vater in Griechenland seien.
Im Zuge der Beschwerdeverhandlung gab der Rechtsvertreter des BF eine Stellungnahme ab, die sich dahingehend zusammenfassen lässt, dass dem BF als minderjähriges Kind eine Zwangsrekrutierung durch die HTS und daher asylrelevante Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe „der minderjährigen Burschen aus der Region Aleppo ohne soziales/familiäres Netzwerk“ drohe.
Am Ende der Beschwerdeverhandlung wurde das Erkenntnis mit seinen wesentlichen Entscheidungsgründen mündlich verkündet.
8. Mit Schriftsatz vom 20.12.2024 stellte der BF durch seine Rechtsvertretung einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des BF und zu dessen Fluchtvorbringen:
Der am XXXX geborene BF ist syrischer Staatsangehöriger. Der BF bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam und gehört der Volksgruppe der Araber an.
Der BF stammt aus der Stadt XXXX , Stadtteil XXXX , Gouvernement Aleppo, Syrien.
Der damals noch minderjährige BF verließ im Jahr 2014 zusammen mit seinen Eltern aufgrund des Bürgerkriegs Syrien, nachdem er von seiner Heimatstadt XXXX zunächst nach XXXX und anschließend XXXX innerhalb Syriens geflüchtet ist. Der BF hielt sich für rund sieben Jahre in der Türkei auf, bevor er nach Europa weiterreiste. Er stellte schließlich im September 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Der BF hat in der Türkei für vier Jahre die Schule besucht und war dort als Schneider und Friseur tätig.
Die Eltern und die zwei Schwestern des BF leben in Griechenland.
Der BF ist strafgerichtlich in Österreich unbescholten und gesund.
Der Herkunftsort des BF, XXXX , Stadtteil XXXX , befindet sich derzeit unter Kontrolle von Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS).
Dem BF droht bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsort keine Zwangsrekrutierung oder sonstige Gefährdung durch die HTS. Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass dem BF durch sonstige Akteure eine Gefährdung droht.
1.2. Relevante Feststellungen zur maßgeblichen Situation in Syrien:
1.2.1. Länderinformationsblatt Syrien, Version 11, vom 27.03.2024:
Mit der im November 2017 gegründeten (NPA 4.5.2023) syrischen Heilsregierung hat die HTS ihre Möglichkeiten zur Regulierung, Besteuerung und Bereitstellung begrenzter Dienstleistungen für die Zivilbevölkerung erweitert. Doch wie jüngste Studien gezeigt haben, sind diese Institutionen Mechanismen, die hochrangige Persönlichkeiten innerhalb der herrschenden Koalitionen ermächtigen und bereichern (Brookings 27.1.2023). In dem Gebiet werden keine organisierten Wahlen abgehalten und die dortigen Lokalräte werden von bewaffneten Gruppen beherrscht oder von diesen umgangen. Die HTS versucht in Idlib, eine autoritäre Ordnung mit einer islamistischen Agenda durchzusetzen. Obwohl die Mehrheit der Menschen in Idlib sunnitische Muslime sind, ist HTS nicht beliebt. Die von der HTS propagierten religiösen Dogmen sind nur ein Aspekt, der den Bürgerinnen und Bürgern missfällt. Zu den anderen Aspekten gehören der Mangel an grundlegenden Dienstleistungen, willkürliche Verhaftungen, Gewalt und Missbrauch (BS 23.2.2022).
Anders als die Regierung und die Syrian Democratic Forces (SDF), erlegen bewaffnete oppositionelle Gruppen wie die SNA (Syrian National Army) und HTS (Hay'at Tahrir ash-Sham) Zivilisten in von ihnen kontrollierten Gebieten keine Wehrdienstpflicht auf (NMFA 5.2022; vgl. DIS 12.2022). Quellen des niederländischen Außenministeriums berichten, dass es keine Zwangsrekrutierungen durch die SNA und die HTS gibt (NMFA 8.2023).
