IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pagitsch in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom 5. Oktober 2018 gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratssabteilung 6,Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom 20. September 2018 betreffend aushaftender Abgabenschuldigkeiten der ***Firma1***, Zahl ***Zahl1***, zu Recht erkannt:
I.) Der Beschwerde wird gem. § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftungsinanspruchnahme auf Kommunalsteuer 11/2017 iHv € 562,85 und Kommunalsteuer 12/2017 iHv € 921,73 eingeschränkt. Der Haftungsbetrag reduziert sich daher von ursprünglich € 1.888,96 auf € 1.484,58.
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}II.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Schreiben vom 23.8.2018 wurde dem Beschwerdeführer die Gelegenheit gegeben hinsichtlich einer möglichen Haftungsinanspruchnahme als Geschäftsführer der ***Firma1*** betreffend Kommunalsteuer 1-12/2017 samt Säumniszuschlag iHv € 2.182,96 Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer erstatte keine Stellungnahme.
Mit Bescheid vom 20.9.2018 wurde der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der ***Firma1*** für Kommunalsteuer 1-12/2017 iHv € 1.846,16 samt Säumniszuschlag iHv € 42,80 zur Haftung herangezogen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 5.10.2018 - nach erfolgter Mängelbehebung - Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen damit, dass durch die Konkurseröffnung die beabsichtigte Veräußerung des Standortes ***Ort*** nicht mehr möglich gewesen sei, die Konkurseröffnung ohne seine Stellungnahme erfolgt sei, bei einer Veräußerung aber die gänzliche Begleichung des offenen Betrages in Aussicht gestellt worden sei und er als Geschäftsführer seine auferlegten Pflichten nicht schuldhaft verletzt habe, sondern immer im Interesse der Gesellschaft gehandelt habe.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.11.2018 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, da - zusammenfassend - die streitgegenständliche Kommunalsteuer weit vor der Konkurseröffnung fällig gewesen sei.
Nach gewährter Fristerstreckung brachte der Beschwerdeführer am 15.1.2019 einen Vorlageantrag ein und führte als Begründung im Wesentlichen aus, dass es stimme, dass die Abgaben einige Zeit vor Konkurseröffnung fällig gewesen seien, eine zögerliche Zahlung in Krisensituationen aber durchaus ein Mittel sei, eine Firma wieder in das richtige Gleis zu bringen und er unverschuldet bei der Konkurseröffnung nicht teilnehmen habe können, sodass er den Konkurs nicht verhindern habe können, wodurch auch der Verkauf obsolet geworden sei.
Mit Vorlagebericht vom 4.4.2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt wesentlicher Aktenteile dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Mit E-Mail vom 26.8.2025 teilte die belangte Behörde auf Anfrage im Wesentlichen mit, dass sich aufgrund von Zahlungen im Abschöpfungsverfahren der Haftungsbetrag auf € 1.484,58 reduziert habe, sich die Kommunalsteuer auf die Monate November und Dezember beziehe, eine Gläubigergleichbehandlung nicht behauptet worden sei, sondern nur auf den versuchten Verkauf der Gesellschaft samt Problemen hingewiesen worden sei und daher die Haftungsinanspruchnahme in diesem Umfang zu Recht erfolgt sei.
Mit Beschluss vom 29.8.2025 wurde dem Beschwerdeführer die Stellungnahme der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit eingeräumt den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung zu erbringen.
Am 10. bzw. 17.9.2025 teilte die Tochter des Beschwerdeführers unter Vorlage einer Vollmachtsurkunde mit, dass ihr Vater über 82 Jahre alt sei und an Demenz leide, sodass sie seine Angelegenheiten regeln müsse. Aufgrund seiner Erkrankung könne er die Sache nicht mehr nachvollziehen und seien auch keine Unterlagen mehr vorhanden. Zudem fehle es auch an finanziellen Mitteln, sodass sie sich über eine nachsichtige Lösung freuen würde.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen
Festgestellter Sachverhalt
Der Beschwerdeführer war vom ***Datum1*** bis zur Konkurseröffnung am ***Datum2*** alleiniger Geschäftsführer der ***Firma1***. Die Gesellschaft wurde infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst, der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben und die Firma am ***Datum3*** gem. § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.
Mit Bescheid vom 20.9.2018 wurde der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der ***Firma1*** für Kommunalsteuer 1-12/2017 iHv € 1.846,16 samt Säumniszuschlag iHv € 42,80 zur Haftung herangezogen.
