JudikaturVwGH

Ra 2021/19/0406 1 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
21. Juni 2023

Das BVwG ging davon aus, dass der revisionswerbenden Partei als Transgender-Person bei einer Rückkehr in die Russische Föderation keine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK drohen würde. Diese Würdigung ist jedoch schon im Hinblick auf die Länderfeststellungen des BVwG, wonach LGBTI-Personen in der Russischen Förderung Mikroaggressionen bis zu körperlichen Übergriffen ausgesetzt, wobei Transgender-Personen, die aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes von der Öffentlichkeit als männlich wahrgenommen werden, sich aber entsprechend ihrer sexuellen Identität feminin kleiden und z. B. schminken, und Personen, die sich öffentlich für Rechte von LGBTI-Personen einsetzen, am stärksten gefährdet seien und der staatliche Schutz vor solchen Übergriffen unzureichend sei, nicht nachvollziehbar. Das BVwG gestand zudem zu, dass die revisionswerbende Partei als Transgender-Person aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes und nach der von ihr angestrebten hormonellen Behandlung bei ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht unerheblichen Diskriminierungen in Alltagssituationen, möglicherweise sogar in Form vereinzelter physischer Übergriffe, ausgesetzt sein könnte und der revisionswerbenden Partei bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat Übergriffe drohen würden, welche die Intensität einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 MRK erreichen würden. Die Schlussfolgerung des BVwG, dass der revisionswerbenden Partei bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat keine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht, steht im Hinblick auf diese Annahme mit den Vorgaben der Rechtsprechung zum Begriff der Verfolgung nicht in Einklang (vgl. in diesem Sinne etwa auch VwGH 3.1.2023, Ra 2022/18/0086, mwN).

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