1.2.2 Euaa, Country Guidance Syria vom April 2024:
Hayat Tahrir al-Sham or Organisation for the Liberation of the Levant (HTS) is a coalition of Islamist Sunni anti-government armed groups which continues to be listed as a terrorist organisation by the EU, the UN and many states [Security 2023, 1.4.4, p. 30, Security 2021, 1.4.4, p. 25]. HTS is comprised of several armed factions, including Jabhat Fatah al-Sham (also known as Jabhat al-Nusrah and previously as the Al-Nusrah Front). It maintains its power through the Syrian Salvation Government, which has been as the group’s ‘political arm’. [Security 2022, 2.1.2, p. 69; Actors, 4.1.1, p. 50]
HTS forces have been involved in extrajudicial killings, arbitrary arrests and unlawful detention of civilians [Security 2022, 1.4.4, p. 35, 1.4.5, p. 27, 2.1.2, p. 67]. Enforced disappearances, confiscation of property, harassment and intimidation against women were also reported [Targeting 2022, 8.2, p. 82, 11, p. 96, 13.4.2, pp. 118-119]. In recent times, the group attempted to publicly distance itself from al-Qaeda and portray it as a legitimate civilian authority. Despite its legitimisation efforts, HTS continued to commit serious human rights violations [Security 2023, 1.4.4, p. 31].
Civilians perceived to be collaborating or supporting the government or (pro-)government armed forces and/or to oppose anti-government armed groups are targeted by several groups, mainly HTS and ISIL.
In territory controlled by HTS, a number of individuals were targeted based on allegations of collaboration with the GoS. Several executions and detentions on these grounds were reported in 2020, 2021 and 2022. Unclaimed assassinations, reported in autumn 2020 in Rural Damascus, targeted prominent civilian figures who had mediated reconciliation deals between the GoS and opposition fighters.
There were also reports indicating that HTS confiscated properties of minority groups such as Christians, individuals who fled the area or were perceived as political opponents, including alleged GoS supporters.
Reports on arrests of journalists and media activists for criticising HTS have continued. Media activists were arrested without judicial involvement and without clearly communicated charges, and at times were subjected to detention under harsh conditions, torture, and illtreatment. In July 2020, the HTS-linked Syrian Salvation Government imposed a regulation which prescribed that journalists were not allowed to work in areas under its control without obtaining its permission. In order to obtain this card, journalists were required to provide a range of information to the Syrian Salvation Government. Journalists who did not carry a card risked restriction of movement as well as arrest. In 2021, HTS continued to arbitrarily detain activists and humanitarian workers in Idlib. HTS targeted women media workers and activists for exercising freedom of expression, such as speaking out against the group’s rule. Women activists were detained by the group without respect for judicial guarantees. [Targeting 2022, 13.4.2, p. 118]
Christians are targeted by various actors. More than 100 attacks by the GoS forces, opposition armed groups, ISIL, HTS and other parties on Christian churches were reported since the beginning of the conflict.
In Idlib, HTS seized properties and churches of Christians and restricted their right to worship and prohibited Christians who fled their homes in Idlib from appointing someone to appeal against rulings handed by Sharia courts regarding their property. ‘Islamist factions’ operating in Idlib governorate imposed so-called ‘jizya’ taxes (a tax historically imposed on non-Muslims by Muslim rulers) on Christians, to pressure them to leave their homes. [Targeting 2022, 11, p. 96]
In areas under its control, HTS had interfered in every aspect of civilian life, especially in the form of arbitrary arrests and detentions for violations of the strict dress code and restrictions on freedom of movement. In case of deviation from the imposed dress code and movement restrictions, punishments ranged from corporal punishments, such as lashing, to execution. In January 2022, incidents of harassment and intimidation aimed at forcing women involved in public affairs to leave their jobs were documented. There is further information on women killed and disappeared [Targeting 2022, 13.4.2, pp. 118-119].