Im Zuge des Abschöpfungsverfahrens kam es hinsichtlich des streitgegenständlichen Haftungsbetrages zu Zahlungen iHv € 404,38, sodass Kommunalsteuer 11/2017 iHv € 562,85 und Kommunalsteuer 12/2017 iHv € 921,73 noch aushaften und bei der ***Firma1*** aufgrund der Restschuldbefreiung uneinbringlich sind. Die Kommunalsteuer 11/2017 und 12/2017 wurde von der ***Firma1*** zwar fristgerecht gemeldet, allerdings nicht bis zu den jeweiligen Fälligkeitstagen entrichtet. Die Primärschuldnerin verfügte zu den jeweiligen Fälligkeitstagen über liquide Mittel.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen der belangten Behörde, insbesondere aus dem Haftungsbescheid vom 20.9.2018, den Kontoinformationen der ***Firma1***, dem Firmenbuchauszug zu ***Zahl2*** und dem Schreiben der belangten Behörde vom 28.8.2025 und wird von den Parteien nicht bestritten. Dass liquide Mittel im Zeitraum 15.12.2017 bis 15.1.2018 vorhanden waren, ergibt sich für das Gericht alleine schon daraus, dass in diesem Zeitraum Aufwendungen für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes getätigt und Löhne ausbezahlt worden sind.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Gem. § 11 Abs. 2 KommStG 1993 ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monats (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.
Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gem. § 6a KommStG 1993 neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.
Gem. § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gem. § 224 Abs. 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht.
Voraussetzung für die Inanspruchnahme als Haftender ist eine Abgabenforderung gegen die vertretene Gesellschaft, deren Zahlungstermin in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt, eine erschwerte Einbringlichkeit der Abgabenforderung, die Stellung des Geschäftsführers als Vertreter, eine abgabenrechtliche Pflichtverletzung des Vertreters, ein Verschulden des Vertreters an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit der Abgabe.
Da der Beschwerdeführer vom ***Datum1*** bis ***Datum2*** alleiniger Geschäftsführer der ***Firma1*** war, ist dieser aufgrund des § 18 GmbHG ein Vertreter iSd der §§ 80 ff BAO. Ihm oblag es daher die abgabenrechtlichen Pflichten der Primärschuldnerin in diesem Zeitraum wahrzunehmen.
Da die belangte Behörde mitteilte, dass zwischenzeitig nur mehr Kommunalsteuer 11/2017 iHv € 562,85 und Kommunalsteuer 12/2017 iHv € 921,73 aushaften, beschränkt sich die weitere Prüfung auf diese bei der Primärschuldnerin mittlerweile uneinbringlich gewordenen Abgabenforderungen.
Voraussetzung für die Geltendmachung der Haftung nach den oben genannten Bestimmungen ist, dass die Einbringung der Abgabe bei der Primärschuldnerin nicht ohne Schwierigkeiten möglich ist. Im Gegensatz zu § 9 BAO fordern die einschlägigen Bestimmungen daher nicht die Uneinbringlichkeit der Abgabe, sondern es reicht aus, dass die Einbringung nicht ohne Schwierigkeiten möglich ist. Es reicht somit bereits das Vorliegen eines typisierten Gefährdungstatbestandes wie etwa das im Gesetz genannte Kriterium der Eröffnung eines Insolvenzverfahren über den Vertretenen aus (vgl. Pinetz, Haftung von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern im Kommunalsteuerrecht, in Althuber, Geschäftsführer- und Vorstandshaftung im österreichischen Steuerrecht, 214). Da am ***Datum2*** über das Vermögen der Primärschuldnerin der Konkurs eröffnet wurde und mit einem Abschöpfungsverfahren mit Restschuldbefreiung am 23.12.2021 beendet wurde, steht im Beschwerdefall sogar die Uneinbringlichkeit der Kommunalsteuer 11/2017 iHv € 562,85 und Kommunalsteuer 12/2017 iHv € 921,73 fest.
Die Haftung erstreckt sich darüber hinaus nur auf Abgaben, deren Zahlungstermin (zB Fälligkeitszeitpunkt) in die Zeit der Vertretungstätigkeit fällt. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (zB VwGH 31.10.2000, 95/15/0137; VwGH 25.11.2009, 2007/15/0277). Bei Selbstbemessungsabgaben (wie hier die Kommunalsteuer) ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (vgl. VwGH 16.9.2003, 2000/14/0106; VwGH 22.4.2015, 2013/16/0208); maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird (VwGH 25.1.1999, 94/17/0229; VwGH 23.1.2003, 2001/16/0291). Wird ein Geschäftsführer wie hier zur Haftung für Kommunalsteuer für den Zeitraum 1-12/2017 herangezogen, ist eine Aufgliederung, welche Beträge auf welchen Monat entfallen, im Haftungsbescheid erforderlich (vgl VwGH 26.5.2021, Ra 2020/13/0073). Die belangte Behörde hat im Zuge des Beschwerdeverfahrens klargestellt, dass sich die haftungsrelevante Kommunalsteuer auf die Monate November und Dezember 2017 bezieht und ist der Beschwerdeführer dieser Aufgliederung nicht entgegengetreten. Im Spruch dieser Entscheidung wurden daher entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Haftungsbeträge konkretisiert und die monatlichen Beträge dargestellt.
