Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Mathias KOPF, LL.M. über die Beschwerde des XXXX , gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH vom 15.05.2024, Zl. 100002521524-3H, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Befreiung vom ORF-Beitrag zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführende Partei begehrte mit am 19.02.2024 bei der ORF-Beitrags Service GmbH eingebrachtem Antrag die Befreiung vom ORF-Beitrag. Ihrem Antrag schloss die beschwerdeführende Partei einen Ausdruck aus der Datenanwendung FinanzOnline an, wonach im Jahr 2023 hinsichtlich einer Veranlagung zur Einkommensteuer „keine Daten“ vorhanden wären.
2. Mit Note vom 28.03.2024 forderte die ORF-Beitrags Service GmbH die beschwerdeführende Partei zur Vorlage eines Nachweises über den Bezug einer § 47 Abs. 1 Fernmeldegebührenordnung (FMGebO) angeführten Leistung bzw. Beihilfe sowie aktueller Einkommensnachweise aller haushaltszugehörigen Personen innerhalb einer Frist von zwei Wochen bei sonstiger Zurückweisung des Antrages auf.
3. Am 05.04.2024 übermittelte die beschwerdeführende Partei eine Unterhaltsbestätigung vor und führte dazu wörtlich aus: „Wie ich Ihnen bereits in meinem Antrag vom 19.2.2024 mitgeteilt habe, verfüge ich über kein eigenes Einkommen. Als Nachweis habe ich damals eine Kopie meines Steueraktes beigelegt. Weitergehende Unterlagen kann ich nicht vorlegen, da ich keine wie immer geartete soziale Transferleistung der öffentlichen Hand erhalte. Auch beim Arbeitsmarktservice scheine ich nicht als Bezieher von Unterstützungsleistungen auf. Daher kann ich keine Bescheinigung des AMS über AMS-Leistungen vorlegen. Ich lege nun zusätzlich die Unterhaltsbestätigung meines Vaters bei (siehe Anhang).“
4. Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 15.05.2024 wies die ORF-Beitrags Service GmbH den Antrag vom 19.02.2024 auf Befreiung von der Entrichtung des ORF-Beitrages gemäß § 13 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) zurück. Begründend führte die ORF-Beitrags Service GmbH aus, die beschwerdeführende Partei habe einen Nachweis über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage sowie Unterlagen zur Einkommensberechnung nicht nachgereicht.
5. Gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH vom 15.05.2024 richtet sich die am 29.05.2024 eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, womit erkennbar die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. In der Sache bringt die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen vor, ihrem Antrag „alle möglichen Unterlagen beigelegt“ zu haben.
6. Die auf den 21.11.2024 datierte Beschwerdevorlage langte am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge anknüpfend an den Hauptwohnsitz der beschwerdeführenden Partei der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1. Feststellungen:
1.1. Die beschwerdeführende Partei brachte am 19.02.2024 einen Antrag auf Befreiung vom ORF-Beitrag für die im Spruch angeführte Anschrift ein.
1.2. Mit Note vom 28.03.2024 forderte die ORF-Beitrags Service GmbH die beschwerdeführende Partei zur Vorlage eines Nachweises eines in § 47 FMGebO angeführten Befreiungstatbestandes sowie aktueller Einkommensnachweise aller haushaltszugehörigen Personen innerhalb einer Frist von zwei Wochen bei sonstiger Zurückweisung des Antrages vom 19.02.2024 auf.
1.3. Die beschwerdeführende Partei reichte mit am 05.04.2024 eingelangtem Schreiben eine Unterhaltsbestätigung nach.
1.4. Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 15.05.2024 wies die ORF-Beitrags Service GmbH den Antrag der beschwerdeführenden Partei „vom 17.01.2024“ betreffend Befreiung vom ORF-Beitrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurück.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen beruhen auf dem Inhalt des Aktes Zl. 00002506967-3H der ORF-Beitrags Service GmbH. Der Sachverhalt konnte aufgrund unbedenklicher Urkunden zweifelsfrei festgestellt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1 Rechtslage:
3.1.1. Gegen von der ORF-Beitrags Service GmbH erlassene Bescheide ist nach § 12 Abs. 3 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Die ORF-Beitrags Service GmbH hat bei den von ihr geführten Verfahren § 12 Abs. 1 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 zufolge das AVG anzuwenden.
