JudikaturVwGH

Ra 2023/19/0336 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
12. Dezember 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Funk Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in 1030 Wien, Modecenterstraße 22, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juli 2023, W200 22708221/6E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (mitbeteiligte Partei: M A, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 6/6 8), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

1 Der Mitbeteiligte, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 25. Mai 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Schriftsatz vom 8. Februar 2023 erhob der Mitbeteiligte Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch das BFA.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das BVwG der Säumnisbeschwerde statt und beauftragte das BFA, den versäumten Bescheid „unter Zugrundelegung der im gegenständlichen Erkenntnis festgelegten Rechtsanschauung des Bundesverwaltungsgerichts binnen 8 Wochen ab Zustellung zu erlassen“. Weiters sprach es aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

3Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision, in deren Zulässigkeitsbegründung insbesondere vorgebracht wird, das BVwG sei von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es der belangten Behörde zwar einen Auftrag gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG erteilt, jedoch keine Rechtsanschauung zu maßgeblichen Rechtsfragen dargelegt habe, unter deren Zugrundelegung die Behörde einen Bescheid zu erlassen habe. Dadurch habe es das Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

4 Im eingeleiteten Vorverfahren erstattete der Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung, in der die kostenpflichtige Zurück , in eventu Abweisung der Revision nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

5 Die Revision ist zulässig und begründet.

6Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 15. März 2016, Ra 2015/01/0208, bereits mit den maßgeblichen Voraussetzungen eines „Teilerkenntnisses“ im Säumnisbeschwerdeverfahren gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG auseinandergesetzt.

7Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG kann daher auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen werden.

8 Den darin aufgestellten Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das BVwG im vorliegenden Fall nicht entsprochen, weil es keine Rechtsanschauung zu maßgeblichen Rechtsfragen dargelegt, sondern ohne die im konkreten Fall zu lösenden Rechtsfragen zu entscheidender Verwaltungsbehörde die Erlassung des versäumten Bescheides unter Setzung einer Nachfrist aufgetragen hat. In seiner Begründung beschränkt sich das gegenständliche Erkenntnis im Wesentlichen auf allgemeine Ausführungen zum Flüchtlingsbegriff sowie auf den Hinweis, dass das BFA zu klären habe, welche Region in Syrien als Herkunftsregion anzunehmen sei und mit welchen Repressalien der Revisionswerber bei Rückkehr in seinen Heimatstaat zu rechnen habe. Damit wird dem klaren Wortlaut des § 28 Abs. 7 VwGVG, nämlich der Behörde eine Entscheidung in den einzelnen (und daher fallbezogen) maßgeblichen Rechtsfragen vorzugeben, jedoch nicht entsprochen (vgl. VwGH 8.3.2024, Ra 2023/18/0360, mwN).

9Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

10Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

11Bei diesem Ergebnis war dem Mitbeteiligten gemäß § 47 Abs. 3 VwGG kein Aufwandersatz für die Erstattung der Revisionsbeantwortung zuzusprechen.

Wien, am 12. Dezember 2024