JudikaturDSB

K121.637/0009-DSK/2010 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
17. Dezember 2010

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. Spenling und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. Heissenberger, Mag. Hutterer, Dr. Souhrada-Kirchmayer, Dr. Rosenmayr-Klemenz und Mag. Zimmer sowie der Schriftführerin Mag. Hajicek in ihrer Sitzung vom 17. Dezember 2010 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Jürgen D*** (Beschwerdeführer) aus E***hausen, vertreten durch Dr. Ludwig H***, Rechtsanwalt in **** M***, vom 27. Juni 2010 gegen die Sicherheitsdirektion Niederösterreich (Beschwerdegegnerin) in St. Pölten wegen Verletzung im Recht auf Löschung in Folge teilweiser Ablehnung des Löschungsbegehrens vom 3. Mai 2010 (hinsichtlich der Daten zum Ermittlungsverfahren Zl. B*/**32*/2008 in den „allgemeinen Protokollen des Landespolizeikommandos für Niederösterreich“ und im Ermittlungsakt) wird entschieden:

- Die Beschwerde wird a b g e w i e s e n.

Rechtsgrundlagen : §§ 1 Abs 2, 3 Z 2 und Abs 4 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr 165/1999 idgF, iVm § 75 Abs 1 bis 3 der Strafprozessordnung 1975 (StPO), BGBl Nr 631/1975 idgF.

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Parteien

Der Beschwerdeführer behauptet in seiner am 28. Juni 2010 bei der Datenschutzkommission eingegangenen Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Löschung dadurch, dass die Beschwerdegegnerin mit Schreiben („Mitteilung“) vom 17. Juni 2010 sein Löschungsbegehren vom 3. Mai 2010 teilweise abgelehnt habe. Das Landespolizeikommando für Niederösterreich, Landeskriminalamt (im Folgenden kurz: LKA), habe in den Jahren 2008 und 2009 gegen den Beschwerdeführer ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts von Sexualdelikten, insbesondere des Besitzes pornografischer Darstellungen Minderjähriger (§ 207a StGB), geführt, der Tatverdacht sei jedoch entkräftet worden. Der Beschwerdeführer sei im Hauptverfahren zu AZ: *1 Hv *72/09f am 24. Juli 2009 vom Landesgericht St. Pölten freigesprochen worden. Nach diesem Freispruch würden die Daten des Ermittlungsverfahrens für sicherheitspolizeiliche Zwecke nicht mehr benötigt und wären daher auf seinen Antrag hin (auch in den allgemeinen Protokollen und in den Akten des Ermittlungsverfahrens) zu löschen gewesen.