3.1.2. § 4a ORF-Beitrags-Gesetz 2024 zufolge sind vom ORF-Beitrag auf Antrag jene Beitragsschuldner zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen.
3.1.3. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG berechtigten Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Mängel eines Anbringens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG sind von sonstigen Unzulänglichkeiten zu unterscheiden, welche im Lichte der anzuwendenden Vorschriften die Erfolgsaussichten beeinträchtigen, jedoch nicht die Vollständigkeit des Anbringens betreffen. Ob es sich bei einer gesetzlich normierten Voraussetzung um einen zur Zurückweisung des Antrags führenden Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG oder um das Fehlen einer Erfolgsvoraussetzung handelt, ist durch Auslegung der betreffenden Norm zu ermitteln (VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0042 mwN). Ein Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG liegt dann vor, wenn ein Anbringen von den für die Partei erkennbaren Anforderungen des Gesetzes an ein vollständiges, fehlerfreies Anbringen abweicht (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/07/0016).
3.1.4. Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen und wird dagegen Beschwerde erhoben, ist Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung. Das Verwaltungsgericht hat allein zu prüfen, ob die inhaltliche Behandlung des Antrags zu Recht verweigert worden ist (statt aller VwGH 21.02.2024, Ra 2023/16/0131).
Mit anderen Worten hat das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Verfahren zu prüfen, ob die ORF-Beitrags Service GmbH eine inhaltliche Entscheidung über den Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 19.02.2024 zu Recht verweigert hat oder ob die beschwerdeführenden Partei in ihrem Recht auf inhaltliche Entscheidung über ihren Antrag verletzt wurde. Ob die beantragten Befreiungen zu gewähren sind, kann im gegenständlichen Verfahren aufgrund der auf die Frage der Zulässigkeit der Zurückweisung eingeschränkten Kognitionsbefungnis des Verwaltungsgerichtes nicht abschließend geklärt werden.
3.2. In der Sache:
3.2.1. Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge regeln die §§ 47 bis 49 FMGebO, auf die § 4a ORF-Beitrags-Gesetz 2024 hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Befreiung von den Rundfunkgebühren verweist, nur, auf welcher Grundlage Bezieher staatlicher Unterstützung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren befreit werden können und dass diese an der Ermittlung der Anspruchsvoraussetzungen mitzuwirken haben. Sie enthalten hingegen keine Regelung dahingehend, dass bei Nichtvorlage bestimmter Unterlagen die Zulässigkeit eines Anbringens nicht gegeben wäre.
Die Anordnung in § 51 Abs. 1 FMGebO, die „gemäß § 50 erforderlichen Nachweise“ anzuschließen, ist angesichts des Umstandes, dass in § 50 FMGebO keine konkreten Belege oder Urkunden genannt sind, die für den Nachweis erforderlich wären, nicht geeignet, eine ausdrückliche Anordnung in dem Sinn darzustellen, dass das Fehlen eines bestimmten, von der Behörde im Einzelfall für erforderlich erachteten Nachweises als Fehlen einer erforderlichen Beilage im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG gedeutet werden könnte (VwGH 16.11.2022, Ra 2020/15/0040). Dies gilt nach der Rechtsprechung selbst für den Fall des unterbliebenen Nachweises des Vorliegens eines in § 47 FMGebO angeführten Befreiungstatbestandes (VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0042).
