BundesrechtInternationale VerträgeÜbereinkommen zwischen Österreich und Italien zur Förderung der kulturellen Beziehungen

Übereinkommen zwischen Österreich und Italien zur Förderung der kulturellen Beziehungen

In Kraft seit 04. November 1954
Up-to-date

Artikel 1.

Art. 1

Die italienische Regierung eröffnet in Wien wieder das italienische Kulturinstitut, das schon im Vertrag vom 2. Februar 1935 vorgesehen war und das die Aufgabe haben wird, die gesamte Tätigkeit in bezug auf die Verbreitung und Vertiefung der Kenntnis der italienischen Kultur und des italienischen Lebens in der Vergangenheit und in der Gegenwart in Österreich zu fördern und zusammenzufassen und solcherart die österreichisch-italienischen Beziehungen auf dem Gebiete der Wissenschaft, der Literatur und der Künste zu fördern.

Artikel 2.

Art. 2

Die österreichische Bundesregierung wird das seinerzeit aus der Erweiterung des österreichischen Historischen Institutes in Rom hervorgegangene österreichische Kulturinstitut in Rom wieder ins Leben rufen, das in Italien eine Tätigkeit zu entfalten haben wird, die jener des im vorigen Artikel genannten italienischen Kulturinstitutes in Wien entspricht und das so seinerseits die österreichisch-italienischen Beziehungen auf dem Gebiete der Wissenschaft, der Literatur und der Künste fördern wird.

Von der italienischen Regierung wird die im Übereinkommen vom 2. Februar 1935 für die Stätte des österreichischen Kulturinstitutes in Rom festgelegte Schenkung bestätigt.

Artikel 3.

Art. 3

Jede der beiden Regierungen wird sich des eigenen Kulturinstitutes als Organ zur Zusammenfassung und Durchführung der im vorliegenden Übereinkommen vorgesehenen Aufgaben sowie für jede sonstige einvernehmliche Initiative bedienen können, die darauf abzielt, die kulturellen Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu vertiefen.

Die beiden Regierungen sichern sich gegenseitig zu, dem Kulturinstitut des anderen Staates die größtmöglichen Erleichterungen zu gewähren, um die Erreichung der erwähnten Zwecke in jeder Hinsicht zu fördern.

Artikel 4.

Art. 4

Jede der beiden Regierungen gesteht dem Kulturinstitut des anderen Staates folgende Abgabenerleichterungen zu:

1. Die Befreiung von allen wie immer benannten Abgaben (staatliche, regionale, Landes-, Gemeinde- und jeder sonstigen Körperschaft), ob es sich um wiederkehrende oder einmalige handelt, denen die Wiederaufnahme des Betriebes, die Organisation und die in den vorausgehenden Artikeln dieses Vertrages näher angeführte Tätigkeit der Kulturinstitute unterliegen würden;

2. die Befreiung der Immobilien, die für die Zwecke der Kulturinstitute verwendet werden, von den Realsteuern;

3. die Befreiung von der Zahlung von Zöllen und sonstigen Einfuhrgebühren, soweit ihnen die Einrichtung der Kulturinstitute sowie ihr Ausbildungs-, Studien- und wissenschaftliches Material unterliegen würden.

Artikel 5.

Art. 5

Die österreichische Bundesregierung wird an der Universität Wien eine zu vereinbarende Lehrkanzel wieder errichten, die mit einem, von der italienischen Regierung vorgeschlagenen und von der österreichischen Bundesregierung auf Grund der bestehenden Vorschriften zum „Gastprofessor“ ernannten, italienischen Hochschullehrer besetzt werden wird.

In reziproker Weise wird die italienische Regierung an der Universität Rom einen österreichischen Hochschullehrer für eine zu vereinbarende Lehrkanzel zum Professor „incaricato“ ernennen.

Die beiden Regierungen werden fallweise Vereinbarungen zur eventuellen Errichtung anderer außerordentlicher Lehrkanzeln auch an anderen Universitäten der beiden Staaten treffen.

Artikel 6.

Art. 6

Indem die beiden Regierungen es für angezeigt erachten, die wechselseitige Errichtung von Lektoraten an den Universitäten und anderen Hochschulen der beiden Länder zu fördern, vereinbaren sie im Gegenstande nachstehendes:

Soweit die italienische Regierung bei der Auswahl der Lektoren für die deutsche Sprache nicht Staatsangehörige der Republik vorsieht, wird sie, von der österreichischen Bundesregierung namhaft gemachte Kandidaten in Betracht ziehen, und zwar in einem angemessenen Verhältnis, das von der in Artikel 16 genannten gemischten Kommission festgesetzt werden wird;

soweit die österreichische Bundesregierung bei der Auswahl der Lektoren für die italienische Sprache nicht eigene Staatsangehörige vorsieht, wird sie die von der italienischen Regierung vorgeschlagenen Kandidaten in Betracht ziehen.

Artikel 7.