Die Beschwerdegegnerin brachte (unter Anschluss umfangreicher PAD-Ausdrucke und Aktenkopien) mit Stellungnahme vom 15. Juli 2010 vor, es sei richtig, dass das LKA zur Zahl B*/**32*/2008 Ermittlungen wegen des Verdachts des Vergehens nach § 207a StGB geführt habe, da von der IP-Adresse des Beschwerdeführers im August 2007 insgesamt 558 mal auf einen Server bzw. eine Website in Kroatien zugegriffen worden sei, die vermutlich kinderpornografisches Material anbiete. Am 16. April 2009 sei der Abschlussbericht gemäß § 100 Abs 2 Z 4 StPO an die Staatsanwaltschaft St. Pölten ergangen. Mit Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 24. Juli 2009 sei der Beschwerdeführer von der auf Grundlage des Ermittlungsverfahrens erhobenen Anklage (Strafantrag vom 19. Mai 2009) gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen worden. Das Ermittlungsverfahren sei sowohl im Kanzleiindexteil als auch im Aktenverwaltungsteil des PAD-Systems (Datenanwendung „Allgemeinen Protokollen des Landespolizeikommandos für Niederösterreich“) dokumentiert, demnach würden entsprechende Daten zur Person des Beschwerdeführers verarbeitet. Das Löschungsbegehren des Beschwerdeführers vom 3. Mai 2010 sei hinsichtlich EKIS-Daten (KPA und Personeninformation) erfüllt, hinsichtlich der PAD-Daten jedoch abgelehnt worden. Parallel zum Löschungsbegehren habe der Beschwerdeführer am 27. Juni 2010 auch die Richtigstellung der PAD-Daten hinsichtlich des Ergebnisses des Strafverfahrens verlangt, welches Begehren durch Protokollierung eines Scans der gekürzten Urteilsausfertigung des Freispruchs des Landesgerichts St. Pölten erfüllt worden sei. Dies sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 29. Juni 2010 auch mitgeteilt worden. Rechtlich führte die Beschwerdegegnerin aus, es handle sich um Daten, die für Zwecke der Kriminal- und nicht der Sicherheitspolizei verwendet würden. Die Daten würden für Dokumentationszwecke weiter benötigt (Hinweis auf den Bescheid der Datenschutzkommission vom 21. Jänner 2009, GZ: K121.390/0001- DSK/2009). Auch eine Interessenabwägung ergebe, dass das Interesse an einer Dokumentation bzw. Wiederauffindbarkeit der Akten, etwa für Zwecke möglicher außerordentlicher Schritte der Rechtskontrolle (Volksanwaltschaft, Rechnungshof u.ä.), das Löschungsinteresse des Beschwerdeführers überwiege, insbesondere wenn die Möglichkeit des „Informationsrückgriffes“ beschränkt sei. Zuletzt wies die Beschwerdegegnerin darauf hin, dass die §§ 74 f StPO Regelungen für den Fall des „Einsatzes der Informationstechnik“ treffen würden, aus denen sich eine sechzigjährige Höchstfrist für den „direkten Zugriff“ auf gespeicherte Daten ergebe, ansonsten sei im Fall eines Freispruchs lediglich längstens nach zehn Jahren der Zugriff auf Namensverzeichnisse zu unterbinden. Diese Regeln würden (unter Hinweis auf Gesetzesmaterialien) auch für die Datenverarbeitung für Zwecke der Kriminalpolizei gelten.

Der Beschwerdeführer hat nach Parteiengehör zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens keine weitere Stellungnahme abgegeben.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer durch die Weigerung, die – automationsunterstützte wie nicht-automationsunterstützt geführte – aktenmäßige Dokumentation des Ermittlungsverfahrens Zl. B*/**32*/2008 löschen zu lassen, diesen in seinem Recht auf Löschung verletzt hat.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Das der Beschwerdegegnerin unterstehende LKA führte (ausgehend von einem Schreiben der INTERPOL-Zentrale an das Bundeskriminalamt im Bundesministerium für Inneres vom 21. November 2007) ab 12. Februar 2008 bis zum Abschlussbericht an die Staatsanwaltschaft St. Pölten vom 16. April 2009 zur Zahl B*/**32*/2008 Ermittlungen wegen des Verdachts des Vergehens nach § 207a StGB, da von einer dem Beschwerdeführer zuordenbaren IP-Adresse im August 2007 insgesamt 558 mal auf einen Server bzw. eine Website in Kroatien zugegriffen wurde, die kinderpornografisches Material anbietet. Am 16. April 2009 erging der Abschlussbericht gemäß § 100 Abs 2 Z 4 StPO an die Staatsanwaltschaft St. Pölten. Mit Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 24. Juli 2009; AZ: *1 Hv *72/09f, wurde der Beschwerdeführer von der auf Grundlage des Ermittlungsverfahrens erhobenen Anklage (Strafantrag vom 19. Mai 2009) gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Das Ermittlungsverfahren wurde mit Hilfe des PAD-Systems dokumentiert, wobei sowohl Protokollierungs- und Aktenverwaltungsdaten („äußere“ PAD-Daten) als auch elektronisch dokumentierter Akteninhalt („innere“ PAD-Daten, z. B. die Niederschrift über die Einvernahme des Beschwerdeführers als Beschuldigtem vom 9. Februar 2009 und mehrere Zwischenberichte sowie der bereits erwähnte Abschlussbericht an die Staatsanwaltschaft) verarbeitet und verwendet worden sind. Daneben besteht ein mit weiterem Inhalt ergänzter Papierakt des Ermittlungsverfahrens („Kopienakt“) in Form eines Ringordners mit eingeheftetem Inhalt.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Inhalt der von der Beschwerdegegnerin als Beilage zur Stellungnahme vom 15. Juli 2010, GZ: E*/1*71*/2009, vorgelegten Kopie der Ermittlungsakten (vollständiger Papier- bzw. Kopienakt, Beilage 3) bzw. den Ausdrucken der PAD-Daten, Beilagen 1 und 2).

