Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, zur Beschwerde vom 20. März 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 19. März 2024 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:
I. Die Beschwerde wird an das vorlegende Finanzamt Österreich zurückgeleitet, da kein Vorlageantrag eingebracht wurde. Die Parteien werden hierüber gemäß § 281a BAO formlos in Kenntnis gesetzt.
II. Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.
Der Einkommensteuerbescheid 2023 vom 19. März 2024 wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht mit Beschwerde vom 20. März 2024 bekämpft. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 28. März 2024 wurde diese als unbegründet abgewiesen. Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung erfolgte nachweislich am gleichen Tag elektronisch in der Databox von FinanzOnline.
Am 19. März 2025 brachte die Beschwerdeführerin mittels FinanzOnline eine Beschwerde gemäß § 243 BAO ein. Angeführt waren als Art des Bescheides "Strom", als Zeitraum "2023", als Bescheiddatum "14.03.2025" und als Text "Hohe Nachzahlung". Eingefügt war ein Screenshot vom einem Smartphone, das eine Jahresabrechnung 2023 der XY GmbH an die Beschwerdeführerin zeigt. Aus dieser geht eine Forderung dieser Gesellschaft in Höhe von 3.379,07 € hervor.
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes.
Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann nach § 264 Abs 1 BAO innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden.
Zuständig zu einer Entscheidung (in der Sache) ist das Bundesfinanzgericht daher im Regelfall nur dann, wenn zuvor bereits die Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung entschieden hat und dagegen ein Vorlageantrag erhoben wurde (vgl VwGH 29.1.2015, Ro 2015/15/0001; 07.04.2022, Ro 2021/13/0009).
Die belangte Behörde hat das Anbringen vom 19. März 2025 als Vorlageantrag qualifiziert und gleichsam im Vorlagebericht beantragt, das Bundesfinanzgericht möge diesen als verspätet eingebracht zurückweisen.
Für das Bundesfinanzgericht steht jedoch fest, dass die Beschwerdeführerin damit allerdings keinen Vorlageantrag erklärte.
"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Beurteilung von Parteianträgen nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes. Maßgebend für die Wirksamkeit einer Prozesserklärung ist das Erklärte, nicht das Gewollte. Allerdings ist das Erklärte der Auslegung zugänglich. Parteierklärungen sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, d.h. es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt." (VwGH 29.07.2020, Ra 2020/13/0046 mwN)
Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer Erklärung weder den Einkommensteuerbescheid noch die Beschwerdevorentscheidung bezeichnet, auch das "Bescheiddatum" ist keinem dieser Bescheide zuordenbar. Dagegen wählte sie als Art des Bescheides "Strom" und fügte als Text "Hohe Nachzahlung" hinzu. Ein lediglich entfernter Anknüpfungspunkt ergibt sich durch die Nennung des Zeitraums "2023". Insbesondere begehrte die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht die Vorlage an das Bundesfinanzgericht oder die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht. Jedenfalls könnte, wenn ein Bezug zum Einkommensteuerverfahren 2023 überhaupt herstellbar ist, sie auch andere Rechtsbehelfe oder Verfahrenstitel beabsichtigt haben.
Dies festzustellen, obliegt der belangten Behörde, ohne der Beschwerdeführerin ihre Rechtsverteidigungsmöglichkeiten zu nehmen, zB ob ein Antrag gemäß § 299 BAO oder ein auf einen anderen Verfahrenstitel gestützter Antrag vorliegt. Gegebenenfalls wird die belangte Behörde dann über diesen Antrag entscheiden müssen (vgl BFG 02.09.2024, RV/6100295/2024). Diese Möglichkeiten zur Rechtsverteidigung hat die Behörde jedoch durch die Annahme, es liege ein - nicht fristgerecht - eingebrachter Vorlageantrag vor, jedenfalls genommen.
Das Bundesfinanzgericht gelangt daher zur Auffassung, dass nach objektivem Erklärungswert kein Vorlageantrag gestellt wurde und sich das Bundesfinanzgericht für unzuständig hält.
Gemäß § 281a BAO hat das Verwaltungsgericht, wenn es nach einer Vorlage ( § 265 BAO) zur Auffassung gelangt, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde, die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen.
Der Gesetzgeber (Erläuterungen zur Regierungsvorlage 190 BlgNR 26. GP 56) geht davon aus, dass in den genannten Fällen das Verwaltungsgericht die vorgelegte Beschwerde an die Abgabenbehörde ohne unnötigen Aufschub zurückschicken soll. § 281a BAO sieht in diesem Zusammenhang (lediglich) die ausdrückliche Verpflichtung des Verwaltungsgerichts vor, die Parteien über diese Weiterleitung zu verständigen (vgl VwGH 20.09.2023, Ro 2023/13/0015, mwN).
Die Weiterleitung (Rückleitung) der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht ist als verfahrensleitender Beschluss anzusehen. Wenn § 281a BAO vorsieht, dass die Verständigung "formlos" erfolgen soll, so ist dies dahin zu verstehen, dass eine bestimmte Form hiefür nicht vorgesehen ist. Zweckmäßig erfolgt diese Verständigung dadurch, dass eine Ausfertigung des verfahrensleitenden Beschlusses (samt Begründung, in der die Ansicht des Bundesfinanzgerichts dargelegt wird) den Parteien zugestellt wird (vgl VwGH 20.09.2023, Ro 2023/13/0015, mwN).
Die Weiterleitung (Rückleitung) der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht ist als verfahrensleitender Beschluss anzusehen (vgl VwGH 20.09.2023, Ro 2023/13/0015, mwN). Gegen verfahrensleitende Beschlüsse des Verwaltungsgerichts (vgl auch - zur Abgrenzung von sofort anfechtbaren Beschlüssen - VwGH 15.12.2022, Ro 2022/13/0031, mwN) ist nach § 25a Abs 3 VwGG eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.
Verneint das Bundesfinanzgericht nach der Vorlage der Beschwerde zu Unrecht seine Zuständigkeit, weil es fälschlich annimmt, es fehle (ohne Rechtfertigung durch eine der Ausnahmen des § 262 Abs 2 bis 4 BAO) an einer (wirksam zugestellten) Beschwerdevorentscheidung oder es sei kein Vorlageantrag (wirksam) eingebracht worden, und unterlässt es daher die Erledigung der Beschwerde, so steht beiden Parteien (vgl zur Amtspartei VwGH 06.04.2016, Fr 2015/03/0011) des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht der Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof offen (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/13/0010).
Wien, am 24. Oktober 2025
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