Art. 7

Die beiden Regierungen werden den Austausch von Studierenden der Hochschulen sowohl während des Studienjahres wie auch während der Ferien sowie jenen der Schüler mittlerer Lehranstalten während der Ferien nach Maßgabe der Verhältnisse und der praktischen Möglichkeiten in den beiden Ländern fördern. Im allgemeinen, besonders während der Ferien, soll der Austausch von Gemeinschaftsbesuchen von Lehrpersonen und Studenten gefördert werden, insoweit sie als geeignet erscheinen, zur Vertiefung der gegenseitigen Kenntnis der Kultur der beiden Länder beizutragen.

Jeder im vorhergehenden Absatz angeführte Austausch wird im vorhinein für jedes Studienjahr und für jede Ferienzeit vereinbart werden, wobei die Programme und die Art der Durchführung von der in Artikel 16 vorgesehenen gemischten Kommission bestimmt werden, die sich zu diesem Zwecke der Mitarbeit der betreffenden Kulturinstitute bedienen wird.

Die beiden Regierungen werden überdies von Jahr zu Jahr über die geeigneten Maßnahmen zur Förderung der Teilnahme österreichischer Hörer an Ausländeruniversitäten und an in Italien abgehaltenen Sommerkursen für Ausländer, gleicherweise auch über die Teilnahme von italienischen Hörern an Sommerkursen für Ausländer, die in Österreich organisiert würden, eine Vereinbarung treffen.

Artikel 8.

Art. 8

Unter Berücksichtigung der Stellung, die der Unterricht der deutschen Sprache schon derzeit in der Studienordnung in Italien einnimmt, wird sich die österreichische Bundesregierung um die Einführung und Förderung der italienischen Sprache als obligaten oder wahlweise obligaten oder freien Lehrgegenstand an Mittelschulen und mittleren Lehranstalten jeder Art und jeder Type bemühen. In dieser Hinsicht wird besonders den Bedürfnissen der Bevölkerung der an die italienische Republik angrenzenden österreichischen Gebiete Rechnung getragen werden.

Die österreichische Bundesregierung verpflichtet sich weiters, in der Prüfungsordnung für die Lehrbefähigung an Mittelschulen und mittleren Lehranstalten jeder Art und jeder Type die Möglichkeit der Bewerbung um die Lehrbefähigung für die italienische Sprache vorzusehen, sowie die entsprechenden Maßnahmen zu treffen, damit an den österreichischen Universitäten die Vervollkommnung der Ausbildung der Lehramtskandidaten für die italienische Sprache gesichert werde.

Die österreichische Bundesregierung wird im allgemeinen alle geeigneten Maßnahmen treffen, um dem Studium der italienischen Sprache in Österreich jede mögliche Entwicklung zu sichern.

Artikel 9.

Art. 9

Die beiden Regierungen werden sich wechselseitig Mitteilung machen über Prämien, sowie über Studien- und Reisestipendien, die in den beiden Staaten schon bestehen, oder die von öffentlichen Körperschaften oder privaten Vereinigungen geschaffen werden sollten und die zum Ziele haben, die Kenntnis der Sprache, der Künste, der Wissenschaften und jeder anderen Form des kulturellen Lebens des anderen Staates zu fördern. Die beiden Regierungen werden sich über geeignete Mittel verständigen, um derartige Vorkehrungen wirksamer zu gestalten und sie werden den Anspruchsberechtigten auf Grundlage der Gegenseitigkeit die weitestgehenden Erleichterungen zugestehen.

Außerdem werden, immer auf Grundlage der Gegenseitigkeit, Arbeits- und Studienplätze an den wissenschaftlichen Spezialinstituten der beiden Staaten wechselseitig zur Verfügung gestellt werden.

Artikel 10.

Art. 10

Jede der beiden Regierungen verpflichtet sich, auf Grundlage der Gegenseitigkeit, die von den Universitäten und Hochschulen des anderen Landes den respektiven Staatsangehörigen verliehenen akademischen Titel und Grade anzuerkennen, vorbehaltlich jedoch der in jedem der beiden Staaten in den geltenden Gesetzen festgelegten Einschränkungen und Ausnahmen.

Eine zu diesem Zwecke von den betreffenden Regierungen ernannte Kommission von Experten der beiden Länder wird spätestens drei Monate nach Ratifizierung des vorliegenden Übereinkommens ein Verzeichnis der zur gegenseitigen Anerkennung zugelassenen Titel und die diesbezüglichen Bedingungen aufstellen.

Artikel 11.

Art. 11

Die beiden Regierungen werden auf dem Gebiete der bildenden Kunst, der Musik und des Theaters, wie auch auf dem Gebiete des Film- und Rundfunkwesens alle jene Maßnahmen treffen, die zur Vertiefung der Kenntnis des Kunst- und des Geisteslebens in den beiden Ländern im allgemeinen beitragen können.

Dies gilt im besonderen:

a) für die gegenseitige Veranstaltung von Ausstellungen, Konzerten, Auftreten einzelner Künstler und Theatervorstellungen;

b) für eine entsprechende Aufnahme von Rundfunksendungen der beiden Länder in die Programmgestaltung, auch auf Grund von besonderen Abmachungen zwischen den zuständigen Stellen der beiden Staaten;

c) für die möglichste Erleichterung des Austausches von Dokumentar- und Lehrfilmen und besonders von Wochenschauen.