Der Beschwerdeführer verlangte mit Schreiben vom 3. Mai 2010 2010, „sämtliche zur Person des A [Anmerkung = Antragsteller = Beschwerdeführer] im Zusammenhang mit den o.a. sicherheitsbehördlichen Erhebungen [automationsunterstützt oder nicht automationsunterstützt] verarbeitete Daten, insb. im KPA, in den Allgemeinen Protokollen und in den entsprechenden Erhebungskaten zu löschen“.

Die Beschwerdegegnerin lehnte dieses Löschungsbegehren mit Mitteilung vom 17. Juni 2010, GZ: E*/1*71*/2009, ab.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf den vom Beschwerdeführer als Beilagen zur Beschwerde vom 27. Juni 2010 vorgelegten Kopien der zitierten Urkunden; der Sachverhalt ist im übrigen unbestritten.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs 1, 2 und 3 Z 2 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Grundrecht auf Datenschutz

§ 1 . (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.

(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, dh. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen

(4) Beschränkungen der Rechte nach Abs. 3 sind nur unter den in Abs. 2 genannten Voraussetzungen zulässig.“

§ 6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Grundsätze

§ 6 . (1) Daten dürfen nur

[...]

§ 27 Abs 1 bis 3 DSG 2000 lautet samt Überschrift

Recht auf Richtigstellung oder Löschung

§ 27 . (1) Jeder Auftraggeber hat unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten richtigzustellen oder zu löschen, und zwar

Der Pflicht zur Richtigstellung nach Z 1 unterliegen nur solche Daten, deren Richtigkeit für den Zweck der Datenanwendung von Bedeutung ist. Die Unvollständigkeit verwendeter Daten bewirkt nur dann einen Berichtigungsanspruch, wenn sich aus der Unvollständigkeit im Hinblick auf den Zweck der Datenanwendung die Unrichtigkeit der Gesamtinformation ergibt. Sobald Daten für den Zweck der Datenanwendung nicht mehr benötigt werden, gelten sie als unzulässig verarbeitete Daten und sind zu löschen, es sei denn, daß ihre Archivierung rechtlich zulässig ist und daß der Zugang zu diesen Daten besonders geschützt ist. Die Weiterverwendung von Daten für einen anderen Zweck ist nur zulässig, wenn eine Übermittlung der Daten für diesen Zweck zulässig ist; die Zulässigkeit der Weiterverwendung für wissenschaftliche oder statistische Zwecke ergibt sich aus den §§ 46 und 47.

(2) Der Beweis der Richtigkeit der Daten obliegt - sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes angeordnet ist - dem Auftraggeber, soweit die Daten nicht ausschließlich auf Grund von Angaben des Betroffenen ermittelt wurden.

(3) Eine Richtigstellung oder Löschung von Daten ist ausgeschlossen, soweit der Dokumentationszweck einer Datenanwendung nachträgliche Änderungen nicht zuläßt. Die erforderlichen Richtigstellungen sind diesfalls durch entsprechende zusätzliche Anmerkungen zu bewirken.

(4) Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen eines Antrags auf Richtigstellung oder Löschung ist dem Antrag zu entsprechen und dem Betroffenen davon Mitteilung zu machen oder schriftlich zu begründen, warum die verlangte Löschung oder Richtigstellung nicht vorgenommen wird.“

§ 13 Abs 2 SPG lautet samt Überschrift:

Kanzleiordnung

§ 13 . (1) [...]

