(1) Der für den Aufgabenbereich Nachrichtendienst zuständigen Organisationseinheit der Direktion obliegt die erweiterte Gefahrenerforschung; das ist die Beobachtung einer Gruppierung, wenn im Hinblick auf deren bestehende Strukturen und auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld damit zu rechnen ist, dass es zu mit schwerer Gefahr für die öffentliche Sicherheit verbundener Kriminalität, insbesondere zu ideologisch oder religiös motivierter Gewalt kommt.
(2) Den für den Aufgabenbereich Staatsschutz zuständigen Organisationseinheiten gemäß § 1 Abs. 3 obliegt der vorbeugende Schutz vor verfassungsgefährdenden Angriffen durch eine Person, sofern ein begründeter Gefahrenverdacht für einen solchen Angriff besteht (§ 22 Abs. 2 SPG).
(3) Ein verfassungsgefährdender Angriff ist die Bedrohung von Rechtsgütern
1. durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer nach §§ 278b bis 278g oder, soweit es der Verfügungsmacht einer terroristischen Vereinigung unterliegende Vermögensbestandteile betrifft, nach § 165 Abs. 3 StGB strafbaren Handlung;
2. durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer nach §§ 274 Abs. 2 erster Fall, 279, 280, 283 Abs. 3 oder in § 278c StGB genannten strafbaren Handlung, sofern diese ideologisch oder religiös motiviert ist;
3. durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer nach §§ 242, 246, 247a oder 247b StGB, dem fünfzehnten Abschnitt des StGB oder nach dem VerbotsG strafbaren Handlung;
4. durch die rechtswidrige und vorsätzliche Verwirklichung des Tatbestandes einer nach §§ 175, 177a, 177b StGB, §§ 79 bis 82 Außenwirtschaftsgesetz 2011 – AußWG 2011, BGBl. I Nr. 26/2011, § 7 Kriegsmaterialgesetz – KMG, BGBl. Nr. 540/1977, § 16 Sanktionengesetz 2024 – SanktG 2024, BGBl. I Nr. 5/2025, nach § 50 Abs. 1a Waffengesetz – WaffG, BGBl. I Nr. 12/1997, nach § 25 Abs. 1 und 2 Investitionskontrollgesetz – InvKG, BGBl. I Nr. 87/2020, nach §§ 103, 124, 316, 319 oder 320 StGB sowie nach dem sechzehnten Abschnitt des StGB strafbaren Handlung;
5. durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer nach §§ 118a, 119, 119a, 126a, 126b oder 126c StGB strafbaren Handlung gegen verfassungsmäßige Einrichtungen und ihre Handlungsfähigkeit (§ 22 Abs. 1 Z 2 SPG) sowie kritische Infrastrukturen (§ 22 Abs. 1 Z 6 SPG).
(4) Soweit ein überwiegendes Interesse an der Erfüllung der Aufgabe nach Abs. 1 oder 2 besteht, können die Organisationseinheiten gemäß § 1 Abs. 3
1. nach Maßgabe des § 23 Abs. 2 Z 1 und 2 sowie Abs. 3 SPG davon Abstand nehmen, gefährlichen Angriffen (§ 16 Abs. 2 und 3 SPG) vorzubeugen oder ein Ende zu setzen, oder
2. kriminalpolizeiliche Ermittlungen aufschieben, wenn mit dem Aufschub keine ernste Gefahr für Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit Dritter verbunden ist.
Die Gründe für den Aufschub oder die Abstandnahme sind zu dokumentieren. Im Fall der Z 2 ist der Staatsanwaltschaft unverzüglich gemäß § 100 StPO zu berichten.
(5) Der Direktor kann die für den Aufgabenbereich Nachrichtendienst zuständige Organisationseinheit der Direktion zur Wahrnehmung einer Aufgabe nach Abs. 2 ermächtigen, wenn
1. sich im Rahmen einer aufrechten erweiterten Gefahrenerforschung (Abs. 1) zugleich eine Aufgabe nach Abs. 2 stellt oder
2. sich diese aufgrund von Informationen von Dienststellen inländischer Behörden, ausländischen Sicherheitsbehörden oder Sicherheitsorganisationen (§ 2 Abs. 2 und 3 PolKG), die einer Verarbeitungsbeschränkung im Sinne des § 9 PolKG unterliegen, ergibt
und dies im Interesse einer raschen oder zweckmäßigen Aufgabenerfüllung liegt. Der Direktor hat den Leiter der Informationsschnittstelle gemäß § 2 Abs. 1 sowie den Rechtsschutzbeauftragten bei Beginn und Ende der Aufgabenwahrnehmung zu informieren.
Rückverweise
SNG · Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz
§ 6 Erweiterte Gefahrenerforschung und Schutz vor verfassungsgefährdenden Angriffen
…Einrichtungen und ihre Handlungsfähigkeit (§ 22 Abs. 1 Z 2 SPG) sowie kritische Infrastrukturen (§ 22 Abs. 1 Z 6 SPG). (4) Soweit ein überwiegendes Interesse an der Erfüllung der Aufgabe nach Abs. 1 oder 2 besteht, können die Organisationseinheiten gemäß § 1…
§ 18a Außerkrafttreten
…§ 6 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 54/2025 tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2029 außer Kraft.…
§ 11 Besondere Bestimmungen für die Ermittlungen
…1) Zur erweiterten Gefahrenerforschung (§ 6 Abs. 1) und zum vorbeugenden Schutz vor verfassungsgefährdenden Angriffen (§ 6 Abs. 2) ist die Ermittlung personenbezogener Daten nach Maßgabe des §…
§ 10 Ermittlungsdienst für Zwecke des Verfassungsschutzes
…1) Die Organisationseinheiten gemäß § 1 Abs. 3 dürfen personenbezogene Daten verarbeiten für 1. die erweiterte Gefahrenerforschung (§ 6 Abs. 1), 2. den vorbeugenden Schutz vor verfassungsgefährdenden Angriffen (§ 6 Abs. 2), 3. die Vorbeugung verfassungsgefährdender Angriffe (§§ 6a…
SPG · Sicherheitspolizeigesetz
§ 57 Zentrale Informationssammlung; Zulässigkeit der Ermittlung, Verarbeitung und Übermittlung
…die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union – EU-JZG, BGBl. I Nr. 36/2004, oder nach § 6 Abs. 3 SNG begehen; 3. gegen den Betroffenen ein Vorführbefehl nach dem Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969, besteht; 4. gegen den Betroffenen ein ausländischer richterlicher Befehl zur…