Zudem war dahingehend festzustellen, dass die haftungsgegenständliche Kommunalsteuer gem. § 11 Abs. 2 KommStG 1993 jeweils am 15. des folgenden Monats fällig waren, somit für November 2017 am 15.12.2017 und für Dezember 2017 am 15.1.2018. Wie den festgestellten Sachverhalt entnommen werden kann, fallen sämtliche Fälligkeitszeitpunkte betreffend Kommunalsteuer für die Monate 11/2017 bis 12/2017 in den Zeitraum der Geschäftsführungstätigkeit des Beschwerdeführers bei der ***Firma1***.
Darüber hinaus ist für die Haftung nach § 6a Abs. 1 KommStG 1993 die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten erforderlich (zB VwGH 18.10.1995, 91/13/0037; VwGH 2.7.2002, 96/14/0076). Zu den abgabenrechtlichen Pflichten gehören vor allem die Abgabenentrichtung aus den Mitteln, die der Vertreter verwaltet, die Führung gesetzmäßiger Aufzeichnungen, die zeitgerechte Einreichung von Abgabenerklärungen und die Offenlegungs- und Wahrheitspflicht. Es ist unstrittig, dass die streitgegenständlichen Kommunalsteuern nicht zum Fälligkeitszeitpunkt entrichtet wurden, sodass eine abgabenrechtliche Pflicht verletzt wurde. Die schuldhafte Pflichtverletzung liegt somit jeweils in der Nichtentrichtung einer monatlich selbst zu bemessenden Abgabe (Kommunalsteuer) bei deren Fälligkeit am 15. des nächstfolgenden Monats.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht bei der Frage, ob der Vertreter schuldhaft eine Abgabenpflicht verletzt hat, eine qualifizierte Mitwirkungspflicht des Vertreters. Der Vertreter hat dabei darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten nicht möglich war. Andernfalls kann eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden (vgl. VwGH 18.3.2013, 2011/16/0184; VwGH 19.5.2015, 2013/16/0016). In diesem Zusammenhang muss der Vertreter allerdings keinen negativen Beweis dafür vorbringen, dass keine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegt, sondern lediglich eine konkrete, schlüssige Darstellung der Gründe, die einer rechtzeitigen Abgabenentrichtung im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgaben entgegengestanden sind (vgl. VwGH 4.4.1990, 89/13/0212; VwGH 27.10.2008, 2005/17/0259). Diese Rechtsprechung hat der VwGH auch auf die Haftungsbestimmungen für die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe übertragen (VwGH 30.1.2014, 2013/16/0229).
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine schuldhafte Verletzung der dem Vertreter auferlegten abgabenrechtlichen Pflichten ausgeschlossen, wenn dem Abgabenschuldner im Fälligkeitszeitpunkt der Abgaben die notwendigen liquiden Mittel fehlen (vgl. VwGH 16.12.1986, 86/14/0077, VwGH 29.5.1996, 95/13/0236). In einem solchen Fall trifft den Vertreter lediglich die Pflicht für die Abgabenentrichtung aus den vorhandenen Mittel der Gesellschaft zu sorgen (vgl. VwGH 26.6.2007, 2004/13/0032). Der Vertreter, der Abgabenschulden bei Fälligkeit nicht vollständig entrichtet, verstößt nicht gegen die Gleichbehandlungspflicht, wenn die Mittel, die ihm zur Verfügung stehen, nicht für die Begleichung aller Verbindlichkeiten des Vertretenen ausreichen, er aber die Abgabenschulden im Vergleich zur Summe der anderen Verbindlichkeiten nicht schlechter behandelt und sie diesem Verhältnis entsprechend anteilig erfüllt (vgl. VwGH 28.5.1986, 84/13/0246; VwGH 18.10.1995, 91/13/0037). Eine Benachteiligung des Abgabengläubigers liegt vor, wenn Schuldtilgungen nur hinsichtlich anderer als der Abgabenschulden vorgenommen werden (VwGH 13.3.1997, 96/15/0128). Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung auch auf Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs erforderlich sind (vgl. VwGH 30.10.2001, 98/14/0142; VwGH 28.5.2008, 2006/15/0322). Gegen das Gebot der Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger kann auch verstoßen werden, wenn zB Löhne und Gehälter geleistet werden, die Abgabenschulden aber unberücksichtigt bleiben (vgl. VwGH 27.8.2008, 2006/15/0279).