(2) Der Bundesminister für Inneres, die Sicherheitsdirektionen, Bundespolizeidirektionen und Polizeikommanden sind ermächtigt, sich bei der Wahrnehmung gesetzlich übertragener Aufgaben für die Dokumentation von Amtshandlungen und die Verwaltung von Dienststücken der automationsunterstützten Datenverarbeitung zu bedienen. Zu diesen Zwecken dürfen sie Daten über natürliche und juristische Personen sowie Sachen verwenden, auf die sich der zu protokollierende Vorgang bezieht, wie insbesondere Datum, Zeit und Ort, Fahrzeugdaten, Betreff und Aktenzeichen samt Bearbeitungs- und Ablagevermerken sowie Namen, Rolle des Betroffenen, Geschlecht, frühere Namen, Aliasdaten, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum, Geburtsort, Wohnanschrift und andere zur Erreichbarkeit des Menschen dienende Daten. Soweit es erforderlich ist, dürfen auch sensible Daten (§ 4 Z 2 DSG 2000) sowie Daten im Sinne des § 8 Abs. 4 DSG 2000 verwendet werden. Die Auswählbarkeit von Daten aus der Gesamtmenge der gespeicherten Daten nur nach dem Namen und nach sensiblen Daten darf nicht vorgesehen sein, vielmehr ist für die Auswahl ein auf den protokollierten Sachverhalt bezogenes weiteres Datum anzugeben.“

Die §§ 74 f StPO lauten samt Überschriften:

Einsatz der Informationstechnik

Verwenden von Daten

§ 74 . (1) Soweit zum Verwenden von Daten im Einzelnen nichts anderes bestimmt wird, finden die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 165/1999, Anwendung.

(2) Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht haben beim Verwenden (Verarbeiten und Übermitteln) personenbezogener Daten den Grundsatz der Gesetz- und Verhältnismäßigkeit (§ 5) zu beachten. Jedenfalls haben sie schutzwürdige Interessen der Betroffenen an der Geheimhaltung zu wahren und vertraulicher Behandlung der Daten Vorrang einzuräumen. Beim Verwenden sensibler und strafrechtlich relevanter Daten haben sie angemessene Vorkehrungen zur Wahrung der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen zu treffen.

Berichtigen, Löschen und Sperren von

Daten

§ 75 . (1) Unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes ermittelte Daten sind unverzüglich richtig zu stellen oder zu löschen.

(2) Im Übrigen ist ein Zugriff auf Namensverzeichnisse zu unterbinden, und zwar

(3) Nach sechzig Jahren ab den in Abs. 2 angeführten Zeitpunkten sind alle Daten im direkten Zugriff zu löschen.

(4) Personenbezogene Daten, die ausschließlich auf Grund einer Identitätsfeststellung (§ 118), einer körperlichen Untersuchung (§ 123) oder einer molekulargenetischen Analyse (§ 124) gewonnen wurden, dürfen nur solange verwendet werden, als wegen der Art der Ausführung der Tat, der Persönlichkeit der betroffenen Person oder auf Grund anderer Umstände zu befürchten ist, dass diese Person eine strafbare Handlung mit nicht bloß leichten Folgen begehen werde. Wird der Angeklagte rechtskräftig freigesprochen oder das Ermittlungsverfahren ohne Vorbehalt späterer Verfolgung eingestellt, so sind diese Daten zu löschen. Die §§ 73 und 74 SPG bleiben hievon unberührt.