It is also reported that ISIL and HTS regularly detained, tortured and killed LGBTIQ individuals in the territories they controlled. Abductions of persons assumed or perceived as gay have also been documented. [Targeting 2022, 14.2, pp. 122-124]
Extremist groups such as HTS and ISIL have carried out public executions, beheadings and crucifixions for transgressing the moral codes of the sharia law in areas under their control, killing hundreds of civilians. They also reportedly subjected women, girls, and minorities to illegal executions for breach of the imposed codes and for ‘dishonouring’ their families. [Actors, 4.1.4, pp. 52-53, 6.4, p. 62]
Attacks by HTS and affiliated armed groups on GoS positions were described as often indiscriminate in nature. These groups also terrorised, killed, and maimed dozens of civilians in the countryside of Aleppo, Hama, and elsewhere [Security 2022, 7.3, pp. 77-78; Security 2020, 1.6.1.2, p. 33]. The group has conducted formal military campaigns, assassinations, hostage takings, and ‘lone wolf’ operations, including suicide bombings. In areas where HTS is operating, civilians are unlawfully detained, kidnapped and tortured for expressing political dissent. It was reported that civilians, including humanitarian workers and media activists were targeted and received death threats for being critical of HTS, as well as extorted and kidnapped for ransom [Actors, 4.1.4, p. 52]. In recent times, the group attempted to publicly distance itself from al-Qaeda and portray it as a legitimate civilian authority. Despite its legitimisation efforts, HTS continued to commit serious human rights violations [Security 2023, 1.4.4, p. 31].
1.2.3. Kurzinformation der Staatendokumentation Syrien: Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024, vom 10.12.2024:
1. Zusammenfassung der Ereignisse
Nach monatelanger Vorbereitung und Training (NYT 1.12.2024) starteten islamistische Regierungsgegner unter der Führung der Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) (Standard 1.12.2024) die Operation „Abschreckung der Aggression“ (AJ 2.12.2024) und setzten der Regierung von Präsident Bashar al-Assad innerhalb von 11 Tagen ein Ende.
Am 30.11. nahmen die Oppositionskämpfer Aleppo ein und stießen weiter in Richtung der Stadt Hama vor, welche sie am 5.12. einnahmen. Danach setzten sie ihre Offensive in Richtung der Stadt Homs fort (AJ 8.12.2024). Dort übernahmen sie die Kontrolle in der Nacht vom 7.12. auf 8.12. (BBC 8.12.2024).
Am 6.12. zog der Iran sein Militärpersonal aus Syrien ab (NYT 6.12.2024). Russland forderte am 7.12. seine Staatsbürger auf, das Land zu verlassen (FR 7.12.2024). Am 7.12. begannen lokale Milizen und Rebellengruppierungen im Süden Syriens ebenfalls mit einer Offensive und nahmen Daraa ein (TNA 7.12.2024; Vgl. AJ 8.12.2024), nachdem sie sich mit der Syrischen Arabischen Armee auf deren geordneten Abzug geeinigt hatten (AWN 7.12.2024). Aus den südlichen Provinzen Suweida und Quneitra zogen ebenfalls syrische Soldaten, sowie Polizeichefs und Gouverneure ab (AJ 7.12.2024). Erste Oppositionsgruppierungen stießen am 7.12. Richtung Damaskus vor (AJ 8.12.2024). Am frühen Morgen des 8.12. verkündeten Medienkanäle der HTS, dass sie in die Hauptstadt eingedrungen sind und schließlich, dass sie die Hauptstadt vollständig unter ihre Kontrolle gebracht haben (Tagesschau 8.12.2024). Die Einnahme Damaskus’ ist ohne Gegenwehr erfolgt (REU 9.12.2024), die Regierungstruppen hatten Stellungen aufgegeben, darunter den Flughafen (Tagesschau 8.12.2024). Das Armeekommando hatte die Soldaten außer Dienst gestellt (Standard 8.12.2024).
Russland verkündete den Rücktritt und die Flucht von al-Assad (BBC 8.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde Asyl aus humanitären Gründen gewährt (REU 9.12.2024).
Kurdisch geführte Kämpfer übernahmen am 6.12.2024 die Kontrolle über Deir ez-Zour im Nordosten Syriens, nachdem vom Iran unterstützte Milizen dort abgezogen waren (AJ 7.12.2024), sowie über einen wichtigen Grenzübergang zum Irak. Sie wurden von den USA bei ihrem Vorgehen unterstützt (AWN 7.12.2024).