3.2.2. Folglich bezieht sich die Aufforderung der ORF-Beitrags Service GmbH vom 28.03.2024, Nachweise über das Vorliegen einer im Gesetz genannten Anspruchsgrundlage vorzulegen, auf keine verbesserungsfähigen Mängel des gegenständlichen Antrages im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG. Die belangte Behörde hätte anstelle eines Mängelbehebungsauftrages die allenfalls erforderliche Nachreichung fehlender Unterlagen im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Antragstellers zu verlangen und in weiterer Folge in der Sache zu entscheiden gehabt, anstatt eine Sachentscheidung zu verweigern. Zu einer Zurückweisung des Antrags vom 19.02.2024 war die belangte Behörde ausweislich der zitieren Rechtsprechung nicht befugt. Dem Verbesserungsauftrag vom 28.03.2024 kann darüber hinaus auch nicht hinreichend konkret entnommen werden, welche näheren Nachweise über das Vorliegen einer im Gesetz genannten Anspruchsgrundlage die beschwerdeführende Partei hätte vorliegen müssen. Ein Verbesserungsauftrag muss der Rechtsprechung zufolge konkret sein und eine unmissverständliche Aufforderung enthalten, welche Mängel zu beheben sind (VwGH 23.05.2023, Ra 2022/06/0031). Diesem Erfordernis entspricht der Wortlaut des Verbesserungsauftrages nicht, da nur beispielhaft aufgezeigt wird, welche Nachweise vorgelegt werden könnten und der erläuternde Text „Anspruchsgrundlage (z.B. Rezeptgebührenbefreiung) und monatliches Nettoeinkommen ab 01.01.2024 nachreichen“ wenig erhellend ist und eine Anspruchsgrundlage nicht nachgerecht werden kann (allenfalls ein diesbezügliches Beweismittel). Der vorliegende Verbesserungsauftrag genügt somit den in der Rechtsprechung konkretisierten Anforderungen nicht, er stellt demnach auch keine taugliche Grundlage für eine spätere Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrages dar.
Darüber hinaus fällt ins Gewicht, dass die beschwerdeführende Partei sehr wohl auf den Verbesserungsauftrag vom 27.02.2024 reagiert und ein Beweismittel in Vorlage gebracht hat, das die beschwerdeführende Partei offenbar für ausreichend hält. Mit dieser Vorlage intendierte die beschwerdeführende Partei im Zweifel den Nachweis eines Anspruches gemäß § 47 Abs. 1 Z. 7 FMGebO. Sollte die belangte Behörde die Rechtsansicht vertreten, dass der vorgelegte Nachweis aus rechtlichen Erwägungen nicht hinreicht, wäre darüber jedenfalls eine Entscheidung in der Sache selbst zu treffen gewesen, auch um den Instanzenzug für eine Entscheidung in der Sache zu eröffnen.
3.2.3. Der angefochtene Bescheid verletzt die beschwerdeführende Partei ausweislich der vorstehenden Erwägungen in ihrem Recht auf Entscheidung in der Sache (VwGH 19.07.2023, Ra 2023/05/0003). Der dagegen erhobenen Beschwerde ist somit gemäß § 28 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) iVm § 13 Abs. 3 AVG und § 51 Abs. 1 FMGebO Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben. Als Folge der Aufhebung des Bescheides tritt das Verfahren in den Zustand vor Bescheiderlassung zurück und es ist der verfahrenseinleitende Antrag der beschwerdeführenden Partei (wieder) unerledigt.
Die ORF-Beitrags Service GmbH hat das Verfahren unter Abstandnahme vom herangezogenen Zurückweisungsgrund weiterzuführen und zu prüfen, ob in Ansehung der beschwerdeführenden Partei die Voraussetzungen für die Befreiung von der Beitragspflicht nach dem ORF-Beitragsgesetz vorliegen. In weiterer Folge wird über den Antrag neuerlich – in der Sache – zu entscheiden sein.
3.3. Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung:
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG abgesehen werden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen und vorstehend zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen darüber hinaus wie hier klar und eindeutig, liegt jedenfalls keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor (VwGH 12.11.2020, Ra 2020/16/0159).