(5) Soweit Daten, die durch eine Überwachung von Nachrichten, eine optische oder akustische Überwachung oder einen automationsunterstützten Datenabgleich ermittelt worden sind, in einem Strafverfahren als Beweis verwendet werden dürfen, ist ihre Verwendung auch in einem damit in Zusammenhang stehenden Zivil- oder Verwaltungsverfahren und zur Abwehr mit beträchtlicher Strafe bedrohter Handlungen (§ 17 SPG) sowie zur Abwehr erheblicher Gefahren für Leben, Leib oder Freiheit einer Person oder für erhebliche Sach- und Vermögenswerte zulässig.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

Die Beschwerde ist nicht berechtigt.

a) Ermittlungsakten (Papierakt, Kopienakt)

Die Datenschutzkommission verweist in dieser Frage auf ihre langjährige und von beiden Höchstgerichten des öffentlichen Rechts bestätigte Rechtsprechung zur Frage nicht besonders strukturierter und damit keine Dateiqualität aufweisender Papierakten. Da das Ermittlungsverfahren nichts ergeben hat, was einen Schluss auf eine solche besondere Dateiqualität zulässt, kommt dem Beschwerdeführer hier kein Löschungsrecht zu; die Beschwerde ist daher diesbezüglich unbegründet.

b) PAD-Dokumentation (elektronischer Akt, Allgemeine Protokolle)

Bei den PAD-Daten (äußeren wie inneren) handelt es sich um die Dokumentation von Amtshandlungen gemäß § 13 Abs 2 SPG iVm § 27 Abs 3 DSG 2000.

Die §§ 51 ff des SPG (insbes. § 63 SPG) können im vorliegenden Fall keine Anwendung finden, da sie nur die Verwendung von Daten für sicherheitspolizeiliche Zwecke, nicht aber für kriminalpolizeiliche Zwecke betreffen.

Hinsichtlich des § 13 SPG vertritt der VfGH in nunmehr ständiger Judikatur (vgl. die Erk. B1158/03, B1590/03, B3517/05 u.a.m.) die Rechtsansicht, dass „die Verarbeitung personenbezogener Daten über Personen, auf die sich sicherheitspolizeiliche Maßnahmen beziehen, nicht dem inneren Dienst zugerechnet werden können, soweit damit deren Rechtsposition gestaltet wird. Es sind damit die Regelungen des Sicherheitspolizeigesetzes über das Verwenden personenbezogener Daten anzuwenden“. Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um kriminalpolizeiliche Daten, sodass das Sicherheitspolizeigesetz schon deshalb – mit Ausnahme der Bestimmungen über die Organisation und örtliche Zuständigkeit der Sicherheitsbehörden (vgl. § 18 Abs. 1 StPO) – nicht zur Anwendung kommen kann, doch ist aus dem Verbot der Zurechnung von Aufzeichnungen von personenbezogenen Daten über Außenstehende zum „inneren Dienst“ zu folgern, dass Regelungen im Bereich der Aktenverwaltung, die die Rechtssphäre von Außenstehenden berühren, nicht durch interne Weisung mit rechtlicher Außenwirkung getroffen werden können, sondern nur durch gesetzliche Anordnung. Skartier- oder Kanzleiordnungen mit dem Charakter interner Organisationsvorschriften kommen daher als relevante Regelungen über die zulässige Speicherdauer von Akten/Aktensuchbehelfen nicht in Betracht.

Es kann aber auf die allgemeinen Grundsätze des § 6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000 über die zulässige Speicherdauer von personenbezogenen Daten zurückgegriffen werden: Nach § 6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000 dürfen „Daten nur solange in personenbezogener Form aufbewahrt werden, als dies für die Erreichung der Zwecke, für die sie ermittelt wurden, erforderlich ist; eine längere Aufbewahrungsdauer kann sich aus besonderen gesetzlichen, insbesondere archivrechtlichen Vorschriften ergeben“. Sinngemäß Gleiches ergibt sich aus § 27 Abs. 3 DSG 2000.

Entscheidend ist hiebei, dass auch Verfahren, die zur Einstellung oder zum Freispruch geführt haben, unter Umständen nach ihrem Abschluss wieder eröffnet werden können (vgl. insbes. das XX. Hauptstück der StPO „Von der Wiederaufnahme und der Erneuerung des Strafverfahrens sowie der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ und auch das 10. Hauptstück über die „Einstellung, Abbrechung und Fortführung des Ermittlungsverfahrens“). Schon dies setzt augenfällig voraus, dass eine Dokumentation über den bisherigen Verfahrensverlauf in jedem Fall auch nach dem Verfahrensabschluss noch vorhanden sein muss.