Die von der Türkei unterstützten Rebellengruppierungen unter dem Namen Syrian National Army (SNA) im Norden Syriens starteten eine eigene Operation gegen die von den Kurden geführten Syrian Democratic Forces (SDF) im Norden von Aleppo (BBC 8.12.2024). Im Zuge der Operation „Morgenröte der Freiheit“ nahmen diese Gruppierungen am 9.12.2024 die Stadt Manbij ein (SOHR 9.12.2024). Die Kampfhandlungen zwischen Einheiten der durch die Türkei unterstützten Syrian National Army (SNA) auf der einen Seite und den SDF auf der anderen Seite dauerten danach weiter an. Türkische Drohnen unterstützten dabei die Truppen am Boden durch Luftangriffe (SOHR 9.12.2024b).
Der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge sind seit Beginn der Offensive 910 Menschen ums Leben gekommen, darunter 138 Zivilisten (AAA 8.12.2024). Beim Vormarsch auf Homs waren tausende Menschen Richtung Küste nach Westen geflohen (AJ 6.12.2024). Bei der Offensive gegen Manbij wurden hingegen einige Zivilisten in Richtung Osten vertrieben (SOHR 9.12.2024).
In Damaskus herrschte weit verbreitetes Chaos nach der Machtübernahme durch die Opposition. So wurde der Sturz von Assad mit schweren Schüssen gefeiert und Zivilisten stürmten einige staatliche Einrichtungen, wie die Zentralbank am Saba-Bahrat-Platz, das Verteidigungsministerium (Zivilschutz) in Mleiha und die Einwanderungs- und Passbehörde in der Nähe von Zabaltani, außerdem wurden in verschiedenen Straßen zerstörte und brennende Fahrzeuge gefunden (AJ 8.12.2024b). Anführer al-Joulani soll die Anweisung an die Oppositionskämpfer erlassen haben, keine öffentlichen Einrichtungen anzugreifen (8.12.2024c) und erklärte, dass die öffentlichen Einrichtungen bis zur offiziellen Übergabe unter der Aufsicht von Ministerpräsident Mohammed al-Jalali aus der Assad-Regierung bleiben (Rudaw 9.12.2024).
Gefangene wurden aus Gefängnissen befreit, wie aus dem berüchtigten Sedanaya Gefängnis im Norden von Damaskus (AJ 8.12.2024c).
2. Die Akteure
Syrische Arabische Armee (SAA): Die Syrische Arabische Armee kämpfte gemeinsam mit den National Defense Forces, einer regierungsnahen, paramilitärischen Gruppierung. Unterstützt wurde die SAA von der Hisbollah, Iran und Russland (AJ 8.12.2024).
Die Einheiten der syrischen Regierungstruppen zogen sich beim Zusammenstoß mit den Oppositionskräften zurück, während diese weiter vorrückten. Viele Soldaten flohen oder desertierten (NZZ 8.12.2024). In Suweida im Süden Syriens sind die Soldaten der Syrischen Arabischen Armee massenweise desertiert (Standard 7.12.2024). Am 7.12. flohen mehrere Tausend syrische Soldaten über die Grenze in den Irak (Arabiya 7.12.2024; vgl. Guardian 8.12.2024). Präsident al-Assad erhöhte am 4.12. die Gehälter seiner Soldaten, nicht aber dasjenige von Personen, die ihren Pflichtwehrdienst ableisteten (TNA 5.12.2024). Dieser Versuch, die Moral zu erhöhen, blieb erfolglos (Guardian 8.12.2024).
Die Opposition forderte die Soldaten indes zur Desertion auf (TNA 5.12.2024). Aktivisten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte beobachteten, dass Hunderte Soldaten ihre Militäruniformen ausgezogen haben, nachdem sie entlassen wurden (SOHR 8.12.2024). Offiziere und Mitarbeiter des Regimes ließen ihre Militär- und Sicherheitsfahrzeuge in der Nähe des Republikanischen Palastes, des Büros des Premierministers und des Volkspalastes unverschlossen stehen, aus Angst von Rebellen am Steuer erwischt zu werden (AJ 8.12.2024b).