Artikel 12.

Art. 12

Die beiden Regierungen erklären sich bereit, im Geiste der Gegenseitigkeit und in weitestgehender Würdigung der wechselseitigen Interessen sowie in besonderer Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der Geschichtswissenschaften, jeden Vorschlag zu prüfen, welcher dahinzielt, die Archivbestände der beiden Staaten zu ergänzen und der Zerreißung organisch erwachsener Bestände vorzubeugen, ferner deren Erforschung durch damit beauftragte Vertreter der Regierungen oder öffentlicher Anstalten der beiden Staaten oder auch durch private Forscher, die von einer der beiden Regierungen beglaubigt sind, sei es am Orte der Verwahrung, sei es im Leihverkehr, zu gestatten und zu fördern.

Artikel 13.

Art. 13

Die beiden Regierungen werden mit allen Mitteln und auf Grundlage der Gegenseitigkeit den direkten Leihverkehr von Büchern, Handschriften, Partituren und Schallplatten zwischen den Bibliotheken und den Archiven der beiden Staaten zum Nutzen der Studierenden der beiden Länder fördern.

Mit der Vermittlung der im vorstehenden Absatz angeführten Ansuchen um Entlehnung können die im vorliegenden Übereinkommen genannten Kulturinstitute beauftragt werden.

Artikel 14.

Art. 14

Die beiden Regierungen werden in geeignet scheinender Weise wechselseitig die Verbreitung von Zeitungen und periodischen Zeitschriften aller Art, wie auch von bibliographischen Katalogen und Veröffentlichungen fördern. Es wird ferner ein regelmäßiger und umfassender Austausch der amtlichen Veröffentlichungen der beiden Staaten sowie jener der Universitäten, Akademien, wissenschaftlichen Gesellschaften und überhaupt kultureller Körperschaften durchgeführt werden.

Es ist vorgesehen, bei den Kulturinstituten in Rom und in Wien ständige Ausstellungen zu veranstalten, die über die Produktion der österreichischen beziehungsweise italienischen Verlagsanstalten einen Überblick bieten sollen.

Schließlich werden die zuständigen Behörden Übersetzungen österreichischer beziehungsweise italienischer Werke aller Wissensgebiete, unter besonderer Berücksichtigung der klassischen Autoren und hochwertiger literarischer oder wissenschaftlicher Werke, mit größtem Nachdruck veranlassen und fördern. Die Namhaftmachung solcher Werke, deren Übersetzung im gemeinsamen Interesse empfohlen wird, erfolgt durch die in diesem Übereinkommen vorgesehenen Kulturinstitute.

Artikel 15.

Art. 15

Die Gründung und Betätigung kultureller und studentischer Vereinigungen wird gefördert werden, falls sie sich die Aufgabe stellen, an der Entwicklung der kulturellen Beziehungen zwischen den beiden Ländern mitzuwirken.

Artikel 16.

Art. 16

Es wird eine paritätische gemischte Kommission aufgestellt werden, um die Fragen zu lösen, die sich hinsichtlich der Anwendung des vorliegenden Übereinkommens ergeben und um jene Normen festzulegen, die zur praktischen Verwirklichung der oben dargelegten Grundsätze erforderlich sind, sowie um Sondervereinbarungen in die Wege zu leiten, die sich in Hinkunft als zweckmäßig erweisen sollten.

Die gemischte Kommission tritt wenigstens einmal im Jahr, und zwar abwechselnd in Wien und in Rom, zusammen und besteht aus von ihren Regierungen ernannten fünf österreichischen und fünf italienischen Mitgliedern. Fallweise können, gegen vorherige Verständigung des anderen Vertragsteiles, auch Experten zur Teilnahme an den Arbeiten der Kommission berufen werden. Den Vorsitz in der gemischten Kommission wird in Wien ein österreichisches, in Rom ein italienisches Mitglied führen.

Artikel 17.

Art. 17

Das vorliegende Übereinkommen wird ohne zeitliche Begrenzung abgeschlossen und bleibt bis zu seiner Kündigung durch einen der beiden Hohen Vertragschließenden Teile in Kraft. In diesem Falle tritt das Übereinkommen sechs Monate nach erfolgter Notifizierung der Kündigung außer Kraft; die den Kulturinstituten in den Artikeln 1 bis 4 eingeräumten Begünstigungen werden jedoch wechselseitig weitere sechs Monate gewahrt.

Artikel 18.

Art. 18

Das vorliegende Übereinkommen wird sobald als möglich ratifiziert werden und der Austausch der Ratifikationsurkunden wird in Wien erfolgen.

Das Übereinkommen tritt mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten das vorliegende Übereinkommen unterzeichnet.

Ausgefertigt in doppelter Urschrift, in deutscher und italienischer Sprache, mit der Maßgabe, daß beide Texte die gleiche Geltung haben.

Rom, am 14. März 1952.