Gegenständlich konnte der Beschwerdeführer die geforderte taugliche Liquiditätsaufstellung und den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung nicht erbringen. Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung des Beschwerdeführers bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden somit nicht in Betracht (VwGH 21.1.1991, 90/15/0055).
Die Haftungsinanspruchnahme setzt eine Kausalität zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung und dem Abgabenausfall voraus. Wie zuvor dargestellt, geht das Bundesfinanzgericht von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Beschwerdeführers aus. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes spricht bei schuldhafter Pflichtverletzung die Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgabe, (vgl. VwGH 28.2.2014, 2012/16/0001; VwGH 27.5.2020, Ra 2020/13/0027). Es haben sich zudem im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht keine Anhaltspunkte ergeben, die darauf hindeuten könnten, dass die oben beschriebene Pflichtverletzung des Beschwerdeführers nicht kausal für die Uneinbringlichkeit der Abgabe gewesen ist.
Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist (VwGH 25.6.1990, 89/15/0067).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB VwGH 3.9.2008, 2006/13/0159; VwGH 16.10.2014, Ro 2014/16/0066) ist dem Element der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit im Rahmen der behördlichen Ermessensübung besondere Bedeutung beizumessen. Ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder der Feststellung der erschwerten Einbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung andererseits ist ein Umstand, den die Abgabenbehörde bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht lassen darf. Ein solcher Umstand kann jedoch auch lediglich einer von mehreren Gesichtspunkten sein, die im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen sind. Inwieweit dieser Gesichtspunkt beim Ermessen Berücksichtigung findet, hängt vom Einzelfall ab (zB VwGH 2.12.2020, Ra 2020/13/0095; VwGH 19.5.2021, Ra 2019/13/0046; BFG 30.6.2021, RV/7105704/2018).
Eine Unbilligkeit angesichts lange verstrichener Zeit die eine Reduktion des Haftungsbetrages im Ermessen rechtfertigt, ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht gegeben. Im vorliegenden Fall sind Gegenstand der Haftung des Geschäftsführers frühestens im Dezember 2017 fällige Abgabenschulden. Der betreffende Haftungsbescheid wurde am 20.8.2018 erlassen. Zwischen der Eröffnung des Konkursverfahrens über die Primärschuldnerin am ***Datum2*** und der Erlassung des Haftungsbescheides liegt somit nur knapp ein halbes Jahr. Darin ist noch kein langer Zeitraum zu erblicken (vgl. etwa VwGH 15.6.2023, Ra 2021/13/0156; VwGH 28.6.2016, 2013/17/0829).
Die vom Beschwerdeführer (bedauerlicherweise) aufgezeigte schwierige persönliche und finanzielle Situation, steht in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung, sodass deswegen keine (teilweise) Abstandnahme von der Haftungsinanspruchnahme zulässig ist (vgl. VwGH 25.6.1990, 89/15/0067; VwGH 28.5.2008, 2006/15/0089). Zudem ist die Inanspruchnahme der Haftung in Ausübung des Ermessens mit dem derzeitigen, im Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides vorhandenen Vermögen nicht begrenzt (VwGH 9.11.2011, 2011/16/0070). Selbst der Umstand, dass eine Haftungsschuld letztlich nur zum Teil eingebracht werden kann, steht deren (ungekürzten) Geltendmachung nicht entgegen (BFG 31.7.2014, RV/5101346/2011). Mögliche Einbringungsschwierigkeiten sind daher im Wege des Einbringungsverfahren zu klären, für welches die belangte Behörde zuständig sein wird.
Vom Beschwerdeführer wurden darüber hinaus keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Ermessensübung bewirken hätten können.
Im Ergebnis erfolgte aufgrund der oben ausgeführten Erwägungen daher die Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als Haftungspflichtiger für die im Spruch angeführten Abgabenschuldigkeiten der ***Firma1***.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Über die sich im gegenständlichen Fall stellende Rechtsfrage der Heranziehung des organschaftlichen Vertreters einer GmbH zur Haftung für deren Abgabenschulden wurde im Sinne der oben wiedergegebenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entschieden. Darüber hinaus hing die Entscheidung von auf Ebene der Beweiswürdigung zu klärenden Sachfragen ab. Eine Revision ist daher unzulässig.
Wien, am 23. September 2025