Opposition: Obwohl Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) den plötzlichen Vormarsch auf Aleppo gestartet hat und treibende Kraft der Offensive war haben auch andere Rebellengruppierungen sich gegen die Regierung gewandt und sich am Aufstand beteiligt (BBC 8.12.2024c).
Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS): Die HTS wurde 2011 als Ableger der al-Qaida unter dem Namen Jabhat an-Nusra gegründet (BBC 8.12.2024c). Im Jahr 2017 brach die Gruppierung ihre Verbindung mit der Al-Qaida (CSIS 2018) und formierte sich unter dem Namen Hay’at Tahrir ash-Sham neu, gemeinsam mit anderen Gruppierungen (BBC 8.12.2024c). Sie wird von der UN, den USA, der Europäischen Union (AJ 4.12.2024) und der Türkei als Terrororganisation eingestuft (BBC 8.12.2024c). Der Anführer der HTS, der bisher unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Joulani bekannt war, hat begonnen wieder seinen bürgerlichen Namen, Ahmad ash-Shara’a zu verwenden (Nashra 8.12.2024). Er positioniert sich als Anführer im Post-Assad Syrien (BBC 8.12.2024c). Die HTS hat in den letzten Jahren versucht, sich als nationalistische Kraft (BBC 8.12.2024b) und pragmatische Alternative zu al-Assad zu positionieren (BBC 8.12.2024c).
Der Gruppierung werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (BBC 8.12.2024c). Einem Terrorismusexperten zufolge gibt es bereits erste Videos von Personen aus dem HTS-Umfeld, die ein Kalifat aufbauen wollen (WiWo 9.12.2024).
[…]
3. Aktuelle Lageentwicklung
Sicherheitslage:
Israel hat Gebäude der Syrischen Sicherheitsbehörden und ein Forschungszentrum in Damaskus aus der Luft angegriffen, sowie militärische Einrichtungen in Südsyrien, und den Militärflughafen in Mezzeh. Israelische Streitkräfte marschierten außerdem in al-Quneitra ein (Almodon 8.12.2024) und besetzten weitere Gebiete abseits der Golan-Höhen, sowie den Berg Hermon (NYT 8.12.2024). Die israelische Militärpräsenz sei laut israelischem Außenminister nur temporär, um die Sicherheit Israels in der Umbruchphase sicherzustellen (AJ 8.12.2024d). Am 9.12.2024 wurden weitere Luftangriffe auf syrische Ziele durchgeführt (SOHR 9.12.2024c). Einer Menschenrechtsorganisation zufolge fliegt Israel seine schwersten Angriffe in Syrien. Sie fokussieren auf Forschungszentren, Waffenlager, Marine-Schiffe, Flughäfen und Luftabwehr (NTV 9.12.2024). Quellen aus Sicherheitskreisen berichten indes, dass Israelisches Militär bis 25km an Damaskus in Südsyrien einmarschiert wäre (AJ 10.12.2024).
Das US-Central Command gab an, dass die US-Streitkräfte Luftangriffe gegen den Islamischen Staat in Zentralsyrien geflogen sind (REU 9.12.2024). Präsident Biden kündigte an, weitere Angriffe gegen den Islamischen Staat vorzunehmen, der das Machtvakuum ausnützen könnte, um seine Fähigkeiten wiederherzustellen (BBC 7.12.2024).
Russland versucht, obwohl es bis zum Schluss al-Assad unterstützte, mit der neuen Führung Syriens in Dialog zu treten. Anstatt wie bisher als Terroristen bezeichnen russische Medien die Opposition mittlerweile als „bewaffnete Opposition“ (BBC 8.12.2024d).
Sozio-Ökonomische Lage:
Die Opposition versprach, den Minderheiten keinen Schaden zuzufügen und sie nicht zu diskriminieren, egal ob es sich um Christen, Drusen, Schiiten oder Alawiten handle. Gerade letztere besetzten unter der Führung Al-Assad’s oft hohe Positionen im Militär und den Geheimdiensten (TNA 5.12.2024).