Die Beschwerdegegnerin hat in dieser Frage aber auch zu Recht auf die §§ 74 f StPO hingewiesen. § 75 StPO regelt als Spezialbestimmung zu den allgemeinen Vorschriften des DSG 2000 (vgl. § 74 Abs 1 StPO) die Frage der höchstzulässigen Löschungsfristen von automationsunterstützt für Zwecke (u.a.) kriminalpolizeilicher Ermittlungsverfahren verarbeiteten Daten.

Da keine der in § 75 Abs 2 und 3 StPO festgelegten Fristen bereits abgelaufen ist, hat die Beschwerdegegnerin das Löschungsbegehren des Beschwerdeführers auch hinsichtlich der in der StPO geregelten Aspekte der PAD-Dokumentation zu Recht abgelehnt, da, wie oben bereits ausgeführt, ein weiterhin bestehendes öffentliches Interesse an der Dokumentation des Verfahrens zu berücksichtigen war.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 7. Oktober 2013, Zl. 2011/17/0035-6, die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

aus den Entscheidungsgründen des VwGH:

Nach Darstellung des Verfahrensgangs und des Vorbringens der Parteien führt der VwGH aus:

„Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß§ 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Hinsichtlich der Darstellung der anzuwendenden Rechtslage kann auf das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2010, Zl. 2009/17/0064, verwiesen werden; die Novelle BGBI. I Nr. 133/2009 hat in den hier relevanten Bestimmungen keine maßgebliche Änderung herbeigeführt (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 16. November 2011, Zl. 2011/17/0266).

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht sowohl hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers zum Löschungsbegehren als auch hinsichtlich des entscheidungswesentlichen Sachverhalts jenem, über den der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits zitierten Erkenntnis vom 17. Februar 2010, Zl. 2009/17/0064, zu entscheiden hatte. Auf dieses Erkenntnis kann daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden.

Vor diesem Hintergrund kann der Einschätzung der belangten Behörde, dass das Dokumentationsinteresse hinsichtlich der PAD-Daten das Interesse des Beschwerdeführers an deren Löschung überwiege, nicht entgegengetreten werden.

Auch die Heranziehung von § 75 StPO - dessen Absatz 3 vom Verfassungsgerichtshof geprüft und nicht als verfassungswidrig aufgehoben wurde - führt zu keinem anderen Ergebnis, da auch § 75 Abs. 3 StPO eine Interessenahwägung im Einzelfall zwischen dem Interesse des Betroffenen an der Löschung gegenüber den öffentlichen Interessen an der Weiterspeicherung verlangt (siehe Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. Juni 2012, G 7/12).

Was die Dateiqualität eines "Kopienaktes" betrifft, hat der Verwaltungsgerichtshof insbesondere in dem bereits erwähnten Erkenntnis vom 17. Februar 2010, Zl. 2009/17/0064, im Anschluss an die dort angeführte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ausgesprochen, dass auch aus seiner Sicht kein Anlass besteht, von der Beurteilung abzugehen, dass ein "Kopienakt" im Allgemeinen nicht als Datei zu qualifizieren sei. Auch im vorliegenden Fall ist nichts hervorgekommen, was für eine derartige "Strukturierung" des gegenständlichen "Kopienaktes" spräche, dass eine andere Beurteilung geboten wäre (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2012, Zl. 2008/17/0248).

Soweit der Beschwerdeführer den geltend gemachten Anspruch auf Löschung auf verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte stützt, wird er auf den amtsbekannten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 29. Juni 2012, Zl. B 226/11, verwiesen, mit dem die Behandlung der gegen den auch hier verfahrensgegenständlichen Bescheid erhobenen Beschwerde mangels Erforderlichkeit spezifisch verfassungsrechtlicher Überlegungen abgelehnt wurde.

Aus den dargelegten Erwägungen folgt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus Eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.“

[Begründung des Kostenpunkts nicht wiedergegeben]

Rückverweise