Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des S G, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Mag. Bernhard HOFER GmbH in Wien, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 5. Juni 2025, LVwG 400902/7/HW, betreffend Übertretung des Bundesstraßen Mautgesetzes 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Linz-Land), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) der Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 29. Juli 2024, mit welchem über den Revisionswerber gemäß § 20 Abs. 2 iVm §§ 6, 7 Abs. 1 und 8 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) eine Geldstrafe in der Höhe von € 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag und 9 Stunden) verhängt worden war, teilweise statt und setzte die Geldstrafe auf € 210,-- und die Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens auf € 21,-- herab (Spruchpunkt I.). Gemäß Spruchpunkt II. habe der Revisionswerber keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt (Spruchpunkt III.).
Begründend führte das LVwG zusammengefasst aus, die GO-Box sei nicht ordnungsgemäß vorne an der Innenseite der Windschutzscheibe montiert gewesen, sodass keine Mautabbuchung stattgefunden habe. Dadurch habe der Revisionswerber gegen Punkt 8.1 der Mautordnung (Version 72) verstoßen. Er habe fahrlässig gehandelt, weil er sich über die maßgeblichen Vorschriften über die ordnungsgemäße Anbringung der GO-Box nicht ausreichend informiert habe (Hinweis etwa auf VwGH 23.3.2017, Ra 2016/06/0137). Ein Absehen von der Strafe gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG sei nicht möglich, weil der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge weder die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes noch die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat als geringfügig anzusehen sei. Die Mindeststrafe von € 300,-- werde gemäß § 20 VStG auf € 210,-- herabgesetzt, weil die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwögen. Der Revisionswerber sei unbescholten und habe eine Nachzahlung durchführen wollen, was jedoch nicht mehr möglich gewesen sei, weil sich die von ihm besuchte GO Vertriebsstelle außerhalb des „100 km Nachzahlungsbereichs“ gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung befunden habe.
5In der Zulässigkeitsbegründung der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision wird zunächst vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zu § 45 Abs. 1 Z 4 VStG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. In weiterer Folge wird jedoch ausgeführt, die aktuelle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 26.4.2021, Ra 2020/06/0257; 8.9.2016, Ra 2016/06/0099) lehne eine Anwendung von § 45 Abs. 1 Z 4 VStG bei Verstößen gegen § 20 Abs. 1 BStMG 2002 mit Hinweis auf die gesetzliche Strafdrohung generell ab. Diese Rechtsprechung sei „verfassungsrechtlich bedenklich“, „rechtsdogmatisch verfehlt“ und gleichheitswidrig. Fallbezogen sei das Ausmaß des Verschuldens des Revisionswerbers gering und es sei kein Vermögensnachteil für die ASFINAG eingetreten, weil die Maut entrichtet worden sei.
6Im Erkenntnis vom 10. Juni 2025, Ra 2024/06/0173, Rn. 8, sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass eine Einstellung des Strafverfahrens oder eine Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG bei einer Verwaltungsübertretung des § 20 BStMG 2002 nicht in Frage kommt, weil weder die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes noch die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat als geringfügig anzusehen ist. Das angefochtene Erkenntnis steht mit dieser Rechtsprechung im Einklang. Das LVwG ging fallbezogen zwar von einem geringen Verschulden des Revisionswerbers aus; dies ändert aber nichts daran, dass § 45 Abs. 1 Z 4 VStG nicht anwendbar ist, weil dazu wie das LVwG zutreffend ausführte alle drei Voraussetzungen, nämlich eine geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, eine geringe Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und ein geringes Verschulden des Beschuldigten, kumulativ erfüllt sein müssten.
7 Wenn der Revisionswerber in diesem Zusammenhang verfassungsrechtliche Bedenken vorbringt und eine Gleichheitswidrigkeit rügt, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Prüfung einer behaupteten Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte gemäß Art. 133 Abs. 5 BVG nicht berufen ist (vgl. etwa VwGH 15.7.2025, Ra 2025/06/0196, Rn. 8, mwN)
8 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 29. Oktober 2025
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