Für alle Wehrpflichtigen, die in der Syrischen Arabischen Armee gedient haben, wurde von den führenden Oppositionskräften eine Generalamnestie erlassen. Ihnen werde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie wurden untersagt (Presse 9.12.2024). Ausgenommen von der Amnestie sind jene Soldaten, die sich freiwillig für den Dienst in der Armee gemeldet haben (Spiegel 9.12.2024).
Die syrischen Banken sollen ihre Arbeit am 10.12.2024 wiederaufnehmen, die Bediensteten wurden aufgefordert, an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren (Arabiya 9.12.2024).
Die HTS, die weiterhin auf der Terrorliste der UN steht, ist seit 2016 von Sanktionen des UN-Sicherheitsrates betroffen. Diplomaten zufolge war die Streichung der HTS von der Sanktionenliste kein Thema bei der jüngsten Ratssitzung (REU 10.12.2024).
Bevor der Wiederaufbau zerstörter Städte, Infrastruktur und Öl- und Landwirtschaftssektoren beginnen kann, muss mehr Klarheit über die neue Regierung Syriens geschaffen werden (DW 10.12.2024).
1.2.4. UNHCR Regional flash update #8, Syria situation crisis, vom 02.01.2025
Key Highlights
UNHCR estimates that over 115,000 Syrians have returned to Syria since 8 December 2024, based on a triangulation of sources from inside and outside Syria.
[…]
The number of individuals returning to Aleppo governorate is the highest, with returnees citing the improved security situation and the abolition of compulsory miliary service as the main reasons for their return.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zu den Feststellungen zur Person des BF und zu seinem Fluchtvorbringen:
Eingangs ist anzuführen, dass es im Rahmen der asylrechtlichen Glaubwürdigkeitsprüfung erkennbar zu berücksichtigen ist, dass der BF im Zeitpunkt des fluchtauslösenden Ereignisses als auch bei seiner Einvernahme minderjährig war (siehe statt vieler VfGH 11.06.2024, E 173/2024 Rz 17; VwGH 11.02.2022, Ra 2021/18/0388 Rz 15 jeweils mwN).
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und zum Religionsbekenntnis ergeben sich aus den durchwegs gleichbleibenden Ausführungen des BF während des Verfahrens. Die Feststellungen zu seinen Fluchtbewegungen, seiner Ausbildung und beruflichen Tätigkeit gründen ebenso auf den unbedenklichen und im Wesentlichen stets gleichbleibenden Angaben des BF.
Die Feststellungen zum Verbleib seiner Familienangehörigen und zum Aufenthalt seiner übrigen Verwandten gründen auf den Ausführungen des BF im Verfahren. Die Feststellungen zur Asylantragsstellung ergeben sich aus dem Erstbefragungsprotokoll.
Die Unbescholtenheit des BF geht aus dem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug hervor.
Die Feststellung zur Kontrollsituation in Bezug auf den Herkunftsort des BF ergibt sich aus einer aktuellen Einschau der Website Map of Syrian Civil War - Syria news and incidents today - syria.liveuamap.com.
