Bundesrecht
Bundesgesetze
Strafprozeßordnung 1975
§ 100

§ 100Berichte

(1) Die Kriminalpolizei hat Ermittlungen aktenmäßig festzuhalten, sodass Anlass, Durchführung und Ergebnis dieser Ermittlungen nachvollzogen werden können. Die Ausübung von Zwang und von Befugnissen, die mit einem Eingriff in Rechte verbunden sind, hat sie zu begründen.

(2) Die Kriminalpolizei hat der Staatsanwaltschaft schriftlich (Abs. 1) oder im Wege automationsunterstützter Datenverarbeitung zu berichten, wenn und sobald

1. sie vom Anfangsverdacht eines schwer wiegenden Verbrechens, insbesondere eines Verbrechens nach den §§ 278b bis 278e und 278g StGB, oder einer sonstigen Straftat von besonderem öffentlichen Interesse (§ 101 Abs. 2 zweiter Satz) Kenntnis erlangt (Anfallsbericht),

2. eine Anordnung oder Genehmigung der Staatsanwaltschaft oder eine Entscheidung des Gerichts erforderlich oder zweckmäßig ist oder die Staatsanwaltschaft einen Bericht verlangt (Anlassbericht),

3. in einem Verfahren gegen eine bestimmte Person seit der ersten gegen sie gerichteten Ermittlung drei Monate abgelaufen sind, ohne dass berichtet worden ist, oder seit dem letzten Bericht drei Monate vergangen sind (Zwischenbericht),

4. Sachverhalt und Tatverdacht soweit geklärt scheinen, dass eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft über Anklage, Rücktritt von Verfolgung, Einstellen oder Abbrechen des Verfahrens ergehen kann (Abschlussbericht).

(3) Ein Bericht nach Abs. 2 hat – soweit diese Umstände nicht bereits berichtet wurden – insbesondere zu enthalten:

1. die Namen der Beschuldigten, oder, soweit diese nicht bekannt sind, die zu ihrer Identifizierung oder Ausforschung nötigen Merkmale, die Taten, deren sie verdächtig sind, und deren gesetzliche Bezeichnung,

2. die Namen der Anzeiger, der Opfer und allfälliger weiterer Auskunftspersonen,

3. eine zusammenfassende Sachverhaltsdarstellung und das geplante weitere Vorgehen, soweit dieses nicht bereits erörtert oder einer Dienstbesprechung vorbehalten wurde,

4. allfällige Anträge der Beschuldigten oder anderer Verfahrensbeteiligter.

(3a) Die Kriminalpolizei hat der Staatsanwaltschaft auch zu berichten, wenn aus ihrer Sicht kein Anfangsverdacht vorliegt, oder sie Zweifel hat, ob ein Anfangsverdacht vorliegt, zu dessen Aufklärung sie berechtigt und verpflichtet wäre, Ermittlungen zu führen.

(4) Mit jedem Bericht sind der Staatsanwaltschaft, soweit dies noch nicht geschehen ist, alle für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage erforderlichen kriminalpolizeilichen Akten zu übermitteln oder auf elektronischem Weg zugänglich zu machen.

Entscheidungen
6
  • Rechtssätze
    4
  • RS0050205OGH Rechtssatz

    21. Juli 2020·3 Entscheidungen

    Die Gerichtssprache ist gemäß dem Art 8 B - VG und dem § 53 Abs 1 Geo die deutsche Sprache. In einer anderen als der deutschen Sprache abgefasste Rechtsmittelausführungen sind daher - auch wenn ihnen eine beglaubigte Übersetzung in die deutsche Sprache angeschlossen ist - im Sinne des § 285a Z 2 StPO zurückzuweisen, weil sie für den nur der deutschen Sprache kundigen Organwalter unverständlich und daher zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung ungeeignet sind. § 100 StPO bezieht sich nur auf Urkunden, die für die Wahrheitsfindung erheblich sind und die nicht erst von den am Prozess Beteiligten während des Prozesses und für Prozesszwecke geschaffen werden, daher nicht auf Schriftsätze der Parteien und insbesondere nicht auf Rechtsmittelschriften derselben. Dieser Auffassung wird auch durch Art 6 Abs 3 MRK nicht widersprochen, weil diese Vorschrift lediglich die Übersetzung jener gerichtlichen Akte in die Sprache des Angeklagten verlangt, deren Kenntnis für seine Verteidigung erforderlich ist, sowie die Übersetzung seines eigenen Vorbringens in der Hauptverhandlung. Sogar für Angehörige der slowenischen Minderheit, die gemäß dem G vom 19.03.1959 zur Durchführung der die Amtssprache bei Gericht betreffenden Bestimmungen einen Anspruch auf Gebrauch ihrer Sprache vor den im Gesetz genannten Bezirksgerichten haben, ist für die Einbringung von Rechtsmitteln gegen Entscheidungen dieser Bezirksgerichte nach dem § 7 des genannten Gesetzes der Gebrauch der deutschen Sprache vorgeschrieben.

  • 8Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

    01. Februar 2024

    Vertragsänderungsklauseln nach § 365 Abs. 3 Z 2 BVergG 2018 können auch wesentliche Punkte des ursprünglichen Vertrages bzw. der ursprünglichen Rahmenvereinbarung betreffen (vgl. EuGH 7.9.2016, C-549/14, Finn Frogne, Rn. 37). Sie bieten einem öffentlichen Auftraggeber in Bezug auf Umstände, die für ihn bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt vorhersehbar sind, durch Aufnahme in die das Vergabeverfahren regelnden Unterlagen die Möglichkeit, die Bedingungen für die Erfüllung des abzuschließenden Vertrages bzw. der abzuschließenden Rahmenvereinbarung bei Eintreten eines solchen konkreten Umstandes anzupassen, um die andernfalls gemäß § 365 Abs. 1 BVergG 2018 (Art. 72 der Richtlinie 2014/24/EU) erneute Durchführung eines Vergabeverfahrens zu vermeiden. Demgegenüber kann gemäß Art. 72 Abs. 1 lit. c sublit. i der Richtlinie 2014/24/EU ein Auftrag bzw. eine Rahmenvereinbarung ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens geändert werden, wenn die Änderung aufgrund von Umständen erforderlich wurde, die ein seiner Sorgfaltspflicht nachkommender öffentlicher Auftraggeber nicht vorhersehen konnte und die weiteren in diesem Absatz vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind. Unvorhersehbare Umstände sind nach dem Wortlaut des 109. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2014/24/EU externe Umstände, die auch bei einer nach vernünftigem Ermessen sorgfältigen Vorbereitung der ursprünglichen Zuschlagserteilung durch den öffentlichen Auftraggeber unter Berücksichtigung der diesem zur Verfügung stehenden Mittel, der Art und Merkmale des spezifischen Projekts, der bewährten Praxis im betreffenden Bereich und der Notwendigkeit, ein angemessenes Verhältnis zwischen den bei der Zuschlagserteilung eingesetzten Ressourcen und dem absehbaren Nutzen zu gewährleisten, nicht hätten vorausgesagt werden können (vgl. zu alldem EuGH 7.12.2023, C-441/22 und C-443/22, Obshtina Razgrad, Rn. 67, 68, 69, 71, wonach gewöhnliche Wetterbedingungen sowie vorab bekannt gegebene und im Zeitraum der Ausführung des Auftrags geltende gesetzliche Verbote der Durchführung von Bauarbeiten nicht als unvorhersehbare Umstände anzusehen sind).