JudikaturVwGH

Ra 2025/19/0070 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
03. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Funk Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des V I, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Februar 2025, I416 23061601/4E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Nigerias, stellte am 17. Jänner 2024 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2024 erhob der Revisionswerber Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA).

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Säumnisbeschwerde statt und beauftragte das BFA, den versäumten Bescheid „unter Zugrundelegung der im gegenständlichen Erkenntnis festgelegten Rechtsanschauung des Bundesverwaltungsgerichts binnen 8 Wochen ab Zustellung des gegenständlichen Erkenntnisses zu erlassen“. Weiters sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

3Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in deren Zulässigkeitsbegründung insbesondere vorgebracht wird, das Bundesverwaltungsgericht sei von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es der belangten Behörde zwar einen Auftrag gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG erteilt, jedoch keine Rechtsanschauung zu maßgeblichen Rechtsfragen im Spruch des Erkenntnisses dargelegt habe, unter deren Zugrundelegung die Behörde einen Bescheid zu erlassen habe. Dadurch habe es das Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

4 Die Revision ist zulässig. Sie ist auch begründet.

5§ 28 Abs. 7 VwGVG sieht im Säumnisbeschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht die Möglichkeit vor, dass sich das Verwaltungsgericht auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und das Verfahren an die Behörde mit dem Auftrag zurückverweisen kann, den ausstehenden Bescheid unter Bindung an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes innerhalb einer Frist von maximal acht Wochen nachzuholen. Durch diese gesetzliche Regelung wird dem Verwaltungsgericht die Wahlmöglichkeit eingeräumt, im Falle einer zulässigen Säumnisbeschwerde die Zuständigkeit in der Angelegenheit unter den näher bestimmten Voraussetzungen wieder auf die Behörde zu übertragen. Eine maßgebliche Voraussetzung für eine solche Entscheidung ist, dass das Verwaltungsgericht darin über einzelne maßgebliche Rechtsfragen der Angelegenheit entscheidet. Diese Entscheidung hat im Spruch des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes zu erfolgen (vgl. VwGH 15.2.2024, Ra 2023/14/0346; 15.3.2016, Ra 2015/01/0208, mwN).

6 Diesen Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall nicht entsprochen, weil es keine Rechtsanschauung zu maßgeblichen Rechtsfragen dargelegt, sondern ohne die im konkreten Fall zu lösenden Rechtsfragen zu entscheidender Verwaltungsbehörde die Erlassung des versäumten Bescheides unter Setzung einer Nachfrist aufgetragen hat. In seiner Begründung beschränkt sich das gegenständliche Erkenntnis im Wesentlichen auf allgemeine Ausführungen zum Flüchtlingsbegriff, zum Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz sowie auf den Hinweis, dass der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz nicht gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen, sondern eine inhaltliche Prüfung durchzuführen sei. Damit wird dem klaren Wortlaut des § 28 Abs. 7 VwGVG, nämlich der Behörde eine Entscheidung in den einzelnen (und daher fallbezogen) maßgeblichen Rechtsfragen vorzugeben, jedoch nicht entsprochen (vgl. etwa VwGH 12.12.2024, Ra 2023/19/0336, mwN).

7Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

8Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

9Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 3. Juni 2025