Die Feststellung, dass dem BF keine Zwangsrekrutierung durch die HTS droht, ergibt sich aus den derzeit verfügbaren Länderberichten, wonach in Gebieten unter Kontrolle der HTS keine Wehrpflicht besteht und Zwangsrekrutierungen nicht vorgenommen werden (siehe dazu auch VwGH 14.10.2024, Ra 2024/20/0491, insb. Rz 50 f). Dass sich dies nach dem 08.12.2024 geändert hätte, kann nicht erkannt werden. Im Gegenteil wird – wenn auch nur vereinzelt (siehe oben UNHCR, regional flash update #8 vom 02.01.2025, siehe weiters einen Bericht von The New Arab vom 16.12.2024, Why Al-Sharaa's scrapping of conscription for Syrians matters, https://www.newarab.com/news/why-al-sharaas-scrapping-conscription-syrians-matters) – davon berichtet, dass die HTS in Syrien die Wehrpflicht abschaffen werde. Wenn der BF in der Beschwerdeverhandlung durch seine Rechtsvertretung vorbringt, dass er als Kind von der HTS zwangsrekrutiert werden würde, sollte er nach Syrien zurückkehren, ist anzuführen, dass der BF im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht mehr minderjährig ist und dieses Vorbringen somit seine Grundlage verloren hat (siehe im Übrigen erneut VwGH 14.10.2024, Ra 2024/20/0491 Rz 49 – 51). Auch sonst hat der BF keine spezifisch gegen ihn gerichtete Gefährdung vorgebracht. Aus den festgestellten Länderberichten ergibt sich, dass Minderheiten wie Christen, bestimmte Berufsgruppen wie Journalisten, Medienschaffende und Aktivisten unter näher zu betrachtenden Umständen in Gebieten unter Kontrolle der HTS gefährdet sein könnten. Gleiches gilt für Frauen, humanitäre Helfer und Anhänger der ehemaligen syrischen Regierung unter Führung von Bashar al-Assad. Weder hat der BF vorgebracht, unter diese exponierten Personengruppen zu fallen noch ergibt sich dies aus dem Akt. Mangels anderer Anhaltspunkte sowohl in den Länderberichten als auch im Akt und im Vorbringen des BF selbst, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der BF in irgendeiner Weise durch die HTS oder sonstige Akteure gefährdet wäre.
2.2. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat des BF unter Punkt 1.2. stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Sofern das Länderinformationsblatt Syrien von März 2024 und die Country Guidance Syria von April 2024 zitiert wurden, können die darin getroffenen Ausführungen über die Kontrolle der HTS in Nordwestsyrien auf die nunmehr von ihr kontrollierten weiteren syrischen Gebiete übertragen werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Spruchpunkt I.:
3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung außerhalb des Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes des gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts kommt es für die Asylgewährung auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts an (siehe etwa VfGH 18.09.2023, E 944/2023 Rz 14; E 2268/2022 Rz 13; VwGH 21.06.2023, Ra 2021/19/0406 Rz 13; 26.11.2020, Ra 2020/18/0384 Rz 14).
3.2. In der Sache
Wie bereits ausgeführt worden ist, gab der BF in der Beschwerdeverhandlung, befragt nach seinen Fluchtgründen, an, dass Syrien zwar von Baschar al-Assad befreit sei, aber in Syrien noch immer keine Sicherheit, sondern Krieg herrsche. Zudem kenne er sich in Syrien nicht aus.
Durch dieses Vorbringen wird keine Verfolgungshandlung iSd Art. 9 StatusRL dargelegt, die auf einem Verfolgungsgrund iSd Art. 10 StatusRL bzw. des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK beruhen würde (zum geforderten Kausalzusammenhang zwischen Verfolgungshandlung und Verfolgungsgrund siehe etwa VwGH 14.10.2024, Ra 2024/20/0491 Rz 69 mwN). Selbst bei Wahrunterstellung dieses Vorbringens handelt es sich rechtlich betrachtet um geradezu klassische Gründe, die bei einer Prüfung des Status des subsidiär Schutzberechtigten iSd § 8 AsylG und Art. 15 StatusRL – nicht aber des Status des Asylberechtigten– relevant sind (zur Rsp des Verwaltungsgerichtshofs iZm dem subsidiären Schutzstatus generell siehe etwa beispielhaft VwGH 01.07.2024, Ra 2024/20/0347 Rz 31 - 33 mwN; 25.04.2022, Ra 2021/20/0448 Rz 14 - 18).
Im Umstand, dass im Heimatland des BF Bürgerkrieg herrscht, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. VwGH 26.11.1998, 98/20/0309, 0310 und VwGH 19.10.2000, 98/20/0233). Um asylrelevante Verfolgung vor dem Hintergrund einer Bürgerkriegssituation erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges hinausgeht. Eine solche hat der BF aber nicht hinreichend nachvollziehbar glaubhaft machen bzw. dartun können.
Dem BF ist es daher insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.
Auch vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Lage in Syrien kann nicht erkannt werden, dass dem BF aktuell in Syrien eine asylrelevante Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe droht.
Da im vorliegenden Fall keine von den Kurden oder sonstigen Akteuren ausgehende asylrelevante Verfolgung festzustellen war, erübrigt sich eine gesonderte Auseinandersetzung mit der Frage, ob der BF im Zuge des Grenzübertritts bzw. der Rückkehr in die Herkunftsregion mit asylrelevanten Verfolgungshandlungen konfrontiert sein wird (vgl. VfGH 29.06.2023, E 3450/2022, Rz 17; VwGH 04.07.2023, Ra 2023/18/0108; siehe jüngst auch VwGH 11.10.2024, Ra 2023/20/0284 Rz 13).
Dem Schutz vor Gefahren, die dem BF bei einer theoretischen Rückkehr nach Syrien aufgrund der allgemein prekären Sicherheitslage drohen würden, ist bereits durch den in 1. Instanz rechtskräftig erteilten subsidiären Schutzstatus ausreichend Rechnung getragen worden. Dasselbe gilt für den Schutz vor willkürlichen Zwangsakten bei Fehlen eines Konnexes mit einem in der GFK genannten Verfolgungsgrund (siehe dazu statt vieler VwGH 14.10.2024, Ra 2024/20/0491 Rz 52 mwN).
Gerade in Hinblick auf die Minderjährigkeit des BF im Zeitpunkt des fluchtauslösenden Ereignisses als auch im Zeitpunkt der Einvernahme wird klarstellend betont, dass der Asylstatus nicht aufgrund mangelnder Glaubwürdigkeit nicht erteilt werden konnte, sondern der BF kein asylrelevantes Vorbringen erstattete. Soweit die Stellungnahme des Rechtsvertreters des BF in der Beschwerdeverhandlung asylrelevantes Vorbringen, nämlich, dass der BF als Kind aufgrund seiner Minderjährigkeit droht, von der HTS rekrutiert zu werden, anführt, geht dieses, bezogen auf den vorliegenden Fall des BF, wie erwähnt, schon deswegen ins Leere, da der BF nicht mehr minderjährig ist und das Bundesverwaltungsgericht gehalten ist, nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung zu befinden. Auch sonst sieht das Bundesverwaltungsgericht, unabhängig des erstatteten Vorbringens im Verfahren, nach gründlicher Durchsicht der im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegenden Länderberichte keine Asylgründe für den BF. Wie erwähnt ergibt sich aus den derzeit vorhandenen Länderberichten unstrittig, dass die HTS in Gebieten unter ihrer Kontrolle keine Zwangsrekrutierungen durchführt. Andere Berichte, die darlegen würden, dass sich dies nach dem 08.12.2024 geändert hätte, liegen nicht vor. Im Gegenteil wird derzeit – wenn auch nur vereinzelt – berichtet, dass es keine staatliche Wehrpflicht in Syrien mehr geben werde. Im Übrigen ist, selbst wenn die HTS entgegen der Länderberichte Zwangsrekrutierungen durchführen würde, nicht ersichtlich, worin darin in Bezug auf den BF eine Verknüpfung zu einem in der GFK angeführten Verfolgungsgründe liegen solle.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist abzuweisen.
Abschließend sei angemerkt, dass, sollte sich die Lage in Syrien aufgrund neuer (politischer) Entwicklungen maßgeblich ändern und dies sich in der Folge auch in erst noch zu erscheinenden Länderberichten, die asylrelevante Gründe in Bezug auf die konkrete Situation des BF nahelegen, materialisieren, es dem BF unbenommen bleibt, einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) zu stellen und folglich ein solcher Antrag unter soeben beschriebenen Umständen gegebenenfalls anders zu beurteilen sein wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter Punkt 3. angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im Übrigen war eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Prüfung vorzunehmen und waren Fragen der Beweiswürdigung entscheidend.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.